Leitsatz
1. Der Entnahmewert für nicht an Aktien gebundene Zuckerrübenlieferrechte ist um einen ggf. von dem Buchwert des Grund und Bodens abzuspaltenden Buchwert zu vermindern (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Der abgespaltene Buchwert unterliegt ebenso wenig wie der Buchwert des Grund und Bodens vor der Abspaltung einer AfA.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 S. 1 und 2, § 55 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 1, Abs. 5, Abs. 6 EStG, § 118 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Ein bilanzierender Landwirt hatte seinen Betrieb im Jahr 1989 veräußert. Auf den Erwerber gingen neben Ackerflächen auch Zuckerrübenlieferrechte über, die teilweise mit ebenfalls übertragenen Aktien an der Zuckerfabrik zusammenhingen.
Abweichend vom Landwirt ging das FA davon aus, dass dem auf die Lieferrechte entfallenden Teil des Kaufpreises kein Buchwert gegenüberzustellen sei. Folge davon war, dass sich der nach § 55 Abs. 6 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust aus dem Verkauf des Grund und Bodens erhöhte.
Das FG war zunächst nicht der Meinung, dass ein anteiliger Buchwert für die Lieferrechte abzuziehen sei (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.11.2009, 2 K 39/04, Haufe-Index 2300201, EFG 2010, 865). Nach zweimaliger Zurückverweisung durch den BFH (Urteile vom 24.06.1999, IV R 33/98, BFH/NV 1999, 1550, und vom 11.03.2003, IV R 53/02, BFH/NV 2004, 258, BFH/PR 2004, 123) entschied das FG aufgrund eines von ihm eingeholten Gutachtens, dass sich die Lieferrechte nach Anschaffung der Grundstücke verselbstständigt hätten, und zog einen vom Buchwert der Grundstücke abgespaltenen Buchwert vom Veräußerungsgewinn ab.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA zurück. Ähnlich wie Milchlieferrechte hätten sich auch Zuckerrübenlieferrechte als eigenständige WG verselbstständigt. Bei zuvor angeschafften Grundstücken sei ein Teil des Buchwerts abzuspalten. Der vom Wert nach § 55 Abs. 1 EStG abgespaltene Betrag sei nicht abzuschreiben, müsse im Streitfall also ungekürzt abgezogen werden.
Hinweis
1. Der entschiedene Fall hat den BFH zum dritten Mal beschäftigt. Es handelt sich um das Verfahren, in dem der BFH sich erstmals zur Verselbstständigung von Zuckerrübenlieferrechten geäußert hatte. Im dritten Rechtsgang bestätigt der BFH nun seine Grundsätze zur Abspaltung von Lieferrechten auch in Bezug auf Zuckerrübenlieferrechte und stellt diese damit insoweit den Milchlieferrechten gleich. Aus dem vom FG im dritten Rechtsgang eingeholten Gutachten ergab sich, dass sich jedenfalls in Niedersachsen das Zuckerrübenlieferrecht zum 01.01.1976 als eigenständiges Wirtschaftsgut vom Grund und Boden abgespalten hat, soweit es nicht an Aktien der Zuckerfabrik gebunden ist.
Die für Milchlieferrechte entwickelten Grundsätze sind deshalb auf nicht aktiengebundene Zuckerrübenlieferrechte entsprechend anzuwenden. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass Milchlieferrechte sich in ganz Deutschland zu demselben Zeitpunkt verselbstständigt haben, während bei Zuckerrübenlieferrechten regionale Unterschiede bestehen können.
2. Der BFH hat außerdem das Argument der Finanzverwaltung zurückgewiesen, wonach die abgespaltenen Lieferrechte abzuschreiben waren und deshalb im Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nur noch einen geringen oder – wie im hiesigen Fall – gar keinen Restbuchwert mehr hatten. Zwar sind Zuckerrübenlieferrechte abnutzbare Wirtschaftsgüter, die über 10 Jahre abgeschrieben werden (BFH, Urteil vom 17.03.2010, IV R 3/08, BFH/NV 2010, 1531, BFH/PR 2010, 364). Eine Abschreibung kann aber nur bei einem von historischen Anschaffungskosten abgespaltenen Buchwert in Betracht kommen. Der vom fiktiven Wert nach § 55 Abs. 1 EStG abgespaltene Buchwert kann nach Meinung des BFH deshalb nicht abgeschrieben werden, weil sich das Verlustausgleichsverbot des § 55 Abs. 6 EStG auch auf den abgespaltenen Teil des Werts nach § 55 Abs. 1 EStG erstreckt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 09.09.2010 – IV R 2/10