Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung eines Umlagebetrags für die staatliche Aufsicht über das Kreditwesen; zulässige echte Rückwirkung eines Gesetzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung in § 51 Abs. 1 Satz 3 KWG in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 2004, wonach die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen in der am 12. März 1999 geltenden Fassung für das Jahr 2000 mit Gesetzeskraft gilt, entfaltet keine unzulässige gesetzliche Rückwirkung.
2. Ein Betroffener muss auch dann mit der nachträglichen Bestätigung einer Belastung rechnen, wenn diese zunächst nur in einer rechtlich in Frage gestellten Rechtsverordnung angeordnet ist. Selbst wenn die Unwirksamkeit der Rechtsverordnung nach Erlass des „heilenden” Gesetzes im Nachhinein festgestellt würde, wäre das für die Wirkung der Rechtsverordnung als das Vertrauen auf Nichtheranziehung beseitigender Rechtsetzungsakt unerheblich.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 74 Abs. 1 Nr. 11; KWG §§ 1, 51 Abs. 1; UmlVKF
Verfahrensgang
BVerwG (Urteil vom 13.09.2006; Aktenzeichen 6 C 10.06) |
VG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.12.2005; Aktenzeichen 1 E 181/05 (2)) |
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Beschluss vom 14.12.2004; Aktenzeichen I 2-182-33/2003 (109272)) |
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Gerichtsbescheid vom 04.04.2002; Aktenzeichen Z 1-Uml. 109272) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Erhebung eines Umlagebetrages für die staatliche Aufsicht über das Kreditwesen.
I.
1. Der Beschwerdeführer war Kursmakler und im Jahre 2000 als solcher einzelkaufmännisch als Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) tätig. Er hatte eine Erlaubnis zum Betreiben der Anlage- und Abschlussvermittlung sowie des Eigenhandels nach dem Kreditwesengesetz.
Mit Bescheid vom April 2002 zog das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred), dessen Aufgaben später von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) übernommen wurden, den Beschwerdeführer zu einer Kostenumlage nach § 51 Abs. 1 KWG für das Kalenderjahr 2000 in Höhe von 34.456,32 DM heran. Berechnungsgrundlage war ein Jahresertrag des Beschwerdeführers von 14.356.800,-- DM.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wies den hiergegen eingelegten Widerspruch unter Berichtigung des Umlagebetrages auf 34.341,08 € (67.165,32 DM) zurück.
2. Die daraufhin erhobene Klage des Beschwerdeführers wies das Verwaltungsgericht ab. Es könne dahingestellt bleiben, ob die für die Veranlagung herangezogene Verordnung (Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen – UmlVKF) vom 8. März 1999 (BGBl I S. 314) von § 51 Abs. 1 KWG in der seinerzeit geltenden Fassung gedeckt gewesen sei. Denn diese verordnungsrechtliche Regelung sei durch § 51 Abs. 1 Satz 3 KWG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und anderer Gesetze vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3416 ≪3427≫) ersetzt worden. Danach gelte die genannte Verordnung für das Jahr 2000 in der am 12. März 1999 geltenden Fassung mit Gesetzeskraft. Es komme deshalb nicht mehr darauf an, ob die Verordnung in der ursprünglichen Fassung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt gewesen sei.
Die Regelung über die Kostenumlage verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Das Gesetz verletze insbesondere nicht das Rückwirkungsverbot. Es liege auch keine Verletzung von Grundrechten vor.
Gegen das Urteil legte der Beschwerdeführer Sprungrevision ein.
3. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision als unbegründet zurück und führte im Wesentlichen aus:
Die Heranziehung des Beschwerdeführers beruhe auf wirksamem Gesetzesrecht. Insbesondere verstoße die rückwirkende Anordnung der Gesetzeskraft der Verordnung vom 8. März 1999 nicht gegen die Verfassung.
Dem Gesetzgeber sei es nicht verwehrt, eine zunächst dem Verordnungsgeber überlassene Regelungsbefugnis wieder in Anspruch zu nehmen und eine Rechtsverordnung durch Bezugnahme auf ihren Inhalt nunmehr als Gesetz zu erlassen.
Die rückwirkende Anordnung der Gesetzeskraft der Verordnung sei der rückwirkende Erlass eines Gesetzes. Dieser sei durch das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes begrenzt. Belastende Normen, namentlich solche, die abgeschlossene Tatbestände rückwirkend erfassten, seien regelmäßig unvereinbar mit dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit. Eine echte (retroaktive) Rückwirkung in diesem Sinne liege vor, wenn die Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreife (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). In derartigen Fällen hätten die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes generell Vorrang vor dem gesetzgeberischen Anliegen. Der Gesetzgeber sei jedoch ausnahmsweise dort zum Erlass eines (echt) rückwirkenden Gesetzes berechtigt, wo sich kein berechtigtes Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage habe bilden können. So verhalte es sich etwa dann, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation, auf die der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen werde, mit dieser Regelung habe rechnen müssen oder auch schon dann, wenn es gegolten habe, eine unklare oder verworrene Rechtslage zu bereinigen.
Die Anordnung der Gesetzeskraft der Verordnungsregelungen durch das Gesetz vom 15. Dezember 2004 stelle in diesem Sinn eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar. Sie bestimme unter anderem für das Veranlagungsjahr 2000, nach welchen Kriterien der Umlagebetrag auf die Institute umzulegen sei.
Die Rückwirkungsanordnung sei hier nach den dargestellten Maßstäben zulässig. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes stehe der Zulässigkeit der Rückwirkung nicht entgegen, weil die abgabepflichtigen Institute mit ihrer Heranziehung nach Maßgabe der Verordnung vom 8. März 1999 hätten rechnen müssen. Der Gesetzgeber sei daher berechtigt gewesen, den bestehenden Zweifeln an der Gültigkeit der Verordnung dadurch zu begegnen, dass er ihren Bestimmungen rückwirkend Gesetzeskraft verliehen habe.
Wie sich aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Bundestages zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20. Oktober 2004 (BTDrucks 15/3976) ergebe, habe mit der Anordnung der Gesetzeskraft der Verordnungsregelung eine Rechtsunsicherheit beseitigt werden sollen, die sich daraus ergeben habe, dass in Rechtsbehelfsverfahren gegen Umlagebescheide geltend gemacht worden sei, die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 UmlVKF habe in § 51 Abs. 1 KWG keine Ermächtigungsgrundlage (vgl. dazu VG Köln, Urteil vom 17. Februar 2004 – 14 K 10111/00 –, WM 2004, S. 1719 ff., einerseits; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 11. Oktober 2004 – 9 E 527/04 –, andererseits). Vom Tag der Bekanntmachung der Verordnung am 12. März 1999 an hätten die Betroffenen damit rechnen müssen, dass die Umlage nach den Maßstäben des § 3 Abs. 1 Satz 2 UmlVKF erhoben würde. Ein etwaiges Vertrauen darauf, dass diese Verordnung wegen Nichtübereinstimmung mit der Ermächtigungsgrundlage nicht rechtmäßig sei, sei nicht schutzwürdig.
Die der Heranziehung des Beschwerdeführers zu den anteiligen Kosten des vormaligen Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen zugrunde liegenden Bestimmungen verstießen auch sonst nicht gegen Grundrechte des Beschwerdeführers.
Zu Unrecht sehe der Beschwerdeführer eine Ungleichbehandlung darin, dass die Kosten des Bundesaufsichtsamtes auf die in § 1 Abs. 1b KWG genannten Institute nach unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen umgelegt würden, nämlich auf die Kreditinstitute nach dem Verhältnis der Bilanzsummen und auf die Finanzdienstleistungsinstitute (einschließlich der Wertpapierhandelsbanken) nach dem Verhältnis der Erträge. Dieser Vortrag berücksichtige nicht, dass der erste Schritt der Berechnung der Erstattungsbeträge in der getrennten Ermittlung der Kosten für die Aufsichtsleistungen für Kreditinstitute einerseits und für Finanzdienstleistungsinstitute (einschließlich der Wertpapierhandelsbanken) andererseits erfolge. Innerhalb jeder Gruppe werde der Aufwand nach einem einheitlichen Maßstab auf die einzelnen Institute umgelegt.
Art. 12 Abs. 1 GG stehe der Erhebung des Jahresbeitrags gleichfalls nicht entgegen. Ob der Schutzbereich dieses Grundrechts betroffen sei, könne auf sich beruhen. Als Abgabe mit der Wirkung einer Berufsausübungsregelung sei der Jahresbeitrag hier jedenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich.
Da der Jahresbeitrag gemessen an Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden sei, liege auch keine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG, vor, die in ihrer Ausprägung als wirtschaftliche Betätigungsfreiheit berührt wäre, sofern ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG verneint würde.
Eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Der Sonderabgabe komme keine erdrosselnde Wirkung zu.
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12, Art. 14 und Art. 20 Abs. 3 GG durch die Gerichtsentscheidungen, die Bescheide sowie mittelbar durch das Gesetz vom 15. Dezember 2004, mit dem die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 mit Gesetzesrang versehen wurde. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:
1. Seine Heranziehung als “Finanzdienstleistungsinstitut” zu einem sehr viel höheren Umlagebetrag als bei einem Kreditinstitut vergleichbaren Geschäftsumfangs sei durch die im Erhebungszeitraum geltende Fassung des § 51 Abs. 1 KWG nicht gedeckt gewesen, und die rückwirkende Änderung des § 51 KWG verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zur fehlenden Schutzwürdigkeit eines (etwaigen) Vertrauens, die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 sei wegen Nichtübereinstimmung mit ihrer Ermächtigungsgrundlage nicht rechtmäßig, weite die Möglichkeit, rückwirkende Gesetze zu erlassen, auf nahezu alle Fälle aus, in denen es vor dem Erlass des Gesetzes eine rechtswidrige Rechtsverordnung gleichen Inhalts gegeben habe. Dies werde dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot nicht gerecht.
2. Er sei zudem im Verhältnis zu Kreditinstituten mit vergleichbarem Geschäftsumfang in seinem Grundrecht aus Art. 3 GG verletzt. Die stärkere Heranziehung sei deshalb von besonderem Belang, weil die Kreditinstitute und die Finanzdienstleistungsinstitute, zu denen er gehöre, in grundsätzlich gleicher Weise an den Börsen Wertpapiergeschäfte tätigten und hierbei in unmittelbarer Konkurrenz zueinander stünden. Seine spürbar höhere Belastung mit Aufsichtskosten im Vergleich zu Kreditinstituten stelle daher einen “handfesten” Wettbewerbsnachteil dar.
3. Weiter sei er in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt, da die Höhe der Belastung aus der Kostenumlage seine berufliche Tätigkeit als Finanzdienstleister in erheblichem Umfang beeinträchtige: zum einen durch die absolute Höhe der Umlage, die auf ihn entfallen solle (im konkreten Falle 34.341,08 €); zum anderen dadurch, dass sich seine Wettbewerbsposition im Vergleich zu einem Kreditinstitut durch die sehr hohen Aufsichtskosten deutlich verschlechtere.
4. Schließlich liege ein Verstoß gegen sein Grundrecht aus Art. 14 GG darin, dass die öffentliche Gewalt ohne ausreichende Rechtsgrundlage in sein Vermögen eingegriffen habe.
III.
Die Voraussetzungen für die Annahme der zulässigen Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde wirft keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen auf (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
1. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen nicht auf einem Verstoß gegen das vornehmlich im Rechtsstaatsprinzip verankerte Rückwirkungsverbot (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG). Die Regelung in § 51 Abs. 1 Satz 3 KWG in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 2004, wonach die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen in der am 12. März 1999 geltenden Fassung für das Jahr 2000 mit Gesetzeskraft gilt, entfaltet keine unzulässige gesetzliche Rückwirkung.
a) Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (BVerfGE 45, 142 ≪167 f.≫). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfGE 101, 239 ≪262≫).
Eine echte, verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 ≪145 f.≫). Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt jedoch zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. BVerfGE 95, 64 ≪86 f.≫). Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261 ≪272≫; 88, 384 ≪404≫; 101, 239 ≪263 f.≫).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Gerichte im vorliegenden Fall zu Recht von einer ausnahmsweise zulässigen echten Rückwirkung ausgegangen.
aa) Das Gesetz vom 15. Dezember 2004 über die Geltung der Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 mit Gesetzeskraft für das Jahr 2000 bewirkte eine echte Rückwirkung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Änderung des Kreditwesengesetzes erfasste nachträglich einen bereits abgewickelten, der Vergangenheit angehörenden Tatbestand, hier die Erhebung der Umlage für die Kosten des Bundesaufsichtsamts im Jahr 2000.
Diese Rückwirkung des Gesetzes begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass eine Inanspruchnahme gemäß den Grundsätzen der Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 für das Jahr 2000 nicht stattfinden würde, konnte sich bei dem Beschwerdeführer zu keiner Zeit bilden. Die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 bestimmte für das Jahr 2000 bereits im Vorhinein die Ausgestaltung der nunmehr nachträglich mit Gesetzeskraft ausgestatteten Umlageerhebung. Daher musste sich der Beschwerdeführer darauf einstellen, der – damals noch – im Verordnungswege angeordneten Umlagepflicht nachkommen zu müssen. Dem steht nicht entgegen, dass vor Erlass des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 strittig war, ob die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 in ihrer konkreten Ausgestaltung von der Verordnungsermächtigung des Kreditwesengesetzes gedeckt war. Die Unvereinbarkeit der Verordnung mit dem damaligen § 51 KWG wurde zwar von einem Verwaltungsgericht vertreten; ein anderes Verwaltungsgericht war dagegen der Auffassung, die Verordnung sei rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. VG Köln, Urteil vom 17. Februar 2004, a.a.O. ≪kommentiert von Hanten/Haussmann in EWiR 2004, S. 1239≫, und Urteil vom 17. Februar 2004 – 14 K 10360/00 –, einerseits; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 11. Oktober 2004 – 9 E 527/04 –, andererseits). Obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage der Vereinbarkeit der Verordnung mit ihrer Ermächtigungsgrundlage gab es nicht. Unter diesen Umständen durfte sich der Beschwerdeführer nicht darauf verlassen, eine den Grundsätzen der Verordnung entsprechende Heranziehung zu der Umlage für die Kosten des Aufsichtsamtes dürfe für das Jahr 2000 nicht erfolgen. Die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 war – wie das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des § 51 KWG eingehend begründet hat – auch nicht etwa eindeutig mit ihrer Ermächtigung unvereinbar. Der Beschwerdeführer musste deshalb damit rechnen, ihren Grundsätzen für die Heranziehung zur Umlage unterworfen zu werden.
bb) Die Zulässigkeit der Rückwirkung ergibt sich im vorliegenden Fall aus den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten, vorstehend aufgeführten Grundsätzen. Die von dem Beschwerdeführer vertretene Auffassung, das Bundesverwaltungsgericht habe diese Grundsätze mit der Annahme eines durch die Verordnung aus dem Jahre 1999 erschütterten Vertrauens ausgeweitet, weil grundsätzlich nur bei einer Belastung durch ein formell unwirksames Gesetz mit einer nachträglichen “Reparatur” gerechnet werden müsse, nicht aber bei einer nur im Range einer Rechtsverordnung stehenden unwirksamen Regelung, trifft nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss ein Betroffener auch dann mit der nachträglichen Bestätigung einer Belastung rechnen, wenn diese zunächst nur in einer rechtlich in Frage gestellten Rechtsverordnung angeordnet ist. Selbst wenn die Unwirksamkeit der Rechtsverordnung nach Erlass des “heilenden” Gesetzes im Nachhinein festgestellt würde, wäre das für die Wirkung der Rechtsverordnung als das Vertrauen auf Nichtheranziehung beseitigender Rechtsetzungsakt unerheblich (vgl. BVerfGE 22, 330 ≪343 f., in Verbindung mit S. 346 ff., insbesondere S. 348≫).
cc) Gegenteiliges lässt sich auch aus der von dem Beschwerdeführer herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Mai 1986 (BVerfGE 72, 200) nicht ableiten.
Nach diesem Beschluss kann eine echte Rückwirkung unter anderem im Falle einer unklaren oder verworrenen Rechtslage zulässig sein (vgl. BVerfGE 72, 200 ≪259≫ m.w.N.). Dem Beschwerdeführer kann nicht darin gefolgt werden, dass danach eine Rückwirkung im vorliegenden Fall deshalb unzulässig sei, weil die Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 nicht unklar oder verworren gewesen sei, sondern einer Heranziehung nach den Regeln der Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom März 1999 klar entgegengestanden habe. Zum einen bildet die Fallgruppe der unklaren oder verworrenen Rechtslage nur einen der denkbaren Rechtfertigungsgründe für eine echte Rückwirkung. Dieser tritt neben andere mögliche Rechtfertigungsgründe, wie hier den der Ersetzung oder Heilung einer Norm, deren formelle Wirksamkeit in Frage gestellt wurde, durch eine andere, formell unbedenkliche Norm. Zum anderen war, wie bereits dargelegt, im vorliegenden Fall keineswegs eindeutig, dass die Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 nicht von ihrer gesetzlichen Ermächtigung im Kreditwesengesetz gedeckt war.
Darüber hinaus lässt sich auch der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellte Grundsatz nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, das Vertrauen des Bürgers in den Bestand des geltenden Rechts sei “erst von dem Zeitpunkt ab” nicht mehr schutzwürdig, “in dem der Bundestag ein rückwirkendes Gesetz beschlossen hat” (BVerfGE 13, 261 ≪273≫ m.w.N.). Diese Aussage bezieht sich auf die hier nicht gegebene Konstellation, dass die angegriffene Belastung erstmals geregelt wird. Anders ist der Fall zu beurteilen, dass – wie hier – eine formell in Frage gestellte Norm durch eine unbedenkliche Norm gleichen Inhalts ersetzt wird.
2. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG; denn die Differenzierung zwischen Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten beruht auf einem sachlich tragfähigen Grund.
a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das allgemeine Gleichheitsgrundrecht ist nur verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dies gilt auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personen bewirkt.
b) Nach diesem Maßstab bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 51 KWG in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 in Verbindung mit der Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 und gegen ihre Anwendung im Ausgangsfall.
Der Beschwerdeführer beanstandet, dass Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute in grundsätzlich gleicher Weise an den Börsen Wertpapiergeschäfte tätigten, gleichwohl aber in unterschiedlicher Höhe mit Aufsichtskosten belastet würden. Es sei nicht denkbar, dass die Beaufsichtigung identischer Geschäfte bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten Aufwand in erheblich differierender Höhe entstehen lasse.
Diese Betrachtung lässt außer Acht, dass die Umlage der Kosten der Aufsicht nicht an die einzelnen Wertpapiergeschäfte geknüpft ist, in deren Bereich es Überschneidungen in den Geschäftsfeldern von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten geben mag. Ansatzpunkt der Kostenverteilung nach der Umlage-Verordnung Kredit- und Finanzdienstleistungswesen vom 8. März 1999 ist vielmehr die Einordnung der jeweiligen Unternehmen nach den Legaldefinitionen für Kreditinstitute (§ 1 Abs. 1 KWG) und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1a KWG). Die Aufsichtskosten werden auf die genannten Institute nach unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen umgelegt, nämlich auf die Kreditinstitute nach dem Verhältnis der Bilanzsummen und auf die Finanzdienstleistungsinstitute (einschließlich der Wertpapierhandelsbanken) nach dem Verhältnis der Erträge. Der erste Schritt bei der Berechnung der Erstattungsbeträge besteht in der getrennten Ermittlung der Kosten für die Aufsichtsleistungen für Kreditinstitute einerseits und Finanzdienstleistungsinstitute (einschließlich der Wertpapierhandelsbanken) andererseits. Innerhalb jeder Gruppe wird der Aufwand nach einem einheitlichen Maßstab auf die einzelnen Institute umgelegt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Annahme des Gesetzgebers, Finanzdienstleistungsinstitute verursachten – gerade in den ersten Jahren nach ihrer Einbeziehung in die Beaufsichtigung durch das Bundesaufsichtsamt (vgl. BTDrucks 13/7142 S. 61) – einen besonderen, den Kreditinstituten nicht anzulastenden Beaufsichtigungsaufwand, nicht zuträfe. Der Beschwerdeführer hat der Erwägung des Bundesverwaltungsgerichts, die Aufsicht über die Gruppe der Finanzdienstleistungsinstitute (einschließlich der Wertpapierhandelsbanken) habe sich trotz teilidentischer Geschäftsfelder als kostenintensiver erwiesen als diejenige über die Kreditinstitute, nichts Substanzielles entgegengehalten.
3. Der Beschwerdeführer ist ferner nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt. Er wird durch die Umlage in seiner Berufsausübung nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.
4. Schließlich lässt sich auch ein Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht des Beschwerdeführers nicht feststellen. Es kann dahingestellt bleiben, in welchem Umfang Vermögen überhaupt vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst ist (vgl. hierzu BVerfGE 93, 121 ≪137≫; 115, 97 ≪112≫). Dass dem Umlagebetrag hier konfiskationsähnliche Wirkung zukäme, ist nicht ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Bryde, Eichberger, Schluckebier
Fundstellen