Entscheidungsstichwort (Thema)
Sekundäre Darlegungslast. Klage auf rückständige Stammeinlage
Leitsatz (redaktionell)
Legt ein Gesellschafter in einem Rechtsstreit mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Gesellschaft über die Zahlung einer Stammeinlage die Erfüllung der Verpflichtung schlüssig dar, genügt der Insolvenzverwalter seiner sekundären Darlegungslast für die Nicht-Leistung der Einlage nicht schon dadurch, dass er auf das Fehlen von mehr als 20 Jahre alten Zahlungsbelegen verweist, die nicht mehr der Aufbewahrungspflicht unterliegen.
Normenkette
GmbHG §§ 16, 19
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 09.02.2006; Aktenzeichen 2 O 59/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 9.2.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Neuruppin - 2 O 59/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteiles Bezug genommen.
Das LG Neuruppin hat mit dem am 9.2.2006 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar obliege es allein dem Beklagten, Umstände für die Erfüllung der übernommenen Einlageverpflichtung substantiiert darzulegen und zu beweisen. Den erforderlichen substantiierten Vortrag habe der Beklagte getätigt. Für die Richtigkeit seines Vortrags sprächen mehrere Indizien, so z.B., dass in dem das Stammkapital auf 180.000 DM erhöhenden Gesellschafterbeschluss vom 28.11.1995 die Gesellschafter festgehalten hätten, die noch ausstehenden ursprünglichen Stammeinlagen und auch die zusätzlich aufgrund der Erhöhung übernommenen Stammeinlagen seien voll eingezahlt. Auch der Gesellschafterbeschluss vom 22.12.1998, mit dem die Gesellschafter die Fortsetzung des Unternehmens als werbende Gesellschaft beschlossen hätten, enthalte keine Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt offene Stammeinlagenverpflichtungen bestanden hätten. Gerade bei der Frage der Fortsetzung der Gesellschaft hätte es nahe gelegen, die Frage etwa ausstehender Stammeinlagenzahlungen in besagtem Beschluss anzusprechen. Auch in der notariellen Vereinbarung vom 21.7.1994 seien die Stammeinlagen als voll eingezahlt bezeichnet worden. Zwar könnten alle diese Urkunden nur Beweis dahin erbringen, dass die genannten Erklärungen abgegeben worden seien, nicht jedoch den Beweis für deren inhaltliche Richtigkeit. Der Umstand, dass die Stammeinlagen über einen Zeitraum von insgesamt neun Jahren durchgängig als eingezahlt behandelt worden seien, stelle jedoch einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür dar, dass diese Erklärungen den Tatsachen entsprochen hätten. Weiter sei der Kläger der Behauptung des Beklagten, der Jahresabschluss 1994 enthalte keine Anhaltspunkte auf noch offene Stammeinlagen, nicht entgegengetreten.
Unter den genannten Umständen dürfe der Kläger sich nicht darauf beschränken, die Einzahlung der Stammeinlagen unter Berufung auf fehlende Zahlungsnachweise zu bestreiten. Zwischen der Gründung der Schuldnerin und der Geltendmachung der Einlageforderung durch den Kläger lägen fast 24 Jahre, zwischen der Stammkapitalerhöhung und der Geltendmachung der Forderung über 18 Jahre. Es könne dem Kläger nicht erlaubt sein, ohne konkrete positive Anhaltspunkte für ein unsachgemäßes Geschehen innerhalb der Schuldnerin die ordnungsgemäße Abwicklung von Geschäftsabläufen mit dem Ergebnis zu bestreiten, dass der Gesellschafter (der Beklagte) sie vollumfänglich zu beweisen habe. Falls die vom Kläger geltend gemachten Forderungen tatsächlich noch offen wären, stehe zu vermuten, dass die Geschäftsunterlagen hierfür Anhaltspunkte enthielten. Solche Anhaltspunkte habe der Kläger nicht benennen können.
Gegen dieses ihm am 1.3.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.3.2006 bei Gericht eingegangene Berufung des Klägers, welche er mit dem am 24.4.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger meint, das LG habe in Verkennung der Darlegungs- und Beweislast entschieden. Die vom Beklagten benannten Urkunden könnten nicht den Nachweis der Zahlung der Stammeinlage von 60.000 DM/30.677 EUR erbringen. Der Umstand, dass die Fälligkeit der Einlagezahlung bereits viele Jahre zurückliege, ändere nichts an den allgemeinen Beweislastregeln der auf §§ 19, 16 Abs. 3 GmbHG gestützten Klageforderung. Den auf Einzahlung des Stammkapitales in Anspruch genommenen Gesellschafter könne in Fällen der vorliegenden Art auch nicht entlasten, dass die Frist zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen im Zeitpunkt der Klagerhebung bereits lange abgelaufen gewesen sei. Der hier geltend gemachte Klageanspruch habe nach altem Recht (§§ 195, 198 BGB a.F.) der 30-jährigen Verjährungsfrist unterlegen, demzufolg...