Entscheidungsstichwort (Thema)
Partner bei Finanzhilfen des Bundes für Investitionen der Gemeinden stets Bund und Länder, nicht Bund und Gemeinden
Leitsatz (amtlich)
1. Das Nähere im Sinne des Art. 104a Abs. 4 Satz 2 GG kann nicht auf andere Weise als durch zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz oder Verwaltungsvereinbarung geregelt werden; denn die verfassungsrechtlich gewährleistete Mitwirkung der Länder bei der Entscheidung über die Grundlagen der Finanzzuweisungen nach Art. 104a Abs. 4 GG ist nur in diesen beiden Beteiligungsformen ausreichend gesichert.
2. Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104a Abs. 4 GG haben dieselbe – in der Entscheidung des Senats vom 4. März 1975 (BVerfGE 39, 96) näher dargelegte – Funktion und Bedeutung wie das in dieser Bestimmung vorgesehene Zustimmungsgesetz und bedürfen deshalb einschließlich der auf ihren Abschluß gerichteten direkten Willenserklärungen der Schriftform. Sie müssen in einem gehörigen Verfahren so zwischen Bund und Ländern ausgehandelt werden, daß alles, worüber Einigkeit erzielt worden ist, in ihrem Text festgehalten wird.
Leitsatz (redaktionell)
Im Bundesstaat sind Partner bei Finanzhilfen des Bundes für Investitionen der Gemeinden stets Bund und Länder, nicht Bund und Gemeinden, auch wenn die geförderten Investitionsprojekte von den Gemeinden durchgeführt werden. Der Bund kann daher bei der Abwicklung eines Finanzhilfeprogramms nach Art. 104 a Abs. 4 GG die Zuschüsse nur den Ländern gewähren, in deren Händen dann die verantwortliche Vergabe der Mittel an die kommunalen Investitionsträger liegt.
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 1, Art. 30, 79 Abs. 3, Art. 83, 93 Abs. 1 Nr. 3, Art. 104a Abs. 4; BVerfGG § 13 Nr. 7, § 64 Abs. 1, § 69
Gründe
A.-I.
Gegenstand des Verfassungsrechtsstreits ist die zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern bestehende Meinungsverschiedenheit über die Frage, ob der Bund durch den Erlaß, die inhaltliche Ausgestaltung und die Durchführung des „Einmaligen Sonderprogramms für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen” (Bundesanzeiger Nr. 30 vom 13. Februar 1974) gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen Art. 104 a Abs. 4 GG, verstoßen hat.
II.
1. Um die Jahreswende 1973/74 zeigte sich in einzelnen Gebieten der Bundesrepublik bei regional stark absinkender Konjunktur ein erheblicher Anstieg der Arbeitslosigkeit. Auch in einigen Gebieten des Freistaates Bayern lag die Arbeitslosenquote weit über dem Bundesdurchschnitt. Angesichts dieser Situation beauftragte die Bundesregierung im Dezember 1973 den Bundesminister für Wirtschaft, ein Finanzhilfeprogramm für die betroffenen Gebiete vorzubereiten. Mitte Januar 1974 wurde der Programmentwurf den Ländern zugleich mit einer Einladung zu einer ersten Referentenbesprechung übersandt. In dem Entwurf hieß es einleitend, die Bundesregierung werde über das Programm gemäß Art. 104 a Abs. 4 GG Verwaltungsvereinbarungen mit den Ländern treffen. Bei der anschließenden Referentenbesprechung bestand zwischen Bund und Ländern grundsätzliche Übereinstimmung über Notwendigkeit und Art gezielter Finanzhilfemaßnahmen. Daraufhin beschloß die Bundesregierung am 6. Februar 1974 das „Einmalige Sonderprogramm für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen”.
Die für dieses Verfahren wesentlichen Abschnitte in Teil A des Programms, das den Ländern durch Fernschreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 6. Februar 1974 mitgeteilt wurde, lauten:
I.
(1) Zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts durch besondere regionale und sektorale Schwierigkeiten gewährt der Bund gemäß Art. 104 a Absatz 4 des Grundgesetzes gezielt und befristet Finanzhilfen in Höhe von einmalig 300 Millionen DM
- zum Ausbau der Infrastruktur, soweit es für die Entwicklung der gewerblichen Wirtschaft erforderlich ist (z. B. Industriegeländeerschließung, Abwasser- und Abfallbeseitigungsanlagen …),
- im begründeten Einzelfall für Infrastrukturinvestitionen zur Erhöhung des Wohn- und Freizeitwertes, die für die Entwicklung des betreffenden Gebietes von erheblicher Bedeutung sind.
(2) Die im Absatz 1 genannten Finanzhilfen werden in Gebieten oder Orten gewährt,
- die von besonderen Beschäftigungsrisiken betroffen oder bedroht sind, da Wirtschaftszweige vorherrschen, die vom Strukturwandel und der konjunkturellen Entwicklung in einer Weise betroffen oder bedroht sind, daß negative Rückwirkungen auf das Gebiet in erheblichem Umfang eingetreten oder absehbar sind,
- deren Wirtschaftskraft erheblich unter dem Bundesdurchschnitt liegt oder erheblich darunter abzusinken droht. Dabei sollen im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt bestehende regionale Disparitäten in der Infrastrukturausstattung – insbesondere auch im ländlichen Raum – sowie die besondere Lage des Zonenrandgebietes berücksichtigt werden.
(3) …
II.
(1) Träger der in Abschnitt I Abs. 1 aufgeführten Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur sind vorzugsweise Gemeinden und Gemeindeverbände; …
(2) …
III.
Die Finanzhilfen des Bundes werden in Form von Investitionszuschüssen gewährt; diese können bis zu 50 v.H. der Investitionskosten betragen. Ausnahmen von dieser Begrenzung sind möglich.
IV.
Die Länder übersenden die Förderungsanträge mit ihrer Stellungnahme dem Bundesminister für Wirtschaft. Dieser entscheidet darüber im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen unter Beteiligung der fachlich zuständigen Bundesressorts. Bis zum 31. März 1974 werden den Ländern bestimmte Einplanungsbeträge reserviert. Danach wird der nicht belegte Teil des Programmvolumens nach der Dringlichkeit der noch vorliegenden Projekte vergeben.
Gleichzeitig mit der Übermittlung des Programms teilte der Bundesminister für Wirtschaft der Bayerischen Staatsregierung mit, daß er bis zum 31. März 1974 einen Einplanungsbetrag in Höhe von 60 Millionen DM für sie bereit halte.
Das Einmalige Sonderprogramm wurde am 13. Februar 1974 im Bundesanzeiger veröffentlicht.
2. In der Zwischenzeit, am 8. Februar 1974, fand beim Bundesminister für Wirtschaft eine weitere Referentenbesprechung statt, auf der u. a. das nach dem Einmaligen Sonderprogramm einzuschlagende Antrags- und Bewilligungsverfahren erörtert wurde. Dabei äußerte u. a. der Freistaat Bayern Bedenken gegen die Ankündigung der Bundesregierung, zur Beschleunigung des Verfahrens die Bewilligungsbescheide unmittelbar gegenüber den Gemeinden zu erlassen; er verlangte den Abschluß einer Verwaltungsvereinbarung. Der Bundesminister für Wirtschaft wies demgegenüber darauf hin, daß es sich bei dem Kabinettsbeschluß vom 6. Februar 1974 um eine verfassungsrechtlich mögliche Offerte des Bundes an die Länder handle, die durch konkludentes Verhalten – Weiterleitung von Förderungsanträgen der Gemeinden (Gemeindeverbände) an den Bund – angenommen werden könne.
3. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr legte dem Bundesminister für Wirtschaft in der Folgezeit 204 Finanzhilfeanträge von Gemeinden (Gemeindeverbänden) über insgesamt rund 119 Millionen DM vor. 146 Anträgen mit einem Gesamtvolumen von etwa 70 Millionen DM wurde entsprochen; die übrigen wurden – im wesentlichen wegen Erschöpfung der Programm-Mittel – abgelehnt. Bewilligung und Ablehnung erfolgten durch den Bundesminister für Wirtschaft unmittelbar gegenüber den betroffenen Gemeinden (Gemeindeverbänden). Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr erhielt jeweils eine Durchschrift des erteilten Bescheides. Gleichzeitig übersandte ihm der Bundesminister für Wirtschaft gesonderte globale Bescheide über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes für jeweils eine Gruppe der vom Freistaat Bayern befürworteten Infrastrukturmaßnahmen. Diese Bescheide lauteten:
Im Rahmen des „Einmaligen Sonderprogramms für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen” gewähre ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen Ihrem Land gemäß Art. 104 a (4) GG Finanzhilfen für Investitionen der Gemeinden in Höhe von … DM. Diese sind für von Ihnen befürwortete Infrastrukturmaßnahmen – laufende Nr. … – bestimmt. Wie angekündigt übersende ich wegen der konjunkturbedingten Notwendigkeit, dieses Programm sehr schnell abzuwickeln, den Antragstellern Einzelbewilligungen, die im Durchdruck beigefügt sind.
Die bewilligten Beträge überwies das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft unmittelbar den jeweiligen Gemeinden (Gemeindeverbänden). Die weitere Abwicklung des Programms (Überprüfung der Verwendungsnachweise, Genehmigung von Abweichungen von den erteilten Förderungsauflagen) lag – zum Teil nach einvernehmlicher Delegation – im wesentlichen in den Händen der Länder. Die im Einmaligen Sonderprogramm verfügbaren Mittel sind inzwischen erschöpft.
4. Vor und nach Übersendung der Finanzhilfeanträge an den Bundesminister für Wirtschaft versuchte die Bayerische Staatsregierung, den Bund zu einer Änderung des Bewilligungsverfahrens zu veranlassen. Der Bayerische Ministerpräsident beanstandete mit Schreiben an den Bundeskanzler vom 4. März 1974 unter anderem, daß zur Regelung der Förderungsmaßnahmen weder ein Bundesgesetz noch eine Verwaltungsvereinbarung vorgesehen sei, der Bund das allein den Ländern zustehende Recht, über einzelne Förderungsprojekte zu entscheiden, für sich beanspruche und die Finanzhilfen unter Umgehung der Länder unmittelbar den Gemeinden gewähren wolle.
5. Bedenken desselben Inhalts äußerten der Vorsitzende der Konferenz der Landesfinanzminister, der Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder und das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr in getrennten Schreiben an den Bundesminister für Wirtschaft. Die Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Schleswig-Holstein verbanden mit der Übersendung der Finanzhilfeanträge ebenfalls verfassungsrechtliche Vorbehalte gegen das Bewilligungsverfahren; die niedersächsische Landesregierung erklärte, sie wolle unter Zurückstellung ihrer grundsätzlichen Bedenken das vorgesehene Verfahren stillschweigend tolerieren. Diese Schritte blieben jedoch erfolglos. Auch die weiteren, auf ein Gespräch der Ministerpräsidenten der Länder mit dem Bundeskanzler zurückgehenden Bemühungen, für künftige Fälle eine Regelung zu finden, die nach Auffassung aller Beteiligten den Anforderungen des Artikels 104 a Abs. 4 GG gerecht wird, haben bisher zu keinem die Länder zufriedenstellenden Ergebnis geführt.
III.
1. Mit ihrem am 5. August 1974 eingegangenen Antrag begehrt die Bayerische Staatsregierung den Erlaß folgender Entscheidung:
Es wird festgestellt, daß der Bund durch das von der Bundesregierung am 6. Februar 1974 beschlossene „Einmalige Sonderprogramm für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen” Teil A (Bundesanzeiger Nr. 30 vom 13. Februar 1974) und seine Durchführung gegen Art. 104 a Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 30, 83, 20 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 3 GG sowie gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens verstieß und noch verstößt, indem er
- weder ein Gesetz erließ noch eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Freistaat Bayern abschloß, um „das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen” zu regeln,
- über jeden Antrag einer Gemeinde (eines Gemeindeverbandes) auf Gewährung einer Finanzhilfe selbst entschied oder entscheidet, statt diese Einzelfallentscheidungen dem Freistaat Bayern zu überlassen,
- die Finanzhilfen nicht dem Freistaat Bayern, sondern unmittelbar den Gemeinden (Gemeindeverbänden) gewährte und gewährt.
Zur Begründung macht sie sich die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 4. März 1975 (BVerfGE 39, 96 ff. – Städtebauförderungsgesetz) zu eigen. Ergänzend trägt sie vor:
Das Einmalige Sonderprogramm entbehre der in Art. 104 a Abs. 4 GG vorgeschriebenen Rechtsgrundlage, weil die Förderungsrichtlinien weder durch Bundesgesetz noch durch Verwaltungsvereinbarung festgelegt seien. Für eine Verwaltungsvereinbarung fehle es sowohl an einem Vertragsangebot des Bundes als auch an einer konkludenten Annahmeerklärung auf seiten der Antragstellerin. Angesichts der wiederholt vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des eingeschlagenen Verfahrens lasse sich die Weiterleitung der von den Gemeinden (Gemeindeverbänden) gestellten Finanzhilfeanträge an den Bundesminister für Wirtschaft nicht als Annahmeerklärung deuten.
Gegen die Annahme, eine Verwaltungsvereinbarung im Sinne des Art. 104 a Abs. 4 GG könne stillschweigend getroffen werden, bestünden zudem durchgreifende Bedenken. Da einer solchen Vereinbarung der gleiche Rang zukomme wie einem Gesetz, müßten zumindest ähnlich strenge Formerfordernisse gelten wie bei diesem. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, daß sich das Instrument der Verwaltungsvereinbarung besonders für kurzfristige, eilbedürftige konjunkturpolitische Maßnahmen eigne. In solchen Fällen verbleibe für das Aushandeln und den Abschluß von Vereinbarungen wenig Zeit. Während bei gesetzlichen Regelungen eine gründliche Beratung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens und eine ausreichende Einflußnahme des Bundesrates gewährleistet seien, bestehe bei Verwaltungsvereinbarungen die Gefahr, daß der Bund die Länder unter politischen Druck setze und ihren Entscheidungsspielraum unzulässig einschränke. Auch aus dieser Sicht liege es nahe, das Zustandekommen von Verwaltungsvereinbarungen im Sinne des Art. 104 a Abs. 4 GG von gewissen Formerfordernissen abhängig zu machen und jedenfalls die Möglichkeit eines konkludenten Abschlusses zu verneinen.
- Entgegen der im Grundgesetz verankerten Kompetenzverteilung habe der Bund im Einmaligen Sonderprogramm das Recht beansprucht, jeden Einzelfall selbst zu entscheiden. Dementsprechend sei auch verfahren worden. Nach Wortlaut und Sinn des Programms seien die Länder verpflichtet gewesen, sämtliche Förderungsanträge der Gemeinden (Gemeindeverbände) an den Bundesminister für Wirtschaft weiterzuleiten. Dabei habe der Bund die Länder in die Rolle von Gutachtern verwiesen und ihnen nicht einmal ein Vorprüfungs- und Auswahlrecht zugestanden.
- Der Bund sei nicht berechtigt gewesen, die Finanzhilfen unter Umgehung der Länder unmittelbar den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zu bewilligen und zu zahlen. Art. 104 a Abs. 4 GG kenne nur Bund und Länder als Partner der Finanzhilfeverhältnisse. In der durch Art. 20 Abs. 1 und 79 Abs. 3 GG verfassungsmäßig garantierten Bund-Länder-Struktur seien die Gemeinden (Gemeindeverbände) nicht eine dritte Kraft, sondern den Ländern zuzurechnen. Nehme der Bund Verwaltungsbeziehungen unmittelbar zu den Gemeinden (Gemeindeverbänden) auf, so treffe dies die Länder empfindlich in einem wesentlichen Teil ihrer Eigenstaatlichkeit.
- Die einseitige Durchsetzung des Einmaligen Sonderprogramms und die beanstandete Ausgestaltung des Bewilligungsverfahrens verletzten den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens und widersprächen dem verfassungsrechtlichen Leitbild eines modernen kooperativen Zusammenwirkens von Bund und Ländern (kooperativer Föderalismus). Der Bund sei verpflichtet gewesen, sich in vertrauensvoller partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Ländern um eine für beide Seiten annehmbare Verfahrensregelung zu bemühen. Statt dessen habe die Bundesregierung einseitig und unter Anwendung politischen Drucks ihre eigene Auffassung kompromißlos durchgesetzt.
2. Für die Bundesregierung hat sich der Bundesminister für Wirtschaft geäußert:
Das Einmalige Sonderprogramm sei Gegenstand einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern gewesen. Das Angebot des Bundes zum Abschluß der Vereinbarung liege in dem Fernschreiben des Bundesministers für Wirtschaft an die Wirtschaftsminister (-senatoren) der Länder vom 6. Februar 1974. Der Freistaat Bayern habe das Angebot des Bundes spätestens mit der Übersendung der ersten Förderungsanträge seiner Gemeinden (Gemeindeverbände) angenommen. Die Verwahrung gegen diese Deutung seines Verhaltens sei nicht geeignet gewesen, das Zustandekommen der Verwaltungsvereinbarung zu verhindern.
Jedenfalls enthalte aber das Fernschreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 6. Februar 1974 eine Aufforderung zum Abschluß von Verwaltungsvereinbarungen mit den Ländern über die zu fördernden Einzelprojekte. Die Länder hätten mit der Übersendung der Anträge dem Bund jeweils den Abschluß einer solchen Vereinbarung angeboten. Der Bund habe diese Angebote durch die Bewilligung der Mittel angenommen.
Verwaltungsvereinbarungen unterlägen nach einem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsatz keinen Formerfordernissen. Für Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG gelte insoweit nichts anderes. Davon sei auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 21. Mai 1952 (BVerfGE 1, 299 ff.) ausgegangen. Im übrigen werde die Rechtsauffassung der Bundesregierung durch die Entstehungsgeschichte des Art. 104 a Abs. 4 GG bestätigt. Die Vorschrift habe im Regierungsentwurf zum Finanzreformgesetz bereits eine dem heutigen Verfassungstext im wesentlichen entsprechende Fassung aufgewiesen. Der Bundesrat habe demgegenüber eine Regelung angestrebt, wonach das Nähere im Sinne des Art. 104 a Abs. 4 Satz 2 GG in jedem Fall durch zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz festzulegen sei, und dementsprechend die Einberufung des Vermittlungsausschusses gefordert. Zur Begründung habe er ausgeführt, es müsse ausgeschlossen werden, „daß die Bundesregierung mit einer Gesetzesinitiative im Gesetzgebungsverfahren scheitert und dann gleichwohl ihre Absicht durchsetzt, indem sie sich mit der beteiligten Landesregierung formlos einigt” (BT-Drucks. V/3826, Seite 5). Offensichtlich sei also auch der Bundesrat davon ausgegangen, daß Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG formlos getroffen werden könnten.
Eine aktive Mitgestaltung des Bundes bei der Gewährung von Finanzhilfen im Rahmen des Art. 104 a Abs. 4 GG, die über die Festlegung der Investitionsarten und die globale Verteilung der verfügbaren Mittel auf die Länder hinausgehe, sei grundsätzlich zulässig. Bund und Ländern sei freigestellt, im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen des Grundgesetzes das ihnen im jeweiligen Fall geeignet erscheinende Verfahren zu wählen. Eine derartige, im einvernehmlichen Zusammenwirken getroffene Ausführungsregelung stehe mit der Zielsetzung des Art. 104 a Abs. 4 GG im Einklang. Im übrigen sei der Bund auch befugt, die von ihm gewährten Finanzhilfen mit Auflagen und Bedingungen zu versehen. Es mache jedoch keinen praktischen Unterschied, ob der Bund seinen Einfluß unmittelbar durch Mitentscheidung bei der Auswahl der zu fördernden Projekte oder mittelbar durch Auflagen und Bedingungen ausübe.
Der Bund könne wegen seiner Verantwortung für die Wahrung gesamtstaatlicher Belange auf eine Mitwirkung bei der Auswahl der Einzelvorhaben regelmäßig nicht verzichten; denn der mit Konjunkturprogrammen in der Art des Einmaligen Sonderprogramms verfolgte Zweck sei nur bei angemessener Beteiligung des Bundes an der Mittelbewilligung für Einzelvorhaben erreichbar. Die Ausfüllung des in dem Programm notwendigerweise enthaltenen Gestaltungsrahmens habe im Interesse einer optimalen Zielverwirklichung der ständigen Überwachung und Präzisierung durch eine neutrale Stelle bedurft.
Das im Einmaligen Sonderprogramm vorgesehene Bewilligungsverfahren habe den Ländern alle Befugnisse belassen, die sich auf die Durchführung der geförderten Maßnahmen bezogen hätten. Insbesondere seien die Planung der Investitionen und die Entscheidung darüber, ob überhaupt ein Vorhaben in Angriff genommen werden solle, in der alleinigen Kompetenz der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) verblieben. Die Länder hätten auch Finanzhilfeanträge ihrer Gemeinden (Gemeindeverbände), die nach ihrer Auffassung für eine Förderung nicht in Betracht gekommen seien, dem Bund nicht vorzulegen brauchen. Außerdem hätten sie bei der Weiterleitung der Anträge Prioritäten festlegen können, an die der Bund grundsätzlich gebunden gewesen sei. Er habe bei dieser Verfahrensweise lediglich eine „Negativauswahl” auf der Grundlage der Vorentscheidungen der Länder treffen können.
Der Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens und das Gebot partnerschaftlichen Zusammenwirkens seien nicht verletzt. Eine Einigung über das einzuschlagende Bewilligungsverfahren sei angesichts der schon seit längerem bestehenden Meinungsverschiedenheiten und der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erreichbar gewesen. Der Bund habe aus gesamtstaatlicher Verantwortung Vorsorge dagegen treffen müssen, daß die Länderbehörden aus Unkenntnis über die Auswirkungen einzelner Bewilligungen die Zielsetzung des Programms gefährdeten.
- Die Bundesregierung habe zu keiner Zeit die Absicht gehabt, durch die unmittelbare Einschaltung der Gemeinden in die Durchführung des Einmaligen Sonderprogramms die verfassungsmäßige Stellung der Länder auszuhöhlen; vielmehr habe es sich bei dieser Verfahrensweise lediglich um eine Zahlungsmodalität gehandelt, die auf der konjunkturbedingten Notwendigkeit einer beschleunigten Programmabwicklung beruht habe. Dies zeige sich auch darin, daß die den Ländern gesondert erteilten Bewilligungsbescheide konstitutive Bedeutung gehabt hätten.
- Für den Antrag zu c) fehle es am Rechtsschutzinteresse; denn der Bund werde in Zukunft Finanzhilfen nach Art. 104 a Abs. 4 GG nicht mehr unmittelbar den Gemeinden gewähren.
3. Die Bundesregierung hat, nachdem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Städtebauförderungsgesetz ergangen war (BVerfGE 39, 96), Gelegenheit erhalten, ihre Auffassung zu überprüfen. Sie hat sich daraufhin nicht nochmals geäußert.
B.
Der Antrag ist zulässig.
Zwischen der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung bestehen Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, die sich aus dem Grundgesetz ergeben. Nach dem Vorbringen des antragstellenden Landes hat der Bund im Rahmen eines auf Art. 104 a Abs. 4 GG basierenden Finanzhilfeverhältnisses zum Freistaat Bayern seine verfassungsrechtlichen Kompetenzen unter Verletzung der staatlichen Eigenständigkeit Bayerns überschritten. Damit genügt der Antrag dem Zulässigkeitserfordernis der §§ 69, 64 Abs. 1 BVerfGG. Zur Entscheidung dieser verfassungsrechtlichen Streitigkeit ist nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 7 BVerfGG das Bundesverfassungsgericht berufen.
Das Rechtsschutzinteresse für den Antrag entfällt nicht deshalb, weil das Einmalige Sonderprogramm bereits abgewickelt ist, die behauptete Rechtsverletzung also in der Vergangenheit liegt und abgeschlossen ist (vgl. BVerfGE 1, 372 [379]; 10, 4 [11]).
Ebensowenig wird das Rechtsschutzinteresse für Teil c) des Antrages durch den Hinweis der Bundesregierung ausgeräumt, sie werde Finanzhilfen nach Art. 104 a Abs. 4 GG künftig nicht mehr unmittelbar den Gemeinden (Gemeindeverbänden) gewähren. Eine derartige Versicherung vermag die Wiederholungsgefahr jedenfalls so lange nicht zu beseitigen, wie das Vorbringen der Bundesregierung die Deutung zuläßt, sie halte das eingeschlagene Verfahren für zulässig.
C.
Der Antrag ist auch begründet. Der Bund hat durch den Erlaß, die inhaltliche Ausgestaltung und die Durchführung des Einmaligen Sonderprogramms die Rechte des Freistaates Bayern aus Art. 104 a Abs. 4 GG verletzt.
I.
Das Einmalige Sonderprogramm stellt eine Finanzhilfemaßnahme des Bundes im Sinne des Art. 104 a Abs. 4 GG dar. Nach Satz 2 dieser Bestimmung wird das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Dabei müssen die Länder Gelegenheit haben, den Inhalt der sie berührenden Regelung über die Modalitäten der Gewährung von Finanzhilfen entscheidend zu beeinflussen (BVerfGE 39, 96 [116]). Das schließt die Möglichkeit aus, das Nähere im Sinne des Art. 104 a Abs. 4 Satz 2 GG auf andere Weise als durch zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz oder Verwaltungsvereinbarung zu regeln; denn die verfassungsrechtlich gewährleistete Mitwirkung der Länder bei der Entscheidung über die Grundlagen der Finanzzuweisungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG ist nur in diesen beiden Beteiligungsformen ausreichend gesichert (vgl. auch BVerfGE 39, 96 [121]).
II.
Eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Gewährung von Finanzhilfen nach Maßgabe des Einmaligen Sonderprogramms ist nicht zustande gekommen. Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG haben dieselbe – in der Entscheidung des Senats vom 4. März 1975 (BVerfGE 39, 96) näher dargelegte – Funktion und Bedeutung wie das in dieser Bestimmung vorgesehene Zustimmungsgesetz und bedürfen deshalb einschließlich der auf ihren Abschluß gerichteten direkten Willenserklärungen der Schriftform. Sie müssen in einem gehörigen Verfahren so zwischen Bund und Ländern ausgehandelt werden, daß alles, worüber Einigkeit erzielt worden ist, in ihrem Text festgehalten wird.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
1. Die Zielsetzung von Finanzhilfemaßnahmen nach Art. 104 a Abs. 4 GG kann, insbesondere wenn sie der Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts dienen sollen, deren unverzügliche Planung und Durchführung erfordern. Könnte die notwendige Regelung allein durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates, also unter Wahrung aller für das Gesetzgebungsverfahren vorgeschriebenen Formen und Fristen, getroffen werden, so bestünde in solchen Fällen die Gefahr, daß die für erforderlich gehaltenen Maßnahmen infolge Zeitablaufs ihren Zweck ganz oder teilweise verfehlen würden. Die Verfassung trägt dem praktischen Bedürfnis nach beschleunigter Regelung dadurch Rechnung, daß sie Bund und Ländern gestattet, das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, durch Verwaltungsvereinbarungen zu regeln.
2. Der Möglichkeit, die notwendigen Maßnahmen frei von hemmenden Formzwängen zu treffen, ist indessen dort eine Grenze gesetzt, wo der Zweck der Verfassungsnorm eine solche Verfahrensvereinfachung nicht zuläßt oder sonstige verfassungsrechtliche Gesichtspunkte die Beachtung bestimmter Förmlichkeiten verlangen.
a) Hängt die Gültigkeit einer Verwaltungsvereinbarung nach Art. 104 a Abs. 4 GG davon ab, daß ihr Inhalt schriftlich niedergelegt wird und die Beteiligten ihre auf den Abschluß der Vereinbarung gerichteten ausdrücklichen Erklärungen in Schriftform abgeben, so beeinträchtigt dies im Regelfall die beschleunigte Gewährung der Finanzhilfen nicht; die erforderlichen Maßnahmen lassen sich vielmehr auch bei Wahrung dieser Förmlichkeiten regelmäßig innerhalb weniger Tage treffen, sofern zwischen Bund und Ländern Einvernehmen über die Modalitäten der Finanzzuweisung besteht.
b) Hingegen gebieten die rechtliche Eigenart von Verwaltungsvereinbarungen im Sinne des Art. 104 a Abs. 4 GG, der Gedanke der Rechtsklarheit und die verfassungsrechtliche Stellung der Länder im föderativen Staatsgefüge die Einhaltung der eingangs beschriebenen Förmlichkeiten; wird den Formerfordernissen nicht genügt, so kommt eine Vereinbarung nicht zustande.
aa) Indem die Verfassung die Möglichkeit eröffnet, die für die Gewährung von Finanzhilfen erforderlichen Regelungen wahlweise auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage zu treffen, erhebt sie die Verwaltungsvereinbarung zu einer normvertretenden Maßnahme, stellt sie also der gesetzlichen Regelung funktionell gleich. Daraus folgt, daß Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG formalisiert sein müssen, weil nur so in mit einer gesetzlichen Regelung vergleichbarer Deutlichkeit erkennbar wird, ob alle Beteiligten der Vereinbarung zugestimmt haben und welches ihr Inhalt ist.
bb) In diesem Zusammenhang erfordern die Ausführungen des Senats im Urteil vom 4. März 1975 (BVerfGE 39, 96 [116 f., 121]) über den Mindestinhalt von Zustimmungsgesetzen und Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG Beachtung. Danach muß eine solche Regelung alles für die Länder Wesentliche enthalten. Dazu gehören mindestens Regelungen über die Auswahl der zu fördernden Investitionsvorhaben, sofern die Finanzhilfen nicht quotenmäßig zur globalen Förderung eines Investitionsbereichs an die Länder verteilt, sondern mit der Förderung bestimmter Projekte in Verbindung gebracht werden; weitere Mindestvoraussetzung ist die Bestimmung der Höhe des Bundesanteils an den förderungsfähigen Investitionskosten und die Fixierung eines einheitlichen Verteilungsmaßstabes, nach dem der Bund – vorbehaltlich einer allseitigen Einigung mit den Ländern – mangels feststehender oder berechenbarer Landesquoten verfährt, wenn die Summe der von den Ländern angeforderten Bundesmittel den Ansatz im Bundeshaushalt übersteigt. Dem Erfordernis einer solchen Regelung kann eine formlos getroffene Vereinbarung schwerlich genügen.
cc) Der Erlaß eines Gesetzes und seine Ausführung sind tatsächlich und rechtlich klar voneinander abgesetzt; die Art der Ausführung gestattet keine Rückschlüsse auf das Zustandekommen des Gesetzes. Diese Unterscheidung trifft auch auf Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG zu. Die an die Stelle des Gesetzes tretende Verwaltungsvereinbarung, die das Ergebnis der Verhandlungen über die Grundlagen der Finanzzuweisung verkörpert, bildet die normative Basis für die anschließende Abwicklung des Finanzhilfeprogramms. Wäre es zulässig, eine solche Vereinbarung konkludent zu treffen – dazu gehört auch der Fall, daß lediglich eine der auf den Vertragsabschluß gerichteten Erklärungen stillschweigend abgegeben wird –, so ließe sich nur durch eine Würdigung des Gesamtverhaltens der Beteiligten ermitteln, ob die Vereinbarung zustande gekommen ist; regelmäßig würde darüber erst die Art und Weise des Programmvollzuges Aufschluß geben. Das widerspräche indessen der normativen Funktion solcher Vereinbarungen.
dd) Wird das Nähere im Sinne des Art. 104 a Abs. 4 GG durch Bundesgesetz geregelt, so können die Länder den Inhalt der zu erlassenden Normen im Bundesrat entscheidend beeinflussen. Eine gleichwertige Mitwirkungsbefugnis gesteht ihnen die Verfassung bei der Gewährung von Finanzhilfen auf der Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen zu (BVerfGE 39, 96 [121]). Dieses für die verfassungsrechtliche Stellung der Länder wesentliche Recht darf nicht dadurch gefährdet werden, daß bei der Regelung des Näheren an die Stelle eines Gesetzes eine Verwaltungsvereinbarung tritt. Vielmehr muß mit Rücksicht auf die föderative Gestaltung der Bundesrepublik sichergestellt sein, daß die Länder in diesem Fall keinen geringeren verfassungsrechtlichen Schutz genießen, als wenn die Modalitäten der Finanzzuweisung durch Zustimmungsgesetz geregelt würden. Das wäre beispielsweise dann nicht gewährleistet, wenn der Bund unter Ausnutzung seiner Finanzmacht die Länder, denen eine Ablehnung der Finanzhilfe aus politischen Gründen in der Regel unmöglich ist, durch einseitige Festlegung der Förderungsrichtlinien und des einzuschlagenden Verfahrens in eine Situation bringen könnte, in der ihr Verhalten unter Umständen als konkludente Annahme eines Vertragsangebotes deutbar wäre. Um solchen Gefahren wirksam zu begegnen, ist es unerläßlich, für Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG die Möglichkeit einer nur konkludenten Angebots- oder Annahmeerklärung von Verfassungs wegen auszuschließen und die Gültigkeit der Vereinbarungen davon abhängig zu machen, daß die auf ihren Abschluß gerichteten Erklärungen der Beteiligten ausdrücklich abgegeben werden.
ee) Der Bund kann, will er nicht seine Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten verletzen, eine derartige Vereinbarung nur mit allen gleichermaßen betroffenen Ländern zugleich abschließen, wobei die Länder dem Bund als gleichberechtigte Partner gegenüberstehen. Die Gültigkeit der Vereinbarung hängt grundsätzlich von der Zustimmung aller betroffenen Länder ab, die – ebenso wie die des Bundes – gegenüber allen anderen Beteiligten zu erklären ist. Das Prinzip der Einstimmigkeit wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß ein Land dem vorgesehenen Programm seine Zustimmung aus sachfremden Motiven versagt und damit gegen das Gebot der Bundestreue verstößt (vgl. BVerfGE 1, 299 [315 f.]; 12, 205 [254]; 39, 96 [119 f.]).
Angesichts des prinzipiellen Erfordernisses allseitiger Zustimmung müssen alle Länder – rechtzeitig – Gelegenheit erhalten, das Programm auf seine Eignung und Erforderlichkeit sowie auf seine Übereinstimmung mit den einschlägigen Rechtsnormen zu überprüfen. Das erscheint nur dann hinreichend gewährleistet, wenn der Text der Vereinbarung zuvor schriftlich niedergelegt worden ist. Zum anderen müssen Bund und beteiligte Länder die Möglichkeit haben, selbständig und auf sicherer Grundlage zu prüfen, ob die Vereinbarung zustande gekommen ist. Die Verwirklichung dieses Rechts hängt maßgeblich davon ab, daß die auf den Abschluß der Vereinbarung gerichteten Erklärungen in schriftlicher Form abgefaßt und nicht lediglich konkludent abgegeben werden.
3. a) Die Erwägungen, aus denen der Bundesrat seinerzeit die Einberufung des Vermittlungsausschusses gefordert hat, lassen nicht erkennen, welche Ansicht der Bundesrat in der Frage vertreten hat, ob das Zustandekommen von Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG die Beachtung bestimmter Förmlichkeiten voraussetzt. Im übrigen hat die Entstehungsgeschichte für die Auslegung einer einzelnen Bestimmung des Grundgesetzes keine ausschlaggebende Bedeutung (BVerfGE 6, 389 [431]).
b) Im Urteil vom 21. Mai 1952 (BVerfGE 1, 299 ff.) wird nicht – wie die Bundesregierung meint – stillschweigend davon ausgegangen, daß Verwaltungsvereinbarungen über Finanzzuweisungen des Bundes an die Länder auch formlos getroffen werden könnten. Außerdem kann dieser Entscheidung nichts zur Auslegung des erst im Jahre 1969 in das Grundgesetz eingefügten Art. 104 a entnommen werden.
c) Schließlich läßt sich der hier gebotenen Verfassungsauslegung nicht mit Erfolg entgegenhalten, es seien Fälle denkbar, in denen angesichts eines außergewöhnlichen Beschleunigungsbedürfnisses der Zwang zur Formwahrung die mit den für notwendig erachteten Bundeszuschüssen angestrebte Wirkung gefährden könne. Sollten die besonderen Umstände den Bund ausnahmsweise einmal dazu nötigen, den Ländern im Rahmen der Zweckbestimmung des Art. 104 a Abs. 4 GG sofort Bundesmittel zur Verfügung zu stellen, und bleibt für die Einhaltung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten keine Zeit, so kann er den Ländern im Vorgriff auf die Finanzhilfe eine Vorauszahlung gewähren. Damit ist dem Beschleunigungsbedürfnis ausreichend Rechnung getragen. Für weitere Folgerungen bietet der Normzweck in diesem Zusammenhang keine Grundlage.
4. Ob die Verfassung über die gekennzeichneten Erfordernisse der Schriftform und direkter Willenserklärungen hinaus auch gebietet, den Inhalt einer Verwaltungsvereinbarung nach Art. 104 a Abs. 4 GG in einer Urkunde niederzulegen, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Senat hält allerdings im Interesse der Rechtsklarheit und zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten über die Übereinstimmung einzelner Erklärungen der Beteiligten eine solche Verfahrensweise für angezeigt.
5. Da die Bayerische Staatsregierung das Angebot der Bundesregierung, eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Inhalt des Einmaligen Sonderprogramms zu treffen, nicht ausdrücklich und in schriftlicher Form angenommen hat, ist eine solche Vereinbarung nicht zustande gekommen; der Abwicklung des Programms fehlt mithin die vorgeschriebene verfassungsrechtliche Grundlage. Zwar wäre die Weigerung des Freistaates Bayern, dem Programm zuzustimmen, unbeachtlich, wenn sie dem Gebot bundesfreundlichen Verhaltens zuwiderliefe (vgl. BVerfGE 1, 299 [315 f.]; 12, 205 [254]; 39, 96 [119 f.]). Das ist indessen nicht der Fall. Da der Bund – wie im folgenden näher darzulegen ist – von vornherein nicht bereit war, das verfassungsrechtlich verbürgte Mitwirkungsrecht des Freistaates Bayern bei den Entscheidungen über die Gewährung der Bundeszuschüsse zu respektieren, durfte die Bayerische Staatsregierung dem Programm ihre Zustimmung ohne Verfassungsverstoß versagen.
III.
1. Der Inhalt des Einmaligen Sonderprogramms ist mit Art. 104 a Abs. 4 GG insofern unvereinbar, als der Bund das Recht für sich in Anspruch genommen hat, über einzelne Förderungsanträge der Gemeinden (Gemeindeverbände) anstelle der Länder selbst zu entscheiden. Das Gleiche gilt auch für die Durchführung des Programms. Dabei kann offenbleiben, ob die Ansicht der Bayerischen Staatsregierung zutrifft, daß die Länder nach Teil A Abschnitt IV des Einmaligen Sonderprogramms verpflichtet sein sollten, unter Beschränkung auf eine gutachtliche Stellungnahme alle bei ihnen eingereichten Förderungsanträge an den Bundesminister für Wirtschaft weiterzuleiten. Das Programm verstößt in diesem Punkt auch dann gegen Art. 104 a Abs. 4 GG, wenn man mit der Bundesregierung davon ausgeht, daß die Länder solche Anträge, die nach ihrer Auffassung für eine Förderung nicht in Betracht kamen, in eigener Zuständigkeit ablehnen durften und nur die übrigen, von ihnen positiv beurteilten weiterleiten mußten. Auch bei dieser Auslegung – und allein darauf kommt es in diesem Zusammenhang an – behält sich der Bund in verfassungswidriger Weise das Recht zur Mitentscheidung im Einzelfall vor. Er verletzt mit der Inanspruchnahme einer solchen Befugnis – auch wenn diese nur das Recht, eine „Negativauswahl” zu treffen, umfassen soll – das grundgesetzliche Verbot einer sogenannten Mischverwaltung (vgl. BVerfGE 39, 96 [120]).
2. Es steht nicht im Ermessen der Länder, dem Bund im Rahmen eines Finanzhilfeverhältnisses Befugnisse einzuräumen, die ihm nach Art. 104 a Abs. 4 GG an sich nicht zustehen; denn die in dieser Norm verankerte Verteilung der Kompetenzen von Bund und Ländern bei der Gewährung von Finanzhilfen stellt – ebenso wie die Regelung in Art. 30 GG – grundsätzlich kein dispositives Recht dar (BVerfGE 39, 96 [109]).
Bund und Länder sind allerdings nicht gehindert, im Rahmen eines solchen Finanzhilfeverhältnisses eine Verwaltungsvereinbarung über ein Einzelprojekt abzuschließen (BVerfGE 39, 96 [121]). Damit wird jedoch keine Ausnahme von der grundsätzlichen Unabdingbarkeit der für diesen Bereich verfassungsrechtlich festgelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern zugelassen. Wenn nämlich eine Vereinbarung über ein Einzelvorhaben nur bei einer Verständigung des Bundes und des beteiligten Landes über die Auswahl des Projekts zustande kommt (BVerfG, a.a.O.), so bedeutet dies nicht, daß der Bund insoweit zur Mitentscheidung berufen wäre. Vielmehr steht auch in einem solchen Fall die Entscheidung darüber, welches Investitionsvorhaben gefördert werden soll, allein dem betreffenden Land zu. Die Prüfung des Bundes erstreckt sich dabei – ebenso wie in anderen Fällen des Art. 104 a Abs. 4 GG – lediglich auf die Frage, ob die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer Finanzhilfe erfüllt sind und Mittel für einen Bundeszuschuß zur Verfügung stehen.
3. Ein Mitentscheidungsrecht des Bundes folgt auch nicht aus der Natur der Sache oder einer Bundeszuständigkeit kraft Sachzusammenhanges. Es trifft zwar zu, daß Finanzhilfen, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts bestimmt sind, schon im Hinblick auf diese Zielsetzung überregionale Bedeutung haben und in ihrer beabsichtigten Auswirkung nicht auf das Gebiet eines einzelnen Landes beschränkt zu sein brauchen. Indessen bedarf hier keiner Erörterung, ob sich die gesamtwirtschaftliche Zielsetzung solcher Programme besser verwirklichen ließe, wenn die Entscheidung über die Vergabe der Bundeszuschüsse maßgeblich in den Händen einer zentralen Stelle läge. Denn Zweckmäßigkeitserwägungen dieser Art sind grundsätzlich nicht geeignet, eine Verwaltungszuständigkeit des Bundes zu begründen (BVerfGE 11, 6 [17 f.]; 22, 180 [216 f.]). Die Annahme einer solchen Zuständigkeit ließe sich hier nur dann vertreten, wenn die Erreichung des angestrebten Ziels – die Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – bei vollständigem Vollzug des Programms durch die Länder von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre. Davon kann jedoch keine Rede sein, zumal nicht ersichtlich ist, daß die bloße Möglichkeit einer Fehlsteuerung durch einzelne Landesverwaltungen das mit dem Programm verfolgte Ziel schlechthin unerreichbar gemacht hätte. Im übrigen ist es Sache des Bundes, den Ländern durch entsprechende Informationen die gewünschte Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Belange beim Einsatz der Programm-Mittel zu ermöglichen. Die Länder sind dann nach dem Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens ihrerseits verpflichtet, eine der Zielsetzung des Programms gemäße Steuerung nach besten Kräften sicherzustellen.
4. Allerdings ist der Bund nicht gehalten, die Entscheidungen der beteiligten Länder über die Auswahl der zu fördernden Investitionsvorhaben als unabänderliche Tatsachen ungeprüft hinzunehmen. Der Bund kann bei programmwidriger Inanspruchnahme von Bundeszuschüssen durch die Länder die entsprechenden Projekte von der Förderung ausschließen (BVerfGE 39, 96 [118]). Das setzt die Pflicht der Länder voraus, dem Bund die dazu erforderlichen Informationen rechtzeitig und vollständig zu liefern.
Daraus läßt sich indessen ein allgemeines Recht des Bundes, über die Förderung einzelner Vorhaben mitzuentscheiden, nicht herleiten.
5. Ebensowenig vermag der Hinweis des Bundes, er sei jederzeit befugt, die Gewährung von Finanzhilfen mit Bedingungen und Auflagen zu verknüpfen, seinen Anspruch auf Mitentscheidung im Einzelfall zu rechtfertigen; denn Verwaltungsvereinbarungen nach Art. 104 a Abs. 4 GG können mit derartigen Nebenbestimmungen nicht wirksam versehen werden (BVerfGE 39, 96 [120 f.]).
IV.
Schließlich hat der Bund Art. 104 a Abs. 4 GG auch dadurch verletzt, daß er die beantragten Zuschüsse nicht dem Freistaat Bayern, sondern unmittelbar dessen Gemeinden (Gemeindeverbänden) gewährt hat.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 4. März 1975 (BVerfGE 39, 96 [122]) ausgeführt hat, sind im Bundesstaat Partner bei Finanzhilfen des Bundes für Investitionen der Gemeinden stets Bund und Länder, nicht Bund und Gemeinden, auch wenn die geförderten Investitionsprojekte von den Gemeinden durchgeführt werden. Der Bund kann daher bei der Abwicklung eines Finanzhilfeprogramms nach Art. 104 a Abs. 4 GG die Zuschüsse nur den Ländern gewähren, in deren Händen dann die verantwortliche Vergabe der Mittel an die kommunalen Investitionsträger liegt.
Wenn der Bund im vorliegenden Fall nicht nur den Gemeinden (Gemeindeverbänden), sondern – in globaler Form – auch den Ländern Bewilligungsbescheide erteilt hat, so ändert dies nichts daran, daß er in verfassungswidriger Weise die Gemeinden (Gemeindeverbände) zu seinen Finanzhilfepartnern erhoben hat. Daß die an die Gemeinden (Gemeindeverbände) gerichteten Bescheide konstitutiven Charakter hatten, ergibt sich schon aus dem Anspruch des Bundes, über die an ihn weitergeleiteten Förderungsanträge der einzelnen Investitionsträger selbst abschließend zu entscheiden. Bei der unmittelbaren Einschaltung der Gemeinden (Gemeindeverbände) hat es sich auch nicht lediglich um eine „Zahlungsmodalität” gehandelt; dies könnte allenfalls für die Auszahlung der bewilligten Zuschüsse, nicht aber für die Erteilung der Bewilligungsbescheide gelten.
D.
Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Fundstellen
BVerfGE, 291 |
NJW 1976, 1443 |