Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 27.05.2022, Az. 5 O 39/20, abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 366.758,24 EUR nebst weiterer Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.02.2020 aus 308.394,50 EUR zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.232 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2021 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf bis zu 380.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die klagende Bank nimmt den Beklagten aus einer Höchstbetragsbürgschaft vom 04.04.2012 auf Zahlung von 308.394,50 EUR nebst Zinsen in Anspruch.
Hauptschuldnerin war die ("Firma") GmbH & Co KG, der die Klägerin einen Kontokorrentkredit von bis zu 500.000 EUR gewährt hatte. Der Beklagte war Geschäftsführer der Komplementärin der Hauptschuldnerin und hatte sich für dieses Darlehen bis zu einer Höhe von 400.000 EUR selbstschuldnerisch verbürgt.
In den AGB der Klägerin zum Bürgschaftsvertrag wurde die Verjährungsfrist wie folgt geregelt:
"Die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche aus dieser Bürgschaft wird auf 5 Jahre verlängert."
Neben der Bürgschaft war das Darlehen mit weiteren Sicherungsmitteln abgesichert: einer Höchstbetragsbürgschaft der ("Name Nachname") über 675.000 EUR, der Verpfändung eines Kontoguthabens sowie mit drei Buchgrundschulden im Nominalwert von insgesamt 784.606 EUR.
Nachdem die Hauptschuldnerin im Jahr 2015 in Insolvenz geriet, kündigte die Klägerin das zum damaligen Zeitpunkt mit 337.024,71 EUR valutierende Darlehen und forderte den Beklagten mit Schreiben vom 24.09.2015 zur Zahlung bis zum 02.11.2015 auf.
Der Beklagte verzog am XX.XX.2018 in die Schweiz, was die Klägerin nicht wusste. Die von ihr im Oktober 2018 und November 2019 beantragten Mahnbescheide konnten deshalb nicht zugestellt werden. Adressermittlungen, u.a. bei der Mutter des Beklagten und durch einen Dienstleister, blieben ohne Erfolg.
Bereits mit der beim Landgericht am 03.03.2020 eingegangenen Klage hat die Klägerin die öffentliche Zustellung der Klage beantragt und dazu die Ergebnisse der ausführlichen Adressrecherchen vorgelegt. Mit Verfügung vom 31.03.2020 hat das Landgericht weitere Nachforschungen verlangt, denen die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.05.2020 - mit negativem Ergebnis - nachgekommen ist. Mit Verfügung vom 11.05.2020 hat das Landgericht die Postadresse in der Schweiz einer Person gleichen Namens mitgeteilt, die aus einem anderen Verfahren bekannt sei. Mit Schriftsatz vom 30.06.2020 hat die Klägerin die Zustellung an die Schweizer Adresse beantragt, nachdem sie die Identität des Beklagten verifiziert hatte. Mit Verfügung vom 02.07.2020 ordnete das Landgericht die Zustellung der Klage an und erließ einen Beschluss, den die Geschäftsstelle als Anordnung zur öffentlichen Zustellung interpretierte. Diese wurde von der - unterbesetzten - Geschäftsstelle allerdings erst am 18.03.2021 ausgeführt; die Aushangfrist endete am 19.04.2021. Zuvor hatte die Klägerin - beginnend ab dem 14.10.2020 - regelmäßig bei der Geschäftsstelle nach dem Stand der Zustellung nachgefragt. Erst nach einem Dezernatswechsel wurde die Klägerin mit Verfügung vom 21.05.2021 darauf hingewiesen, dass die öffentliche Zustellung mangels richterlicher Anordnung nicht wirksam sei. Die Zustellung (u.a.) der Klageschrift über die schweizerischen Behörden wurde sodann veranlasst und am 02.12.2021 durch Übergabe an den Beklagten vollzogen.
Der Beklagte hat gemeint, er hafte nicht aus der Bürgschaft, weil er seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Komplementärin bereits zum 31.12.2013 gekündigt habe. Die Bürgschaft sei wegen Übersicherung sittenwidrig; jedenfalls sei die Forderung verjährt. Darüber hinaus liege ein Haustürgeschäft vor und die Widerrufsfrist habe mangels Belehrung noch nicht zu laufen begonnen; seine darauf gerichtete Willenserklärung habe der Beklagte mit Schriftsatz vom 21.02.2021 widerrufen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Forderung sei verjährt. Die Verlängerung der Verjährungsfrist in den AGB der Klägerin sei - mangels hinreichender Kompensation des damit verbundenen Nachteils - unangemessen und deshalb unwirksam. Es greife demnach die regelmäßige Verjährung von drei Jahren. Auf die Unkenntnis der Zustelladresse des Beklagten könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sie jedenfalls zum Zeitpunkt der ersten Geltendmachung im Jahre 2015 die entsprechende Kenntnis gehabt habe. Die Erhebung der Verjährungseinrede sei auch nicht treuwidrig. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr...