Leitsatz
1. In die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind auch die Gewinne einzubeziehen, die ein Mitunternehmer aus der Veräußerung seines Anteils an einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft erzielt.
2. Der Feststellungsbescheid entfaltet in positiver Hinsicht Bindungswirkung, als er einen Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils dem Grunde, der Höhe und dem Entstehungszeitpunkt nach einem Mitunternehmer zuweist.
3. Weist der Feststellungsbescheid keinen Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils aus, wird dadurch für den Folgebescheid in negativer Hinsicht mit Bindungswirkung festgestellt, dass ein solcher Gewinn oder Verlust im Feststellungszeitraum nicht entstanden ist.
Normenkette
§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 18 Abs. 3 EStG, § 179, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1 Satz 1, § 351 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Nachdem die Kläger für 2007 zunächst keine vollständige Einkommensteuererklärung abgegeben hatten, erging im November 2009 ein Schätzungsbescheid.
Im Klageverfahren reichten die Kläger eine Einkommensteuererklärung ein. Danach hatte der Kläger aus selbstständiger Arbeit einen Verlust erzielt, der sich aus einem durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelten Gewinn aus seiner Einzelpraxis, einem Gewinnanteil aus seiner Beteiligung an einer Freiberuflergesellschaft und einem Verlust aus der Veräußerung des Anteils an dieser Gesellschaft zusammensetzte. Das FA berücksichtigte nur die erklärten Gewinne aus der Einzelpraxis und der Beteiligung, für die eine Mitteilung des Feststellungsfinanzamts vorlag. Der Verlust aus der Anteilsveräußerung wurde mangels entsprechender Mitteilung nicht anerkannt. Das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 13.3.2013, 12 K 2970/10) wies die Klage insoweit als unbegründet ab.
Entscheidung
Die Revision war unbegründet, da der Kläger seine Einwendungen gegen die Nichtberücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils im Feststellungsverfahren hätte geltend machen müssen; gegenüber dem Einkommensteuerbescheid als Folgebescheid waren sie ausgeschlossen.
Hinweis
1. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die mehreren Stpfl. zuzurechnen sind, werden abweichend von § 157 Abs. 2 AO gesondert festgestellt. Örtlich zuständig ist das FA, von dessen Bezirk aus die Berufstätigkeit vorwiegend ausgeübt wird. Dessen Feststellung bindet das für den Einkommensteuerbescheid zuständige Wohnsitz-FA.
2. Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids für eine Freiberuflerpersonengesellschaft erstreckt sich auch darauf, ob und in welchem Umfang sowie zu welchem Zeitpunkt ein Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an ihr entstanden ist. Dies gilt sowohl in positiver Hinsicht, indem ein Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils einem Mitunternehmer zugewiesen wird, als auch in negativer Hinsicht, soweit sich aus ihm ergibt, dass ein Veräußerungsgewinn oder -verlust im Feststellungszeitraum nicht entstanden ist.
3. In das Feststellungsverfahren gehören auch Sonderbetriebseinnahmen und ‐ausgaben eines oder mehrerer Feststellungsbeteiligten (AEAO zu § 180 Nr. 1) sowie nicht bei der Ermittlung der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte zu berücksichtigende Besteuerungsgrundlagen (z.B. Aufwendungen der Gesellschaft, die bei den Feststellungsbeteiligten zu Sonderausgaben führen); insoweit ist ggf. ein Ergänzungsbescheid zu erlassen (§ 179 Abs. 3 AO).
4. Der III. Senat folgt dem BFH-Urteil vom 12.11.2013, VIII R 36/10 (BStBl II 2014, 168), wonach gegen die rückwirkende Behandlung von Erstattungszinsen als steuerpflichtige Kapitalerträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.V.m. § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010) keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.4.2014 – III R 20/13