Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
Handels- und steuerrechtlich gilt, dass die Bilanz vollständig zu sein hat. Welche einzelnen Positionen in die Bilanz aufzunehmen sind, richtet sich nach den GoB sowie nach den Regelungen der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG und §§ 140 –146 AO. Handelsrechtlich sind in der Bilanz alle betrieblichen Vermögensgegenstände und Schulden sowie die aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungsposten vollständig anzugeben. Dies gilt allerdings nur, soweit es nicht gestattet oder sogar geboten ist, gewisse Positionen außer Acht zu lassen.
Es kann geboten sein, unwesentliche Positionen außer Ansatz zu lassen. Die Frage der Wesentlichkeit ist dabei nicht nach dem Einzelaufwand, sondern nach der Bedeutung für das Unternehmen zu beurteilen. Es entspricht andererseits einer kaufmännischen Gepflogenheit, voll abgeschriebene Vermögensgegenstände wenigstens mit einem Erinnerungswert von "1 EUR" anzusetzen. In seiner jüngeren Rechtsprechung rückt der BFH von dem Wesentlichkeitsgrundsatz ab. Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und den Regelungen des EStG lasse sich keine Beschränkung der Pflicht zur Bildung von Rückstellungen auf wesentliche Verpflichtungen entnehmen.
Die vollständige und sachlich richtige (Steuer-)Bilanz ist der Besteuerung zugrunde zu legen. Dabei ist die Richtigkeit nicht nur an objektiven Kriterien zu messen. Vielmehr ist eine Bilanz auch sachlich richtig, wenn sie denjenigen Kenntnisstand widerspiegelt, den der Kaufmann im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung haben konnte.
Dieser Grundsatz erfährt Einschränkungen, soweit Umstände vorliegen, die steuerlich in die Vergangenheit zurückwirken, wie z. B. bei Nichteinhaltung gesetzlich angeordneter zeitlicher Voraussetzungen für die Gewährung einer Steuervergünstigung. Handelsrechtlich sind nicht zu passivierende Verbindlichkeiten aus Haftungsverhältnissen unter der Bilanz zu vermerken.
Aufbewahrungspflicht: Unterlagen sind gesondert aufzubewahren. Dazu gehören insbesondere Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, Buchungsbelege sowie sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung Bedeutung haben. Eine Aufbewahrung auf Bild- oder Datenträgern ist grundsätzlich zulässig. Die Aufbewahrungsfrist beträgt 10 bzw. 6 Jahre. Näheres regeln § 147 AO und § 257 HGB. § 147a AO regelt die Aufbewahrungspflichten von Steuerpflichtigen mit Überschusseinkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG.
Geplante Änderung der AO und des HGB
Mit dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz) ist vorgesehen, die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege von bisher 10 auf 8 Jahre zu verkürzen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dadurch für Kaufleute, die ihre Buchungsbelege in analoger Form aufbewahren und keine Möglichkeit zur Aufbewahrung in den eigenen Betriebsräumlichkeiten haben, die Notwendigkeit entfallen, für zwei Jahre Räumlichkeiten zur externen Aufbewahrung der Buchungsbelege anzumieten. Für Kaufleute, die ihre Buchungsbelege in digitaler Form aufbewahren und nicht über eine Möglichkeit zur Speicherung auf dem eigenen Server verfügen, soll in entsprechender Weise die Notwendigkeit, für zwei Jahre externe digitale Speicherkapazitäten wie zum Beispiel einen Cloud-Server kostenpflichtig zu nutzen, entfallen.
Aufzeichnung und Aufbewahrung von Geschäftsvorfällen bei Taxi- und Mietwagenunternehmen
Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität sind bestimmte Berufsgruppen von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden. Im Bereich des Taxigewerbes genügen die sog. Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, den sich aus der Einzelaufzeichnungspflicht ergebenden Mindestanforderungen. Die Schichtzettel sind Einnahmeursprungsaufzeichnungen; sie enthalten Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und damit auch der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt. Damit wird den branchenspezifischen Besonderheiten dieses Gewerbes Rechnung getragen.
Allerdings rechtfertigt der Umstand der sofortigen Zahlung keine Ausnahme von der grundsätzlichen Einzelaufzeichnungspflicht.
Unterlagen sind geordnet aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht ist akzessorisch und setzt eine Aufzeichnungspflicht voraus. Die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen ist nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird.
Mit BMF-Schreiben v. 11.3.2024 hat die Finanzverwaltung zu den in Taxi- und Mietwagenunternehmen eingesetzten Taxametern und Wegstreckenzählern ausführlich Stellung genommen sowie die wesentlichen Anforderungen un...