Leitsatz
Die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen sind auch dann nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt, wenn diese aufgrund des verwendeten Buchführungsprogramms automatisch erfolgt.
Normenkette
§ 6 Nr. 4, § 1, § 5 StBerG, § 80 Abs. 5 AO a.F.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Diplom-Kauffrau (FH) und Steuerfachgehilfin, führte Finanz- und Lohnbuchhaltungen und verbuchte für ihren Auftraggeber A alle Belege im Zusammenhang mit dessen gewerblicher Tätigkeit. Auch erstellte sie monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen und übermittelte diese auf elektronischem Weg. Das FA wies die Klägerin als Bevollmächtigte des A zurück, weil sie durch die Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen eine unerlaubte geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen geleistet habe. Die Klägerin sei zwar zur reinen Übermittlung der Voranmeldungen berechtigt gewesen, nicht aber zu deren Erstellung.
Nach erfolglosem Vorverfahren wies die Vorinstanz (Sächsisches FG, Urteil vom 23.7.2014, 2 K 580/14, Haufe-Index 7304294, EFG 2014, 2088) die Klage ab. Die Klägerin habe nicht lediglich die bei A angefallenen Geschäftsvorgänge mechanisch gebucht; sie habe sich auch nicht auf die bloße Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen beschränkt.
Die Klägerin wandte sich gegen ihre Zurückweisung mit dem Argument, zur Eingabe der Buchungsdaten in das von ihr genutzte Programm sei sie berechtigt gewesen. Die Umsatzsteuervoranmeldungen habe das Programm automatisch erstellt.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision zurückgewiesen und dies damit begründet, dass die Klägerin geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet habe, ohne dazu befugt gewesen zu sein. Die Hilfeleistung umfasse nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG insbesondere auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen.
Die Hilfeleistung in Steuersachen darf nach § 2 Satz 1 StBerG geschäftsmäßig nur von Personen ausgeübt werden, die dazu befugt sind; § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG i.V.m. §§ 3, 3a und 4 StBerG.
Nach § 6 Nr. 4 StBerG gilt das Verbot jedoch nicht für das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen. Nach Auffassung des BFH wird die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 6 Nr. 4 StBerG erfasst. Aus der Beschränkung auf "laufende" Geschäftsvorfälle ergibt sich, dass weitergehende Tätigkeiten wie Abschlussarbeiten nicht unter die Befreiung fallen. Im Übrigen können Lohnsteuer-Anmeldungen nicht den Umsatzsteuervoranmeldungen gleichgestellt werden. Denn deren richtige Erstellung erfordert eine umfassende Kenntnis des Umsatzsteuerrechts. Insofern liegt in der Differenzierung kein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG.
Auch die Verwendung eines Buchführungsprogramms führt zu keinem anderen Ergebnis. Die bloße Übernahme der Ergebnisse eines Buchführungsprogramms ohne eigene rechtliche Prüfung genügt nicht den Anforderungen, welche das Gesetz an eine Umsatzsteuervoranmeldung stellt. Ein Buchführungsprogramm kann die persönliche Tätigkeit bei der Überprüfung der Buchführung nicht ersetzen. Auch auf das Fertigen der Umsatzsteuerjahreserklärungen sowie der Steuer- und Feststellungserklärungen für ertragsteuerliche Zwecke ist die Befreiungsvorschrift des § 6 Nr. 4 StBerG nicht anwendbar.
Hinweis
Die Klägerin, die über keine Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen nach §§ 3 ff. StBerG verfügte, fertigte für ihren Kunden Umsatzsteuervoranmeldungen mit einem elektronischen Programm und übersandte diese Voranmeldungen auf elektronischem Weg an das FA.
Dies war nicht zulässig. Denn die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen ist in Deutschland – noch – streng reglementiert. Es gilt nach § 5 StBerG das Verbot der unbefugten Hilfeleistung für Personen, die nicht i.S.d. Gesetzes qualifiziert sind. Dazu gehörte auch die Klägerin als Buchhalterin, die sich zudem nicht auf eine gesetzliche Ausnahme berufen konnte.
Zwar ist für den Personenkreis beispielsweise das Fertigen von Lohnsteuer-Anmeldungen zulässig. Der BFH betont jedoch den Unterschied zwischen einer Lohnsteuer-Anmeldung und einer Umsatzsteuervoranmeldung mit dem Hinweis, dass letztere Erklärung eine umfassende Kenntnis des Umsatzsteuerrechts verlange.
Schließlich ist der Hinweis auf das von der Klägerin zur Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung verwendete Buchführungsprogramm wichtig. Angesichts des hohen Automatisierungsgrades erscheint es auf den ersten Blick plausibel, wenn nicht nur die Eingabe von Daten, sondern schließlich auch die Übersendung der Umsatzsteuervoranmeldung zulässig wäre. Zu Recht verdeutlicht jedoch der BFH, dass die Leistung des Anmeldenden nicht nur in einem "Tastendruck" besteht. Vielmehr muss derjenige, der die Voranmeldung abgibt, einen Überblick über die Richtigkeit der Deklaration haben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.6.2017 – II R 22/15