Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliches Gehör bei Nichtberücksichtigung von Beweisangeboten

 

Leitsatz (redaktionell)

Art. 103 Abs. 1 GG gebietet die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, daß das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt läßt. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozeßrecht keine Stütze mehr findet.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 82

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 03.08.1988; Aktenzeichen II B 192/87)

FG Münster (Urteil vom 11.09.1987; Aktenzeichen VII 6265/84 GrE)

 

Gründe

Die angegriffenen Entscheidungen lassen einen Verfassungsverstoß nicht erkennen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot rechtlichen Gehörs als Prozeßgrundrecht sicherstellen, daß die von den Fachgerichten zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, daß das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt läßt. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozeßrecht keine Stütze mehr findet (BVerfGE 69, 141 ≪143 f.≫ m.w.N.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Finanzgericht hat die unter Beweis gestellte Behauptung des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, im Ergebnis jedoch nicht für erheblich gehalten, so daß die Beweiserhebung nach dem maßgeblichen Prozeßrecht nicht zwingend geboten war (vgl. Tipke/Kruse, Komm. zur AO und FGO, § 81 FGO, Tz. 8). Die diesem Ergebnis zugrundeliegende Einschätzung des Sachverhalts sowie die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts lassen nicht erkennen, daß sich das Finanzgericht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Seine Annahmen finden vielmehr in dem Mietvertrag vom 19. April 1974 und der Vereinbarung vom 21. Oktober 1975 eine ausreichende Stütze. Eine weitergehende Überprüfung ist dem Bundesverfassungsgericht nicht gestattet.

Bei der Entscheidung über die Gebühr und über ihre Höhe wurden alle Umstände, insbesondere das Gewicht der geltend gemachten Gründe, berücksichtigt.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1556431

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