Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsverpflichtung über die bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen des Bundeszentralamts für Steuern gesammelten Daten
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die bei dem Bundeszentralamt für Steuern auf der Grundlage von § 88a AO in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG geführte Datensammlung über steuerliche Auslandsbeziehungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ablehnung eines Antrags, mit dem ein Einzelner Auskunft über ihn betreffende Daten begehrt, die in dieser Datensammlung enthalten sind.
Leitsatz (redaktionell)
1. § 19 BDSG konkretisiert die grundrechtlichen Vorgaben für die Informationsmöglichkeiten desjenigen, der von einer staatlichen Datensammlung betroffen ist, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise. Die Auffassung der Vorinstanzen, der nach dieser Norm grundsätzlich bestehende Auskunftsanspruch sei wegen eines überwiegenden öffentlichen Geheimhaltungsinteresses an den Daten über Domizilgesellschaften ausgeschlossen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist zunächst anzunehmen, soweit in eine Datensammlung Daten aufgenommen werden, die bereits für sich genommen sensibel sind und deshalb dem Schutz dieses Grundrechts unterliegen. Das kann für Daten zutreffen, die unter das in § 30 AO geregelte Steuergeheimnis fallen. Nicht nur in der Erhebung, sondern auch in der Speicherung solcher Daten liegt ein Grundrechtseingriff.
3. Es bestehen keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, dass nach § 88a AO Daten, die im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Verfahrens i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AO gewonnen wurden, auch für finanzbehördliche Verfahren i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO zur Verfügung stehen. Soweit im Einzelfall die Daten durch einen intensiven Grundrechtseingriff gewonnen wurden, zu dem die Finanzbehörden im Rahmen eines Verfahrens i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO nicht befugt gewesen wären, kann dem auf der Ebene der Normanwendung hinreichend Rechnung getragen werden.
4. Werden Daten, die aus finanzbehördlichen Verfahren i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO stammen, gemäß § 88a Satz 2 AO i. V. mit § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AO für ein Steuerstrafverfahren genutzt, kann der persönlichkeitsrechtliche Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung berührt sein; dem trägt die AO indes in anderen Normen Rechnung.
Normenkette
BDSG § 19; AO §§ 88a, 30; FVG § 5 Abs. 1 Nr. 6; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4
Verfahrensgang
Tenor
Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen finanzgerichtliche Urteile, durch die eine Klage auf Auskunft über eine behördliche Datensammlung abgewiesen wurde.
I.
Im finanzbehördlichen Verfahren gilt nach § 88 der Abgabenordnung (im Folgenden: AO) der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Möglichkeiten der Finanzbehörden, den Sachverhalt umfassend aufzuklären, sind jedoch bei Sachverhalten mit Auslandsbezug begrenzt. Diesen Schwierigkeiten trägt zum einen § 90 Abs. 2 und 3 AO Rechnung, der den Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten eine gesteigerte Mitwirkungspflicht auferlegt. Daneben wird den Ermittlungsschwierigkeiten bei steuerlichen Auslandssachverhalten unter anderem auch durch die bei dem Bundeszentralamt für Steuern, dem früheren Bundesamt für Finanzen (im Folgenden: Bundesamt), geführte Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (im Folgenden: Informationszentrale) begegnet. Die Aufgaben des Bundesamts sind in § 5 des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG) geregelt. Zu ihnen gehört nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG
“die zentrale Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen nach näherer Weisung des Bundesministeriums der Finanzen”.
Die Aufgabenzuweisung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG wird durch die verfahrensrechtliche Norm des § 88a AO ergänzt. Diese Vorschrift lautet:
§ 88a
Sammlung von geschützten Daten
Soweit es zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Steuern erforderlich ist, dürfen die Finanzbehörden nach § 30 geschützte Daten auch für Zwecke künftiger Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b, insbesondere zur Gewinnung von Vergleichswerten, in Dateien oder Akten sammeln und verwenden. Eine Verwendung ist nur für Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b zulässig.
Der von § 88a AO in Bezug genommene § 30 AO, der das Steuergeheimnis regelt, lautet auszugsweise:
§ 30
Steuergeheimnis
(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.
(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er
1. Verhältnisse eines anderen, die ihm
a) in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
b) in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
c) aus anderem Anlass durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen
bekannt geworden sind, oder
2. ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
unbefugt offenbart oder verwertet oder
3. nach Nummer 1 oder Nummer 2 geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einer Datei gespeichert sind.
…
Die in § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG angesprochene nähere Weisung des Bundesministeriums ist in dem Schreiben betreffend die zentrale Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen, dem sogenannten IZA-Erlass vom 29. April 1997 (BStBl I S. 541), enthalten. Nach Nr. 1.1 IZA-Erlass erfasst die Informationszentrale alle sachdienlichen Informationen, die für die Tätigkeit der Steuerverwaltungen von Bund und Ländern von Bedeutung sein können. Dazu zählen unter anderem Informationen über juristische Personen im Ausland. Nach Nr. 2.1 IZA-Erlass erteilt die Informationszentrale Auskünfte auf Anfrage oder auch unaufgefordert. Sie bietet nach Nr. 2.2 IZA-Erlass den anfragenden Stellen unter anderem Informationen über Rechtsträger im Ausland sowie allgemeine Auskünfte zu wirtschaftlichen und steuerrechtlich relevanten Verhältnissen im Ausland an. Nach Nr. 3.1 IZA-Erlass sollen die Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Informationszentrale laufend und vollständig über sachdienliche Beobachtungen und Feststellungen unterrichten.
Nach dem im Ausgangsverfahren festgestellten Sachverhalt legt das Bundesamt Informationen, die aus im Ausland öffentlich zugänglichen Quellen, etwa Telefon- und Telefaxbüchern oder Handelsregistern, sowie aus Anfragen oder Mitteilungen von Finanzbehörden stammen, in Akten ab. Um die Daten auffinden zu können, bedient es sich einer computergestützten Sammlung von Namen der Personen, über die Akten angelegt wurden. Mit dieser Datenbank können die Akten weder umsortiert noch ausgewertet werden.
II.
Im Ausgangsverfahren machte der Beschwerdeführer erfolglos gegen das Bundesamt einen Anspruch auf Auskunft über die ihn betreffenden Daten geltend, die in der Informationszentrale vorhanden waren.
1. Zum Zeitpunkt des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesamt dreizehn umfangreiche Aktenordner vor, in denen der Name des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit mittelbaren und unmittelbaren Beziehungen zu ausländischen Gesellschaften vorkam. Das Bundesamt leitete Daten über den Beschwerdeführer an Finanzämter weiter. Dies führte zu Entscheidungen zum Nachteil des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer beantragte, ihm Auskunft über die ihn betreffenden erhobenen und gespeicherten Daten zu erteilen. Er kündigte an, er werde anschließend gegebenenfalls eine Löschung der Daten beantragen. Zur Begründung seines Auskunftsanspruchs berief er sich auf § 19 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Diese Vorschrift lautet auszugsweise:
§ 19
Auskunft an den Betroffenen
(1) Dem Betroffenen ist auf Antrag Auskunft zu erteilen über
1. die zu seiner Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen,
2. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die die Daten weitergegeben werden, und
3. den Zweck der Speicherung.
…
(4) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit
1. die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde,
2. …
3. …
und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss.
…
Das Bundesamt lehnte die Auskunft unter Hinweis darauf ab, dass durch eine Auskunftserteilung die ordnungsgemäße Erfüllung der in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Aufgaben gefährdet würde.
2. Der Beschwerdeführer erhob Klage auf Verpflichtung zur Auskunftserteilung. Die Klage blieb vor dem Finanzgericht und vor dem Bundesfinanzhof erfolglos. In ihren inhaltlich weitgehend übereinstimmenden Urteilen führen die Gerichte aus, der Auskunftsanspruch aus § 19 Abs. 1 BDSG sei im vorliegenden Fall nach § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG ausgeschlossen.
Zu der Aufgabe des Bundesamts aus § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG gehörten Hinweise an Finanzämter, ob es sich bei ausländischen Gesellschaften um sogenannte Domizilgesellschaften handle, die im Ausland ihren Sitz hätten, ohne dort geschäftliche oder kommerzielle Tätigkeiten auszuüben. Ein wichtiges Indiz dafür sei, dass als geschäftsführendes Organ eine Person benannt werde, die in einer Vielzahl von Gesellschaften, welche häufig noch in sehr verschiedenen Branchen tätig seien, diese Funktion ausübe. Eine Auskunftserteilung würde dem Betroffenen offenbaren, über welche seiner unterschiedlichen Funktionen im Ausland das Bundesamt bereits informiert sei und über welche nicht. Der Betroffene könnte in der Folge sein Verhalten auf den Kenntnisstand des Bundesamts einstellen und sich etwa aus Domizilgesellschaften zurückziehen, die als solche bereits erfasst seien, oder in Domizilgesellschaften tätig werden, die dem Bundesamt noch nicht bekannt seien. Das würde die gesammelten Daten weitgehend wertlos machen.
Die von dem Bundesamt erhobenen Daten erfüllten ihren Zweck jeweils nur in konkreten Besteuerungsverfahren. In diesem Rahmen müssten sie von der Finanzbehörde offenbart und gegebenenfalls bewiesen werden. Spätestens im Einspruchsverfahren seien die Inhalte von Kontrollmitteilungen und von Amtshilfemitteilungen dem Beteiligten inhaltlich zur Kenntnis zu bringen. Falls die Tatsachenfeststellungen im Einzelfall unrichtig seien, habe der Steuerpflichtige die Möglichkeit, sich gegen sie in gleicher Weise zu wehren wie gegen anderes Sachverhaltsvorbringen der jeweils zuständigen Finanzbehörde. Der Beschwerdeführer müsse dabei nicht etwa die Unrichtigkeit dieser Daten nachweisen, da ihn nach § 90 Abs. 2 AO lediglich eine gesteigerte Mitwirkungspflicht treffe.
III.
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 sowie aus Art. 19 Abs. 4 GG.
Die Ausschlusstatbestände des § 19 Abs. 4 BDSG könnten nur für rechtmäßig geführte Datensammlungen gelten. Für die Datensammlung durch das Bundesamt fehle es jedoch an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG stelle keine Befugnisnorm, sondern eine bloße Aufgabenzuweisung dar. § 88a AO enthalte eine Ermächtigung nur für das Sammeln bereits vorhandener Daten, nicht jedoch für das originäre Gewinnen von Informationen etwa aus allgemein zugänglichen Quellen.
Der Verweigerungsgrund des § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG liege zudem nicht vor. Das Bundesamt beziehe seine Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen, so dass die Auskunftserteilung seine Aufgabenerfüllung nicht gefährden könne. Die Argumentation mit möglichen Domizilgesellschaften beruhe auf dem unrichtigen Grundverständnis, jeder, der mit ausländischen, aber im Inland aktiven Gesellschaften zusammenarbeite, sei ein potentieller Steuerhinterzieher.
Es sei unrichtig, dass der Betroffene aufgrund einer Auskunft sein Verhalten auf den Kenntnisstand des Bundesamts einstellen könne. Eine Verhaltensänderung mit Wirkung für die Vergangenheit sei nicht möglich. Ziehe sich ein Betroffener nach der Auskunftserteilung aus Domizilgesellschaften zurück, unterstütze das die Ziele der Finanzbehörden.
Der Auskunftsanspruch sei im Zusammenhang mit der gesteigerten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO zu sehen. Danach gingen Unklarheiten zulasten des Steuerpflichtigen. Der Betroffene müsse daher im Vorfeld konkreter finanzbehördlicher Maßnahmen in der Lage sein, falsche Daten zu berichtigen.
Eine Auskunft dürfe lediglich im Einzelfall verweigert werden. Weder das Bundesamt noch die Gerichte hätten die im Einzelfall konkret betroffenen Interessen abgewogen. Die über den Beschwerdeführer gesammelten Daten stammten aus den Jahren bis 1997. Es sei nicht nachvollziehbar, dass noch im Jahr 2003 ein Geheimhaltungsinteresse bestanden haben solle.
2. Das angegriffene Urteil des Bundesfinanzhofs wurde dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 30. September 2003 zugestellt. Der am 29. Oktober 2003 bei dem Bundesverfassungsgericht eingegangenen Verfassungsbeschwerdeschrift haben die angegriffenen Urteile nicht beigelegen, obwohl sie als Anlagen genannt sind. Der Beschwerdeführer hat insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und unter Beifügung einer eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin seines Bevollmächtigten dargelegt, warum die fristgemäße Vorlage der Unterlagen unterblieben ist.
IV.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Bundesregierung, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen geäußert.
1. Die Bundesregierung hält die angegriffenen Entscheidungen für verfassungsgemäß. Dem Beschwerdeführer stehe ein Auskunftsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde zu. Die Entscheidung, ihm keine Auskunft zu erteilen, sei frei von Ermessensfehlern.
§ 88a AO genüge als Rechtsgrundlage der Datensammlung des Bundesamts den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Datensammlung diene der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern und damit einem Allgemeingut von herausgehobener Bedeutung. Insbesondere werde durch sie die Anwendung von § 42 und § 160 AO bei ausländischen Domizilgesellschaften ermöglicht. Die inländische Finanzverwaltung besitze in der Regel keine anderen Anhaltspunkte zur Qualifizierung ausländischer Unternehmen als “Briefkastengesellschaften” als die aus den Dateien des Bundesamts. Soweit sich die von dem Bundesamt gespeicherten Daten für die konkrete Festsetzung und Erhebung von Steuern tatsächlich als erheblich erwiesen, würden sie dem Betroffenen mitgeteilt. Hier und im finanzgerichtlichen Verfahren könne der Betroffene die Unrichtigkeit der Daten geltend machen.
Das Geheimhaltungsinteresse der Behörde überwiege das Auskunftsinteresse des Beschwerdeführers. Bei Erteilung einer Auskunft könnte der Betroffene sein Verhalten am Kenntnisstand des Bundesamts ausrichten und so den Einsatz ausländischer Gesellschaften ohne Gefährdung der steuerlichen Anerkennung lenken. Die zentrale Datensammlung des Bundesamts würde dadurch weitgehend entwertet.
2. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen sind der Auffassung, die angegriffenen Urteile würden den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.
Das Auskunftsrecht sei einer der zentralen Bestandteile des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und besitze damit selbst Verfassungsrang. Der Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG erfordere angesichts dessen eine konkrete Gefährdung der Aufgabenerfüllung der Behörde. Dazu bedürfe es konkreter Anhaltspunkte, deren Benennung und Prüfung die Gerichte unterlassen hätten. So wäre detailliert zu prüfen gewesen, ob etwa unrichtige Daten im Datenbestand vorhanden seien, ob alle Daten noch für die aktuelle Aufgabenerfüllung von Relevanz sein könnten und ob zumindest diejenigen öffentlichen Register und allgemein zugänglichen Quellen, aus denen Daten gesammelt worden seien, sowie die aus ihnen gewonnenen Informationen über den Beschwerdeführer zu benennen gewesen wären. Auch die notwendige Abwägung zwischen dem Geheimhaltungs- und dem Auskunftsinteresse habe so gut wie nicht stattgefunden.
Zudem sei zweifelhaft, ob die durch das Bundesamt vorgenommenen Datenerhebungen und -verarbeitungen auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage basierten.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Senat gewährt wegen der verfristeten Einreichung von Unterlagen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Sie ist jedoch nicht begründet. Die angegriffenen Urteile verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten. Der von den Gerichten des Ausgangsverfahrens als streitentscheidende Norm herangezogene § 19 BDSG konkretisiert die grundrechtlichen Vorgaben für die Informationsmöglichkeiten desjenigen, der von einer staatlichen Datensammlung betroffen ist, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (I). Die Auffassung der Gerichte, im vorliegenden Fall sei der nach dieser Norm grundsätzlich bestehende Auskunftsanspruch wegen eines überwiegenden öffentlichen Geheimhaltungsinteresses ausgeschlossen, begegnet gleichfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (II).
I.
Grundrechtliche Anforderungen an die Information des Beschwerdeführers über die ihn betreffenden gesammelten Daten ergeben sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 sowie aus Art. 19 Abs. 4 GG (1). Es ist in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, diesen Anforderungen bei der Gestaltung der einfachrechtlichen Informationsordnung Rechnung zu tragen (2). Der von den Gerichten im Ausgangsverfahren als Entscheidungsmaßstab herangezogene § 19 BDSG ordnet, jedenfalls soweit er entscheidungserheblich geworden ist, das Informationsinteresse des Betroffenen den gegenläufigen Geheimhaltungsinteressen in nicht zu beanstandender Weise zu (3).
1. Das Interesse des Beschwerdeführers, von den ihn betreffenden informationsbezogenen Maßnahmen des Staates Kenntnis zu erlangen, wird grundrechtlich durch sein in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistetes Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit in der Ausprägung als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt (a), ferner durch den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG; dazu siehe unter b).
a) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung trägt Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen aus informationsbezogenen Maßnahmen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, ergeben (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪42≫; 113, 29 ≪45 f.≫; 115, 166 ≪188≫; 115, 320 ≪341 f.≫). Es flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit, indem es ihn schon auf der Stufe der Persönlichkeitsgefährdung beginnen lässt. Eine derartige Gefährdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen benennbarer Rechtsgüter entstehen, so insbesondere, wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden, die der Betroffene weder überschauen noch beherrschen kann. Aus solchen Informationen können weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit mit sich bringen können (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪42≫; 115, 320 ≪342≫; 118, 168 ≪184 f.≫).
aa) Der durch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vermittelte Grundrechtsschutz erschöpft sich nicht in einem Abwehrrecht gegen staatliche Datenerhebung und Datenverarbeitung. Dieses Grundrecht schützt auch das Interesse des Einzelnen, von staatlichen informationsbezogenen Maßnahmen zu erfahren, die ihn in seinen Grundrechten betreffen.
Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu entscheiden (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪43≫). Nur wenn der Einzelne, der möglicherweise von einem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen ist, eine Möglichkeit hat, von diesem Eingriff zu erfahren, kann er die für die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit wichtige Orientierung und Erwartungssicherheit erlangen.
Eine Informationsmöglichkeit für den von einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Betroffenen ist ferner Voraussetzung dafür, dass er die Rechtswidrigkeit der Informationsgewinnung oder etwaige Rechte auf Löschung oder Berichtigung geltend machen kann. Insoweit ist der Anspruch auf die Kenntniserlangung ein Erfordernis effektiven Grundrechtsschutzes im Bereich sowohl des behördlichen als auch des gerichtlichen Verfahrens (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪361≫; 109, 279 ≪363 f.≫).
bb) Das Informationsinteresse des Beschwerdeführers wird nach diesen Maßgaben von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützt. Die den Beschwerdeführer betreffende Datensammlung des Bundesamts kann in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen.
(1) Ein Eingriff ist zunächst anzunehmen, soweit in die Sammlung Daten aufgenommen werden, die bereits für sich genommen sensibel sind und deshalb dem Schutz dieses Grundrechts unterfallen (vgl. BVerfGE 118, 168 ≪185≫). Das kann für Daten zutreffen, die unter das in § 30 AO geregelte Steuergeheimnis fallen. Nicht nur in der Erhebung, sondern auch in der Speicherung solcher Daten liegt ein Grundrechtseingriff (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪43≫).
(2) Werden Daten, die aus im Ausland öffentlich zugänglichen Quellen gewonnen werden, in die Sammlung aufgenommen, liegt zwar noch nicht in der Erhebung dieser Daten ein Grundrechtseingriff, wohl aber kann er in ihrer Sammlung und systematischen Erfassung bestehen.
Es ist dem Staat nicht verwehrt, von jedermann zugänglichen Informationsquellen unter denselben Bedingungen wie jeder Dritte Gebrauch zu machen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 – 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 –, unter C II 4b aa; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Juli 2001, Art. 2 Abs. 1 Rn. 176). Jedoch kann auch der staatliche Umgang mit personenbezogenen Daten, die für sich genommen keine besondere Relevanz für die Freiheit und Privatheit des Betroffenen haben, je nach seinem Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben. Ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist anzunehmen, wenn die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammenden Daten durch ihre systematische Erfassung, Sammlung und Verarbeitung einen zusätzlichen Aussagewert erhalten, aus dem sich die für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung spezifische Gefährdungslage für die Freiheitsrechte oder die Privatheit des Betroffenen ergibt. So kann es etwa liegen, wenn diese Daten mit anderen Daten verbunden werden, die bereits für sich genommen dem Grundrechtsschutz unterfallen, und dadurch der Aussagegehalt der verknüpften Daten insgesamt zunimmt.
b) Der von der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG vermittelte Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle in Fällen, in denen eine Verletzung subjektiver Rechte durch die öffentliche Gewalt möglich erscheint, beschränkt sich nicht auf die Durchführung der gerichtlichen Kontrolle und das gerichtliche Verfahren. Zur Gewährleistung eines tatsächlich effektiven Rechtsschutzes gehört auch, dass der von einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Betroffene von diesem Eingriff Kenntnis erhalten kann (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪70≫). In derartigen Fällen kann auch Art. 19 Abs. 4 GG einen Informationsanspruch begründen.
Das Informationsinteresse des Beschwerdeführers wird unter diesen Voraussetzungen nicht nur durch das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, sondern auch durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützt (vgl. zur Benachrichtigung des Betroffenen nach Eingriffen in Art. 10 und Art. 13 GG BVerfGE 100, 313 ≪364≫; 109, 279 ≪364≫). Sowohl im Ausgangsverfahren als auch in seiner Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer ausgeführt, er wolle im Anschluss an eine Auskunftserteilung gegebenenfalls Löschungsansprüche geltend machen, die sich gleichfalls aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ergeben können (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪46≫). Insbesondere hat er sich eine gerichtliche Geltendmachung ausdrücklich vorbehalten.
2. a) Soweit die Grundrechte die Möglichkeit des Einzelnen schützen, von einer ihn betreffenden informationsbezogenen Maßnahme des Staates Kenntnis zu erlangen, gibt das Grundgesetz nicht vor, wie dies im Einzelnen gesetzlich auszugestalten ist (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪361≫; 109, 279 ≪363≫). Der Gesetzgeber hat unter Beachtung der Grundrechte der Betroffenen eine hinreichende Kenntnischance zu gewährleisten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährt allerdings keinen Anspruch auf eine bestimmte Art der Informationserlangung.
b) Dem Interesse des Einzelnen, den ihn betreffenden Informationsstand des Staates überschauen zu können, dienen auf abstrakt-genereller Ebene zunächst die Rechtsgrundlagen für die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit von Normen auch im Interesse des Einzelnen zu genügen haben (vgl. BVerfGE 110, 33 ≪52 ff.≫; 113, 348 ≪375 ff.≫; 118, 168 ≪186 ff.≫).
Der Einzelne hat darüber hinaus Kenntnis der ihn konkret betreffenden Informationen, über die der Staat verfügt, wenn er an der Datenerhebung oder Datenverarbeitung beteiligt wird. So liegt es, wenn Daten offen erhoben werden oder dem Betroffenen eine rechtlich gesicherte Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wird. Auch können Kenntnisrechte auf Initiative des Betroffenen vorgesehen werden, wie sie etwa durch Ansprüche auf Auskunft oder Akteneinsicht vermittelt werden. Bei heimlichen Datenerhebungen kann demgegenüber eine aktive Benachrichtigung des Betroffenen grundrechtlich geboten sein, wenn es sich um einen Grundrechtseingriff von erheblichem Gewicht handelt und andere Kenntnismöglichkeiten den Interessen des Betroffenen nicht hinreichend Rechnung tragen (zur Kenntnismöglichkeit vgl. BVerfGE 100, 313 ≪361, 364≫; 109, 279 ≪363 f.≫; 118, 168 ≪208 ff.≫).
c) Bei der weiteren Ausgestaltung des Zugangs zu Informationen hat der Gesetzgeber zu berücksichtigen, welche Bedeutung ihm für den Grundrechtsschutz des Betroffenen zukommt. Hierfür sind insbesondere die Art und die Eingriffsintensität der jeweiligen informationsbezogenen Maßnahme von Bedeutung, über die oder über deren Ergebnisse der Betroffene informiert werden will.
aa) Ist eine staatliche Stelle zu informationsbezogenen Eingriffen berechtigt, deren Vornahme oder Umfang der Betroffene nicht sicher abschätzen kann, da er in den Informationsverarbeitungsprozess nicht oder nicht stets einbezogen wird, und besteht zudem keine Pflicht dieser Stelle zur aktiven Benachrichtigung des Betroffenen, kommt einem Informationsrecht auf eigene Initiative zentrale Bedeutung für den Grundrechtsschutz zu.
Das Bundesamt sammelt in der Informationszentrale Daten, die entweder von vornherein ohne Mitwirkung des Betroffenen erhoben worden sind oder deren Speicherungszweck von dem Erhebungszweck gelöst wurde. Dementsprechend sind für den Betroffenen bei der Datenerhebung Zweck und Umfang einer späteren Speicherung und ihrer möglichen Verknüpfung mit weiteren Datensammlungen nicht absehbar. Eine Benachrichtigung des Betroffenen oder eine andere rechtlich gesicherte Möglichkeit der Kenntnisnahme sind nicht vorgesehen.
Gegenüber einer Datensammlung wie der hier umstrittenen ist, soweit in ihr ein Grundrechtseingriff liegt, ein Informationsrecht des Betroffenen auf eigene Initiative zentraler Baustein einer staatlichen Informationsordnung, die den grundrechtlichen Vorgaben genügt. Der Gesetzgeber ist folglich verpflichtet, ein derartiges Informationsrecht zu schaffen.
bb) Für ein behördliches Ermessen bei der Entscheidung über die Auskunftserteilung ist in derartigen Fällen verfassungsrechtlich kein Raum. Soweit gegenläufige Geheimhaltungsinteressen des Staates oder Dritter der Information entgegenstehen können, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, geeignete Ausschlusstatbestände zu schaffen, die den einander gegenüberstehenden Interessen Rechnung tragen (vgl. Globig, in: Festschrift für Walter Rudolf, 2001, S. 441 ≪455 ff.≫).
Da Einschränkungen des Informationsrechts in Fällen wie dem vorliegenden den Schutz vor unbegrenzter staatlicher Datenerhebung und Datenverarbeitung, den das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet, vereiteln oder zumindest erheblich erschweren können, sind sie nur zulässig, wenn sie gegenläufigen Interessen von größerem Gewicht dienen. Gesetzliche Ausschlusstatbestände müssen sicherstellen, dass die betroffenen Interessen einander umfassend und auch mit Blick auf den Einzelfall zugeordnet werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober 2000 – 1 BvR 586/90, 1 BvR 673/90 –, NVwZ 2001, S. 185 ≪186≫).
3. Gegen § 19 BDSG bestehen, soweit die im Ausgangsverfahren erkennenden Gerichte diese Norm als Grundlage des Auskunftsanspruchs des Beschwerdeführers herangezogen haben, nach diesen Maßstäben keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
§ 19 Abs. 1 BDSG sieht grundsätzlich einen weitreichenden Anspruch des Betroffenen auf Auskunft vor. Dies entspricht den grundrechtlichen Vorgaben. Der in § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG enthaltene Ausschlusstatbestand dient der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der jeweils betroffenen Behörde. Grundsätzlich kann die Sicherung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung staatlicher Stellen eine Einschränkung des Auskunftsrechts rechtfertigen. Ob im Einzelfall eine Auskunftserteilung ausgeschlossen werden darf oder nicht, richtet sich insbesondere nach der Bedeutung des Auskunftsrechts für die Grundrechte des Betroffenen, nach dem Gewicht der jeweiligen behördlichen Aufgabe und nach den Auswirkungen einer Auskunft auf die Aufgabenerfüllung. Die in § 19 Abs. 4 BDSG am Ende enthaltene Abwägungsklausel stellt sicher, dass eine Auskunft nur dann unterbleiben darf, wenn das Interesse an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung dem Informationsinteresse des Betroffenen vorgeht.
II.
Die Annahme der im Ausgangsverfahren erkennenden Gerichte, dass im vorliegenden Fall das Auskunftsinteresse des Beschwerdeführers hinter dem Interesse des Bundesamts an einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung zurückstehen musste, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Gerichte durften ein Geheimhaltungsinteresse des Bundesamts ohne Verfassungsverstoß bejahen (1). Auch die in der Folge von den Gerichten angestellte Abwägung der gegenläufigen Interessen genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen (2).
1. Die Gerichte mussten der Klage des Beschwerdeführers nicht bereits deshalb von Verfassungs wegen stattgeben, weil ein öffentliches Interesse an der Erfüllung der Aufgabe des Bundesamts, Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen zentral zu sammeln und auszuwerten, nicht bestünde. Die datensammelnde Tätigkeit des Bundesamts ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Speicherung von Informationen in der Datensammlung kann zwar in das Grundrecht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen (vgl. oben B I 1a bb). Für derartige Eingriffe enthält jedoch § 88a AO eine hinreichende gesetzliche Grundlage.
a) § 88a AO genügt dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit.
aa) Dieses Gebot soll sicherstellen, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können; ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit einer Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann (vgl. BVerfGE 110, 33 ≪52 ff.≫; 113, 348 ≪375 ff.≫).
Ermächtigt eine gesetzliche Regelung zu einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, so hat das Gebot der Bestimmtheit und Klarheit auch die spezifische Funktion, eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen sicherzustellen. Auf diese Weise wird das verfassungsrechtliche Gebot der Zweckbindung der erhobenen Informationen verstärkt (vgl. BVerfGE 118, 168 ≪187 f.≫). Dem Gebot der Zweckbindung kommt für die Bestimmung der Anforderungen, die an die Bestimmtheit einer Befugnisnorm zu stellen sind, insbesondere dann herausgehobene Bedeutung zu, wenn – wie hier – die Norm eine Datensammlung zum Gegenstand hat, deren Zwecksetzung vom Zweck der Datenerhebung abweicht. Sieht der Gesetzgeber eine den ursprünglichen Erhebungs- oder Speicherungszweck ändernde Sammlung von Daten vor, muss er daher den – neuen – Zweck der Datensammlung möglichst präzise festlegen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360≫).
bb) Nach diesen Maßgaben steht § 88a AO mit dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit in Einklang.
Die Vorschrift regelt hinreichend deutlich, welche Behörden welche Daten zu welchem Zweck sammeln dürfen. Insbesondere grenzt die Norm die Zweckbestimmung der Datensammlung in doppelter Hinsicht ein: Zum einen dürfen Daten nur zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Steuern gespeichert werden. Dies erfordert eine auf die Eignung der Daten für den Sammlungszweck bezogene Prognoseentscheidung der speichernden Behörde zum Zeitpunkt der Datenspeicherung. Hinsichtlich der aufgrund einer solchen Prognoseentscheidung gesammelten Daten wird die Zweckbestimmung dadurch eingegrenzt, dass sie nach § 88a Satz 2 AO nur in bestimmten behördlichen Verfahren genutzt werden dürfen. Diese Beschränkung der Datenverwendung wirkt wiederum auf die Entscheidung darüber zurück, welche Daten gespeichert werden sollen.
Der Zweck der im Ausgangsverfahren umstrittenen Datensammlung des Bundesamts wird zudem durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG weiter präzisiert. Diese Vorschrift weist dem Bundesamt die Aufgabe zu, Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen zentral zu sammeln und auszuwerten. Sie vermittelt dem Bundesamt nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung der im Ausgangsverfahren erkennenden Gerichte dabei keine eigene Befugnis zur Datensammlung. Wohl aber grenzt die Norm die Zweckbestimmung der nach § 88a AO vorgesehenen Datenspeicherung weiter ein.
b) § 88a AO genügt auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
aa) Die Vorschrift dient der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern und damit einem verfassungsrechtlich legitimen Ziel, das aufgrund des aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebots steuerlicher Belastungsgleichheit selbst Verfassungsrang hat (vgl. BVerfGE 84, 239 ≪268 ff.≫; 110, 94 ≪112 ff.≫; 118, 168 ≪196≫).
bb) Die in § 88a AO vorgesehenen Datenspeicherungen sind geeignet und erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen. Eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern setzt häufig Kenntnisse über komplexe tatsächliche Zusammenhänge voraus. Dies gilt insbesondere für die Datensammlung, die das Bundesamt in Erfüllung seiner Aufgabe nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG führt. Diese Datensammlung dient der zentralen Erfassung des behördlichen Wissens, um insbesondere den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu verhindern, durch den Steuern rechtswidrig verkürzt werden sollen. Dazu sollen insbesondere Informationen über ausländische Domizilgesellschaften zusammengetragen werden, um zum Beispiel die steuerliche Absetzbarkeit von Zahlungen an derartige Gesellschaften beurteilen zu können. Eine solche Beurteilung setzt weitreichende Kenntnisse über die im Ausland allgemein bestehenden rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sowie über Zweck und Struktur zahlreicher einzelner Gesellschaften voraus. Diese Kenntnisse können nur mit erheblichem Aufwand zusammengetragen werden und lassen sich daher im Rahmen eines konkreten Besteuerungsverfahrens kaum gewinnen. Zumindest wäre es in höchstem Maße ineffizient, wenn sich Finanzbehörden im Rahmen jedes einzelnen Besteuerungsverfahrens diese Kenntnisse neu beschaffen müssten.
cc) § 88a AO genügt als Rechtsgrundlage für die Datensammlung des Bundesamts auch den aus dem Übermaßverbot folgenden Anforderungen an Regelungen, die eine Änderung des Verwendungszwecks erhobener Daten vorsehen.
(1) Die Speicherung und die Verwendung erlangter Daten sind grundsätzlich an den Zweck gebunden, den das zur Kenntnisnahme ermächtigende Gesetz festgelegt hat. § 88a AO ermöglicht demgegenüber, Daten, die im Rahmen eines bestimmten finanzbehördlichen Verfahrens zu dem jeweiligen konkreten Verfahrenszweck erhoben wurden, zu speichern und in weiteren finanzbehördlichen Verfahren zu verwenden, deren konkreter Gegenstand zum Zeitpunkt der Datenspeicherung noch nicht feststehen muss.
Allerdings schließt der verfassungsrechtliche Grundsatz der Zweckbindung Zweckänderungen nicht stets aus. Sie bedürfen jedoch ihrerseits einer gesetzlichen Grundlage, die mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Dazu gehört, dass die Zweckänderungen durch Allgemeinbelange gerechtfertigt sind, die die grundrechtlich geschützten Interessen überwiegen. Weiter dürfen der Verwendungszweck, zu dem die Erhebung erfolgt ist, und der veränderte Verwendungszweck nicht miteinander unvereinbar sein (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪51, 62≫; 100, 313 ≪360≫; 109, 279 ≪375 f.≫). Eine Unvereinbarkeit in diesem Sinne liegt etwa vor, wenn mit der Zweckänderung grundrechtsbezogene Beschränkungen des Einsatzes bestimmter Erhebungsmethoden umgangen würden, die Informationen also für den geänderten Zweck nicht oder nicht in dieser Art und Weise hätten erhoben werden dürfen (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪377≫).
(2) Nach diesem Maßstab sind die in § 88a AO vorgesehenen Datenspeicherungen angemessen.
(a) Soweit die Vorschrift Grundlage der hier umstrittenen Datensammlung des Bundesamts ist, stellt sie in erster Linie Daten, die im Rahmen eines konkreten finanzbehördlichen Verfahrens im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO bekannt geworden sind, für weitere gleichartige Verfahren zur Verfügung. Die gesetzlich geregelte Gleichartigkeit des Verfahrens, in dessen Rahmen die Daten gewonnen wurden, mit den Verfahren, für die sie zur Verfügung gestellt werden, bewirkt zumindest im Regelfall, dass die jeweiligen Verwendungszwecke miteinander vereinbar sind und dass die Zweckänderung auch ansonsten den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt. Sollte im konkreten Einzelfall eine Zweckkollision entstehen, könnte ihr im Rahmen der Anwendung des Gesetzes abgeholfen werden.
(b) Soweit § 88a AO daneben auch die Sammlung von Daten ermöglicht, die aus Steuerstrafverfahren stammen, oder die Nutzung der gesammelten Daten für solche Verfahren erlaubt, kann es auf ihrer Grundlage zu einer weitergehenden Zweckänderung der Daten kommen.
Die Zwecke des Besteuerungs- und des Steuerstrafverfahrens sind allerdings grundsätzlich miteinander vereinbar. Sowohl das Recht der Besteuerung als auch das Steuerstrafrecht haben zum Ziel, das öffentliche Interesse an einer gleichmäßigen Besteuerung praktisch durchzusetzen. Das Steuerstrafrecht sanktioniert insoweit ein Fehlverhalten des Einzelnen, das im Zusammenhang mit der Steuerpflicht steht. Die Finanzbehörden verfügen nach §§ 92 ff. AO über weitreichende Ermittlungsbefugnisse, die hinter den Befugnissen der Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf Steuerstraftaten nicht generell zurückbleiben.
Dementsprechend bestehen keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, dass nach § 88a AO Daten, die im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Verfahrens im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b AO gewonnen wurden, auch für finanzbehördliche Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO zur Verfügung stehen. Soweit im Einzelfall die Daten durch einen intensiven Grundrechtseingriff gewonnen wurden, zu dem die Finanzbehörden im Rahmen eines Verfahrens im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO nicht befugt gewesen wären, kann dem auf der Ebene der Normanwendung hinreichend Rechnung getragen werden.
Werden Daten, die aus finanzbehördlichen Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO stammen, gemäß § 88a Satz 2 AO in Verbindung mit § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b AO für ein Steuerstrafverfahren genutzt, kann der persönlichkeitsrechtliche Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung berührt sein (vgl. dazu BVerfGE 56, 37 ≪41 f.≫; 95, 220 ≪241≫). Ihm trägt die Abgabenordnung indes in anderen Normen Rechnung. Nach § 103 AO können Zeugen die Auskunft zu solchen Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würde. Der Steuerpflichtige selbst wird durch § 393 Abs. 1 Satz 2 AO in dem jeweiligen Verfahren hinreichend geschützt; danach ist der Einsatz von Zwangsmitteln im Besteuerungsverfahren verboten, wenn der Steuerpflichtige dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten.
c) Schließlich bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Gerichte § 88a AO als Ermächtigungsgrundlage für die Aufnahme von Daten in die Sammlung herangezogen haben, die das Bundesamt ohne Bezug zu einem konkreten finanzbehördlichen Verfahren aus allgemein zugänglichen Quellen im Ausland gewonnen hat.
Eine besondere Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung derartiger Daten ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht erforderlich, da die Erhebung öffentlich zugänglicher Daten nicht in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift (vgl. oben B I 1a bb ≪2≫). Soweit in der systematischen Sammlung solcher Daten und insbesondere in ihrer Verknüpfung mit Daten, die unter das in § 30 AO geregelte Steuergeheimnis fallen, ein Grundrechtseingriff liegt, kann die Befugnis zu diesem Eingriff der Regelung des § 88a AO im Wege eines Erst-recht-Schlusses entnommen werden. Durch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 88a AO und die Aufgabenzuweisung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG wird im Übrigen gewährleistet, dass das Bundesamt nicht zur Sammlung und Verknüpfung beliebiger Daten befugt ist, sondern nur Informationen mit einem hinreichenden Bezug zu dem Ziel der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern in Sachverhalten mit Auslandsbezug zusammentragen darf.
2. Die Gerichte haben bei der Anwendung des in § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG geregelten Ausschlusstatbestands das grundrechtlich geschützte Auskunftsinteresse des Beschwerdeführers mit dem gegenläufigen öffentlichen Interesse an der Aufgabenerfüllung des Bundesamts in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Gegen die Annahme der Gerichte, dass im Ergebnis der Auskunftsanspruch des Beschwerdeführers hier ausgeschlossen ist, bestehen gleichfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Das Auskunftsinteresse des Beschwerdeführers hat allerdings erhebliches verfassungsrechtliches Gewicht. Sein Auskunftsanspruch darf nur dann zurückgestellt werden, wenn ein gegenläufiges Geheimhaltungsinteresse das Auskunftsinteresse im Rahmen einer Abwägung aller wesentlichen Umstände überwiegt. Eine solche Abwägung sieht § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG vor (vgl. oben B I 3).
b) Die in den angegriffenen Urteilen vorgenommene Abwägung der betroffenen Interessen genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
aa) In den Urteilen wird im Einzelnen herausgearbeitet, weswegen die Aufgabenerfüllung des Bundesamts durch eine Auskunftserteilung über die gesammelten Daten gefährdet werden kann. Hierzu wird ausgeführt, der Zweck der Aufgabe, Informationen über Domizilgesellschaften zu sammeln, die im Ausland lediglich ihren Sitz hätten, ohne geschäftliche oder kommerzielle Tätigkeiten auszuüben, würde ansonsten vereitelt. Eine Auskunftserteilung würde dem Betroffenen offenbaren, über welche seiner unterschiedlichen Funktionen im Ausland das Bundesamt bereits informiert sei. Der Betroffene könnte sein Verhalten dementsprechend auf den Kenntnisstand des Bundesamts einstellen.
In den Urteilen wird auch begründet, weshalb das öffentliche Interesse an der Aufgabenerfüllung des Bundesamts dem Informationsinteresse desjenigen, über den Daten gesammelt worden sind, vorgeht. Hierzu wird auf die weitgehende Wertlosigkeit der gesammelten Daten nach einer Auskunftserteilung und damit auf die Erschwerung oder Unmöglichkeit der Aufgabenerfüllung der Behörde verwiesen. Auf der anderen Seite wird als bedeutsam angesehen, dass die Daten in den jeweiligen Besteuerungsverfahren dem Betroffenen offenbart würden, soweit sie für die Festsetzung und Erhebung von Steuern erheblich seien. Der Beschwerdeführer könne die behauptete Unrichtigkeit der Daten im Einspruchs- und im Klageverfahren geltend machen.
bb) Gegen diese Abwägung der widerstreitenden Interessen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
(1) Das mit der Geheimhaltung verfolgte Ziel der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern hat hohes, auch verfassungsrechtliches Gewicht (vgl. oben B II 1b aa). Die Einschätzung der Gerichte, das Informationsinteresse des Beschwerdeführers wiege vergleichsweise geringer, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
(a) Nach den Ausführungen der Gerichte ist sichergestellt, dass aus dem Unterlassen einer Auskunft dem Beschwerdeführer keine irreparablen Nachteile entstehen können. Der gegen die Datensammlung zu gewährleistende Rechtsschutz wird nicht faktisch ausgeschlossen, sondern auf einen späteren Zeitpunkt in dem staatlichen Informationsverarbeitungsprozess verlagert, zu dem die Belange des Beschwerdeführers noch hinreichend gewahrt werden können. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit, die Zulässigkeit der Datenspeicherung und die Richtigkeit der jeweils betroffenen Informationen umfassend zur Überprüfung zu stellen, sobald diese mit für ihn nachteiligen Folgen genutzt werden, also im Rahmen eines konkreten Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens.
Dem Beschwerdeführer entstehen durch diese zeitliche Verlagerung keine prozessualen Nachteile, die es gebieten, das Geheimhaltungsinteresse der Behörde zurückzustellen. Die Gerichte haben insoweit ausgeführt, ein Finanzgericht habe in einem Verfahren über eine konkrete Besteuerungsmaßnahme die Erkenntnisse des Bundesamts in gleicher Weise zu würdigen wie tatsächliche Angaben und Erkenntnisse des Steuerpflichtigen. § 90 Abs. 2 AO erlege dem Steuerpflichtigen lediglich eine gesteigerte Mitwirkungspflicht auf, kehre aber – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – nicht die Beweislast um.
(b) Allerdings wird das gleichfalls grundrechtlich geschützte Interesse des Beschwerdeführers beeinträchtigt, Gewissheit über die ihn betreffenden Informationen zu erlangen. Ein vollständiger Überblick über die gesammelten Daten bleibt dem Beschwerdeführer dauerhaft versagt. Dies ist jedoch angesichts des hohen Gewichts der Ziele der Datensammlung verfassungsrechtlich hinnehmbar.
Das reine Kenntnisinteresse des Beschwerdeführers wiegt auch deshalb weniger schwer, weil er zu einer allgemeinen Abschätzung der gesammelten Informationen ihrer Art nach bereits aufgrund der gesetzlichen Regelungen über die Datensammlung und des allgemein zugänglichen IZA-Erlasses in der Lage ist. Der Tätigkeitskreis des Bundesamts wird durch die gesetzlichen Grundlagen seiner Tätigkeit so eng begrenzt, dass aufgrund des Ausbleibens einer umfassenden Auskunft keine erheblichen Einschüchterungseffekte zu besorgen sind (vgl. zu dem grundrechtlichen Gewicht solcher Effekte BVerfGE 113, 29 ≪46≫).
Das Bundesamt hat zudem im Ausgangsverfahren schriftsätzlich ausgeführt, es seien in der Informationszentrale insgesamt dreizehn Aktenordner vorhanden, in denen die Beziehungen des Beschwerdeführers zu ausländischen Domizilgesellschaften dokumentiert seien. Der Beschwerdeführer hat damit in den Grundzügen erfahren, in welchem Umfang und mit welcher Zielsetzung ihn betreffende Daten gesammelt wurden. Auch wenn er die Datensammlung aufgrund dessen nicht im Einzelnen abschätzen kann, wurde ihm so zumindest ein grober Überblick verschafft.
(2) Die Gerichte waren verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die widerstreitenden Interessen über die vorgenommene Abwägung hinaus auch im Hinblick gerade auf den konkreten Fall des Beschwerdeführers zu würdigen. Aus den Besonderheiten der von dem Bundesamt nach § 88a AO in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG geführten Datensammlung folgt, dass eine Auskunftserteilung über die gesammelten Informationen, soweit es um sogenannte Domizilgesellschaften geht, grundsätzlich ungeachtet der Umstände des Einzelfalls nicht in Betracht kommt, weil eine Auskunft im Einzelfall stets zu einer Vereitelung der Aufgabenerfüllung des Bundesamts führt.
(a) Soweit das Bundesamt Informationen über Domizilgesellschaften sammelt, hat seine Datensammlung den Zweck, einen Wissensvorsprung desjenigen auszugleichen, der mittels solcher Gesellschaften Steuern verkürzen will. Domizilgesellschaften können dazu genutzt werden, Steuern rechtswidrig zu verkürzen, indem beispielsweise Geschäfte mit einer solchen Gesellschaft vorgetäuscht werden, um Zahlungen an die Gesellschaft als Betriebsausgaben steuerlich absetzen zu können, die tatsächlich an den Steuerpflichtigen zurückgeleitet werden. Werden derartige Betriebsausgaben geltend gemacht, kann das Finanzamt nach § 160 AO verlangen, Auskunft über den mittelbaren Zahlungsempfänger – also den letztlich wirtschaftlich Begünstigten – zu erhalten. Diese Auskunftsbefugnis setzt jedoch voraus, dass das Finanzamt hinreichende Anhaltspunkte dafür hat, dass die unmittelbare Zahlungsempfängerin eine Domizilgesellschaft ist (vgl. Cöster, in: Pahlke/Koenig, AO, 2004, § 160 Rn. 25 ff.; beispielsweise zu einem derartigen Sachverhalt BFHE 187, 211).
Belege, aus denen sich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Domizilgesellschaft ergeben, kann das Finanzamt im Einzelfall oftmals nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten beschaffen. Auch kann ein einzelner Steuerpflichtiger mit einer Vielzahl solcher Gesellschaften operieren. Der Betroffene seinerseits hat einen Überblick darüber, auf welche Domizilgesellschaften er gegebenenfalls zurückgreifen kann. Hält er diese gegenüber den Finanzbehörden geheim, kann die Datensammlung des Bundesamts den Finanzbehörden einschlägige Hinweise geben. Regelmäßig kann so allerdings lediglich Wissen über eine Teilmenge des Gesamtbestands an Domizilgesellschaften vermittelt werden.
Dieses Wissen verliert in dem Zeitpunkt für die Zukunft seinen Nutzen, in dem der Betroffene erfährt, welche seiner Domizilgesellschaften den Finanzbehörden bekannt sind. In der Folge kann er Transaktionen auf weitere, bislang unbekannte Gesellschaften verlagern oder zu diesem Zweck neue Gesellschaften gründen. Die bei dem Bundesamt geführte Datensammlung wird daher, soweit sie Informationen über ihn betreffende Domizilgesellschaften enthält, mit einer Auskunftserteilung an den Betroffenen für die Zukunft wertlos. Im Umfang der Auskunftserteilung über solche Informationen wird die Aufgabenerfüllung des Bundesamts nicht lediglich nach Maßgabe des Einzelfalls mehr oder weniger stark erschwert, sondern in jedem Fall vereitelt.
Dies ist bei anderen behördlichen Datensammlungen, wie sie etwa von Strafverfolgungs-, Polizei- oder Sicherheitsbehörden für repressive oder präventive Zwecke geführt werden, nicht der Fall, soweit die in ihnen enthaltenen Erkenntnisse weiterhin aussagekräftig bleiben oder der Betroffene bestimmte Ermittlungsmaßnahmen nicht zuverlässig verhindern kann, obwohl er aufgrund der gewährten Auskunft weiß, dass entsprechende Maßnahmen gegen ihn bereits getroffen wurden. Wie sich eine Auskunftserteilung über eine Datensammlung mit präventiver oder repressiver Zielsetzung für die behördliche Aufgabenerfüllung auswirkt, ist insoweit eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Hinsichtlich derartiger Datensammlungen setzt eine Versagung des Auskunftsrechts eine Abwägung aller wesentlichen Umstände voraus, die im konkreten Fall nach Maßgabe der jeweiligen Normen für und gegen eine Auskunftserteilung sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 – BVerwG 6 A 2.07 –, JURIS, Rn. 26 ff.).
(b) Die Gerichte waren verfassungsrechtlich nicht gehalten, das Bundesamt zumindest zur Auskunft über die Daten zu verpflichten, die aus öffentlich zugänglichen Quellen erlangt wurden. Diese Daten würden durch eine Auskunftserteilung für die Aufgabenerfüllung gleichfalls wertlos. Maßgeblich für das Geheimhaltungsinteresse ist nicht die Herkunft der gesammelten Daten, sondern der Umstand, dass der Sinn der Datensammlung gerade darin liegt, einem Informationsvorsprung des Betroffenen zu begegnen.
(c) Schließlich waren die Gerichte verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die bei dem Bundesamt vorhandenen Informationen einzeln darauf zu überprüfen, ob sie inhaltlich zutreffen und für die Aufgabenerfüllung noch benötigt werden, um das Bundesamt anschließend zur Auskunft über unrichtige und unaktuelle Informationen zu verpflichten.
Unrichtige oder nicht mehr benötigte Daten sind von Amts wegen zu berichtigen oder zu löschen (§ 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BDSG). Eine gerichtliche Prüfung kann lediglich dazu dienen, im Rahmen darauf gerichteter Verfahren Fehler oder rechtlich erhebliche tatsächliche Veränderungen festzustellen, die der Behörde entgangen sind. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Gerichte, eine solche Prüfung aus Anlass eines Auskunftsbegehrens nach § 19 BDSG vorzunehmen. Wären die über eine bestimmte Person gesammelten Daten im Rahmen eines Klageverfahrens über ein allgemein gehaltenes Auskunftsbegehren umfassend zu sichten und auf ihre Richtigkeit und die Rechtmäßigkeit ihrer fortdauernden Speicherung zu überprüfen, so drohte schon durch eine vergleichsweise kleine Zahl von Auskunftsklagen eine erhebliche, kaum zu bewältigende Belastung der Finanzgerichtsbarkeit. Wenn etwa im Ausgangsverfahren die Gerichte dreizehn Aktenordner hätten vollständig überprüfen müssen, ohne konkrete Anhaltspunkte für denkbare Unrichtigkeiten oder Rechtsverstöße zu haben, hätte das Verfahren einen praktisch nicht zu leistenden Aufwand erfordert.
Keiner Entscheidung bedarf hier, ob eine gerichtliche Prüfung im Einzelfall erforderlich werden kann, wenn der Betroffene konkrete Umstände nennt, die Zweifel an der Richtigkeit oder Aktualität der möglicherweise vorhandenen Daten begründen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Beschwerdeführer hat sein Vorbringen, in der Vergangenheit seien bereits unrichtige Auskünfte über ihn erteilt worden, im Rahmen seiner Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert.
c) Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer infolge des Ausschlusses seines Auskunftsanspruchs derzeit die Richtigkeit der gesammelten Daten und die Rechtmäßigkeit ihrer fortdauernden Speicherung nicht wirkungsvoll überprüfen lassen kann, ist Rechnung zu tragen, wenn die Daten in einem konkreten steuerbehördlichen Verfahren zum Nachteil des Beschwerdeführers herangezogen werden. Dabei ist sicherzustellen, dass dem Beschwerdeführer keine Nachteile aus der zeitlichen Verlagerung des Rechtsschutzes erwachsen. Der Beschwerdeführer muss in dem späteren Verfahren in die Lage versetzt werden, seine Einwände gegen die Sammlung der betreffenden Informationen uneingeschränkt geltend zu machen.
Unterschriften
Papier, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde, Gaier, Eichberger, Schluckebier, Kirchhof
Fundstellen
Haufe-Index 1976422 |
BFH/NV Beilage 2008, 220 |
BStBl II 2009, 23 |
BVerfGE 2008, 351 |
BB 2008, 752 |
HFR 2008, 623 |