Leitsatz
Es kommen keine Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit geerbten steuerlichen Verlustvorträgen in Betracht.
Sachverhalt
Die Kläger sind Erben ihres in 2009 verstorbenen Vaters. Dieser war an einer GmbH & Co. KG als Kommanditist neben seinen Söhnen beteiligt. Im Dezember 2008 wurden die Kommanditanteile an eine GmbH veräußert. Zum 31. Dezember 2008 wurden dem Erblasser negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von rund 2.011 TEUR zugewiesen. Der Bescheid war an die Kläger als Rechtsnachfolger adressiert. Nach einer Verrechnung mit positiven Einkünften aus 2009 betrug der festgestellte Verlust Ende 2009 noch rund 1.451 TEUR. Auch dieser Bescheid wurde an die Kläger adressiert. In 2012 beantragten die Kläger, den für ihren Vater festgestellten Verlustvortrag auf sie zu übertragen. Sie machten geltend, die Verluste würden allein aus der Übertragung der Kommanditbeteiligung des Vaters resultieren. Zudem lägen hier besondere Umstände vor, da der Vater bereits seit 2005 unter Pflegschaft gestellt worden sei und verschiedene andere Aspekte hinzuträten, die es insgesamt erforderlich machten, den Verlust bei den Klägern im Billigkeitswege zu berücksichtigen. Insbesondere habe der Verlust des Vaters in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem steuerpflichtigen Gewinn gestanden. Das Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Auch die zulässige Klage vor dem Finanzgericht München wurde als unbegründet zurück gewiesen. Das Gericht urteilte, dass hier keine Ermessensfehler des Finanzamts im Zusammenhang mit der Ablehnung von Billigkeitsmaßnahmen ersichtlich seien, da die Voraussetzungen der §§ 163, 227 AO nicht gegeben seien. Insbesondere komme eine solche Billigkeitsmaßnahme nicht unter Bezugnahmen auf die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 17.12.2007 in Betracht nach der in seltenen und extrem gelagerten Konstellationen ein Erbe im Wege einer Billigkeitsmaßnahme erreichen könne, dass das vom Erblasser nicht ausgenutzter Verlust bei der Steuerfestsetzung des Erben berücksichtigt werden. Nach beiden in Betracht kommenden Normen sei dies hier aber nicht der Fall gewesen. So sei hier nicht erkennbar, dass die Steuerfestsetzung den Wertungen des Gesetzes zuwiderlaufe (§ 163 AO). Auch sei nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen Erlass nach § 227 AO bestünden. Es sei nicht unbillig, dass der Erbe die Verluste des Erblassers nicht geltend machen könne. Im Übrigen handele es sich hier um eine Ermessensentscheidung, die nach § 102 FGO nur eingeschränkt durch die Gerichte überprüft werden könnten.
Hinweis
Der Umgang der Finanzrechtsprechung mit der Frage, ob vom Erblasser nicht ausgenutzte steuerliche Verlustvorträge beim Erben geltend gemacht werden können, ist nicht als Ruhmesblatt der Rechtsprechung zu bezeichnen. Nach einem Hin und Her hat letztlich der Große Senat des Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung vom 17.12. 2007 (Grs 2/04, BStBl 2008 II S. 608) die Geltendmachung durch den Erben ausgeschlossen (kritisch etwa Heinicke, in Schmidt, EStG, 2017, § 10d EStG Rz. 14). Das Hauptargument des Bundesfinanzhofs ist, dass der Erbe nur solche Verluste geltend machen soll, die er auch wirtschaftlich trägt, wobei es nicht ausreicht, dass er weniger als Vermögens aus der Erbschaft erlangt. Auch wenn diese Auffassung des Bundesfinanzhofs kritisch zu sehen ist, da sie dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge nicht zutreffend Rechnung trägt, gilt es sich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs einzustellen. Insofern ist die Entscheidung des Finanzgerichts München nicht wirklich überraschend. Hätte es anders entschieden und hier im Billigkeitswege die Geltendmachung zugelassen, hätte es quasi durch die Hintertür die Entscheidung des Großen Senats zumindest in Teilbereichen ausgehebelt. Das war nicht zu erwarten.
Zwischenzeitlich wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az beim BFH IX R 24/17).
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 06.07.2017, 11 K 954/16