Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit nichtsteuerlicher Sonderabgaben. Nichtigkeit des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes
Leitsatz (amtlich)
1. Als außersteuerliche Geldleistungspflicht der Angehörigen einzelner Gruppen stößt die Sonderabgabe auf enge kompetenzrechtliche Grenzen. Sie kann als zusätzliche Belastung einzelner nur erhoben werden, wenn sie sich auf einen besonderen Zurechnungsgrund stützen läßt, der vor den Grundsätzen der bundesstaatlichen Finanzverfassung und vor dem Gebot der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten Bestand hat.
2. Die Bewahrung der bundesstaatlichen Ordnungsfunktion und Ausgleichsfunktion der Art. 104a bis Art. 108 GG macht es unabdingbar, Steuern und außersteuerliche Abgaben eindeutig voneinander abzugrenzen.
a) Entscheidend für die Qualifizierung einer Abgabe als Sonderabgabe ist ihr materieller Gehalt. Es kommt nicht darauf an, wie das Abgabengesetz selbst eine öffentliche-rechtliche Abgabe klassifiziert.
b) Sonderabgaben dürfen nicht zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben und ihr Aufkommen darf nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet werden.
c) Die konkrete haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe durch den Gesetzgeber hat keine konstitutive Bedeutung für ihre verfassungsrechtliche Qualifizierung als Sonderabgabe oder Steuer.
3.a) Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt.
3.b) Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt eine spezifische Beziehung (Sachnähe) zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Aus dieser Sachnähe muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen.
3.c) Die außersteuerliche Belastung von Angehörigen einer Gruppe setzt voraus, daß zwischen den Belastungen und den Begünstigungen, die die Sonderabgabe bewirkt, eine sachgerechte Verknüpfung besteht. Das ist der Fall, wenn das Abgabeaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also „gruppennützig” verwendet wird.
4. Die Sonderabgabe hat gegenüber der Steuer die seltene Ausnahme zu sein; daraus folgt, daß die Zulässigkeitskriterien strikt auszulegen und anzuwenden sind.
5. Der Gesetzgeber ist bei einer auf längere Zeit angelegten Finanzierung einer in die spezifische Verantwortung einer Gruppe fallenden Aufgabe durch Erhebung einer Sonderabgabe von Verfassungs wegen gehalten, stets zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels „Sonderabgabe” aufrecht zu erhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung zu ändern oder aufzuheben ist.
6. Die Berufsausbildungsabgabe nach § 3 Abs. 1 Satz 1 APlFG stellt sich – gemessen an den dargelegten Kriterien – nicht als Steuer, sondern als zulässige Sonderabgabe dar. Als solche unterfällt sie nicht den für Steuern geltenden Art. 104a ff. GG. Eine Zustimmung des Bundesrates zum Ausbildungsplatzförderungsgesetz war deshalb nach Art. 105 Abs. 3 GG nicht erforderlich.
7. Vorschriften über das Verwaltungsverfahren im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG sind jedenfalls gesetzliche Bestimmungen, die die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden im Blick auf die Art und Weise der Ausführung des Gesetzes einschließlich ihrer Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensbildung, die Art der Prüfung und Vorbereitung der Entscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung sowie verwaltungsinterne Mitwirkungsvorgänge und Kontrollvorgänge in ihrem Ablauf regeln.
8. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz hätte nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft, weil es jedenfalls in § 3 Abs. 6 und Abs. 8 Nr. 3 Vorschriften über das Verwaltungsverfahren enthält.
Normenkette
GG Art. 104a, 105 Abs. 3, Art. 108, 84 Abs. 1; APlFöG § 3 Abs. 6, 8 Nr. 3, Abs. 1 S. 1
Gründe
A – I.
1. Im Jahre 1975 beabsichtigte die Bundesregierung, das Berufsbildungsgesetz vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112) zu reformieren. Dabei sollte auch auf ein genügendes Angebot an Ausbildungsplätzen hingewirkt werden, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und eine qualifizierte berufliche Bildung der Jugendlichen zu gewährleisten. Die Lösung dieser Probleme erschien besonders dringlich, weil zunehmend geburtenstarke Jahrgänge die Schule verließen und ins Berufsleben eintraten. Der ansteigenden Nachfrage nach Ausbildungsplätzen stand ein stagnierendes betriebliches Angebot gegenüber. Die Ausbildung eines nicht unerheblichen Teils der jungen Generation schien damit in den Jahren ab 1977 nicht mehr gewährleistet zu sein.
Der Regierungsentwurf eines neuen Berufsbildungsgesetzes wurde vom Bundestag angenommen; der Bundesrat versagte dem Gesetz jedoch seine Zustimmung. Daraufhin legten die Fraktionen der SPD und F.D.P. den „Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Angebots an Ausbildungsplätzen in der Berufsausbildung (Ausbildungsplatzförderungsgesetz)” vor. Er bestand im wesentlichen aus Vorschriften über die Finanzierung der Berufsausbildung, Planung und Statistik und über das Bundesinstitut für Berufsbildung, wie sie schon in dem im Bundesrat gescheiterten Gesetzesvorhaben enthalten waren. Die ergänzenden steuerrechtlichen Regelungen wurden im „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung steuerrechtlicher und anderer Fragen der Ausbildungsplatzförderung” zusammengefaßt. Der Bundestag nahm beide Gesetzesvorlagen an. Der Bundesrat verlangte die Einberufung des Vermittlungsausschusses. Nachdem das Vermittlungsverfahren ohne Ergebnis geblieben war, versagte der Bundesrat beiden Gesetzen die Zustimmung. Bundestag und Bundesregierung vertraten die Auffassung, das Ausbildungsplatzförderungsgesetz sei nicht zustimmungsbedürftig. Der Bundespräsident schloß sich dieser Auffassung an und fertigte das Gesetz aus. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz (APlFG) vom 7. September 1976 wurde am 9. September 1976 verkündet (BGBl. I S. 2658).
2. a) Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz sieht vor, daß zur Sicherung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen finanzielle Hilfen gewährt werden können (§ 1 APlFG). Der zuständige Bundesminister hat der Bundesregierung bis zum 1. März jeden Jahres einen Berufsbildungsbericht vorzulegen, in dem die voraussichtliche Weiterentwicklung des Ausbildungsplatzangebotes der kommenden Jahre darzustellen ist (§ 5 Abs. 3 bis 5 APlFG). Stellt die Bundesregierung aufgrund dieses Berichtes fest, daß die bis zum 30. September des vergangenen Kalenderjahres insgesamt angebotenen Ausbildungsplätze die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen um weniger als 12,5 v. H. übersteigen und daß eine wesentliche Verbesserung des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage für das laufende Kalenderjahr nicht zu erwarten ist, so sind nach Maßgabe einer Rechtsverordnung der Bundesregierung finanzielle Hilfen zu gewähren (§ 2 Abs. 1 Satz 1 APlFG). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 APlFG kommen in Betracht:
- Zuschüsse an Ausbildende für Berufsausbildungsverhältnisse, die diese zusätzlich zu den im Durchschnitt der letzten drei Jahre begründeten Berufsausbildungsverhältnissen begründen,
Zuschüsse an Ausbildende für Berufsausbildungsverhältnisse, die diese im Kalenderjahr des Inkrafttretens der Rechtsverordnung neu begründen, soweit nicht ein Zuschuß nach Nummer 1 gewährt
wird,
- besondere Hilfen zur Erhaltung gefährdeter betrieblicher Ausbildungsplätze, soweit Maßnahmen nach den Nummern 1 und 2 nicht ausreichen, ein regional ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen zu sichern, sowie Zuschüsse für die Unterhaltung überbetrieblicher Ausbildungsstätten, soweit die für eine Nutzung der vorhandenen Ausbildungsplätze erforderlichen finanziellen Mittel vom Träger nicht aufgebracht werden können.
b) Zur Finanzierung wird von den Arbeitgebern eine Berufsausbildungsabgabe erhoben. Deren Höhe ist nach § 3 Abs. 1 APlFG durch Rechtsverordnung der Bundesregierung so festzusetzen, daß die für die Gewährung der finanziellen Hilfen erforderlichen Mittel bereitgestellt werden können. Sie darf 0,25 v. H. der Bemessungsgrundlage nicht überschreiten. Bemessungsgrundlage ist die Summe der von einem Arbeitgeber im Kalenderjahr zu zahlenden Entgelte im Sinne des § 160 Reichsversicherungsordnung, die um verschiedene Entgelte und nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 APlFG um einen Freibetrag von 400 000 DM zu vermindern ist. Dieser Freibetrag bewirkt nach der Begründung des Entwurfs des Berufsbildungsgesetzes (BTDrucks. 7/3714, S. 88), daß nahezu 90 v. H. aller Arbeitgeber außerhalb des Kreises der Abgabepflichtigen bleiben. Hierzu wird ausgeführt:
Der Kreis derjenigen, die von der Abgabepflicht somit befreit werden, erscheint – gemessen an der Zahl der befreiten Unternehmen – sehr hoch; auf ihn vereinigen sich aber nur ca. 23 v.H. aller Arbeitnehmer mit nur ca. 19 v.H. der gesamten Lohn- und Gehaltssumme. Dagegen ist gerade in diesem Bereich die größte Ausbildungsintensität anzutreffen. Während im Durchschnitt aller Arbeitsstätten die Nachwuchsquote (Zahl der Nachwuchskräfte in v.H. der Arbeitnehmer) bei 5,9 v.H. liegt, beträgt sie in Arbeitsstätten mit bis zu 20 Beschäftigten das Doppelte, etwa 11,1 v.H., sinkt in den mittelgroßen Betrieben dagegen auf etwa 5,1 v.H. und in den Großbetrieben gar auf 3,7 v.H. ab. Auf die verbleibenden ca. 10 v.H. der Unternehmen (Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten) verteilen sich ca. 77 v.H. aller Arbeitnehmer mit zusammen rund 81 v.H. der Lohn- und Gehaltssumme. Dadurch aber, daß auch diesen Betrieben derselbe Freibetrag von 400 000 DM pro Unternehmen eingeräumt wird, entfallen noch einmal 13 v.H. von der Bemessungsgrundlage, so daß von der gesamten Lohn- und Gehaltssumme schließlich noch ca. 68 v.H. als Bemessungsgrundlage für eine Berufsausbildungsabgabe verbleiben.
c) Nach § 3 Abs. 3 APlFG wird die Abgabe „durch die nach Landesrecht zuständige Stelle eingezogen, soweit nicht durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt wird”. § 3 APlFG trifft in den Absätzen 5, 6, 7 und 8 Nrn. 2 und 3 ferner folgende Regelungen:
(5) Die Abgabepflichtigen haben den Einzugsstellen zu dem durch die Rechtsverordnung nach Absatz 8 bestimmten Zeitpunkt einen Nachweis für die Berechnung der Abgabe (Lohnnachweis) einzureichen.
(6) Die Einzugsstellen können die Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen einsehen, um die eingereichten Lohnnachweise prüfen zu können. Ihnen sind die Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen zur Einsicht vorzulegen. Die Einzugsstellen dürfen fremde Geheimnisse, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen bei der Überprüfung bekannt werden, nicht offenbaren oder verwerten.
(7) Die Einzugsstellen führen die von ihnen eingezogenen Abgaben an die nach § 4 Abs. 1 bestimmte Stelle ab.
(8) Der zuständige Bundesminister kann durch Rechtsverordnung bestimmen:
- …
- Die Selbsterrechnung der Abgabe durch den Abgabepflichtigen,
- Form und Inhalt des Lohnnachweises und den Zeitpunkt seiner Einreichung.
d) aa) Die Durchführung der Berufsausbildungsfinanzierung obliegt nach § 4 APlFG grundsätzlich dem Bundesinstitut für Berufsbildung. Es entscheidet unter Mitwirkung der Lastenausgleichsbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministers über die Gewährung finanzieller Hilfen. Gemäß § 4 Abs. 3 APlFG wird die Berufsausbildungsabgabe als zweckgebundene Vermögensmasse verwaltet.
bb) § 4 Abs. 4 APlFG lautet:
Der zuständige Bundesminister bestimmt durch Rechtsverordnung das Verfahren der Mittelvergabe durch die nach Abs. 1 und 2 bestimmten Stellen, insbesondere
- das Antragsverfahren einschließlich der Verwendung von Vordrucken und der Verpflichtung der Antragsteller, Belege beizufügen und durch die zuständigen Stellen bestätigen zu lassen,
- das Bewilligungsverfahren einschließlich der zeitlichen Reihenfolge der Bearbeitung der Anträge im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Mittel,
- das Verfahren bei fehlerhaften Auszahlungen.
e) Darüber hinaus enthält das Ausbildungsplatzförderungsgesetz u. a. Vorschriften über Berufsbildungsplanung (§ 5) und über Auskunftspflichten (§ 12).
3. a) Durch das mit Zustimmung des Bundesrates beschlossene Gesetz zur Steuerentlastung und Investitionsförderung vom 4. November 1977 (BGBl. I S. 1965) werden die im Ausbildungsplatzförderungsgesetz vorgesehenen finanziellen Hilfen steuerlich entlastet.
b) § 3 Abs. 3 APlFG ist durch das mit Zustimmung des Bundesrates beschlossene Gesetz zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung vom 23. Dezember 1977 (BGBl. I S. 3108) aufgehoben worden. Die Berufsausbildungsabgabe ist nicht mehr durch die nach Landesrecht zuständige Stelle, sondern grundsätzlich durch die Berufsgenossenschaft einzuziehen, bei der die Beschäftigten des Abgabepflichtigen versichert sind. Das Gesetz bestimmt Ausnahmen hiervon und enthält ferner Vorschriften über das Einzugsverfahren.
II.
Die Bayerische Staatsregierung hat gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 und § 76 Nr. 1 BVerfGG beantragt, das Ausbildungsplatzförderungsgesetz als mit dem Grundgesetz unvereinbar für nichtig zu erklären.
Zur Begründung ihres Antrages vom 5. August 1977 trägt sie im wesentlichen vor:
1. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz sei ein Bundesgesetz über Steuern im Sinne des Art. 105 Abs. 3 GG. Es hätte deshalb der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Da der Bundesrat seine Zustimmung versagt habe, sei das Gesetz nicht verfassungsmäßig zustande gekommen.
a) aa) Bundestag und Bundesregierung sähen die Berufsausbildungsabgabe nicht als Steuer, sondern als Sonderabgabe an. Es sei im Hinblick auf eine im Vordringen befindliche wissenschaftliche Meinung schon zweifelhaft, ob neben Gebühren und Beiträgen überhaupt noch sonstige, außersteuerliche Abgaben zulässig seien. Das Deckungsinstrument für den finanziellen Bedarf des Staates sei die Steuer, die auf eine im wesentlichen gleichmäßige Belastung aller Bürger nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit abziele. Sonderabgaben setzten die Transparenz der öffentlichen Finanzgebarung herab und stünden daher im Widerspruch zum Demokratieprinzip. Sie führten zu einer Verlagerung der Finanzverwaltung auf einen eigenen, auf Beschaffung finanzieller Mittel gerichteten „Unterbau” einzelner Verwaltungszweige und zu deren weitgehender Unabhängigkeit vom parlamentarischen Budgetrecht. Wenn man dennoch besondere „Ausgleichsabgaben” verfassungsrechtlich als zulässig ansehe, seien solche Abgaben nur zu rechtfertigen, wenn und soweit sie sich in irgendeiner Form mit dem Beitragsgedanken verknüpfen ließen, also Entgeltcharakter hätten. Andernfalls wären Steuern und Sonderabgaben fast willkürlich vertauschbar. Diese Eigenschaft fehle jedoch der Berufsausbildungsabgabe.
bb) Das entscheidende Kriterium der Abgrenzung der Steuern von den Sonderabgaben sei das steuerbegriffliche Merkmal „Zur Erzielung von Einnahmen”. Der für das Einnahmeerzielungsmerkmal vorauszusetzende Zweck, Mittel für den allgemeinen Staatsbedarf zu gewinnen, sei zwar nicht gegeben, wenn mit den Einnahmen aus der Abgabe nur der von ihr selbst hervorgerufene besondere Bedarf einer Gruppe, der die Abgabepflichtigen und die Begünstigten angehörten, gedeckt werden solle. Eine in diesem Zusammenhang relevante Gruppe und eine entsprechende Gruppennützigkeit der Abgabe seien jedoch nur dann anzuerkennen, wenn die dem Verbund Zugeordneten materiell wesentliche Gemeinsamkeiten aufwiesen, die sie von der Masse aller der Gebietskörperschaft angehörenden Personen eindeutig absetzten. Ihre Mitgliederzahl dürfe nicht so groß sein, daß von einem besonderen Finanzbedarf des Verbundes als Gegensatz zum allgemeinen Finanzbedarf des Staates wie auch von einem spezifischen Gruppennutzen nicht mehr sinnvoll gesprochen werden könne.
Gemessen an diesen Maßstäben erweise sich, daß es sich bei der Berufsausbildungsabgabe nach § 3 des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes begrifflich nicht um eine Sonderabgabe, sondern um eine Steuer im Sinne der grundgesetzlichen Kompetenzvorschriften, und zwar um eine Realsteuer handle; sie erfülle nach ihrem materiellen Gehalt alle Merkmale des verfassungsrechtlichen und des mit ihm übereinstimmenden abgabenrechtlichen Steuerbegriffs. Sie sei eine Abgabe, deren Aufkommen nicht der Gewinnung von Mitteln zur Befriedigung eines besonderen Finanzbedarfs, sondern der Deckung des allgemeinen Staatsbedarfs zu dienen bestimmt sei. Denn der vorliegend in Rede stehende Bedarf sei nicht durch eine im obigen Sinne relevante Gruppe dergestalt hervorgerufen, daß das Finanzierungssystem als eine staatlich vermittelte gruppennützige Selbsthilfeaktion zur Befriedigung des eigenverursachten Sonderbedarfs einer in spezieller Weise verbundenen Gesamtgruppe erscheine. Die Berufsausbildungsfinanzierung stehe mit Hilfe des Aufkommens aus der Berufsausbildungsabgabe im Dienste der Sicherung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen (§ 1 APlFG). Damit erschienen die bisher der Wirtschaft noch nicht angehörigen, künftig ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen als gesetzgeberisch primär Begünstigte der Finanzierungsregelung, die nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 APlFG abgabepflichtigen Arbeitgeber dagegen als die Belasteten. Prägendes gesetzgeberisches Ziel der Erhebung der Berufsausbildungsabgabe und ihrer Verwendung sei daher zweifellos das Bestreben, den betroffenen Jugendlichen durch die Sicherstellung von Ausbildungsplätzen staatlich vermittelte Hilfestellung zu leisten. Bei dieser Sachlage könne es sich bei der Berufsausbildungsabgabe allenfalls dann um eine der Deckung eines besonderen Finanzbedarfs dienende nichtsteuerliche Abgabe handeln, wenn die Arbeitgeber und die begünstigten Jugendlichen in einer solchen Weise besonders, d. h. gruppenbildend miteinander verbunden seien, daß man die Ausbildungsplatzfinanzierung insgesamt als gruppennützige Befriedigung eines gruppenspezifischen Bedarfs werten könne. Diese Voraussetzungen seien indessen nicht gegeben. Die Arbeitgeber und die begünstigten Jugendlichen wiesen kein durchgehend gemeinsames Merkmal, geschweige denn eine materiell in vorstehendem Sinne wesentliche Gemeinsamkeit auf. Beide Seiten verbinde vor allem nicht die gemeinsame, wenn auch unterschiedlich geartete Beteiligung an der Berufsausbildung. Denn auch nicht ausbildende Arbeitgeber würden von der Abgabe erfaßt. Überdies sei eine insoweit relevante Verbundenheit auch deshalb nicht gegeben, weil es vorliegend nicht um die Qualifizierung bereits bestehender Beziehungen, sondern um die Wertung der Beziehungen in bezug auf künftig erst entstehende Ausbildungsverhältnisse gehe. Die Zugehörigkeit und Beziehung zur Privatwirtschaft stelle ebenfalls kein beide Seiten verbindendes Glied dar, weil auch die öffentliche Hand einschließlich der Religionsgemeinschaften als Arbeitgeber in die Abgabepflicht einbezogen seien, soweit es nicht um beamtetes Personal und Beamtennachwuchs gehe (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 APlFG). Auch hier handle es sich um die Beziehungen zu einem Personenkreis, der der Wirtschaft und Verwaltung noch nicht angehöre, ein Umstand, der für die rechtliche Bewertung der Beziehungen gleichermaßen von Bedeutung sei. Weitere Merkmale, die sich als im vorliegenden Zusammenhang besondere Gemeinsamkeit ausweisen ließen, seien nicht zu erkennen. Daraus sei der Schluß zu ziehen, daß in der Ausbildungsplatzfinanzierung Arbeitgeber und ausbildungswillige Jugendliche nur künstlich zusammengefaßt worden seien.
Das Ergebnis der Würdigung könne nach alledem nur in der Feststellung bestehen, daß es sich bei der Berufsausbildungsabgabe nicht um eine außersteuerliche Sonderabgabe, sondern um eine zweckgebundene steuerliche Abgabe handle. Die Berufsausbildungsabgabe werde nicht zur gruppennützigen Deckung des eigenverursachten besonderen Finanzbedarfs einer aus den Belasteten und Begünstigten bestehenden und in einer inhaltlichen Sonderbeziehung verbundenen Gesamtgruppe erhoben, sondern zur Befriedigung des allgemeinen Staatsbedarfs für vorrangig im Interesse der Allgemeinheit und der Jugend liegende Maßnahmen der Ausbildungsplatzsicherung.
Dieses Ergebnis werde durch die Ausgestaltung der Berufsausbildungsabgabe bestätigt. Denn ihr Maßstab sei nicht an den von ihr angestrebten Verwendungszwecken des Aufkommens, sondern mit dem Abstellen auf die Lohnsumme als Bemessungsgrundlage und mit der Einräumung eines Freibetrages für Betriebe mit geringerer Lohnsumme an einem typisch steuergesetzlichen Gestaltungsmerkmal, nämlich an der objektiven Leistungsfähigkeit der erfaßten Betriebe orientiert.
cc) Bei der Berufsausbildungsabgabe handle es sich um eine der Lohnsummensteuer, wenn nicht unmittelbar entsprechende, so doch jedenfalls gleichartige Steuer; denn sie knüpfe wie diese an das gleiche Indiz für die Wirtschaftskraft eines Betriebes an und mache sich damit in spezifischer Form dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zunutze wie die Gewerbesteuer. Das Aufkommen aus der Berufsausbildungsabgabe stehe mithin nach der Realsteuergarantie des Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG grundsätzlich den Gemeinden zu. Die bundesgesetzliche Normierung einer solchen Steuer bedürfe nach Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates.
b) Selbst wenn man aber die Berufsausbildungsabgabe nicht als Steuer qualifiziere, sondern als grundsätzlich zulässige nichtsteuerliche Sonderabgabe ansehe, hätte das Ausbildungsplatzförderungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 105 Abs. 3 GG bedurft, weil die Berufsausbildungsabgabe unmittelbar und erheblich das den Ländern zustehende Aufkommen an Ertragsteuern schmälere. Art. 105 Abs. 3 GG solle den Ländern einen Ausgleich für ihre weitgehende Verdrängung aus der Gesetzgebungshoheit gewähren. Dieser Vorschrift komme die fundamentale Bedeutung zu, eine Schmälerung der in Art. 106 Abs. 3 GG auch den Ländern zugewiesenen Ertragshoheit bei den Gemeinschaftsteuern an die Zustimmung des Bundesrates zu knüpfen. Demnach seien „Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder Gemeinden ganz oder zum Teil” zufließe, im Sinne des Art. 105 Abs. 3 GG nicht nur unmittelbare materielle Bestimmungen des Einkommen-, Körperschaft- oder Umsatzsteuerrechts, sondern auch solche Bundesgesetze, die zwar formell die Gesetze über die Gemeinschaftsteuern unberührt ließen, sie aber materiell dadurch beeinflußten, daß sie das Aufkommen aus diesen Steuern nicht unerheblich veränderten. So sei es hier. Da die Berufsausbildungsabgabe mit einem Volumen von etwa 500 bis 800 Millionen DM bei den Ertragsteuern abzugsfähig sei, entstünden erhebliche Steuerausfälle für die Länder und Gemeinden, die bei der Körperschaftsteuer 50 v. H. und bei der Einkommensteuer 57 v. H. des Gesamtsteuerausfalls betrügen. Dies laufe auf eine Systemverschiebung in der Finanzverfassung hinaus, durch die die Länder in ihrer durch Art. 109 Abs. 1 GG gewährleisteten Selbständigkeit und Unabhängigkeit der eigenen Haushaltsbewirtschaftung empfindlich gestört würden, wenn sie, ohne über den Bundesrat beteiligt zu sein, eine Minderung ihrer Einnahmen durch vom Bund eingeführte, bei den Ertragsteuern abzugsfähige Sonderabgaben hinnehmen müßten.
2. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz hätte schließlich als Ganzes nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates auch deshalb bedurft, weil es in § 3 Abs. 5, 6 und 8 Nr. 2 und 3 bundesrechtliche Regelungen des Verwaltungsverfahrens enthalte. Art. 84 Abs. 1 GG bilde eine wesentliche Voraussetzung für den Bestand der Verwaltungskompetenz der Länder nach Art. 83 GG, die als Element der bundesstaatlichen Gewaltenteilung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gleichrangig gegenüberstehe. Im Blick darauf sei der Begriff des Verwaltungsverfahrens im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG weit auszulegen. Das habe auch das Bundesverfassungsgericht anerkannt (BVerfGE 37, 363 (390)). Nach der dort gegebenen Definition handle es sich bei den genannten Bestimmungen, unabhängig davon, ob die Einziehung der Berufsausbildungsabgabe einer nach Tarifvertrag zuständigen Stelle übertragen worden sei oder ob die Zuständigkeit zur Einziehung bei der nach Landesrecht vorgesehenen Stelle verbleibe, um Vorschriften, die das Verwaltungsverfahren regeln:
Wenn die Abgabepflichtigen den Einzugsstellen gemäß § 3 Abs. 5 APlFG einen Nachweis über die Berechnung der Abgabe einzureichen hätten, werde damit zugleich der Einzugsstelle vorgeschrieben, daß sie solche Lohnnachweise von den Abgabepflichtigen verlangen könne und daß sie diese bei ihren Berechnungen zu verwenden habe. In § 3 Abs. 6 und 8 Nr. 2 und 3 APlFG sei detailliert geregelt, wie die Einzugsstellen bei der Einziehung der Berufsausbildungsabgabe zu verfahren hätten und wie sich die landesrechtlich zuständige Stelle Kenntnisse und Unterlagen für die Festsetzung der Abgabe zu verschaffen habe.
Die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 84 Abs. 1 GG entfalle nicht deshalb, weil das Gesetz neben dem verfahrensrechtlichen auch einen materiell-rechtlichen Inhalt habe. Auch eine mit der Inanspruchnahme des Abgabepflichtigen korrespondierende Pflicht der Landesbehörden regele das Verwaltungsverfahren. Das gelte selbst dann, wenn diesen ein Ermessen hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen eingeräumt sei. Für die Qualifizierung einer Vorschrift könne deren Adressat grundsätzlich nicht maßgebend sein. Darüber hinaus wende sich § 3 Abs. 6 APlFG nach seinem eindeutigen Wortlaut zumindest auch an die Einzugsstellen.
Der verfahrensrechtliche Charakter der genannten Bestimmungen sei schließlich auch daran erkennbar, daß § 3 Abs. 6 APlFG als vorrangiges Bundesrecht die Art. 24 und 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1, 3 und 4 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) vom 23. Dezember 1976 (GVBl. S. 544) und als lex specialis die entsprechenden Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG) vom 25. Mai 1976 (BGBl. I S. 1253) verdränge. Gleiches gelte für § 3 Abs. 8 Nr. 2 APlFG hinsichtlich Art. 22 und 24 BayVwVfG bzw. §§ 22 und 24 VwVfG. Außerdem befänden sich zu § 3 Abs. 5, 6 und 8 Nr. 3 APlFG in § 93 Abs. 1, § 97 Abs. 1 und 2 und § 155 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung Parallelregelungen, bei denen es sich zweifelsfrei um Vorschriften des Steuerverfahrens handle.
3. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz könne schließlich wegen Verstoßes gegen Art. 20 Abs. 3 GG keinen Bestand haben. Denn die Aufspaltung der Gesetzesmaterie, die ursprünglich in einem einheitlichen neuen Berufsbildungsgesetz geregelt werden sollte, durch den Deutschen Bundestag in das angeblich nicht zustimmungsbedürftige Ausbildungsplatzförderungsgesetz und den Entwurf eines zustimmungsbedürftigen Gesetzes zur Regelung steuerrechtlicher und anderer Fragen der Ausbildungsplatzförderung überschreite die Willkür- und Mißbrauchsgrenze, weil ein sachlicher Grund für diese Aufspaltung nicht erkennbar sei.
4. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz sei zweckuntauglich. Der mit der Berufsausbildungsabgabe und den daraus zu gewährenden finanziellen Hilfen vom Gesetzgeber angestrebte Umverteilungseffekt könne, abgesehen von anderen Einwänden gegen die Tauglichkeit dieses gesetzgeberischen Instruments, ohne das Gesetz zur Regelung steuerrechtlicher und anderer Fragen der Ausbildungsplatzförderung durch das „Rumpfgesetz” Ausbildungsplatzförderungsgesetz nicht erzielt werden. Zudem widerspreche das Gesetz den Erfordernissen der Normklarheit.
III.
Zu dem Antrag der Bayerischen Staatsregierung haben sich für die Bundesregierung der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, für die Regierung des Landes Baden-Württemberg der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr, für die Landesregierung von Rheinland-Pfalz der Minister der Justiz und für die Hansestadt Bremen der Präsident des Senats geäußert.
1. Die Regierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind – im wesentlichen aus denselben Gründen wie die Antragstellerin – der Ansicht, daß das Ausbildungsplatzförderungsgesetz mangels Zustimmung des Bundesrates nicht verfassungsmäßig zustande gekommen sei.
a) Mit der Ausdehnung des Begriffs der Abgaben besonderer Art werde das System der Finanzverfassung, das der Verfassungsgeber als Kernfrage des bundesstaatlichen Aufbaus als ausbalanciertes System gleichberechtigter Partnerschaft von Bund und Ländern verfassungskräftig geregelt habe, beeinträchtigt. Sollte das geschlossene System der Finanzverfassung und deren abschließende Regelung der Ertragshoheit nicht gefährdet werden, so müsse, um die juristische Wirkungskraft der betreffenden Normen am stärksten zu entfalten, davon ausgegangen werden, daß eine für die Staatsfinanzen gewichtige Abgabenerhebung außerhalb dieser Steuerverteilung verfassungsrechtlich nicht zulässig sei. Keineswegs könne es in das Ermessen des einfachen Gesetzgebers gestellt sein, ob er eine öffentliche Aufgabe im Wege der Besteuerung oder aber über eine parafiskalische Sonderabgabe finanzieren wolle.
b) Die Berufsausbildungsabgabe nach §§ 3 und 4 APlFG stelle sich bei zutreffender rechtlicher Qualifizierung nach ihrem materiellen Gehalt als eine Realsteuer dar, deren Einführung der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 105 Abs. 3 GG bedürfe und deren Aufkommen nach der zwingenden Vorschrift des Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG den Gemeinden zustehe, also nicht dem Bunde zugeschlagen werden könne.
c) Das Gesetz habe der Zustimmung des Bundesrates auch bedurft, weil es im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG das Verwaltungsverfahren der Landesbehörden regele. Solche Vorschriften enthielten § 3 in den Absätzen 6 Satz 1 (Prüfung der Lohnnachweise), § 8 Nr. 2 (Selbsterrechnung der Ausbildungsabgabe), § 8 Nr. 3 (Festlegung von Form und Inhalt der erforderlichen Lohnnachweise und des Zeitpunkts ihrer Einreichung durch den zuständigen Bundesminister) und nach Ansicht der Landesregierung von Baden-Württemberg auch § 4 (Durchführung der Berufsausbildungsfinanzierung), § 5 (Berufsbildungsplanung) und § 12 (Auskunftserteilung).
d) Die Aufspaltung der Gesamtmaterie der Ausbildungsplatzförderung in zwei Gesetze sei unzulässig. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz hätte ohne die steuerliche Entlastung der Abgabepflichtigen durch das Ergänzungsgesetz an Effektivität verloren. Es wäre ohne die Einziehungszuständigkeit der Berufsgenossenschaften nur unter Verstoß gegen die Grundsätze wirtschaftlicher und sparsamer Finanzgebarung vollziehbar gewesen. Der Mangel an einem sachlich gerechtfertigten Grunde für die Trennung und die fehlende Rücksichtnahme gegenüber den gewichtigen Interessen der Länder lasse die Aufspaltung als offensichtlich willkürlich und als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip erscheinen.
2. Die Bundesregierung hält den Antrag der Bayerischen Staatsregierung für unbegründet.
a) Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz sei kein Bundesgesetz über Steuern im Sinne des Art. 105 Abs. 3 GG.
aa) Bei der Berufsausbildungsabgabe handle es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine zulässige nichtsteuerliche Abgabe besonderer Art. Zwar dürfe das vom Grundgesetz aus wohlerwogenen bundesstaatlichen Gründen als Eckstein der föderalistischen Verfassung geschaffene steuerliche Finanzverfassungssystem nicht durch eine unbegrenzte Einführung von anders strukturierten Sonderabgaben unterlaufen werden. Sonderabgaben zu Lasten einzelner Gruppen seien aber innerhalb gewisser Schranken ein legitimes gesetzgeberisches Mittel, zu dessen Einsatz der Gesetzgeber im Rahmen seiner politischen Gestaltungsfreiheit berechtigt sei. Deren Grenzen ergäben sich aus dem Konkurrenzverhältnis zur Steuer. Ausschlaggebendes Unterscheidungsmerkmal sei, daß die Sonderabgabe nicht im Dienst des allgemeinen Finanzzweckes stehe, den das Steuermerkmal „zur Erzielung von Einnahmen” anspreche. Zwar schließe das Erfordernis der allgemeinen Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs auch gesetzliche Zweckbindungen des Steueraufkommens nicht aus. Diese hätten jedoch einen ausgesprochen globalen Charakter. Sonderabgaben würden demgegenüber zur Finanzierung besonderer Aufgaben jeweils von einer bestimmten Gruppe von Bürgern erhoben, die zu der betreffenden Aufgabe eine spezifische, über das allgemeine staatsbürgerliche Interesse hinausgehende Beziehung aufweise. Diese Zurechenbarkeit des Finanzierungszweckes, die in der Verwaltung als zweckgebundene Vermögensmasse zum Ausdruck komme, legitimiere die Erhebung der Abgabe außerhalb des Steuerrechts, ohne daß es dafür einer besonderen verfassungsrechtlichen Grundlage bedürfe. Ihre Legitimation ergebe sich vielmehr schon aus der allgemeinen Sachzuständigkeit nach Art. 73 ff. GG.
bb) Bei der Berufsausbildungsabgabe handle es sich um eine zulässige Sonderabgabe. Der Bund sei im Rahmen der Bundeskompetenz zur Regelung der außerschulischen beruflichen Bildung (Art. 74 Nr. 11 GG) befugt, nichtfiskalische Abgaben zur Berufsausbildungsfinanzierung einzuführen. Diese Befugnis bestehe für Berufe in der Wirtschaft einschließlich der in Art. 74 Nrn. 1, 17, 19, 21 und 22 GG geregelten besonderen Wirtschafts- und Berufszweige. Sie knüpfe nicht an einen bestimmten Ausbildungsort, sondern an einen bestimmten Beruf an und umfasse daher auch den Bereich der öffentlichen Hand. Insoweit ergebe sich die Regelungskompetenz des Bundes auch aus Art. 74 Nr. 12 GG.
Die Berufsausbildungsabgabe erfülle alle Merkmale für die Zulässigkeit von Sonderabgaben. Sie sei insbesondere in spezifischer Weise gruppennützig. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß alle Arbeitgeber einschließlich der öffentlichen Arbeitgeber, deren Tätigkeit normalerweise keiner Besteuerung unterliege, wegen ihres spezifischen Interesses an der fortdauernden Verfügbarkeit eines qualifizierten Nachwuchses von jungen Berufsbewerbern und zugleich wegen der für das duale Ausbildungssystem charakteristischen Übernahme der betrieblichen Ausbildungsfunktion durch die Gesamtheit der Arbeitgeberschaft eine besondere Sachnähe zum betrieblichen Ausbildungswesen aufwiesen, daß sie an seiner dauerhaften Funktionsfähigkeit in besonderem Maße interessiert seien und daß sie schließlich eine besondere Sachverantwortung für diese Funktionsfähigkeit des betrieblichen Ausbildungswesens trügen. Diese Motivation des Gesetzgebers habe sich eindeutig im objektiven Tatbestand der Berufsausbildungsabgabe niedergeschlagen: Die Abgabe knüpfe, ohne daß es insoweit auf die Freibetragsregelung ankomme, unabhängig von irgendwelchen Kriterien individueller Leistungsfähigkeit an die Zahlung von Arbeitsentgelten an. Sie werde unterschiedslos auf alle öffentlichen Arbeitgeber ausgedehnt. Es bestehe eine in einem Steuergesetz undenkbare hochspezifizierte Zweckbindung der Abgabe. Gegen den Steuercharakter spreche ferner, daß sie bedarfsabhängig jährlich neu beschlossen werden müsse. Schließlich werde der instrumentale Charakter der Abgabe an dem Höchstsatz von 0,25 v. H. der gezahlten Entgelte und an dem Finanzierungszweck, der die Erzielung von Überschüssen ausschließe, deutlich. Die Auffassung der Antragstellerin, es fehle gleichwohl an der Gruppennützigkeit, weil nicht die Abgabepflichtigen, sondern die ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen begünstigt würden, werde dem Regelungsinhalt des Gesetzes nicht gerecht. Empfänger der Hilfen seien nämlich die Ausbildenden, also Arbeitgeber, die ihrerseits zur Gruppe der Abgabepflichtigen zählten. Wenn das Gesetz darüber hinaus auch die Belange der heranwachsenden Jugend wahrnehme, handle es sich um eine gerade im Bereich des Wirtschaftsrechts regelmäßig auftretende Mehrfunktionalität, durch die sich an der Gruppennützigkeit nichts ändere.
cc) Ein Bundesgesetz über Steuern im Sinne des Art. 105 Abs. 3 GG liege nur vor, wenn der unmittelbare Regelungsgegenstand des Gesetzes eine Steuer sei. Der Sinn des Art. 105 Abs. 3 GG liege darin, den Ländern einen Ausgleich für ihre weitgehende Verdrängung aus der Steuergesetzgebung zu bieten und ihre materiellen Interessen im Hinblick auf die Steuerverteilung nach Art. 106 GG zu wahren. Das habe jedoch nicht zur Folge, daß auch außersteuerliche Abgabengesetze dann dem Zustimmungsvorbehalt unterlägen, wenn ihr Vollzug mittelbar das Steueraufkommen der Länder beeinflusse. Andernfalls würde Art. 105 Abs. 3 GG zu einer erheblichen Erweiterung der Kompetenz des Bundesrates führen, weil zahlreiche Gesetze zwangsläufig Verdienstausfälle der Bürger bewirkten, wodurch letztlich das Steueraufkommen der Länder geschmälert würde. Im übrigen liege die Berufsausbildungsabgabe angesichts ihrer Größenordnung weit unterhalb der Schwelle, von der ab von einer Aushöhlung des Systems der Finanzverfassung die Rede sein könne.
b) Selbst wenn es sich bei der Berufsausbildungsabgabe um eine Steuer handeln würde, wäre die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich gewesen. Denn die Berufsausbildungsabgabe passe nicht in die Grundstruktur einer der im Katalog des Art. 106 GG aufgezählten Steuerarten. Die nach Auffassung der Antragstellerin bestehende Gleichartigkeit mit der an die Lohnsumme anknüpfenden Gewerbesteuer liege nicht vor. Daher hätte es im Ermessen des Bundesgesetzgebers gestanden, wem er das Aufkommen zuweisen wolle.
c) Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz enthalte keine Regelung des Verwaltungsverfahrens. Art. 84 Abs. 1 GG sei einerseits eine Schutzvorschrift gegenüber den Ländern, die vor dem einseitigen Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungsverfahrens geschützt würden. Auf der anderen Seite ermögliche Art. 84 Abs. 1 GG den Ländern über den Bundesrat eine weitreichende Mitwirkungsbefugnis, die sich auf den ganzen Inhalt zustimmungsbedürftiger Gesetze und nicht nur auf Vorschriften erstrecke, die die Zustimmungsbedürftigkeit auslösten. Die von der Antragstellerin befürwortete weite Auslegung des Begriffs des Verwaltungsverfahrens würde daher die Stellung des Bundestages als entscheidendem Gesetzgebungsorgan in einem Umfang einschränken, der nicht mehr dem vom Grundgesetz geschaffenen Verhältnis beider Verfassungsorgane zueinander entspreche. Aus diesem Grunde gehörten zu den Verfahrensregelungen im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG nur Bestimmungen, die die Art und Weise, das „Wie” des Verwaltungshandelns der Länder beträfen. Demgegenüber handle es sich bei Vorschriften, die Aussagen über den Inhalt der von den Behörden zu treffenden Sachentscheidung enthielten oder die Rechte und Pflichten des Bürgers umrissen, um materielle Regelungen. Die Unterscheidung zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht knüpfe an Art. 83 GG an, wonach die Länder nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet seien, zur Ausführung von Bundesgesetzen verwaltend tätig zu werden. Dabei hätten sie kraft Verfassung alle materiell-rechtlichen Vorgaben des Bundesgesetzes zu beachten. Nur Regelungen, die sich eindeutig als solche verfahrensrechtlicher Art, d. h. als verfahrensrechtliche Bindung der Landesbehörden erwiesen, könnten somit die Zustimmungsbedürftigkeit eines Bundesgesetzes auslösen.
Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz habe den Einzug der Abgabe grundsätzlich den Ländern überlassen, die diese Aufgabe gemäß Art. 83 GG als eigene Angelegenheit erledigten. Damit stehe fest, daß die Länder auch die mit dem Einzug der Abgabe verbundenen organisatorischen Fragen selbst regeln könnten. Es sei dementsprechend von vornherein vorgesehen gewesen, daß der Bundesgesetzgeber von seinen Einwirkungsmöglichkeiten nach Art. 84 Abs. 1 GG keinen Gebrauch machen wollte.
§ 3 Abs. 5 APlFG richte sich ausschließlich an den Abgabepflichtigen. Die Nachweispflicht stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abgabepflicht. Sie sei materieller Art, ohne daß sich aus ihr für die Einzugsbehörden verfahrensmäßige Verpflichtungen ergeben würden. Gleiches gelte für die in § 3 Abs. 8 Nr. 3 APlFG vorgesehene Ermächtigung. Form und Inhalt des Lohnnachweises sowie der Zeitpunkt seiner Einreichung bezögen sich auf die dem Abgabepflichtigen obliegende Grundverpflichtung aus § 3 Abs. 5 APlFG. Die inhaltliche Konkretisierung einer materiellen Verpflichtung des Bürgers betreffe nicht die Art und Weise des Verwaltungshandelns. Auch die Duldungspflicht nach § 3 Abs. 6 APlFG stehe im unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang mit der Abgabepflicht selbst. Den Einzugsstellen werde lediglich ein Recht eingeräumt, in die Rechtssphäre der Abgabepflichtigen einzugreifen, nicht aber eine Verpflichtung auferlegt, ein bestimmtes Verwaltungshandeln zu praktizieren. Das Verbot für die Einzugsstellen, fremde Geheimnisse, die ihnen bei der Überprüfung bekannt werden, zu offenbaren oder zu verwerten, stelle eine allgemeinen Rechtsgrundsätzen entsprechende, deklaratorische und materielle Schutzverpflichtung dar. Schließlich sei auch die Ermächtigung zur Selbsterrechnung der Abgabe nach § 3 Abs. 8 Nr. 2 APlFG eine Regelung, die sich allein an den Abgabepflichtigen wende. Den Einzugsstellen sei es freigestellt, dessen Angaben zu übernehmen. Da die genannten Bestimmungen in engstem Zusammenhang mit der Abgabepflicht stünden, seien sie selbst Teil des materiellen Rechts. Solche Bestimmungen gleichwohl als Regelungen verfahrensrechtlicher Art im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG zu verstehen, wäre mit schwerwiegenden Folgen für die Bestandssicherheit von Bundesgesetzen und das in diesem Bereich unabdingbare Erfordernis der Berechenbarkeit verbunden.
Der Verfahrenscharakter der genannten Vorschriften ergebe sich auch nicht aus einem Vergleich mit verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Bundes oder der Länder. Deren Normen blieben unberührt, da das Ausbildungsplatzförderungsgesetz lediglich Angebote für die Ermittlungen der Behörden enthalte und es diesen unbenommen bleibe, das Verfahren nach den jeweils geltenden Vorschriften zu regeln. Im übrigen seien Parallelregelungen in Verwaltungsverfahrensgesetzen kein Beweis für den verfahrensrechtlichen Charakter, weil diese Gesetze nicht nur Vorschriften enthielten, die das Verwaltungsverfahren im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG beträfen.
d) Die Aufteilung der Rechtsmaterie Ausbildungsplatzförderung auf ein zustimmungsfreies und ein zustimmungspflichtiges Gesetz sei zulässig. Die Dispositionsbefugnis des Gesetzgebers werde nicht durch einen nach Auffassung der Antragstellerin untrennbaren sachlichen Zusammenhang beider Gesetze eingeschränkt. Es liege im Wesen der Zustimmung, daß ihr Objekt das Handeln eines anderen sei. Gesetzgebendes Organ bleibe auch im Falle der Zustimmungsbedürftigkeit der Bundestag. Die Zustimmungsbedürftigkeit beurteile sich daher für jedes Gesetzesvorhaben gesondert. Die These der Unvollständigkeit beider Gesetze könne als Umkehrung der Auffassung von der notwendigen Einheit nur dann relevant sein, wenn das Ausbildungsplatzförderungsgesetz allgemein und gerade wegen der in das Ergänzungsgesetz aufgenommenen Materie aus sich heraus unvollständig wäre und nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechend vollzogen werden könne. Das Gegenteil sei jedoch der Fall.
e) Die Bedenken der Antragstellerin gegen die Tatbestandsmäßigkeit sowie gegen die Verhältnismäßigkeit und Zwecktauglichkeit des Gesetzes seien ebenfalls unbegründet. Die nur mittelbare Bezeichnung des Abgabeschuldners werde rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht, weil nach der Formulierung des § 3 Abs. 1 Satz 4 APlFG schlechterdings nur der einzelne Arbeitgeber als Schuldner in Betracht komme. Hinsichtlich der Zwecktauglichkeit sei von einem weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers auszugehen, der hier nicht überschritten sei. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz sei notwendig und, wie auch die Berufsbildungsberichte der Jahre 1977-1980 gezeigt hätten, mit seinem Förderungs- und Abgabeinstrumentarium durchaus zwecktauglich. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz greife in seinem belastenden Teil auch nicht in unzulässiger Weise in die durch Art. 12, 14, 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechtspositionen ein.
3. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat sich den Ausführungen der Bundesregierung im wesentlichen angeschlossen.
IV.
In der mündlichen Verhandlung am 11. März 1980 haben sich geäußert: Für die Antragstellerin Staatsminister der Finanzen Streibl, Staatssekretär Meyer und Professor Dr. Selmer; für das Land Baden-Württemberg Leitender Ministerialrat Dr. Weidenbach; für das Land Rheinland-Pfalz Minister der Finanzen Gaddum und Ministerialdirektor Dr. Klein und für die Bundesregierung Bundesminister für Bildung und Wissenschaft Dr. Schmude, Professor Dr. Friauf, Ministerialdirektor Bahlmann und Abteilungsleiter Lemke.
B.
Der Antrag der Bayerischen Staatsregierung, das Gesetz zur Förderung des Angebots an Ausbildungsplätzen in der Berufsausbildung (Ausbildungsplatzförderungsgesetz) vom 7. September 1976 (BGBl. I S. 2658) als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar für nichtig zu erklären, ist zulässig (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 und § 76 Nr. 1 BVerfGG).
C.
Der Antrag ist auch begründet.
Die in § 3 Abs. 1 Satz 1 APlFG vorgesehene Berufsausbildungsabgabe ist keine Steuer, sondern eine verfassungsrechtlich zulässige Sonderabgabe. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz ist damit kein zustimmungsbedürftiges Gesetz über Steuern im Sinne des Art. 105 Abs. 3 GG.
Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz enthält jedoch Vorschriften, die das Verwaltungsverfahren regeln. Es hätte daher nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft.
I.
1. Öffentliche Abgaben, die weder als Steuern noch als sogenannte Vorzugslasten (z. B. Gebühren und Beiträge) zu qualifizieren sind, erwähnt das Grundgesetz weder in seinem Abschnitt über das Finanzwesen noch an anderer Stelle.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen Geldleistungspflichten, die einem begrenzten Personenkreis im Hinblick auf vorgegebene besondere wirtschaftliche oder soziale Zusammenhänge gesetzlich auferlegt worden sind, nicht als steuerliche Abgaben oder Vorzugslasten, sondern als Sonderabgaben qualifiziert und als verfassungsrechtlich zulässig angesehen. Es hat verneint, daß es in diesen Fällen zur Auferlegung der Sonderabgaben einer ausdrücklichen verfassungsgesetzlichen „Spezialermächtigung” bedürfte; es hat vielmehr die Kompetenz des Gesetzgebers zur Einführung außersteuerlicher Abgaben sowie die Regelung ihrer Verwendung aus den allgemeinen Sachzuständigkeiten nach Art. 73 ff. GG (vgl. BVerfGE 4, 7 (13); 8, 274 (317); 18, 315 (328 f.); 29, 402 (409); 37, 1 (16 f.)) hergeleitet.
2. Diese Entscheidungen betrafen indes nur einzelne Aspekte der Grenzen der Gesetzgebungskompetenz im Bereich außersteuerlicher Abgaben. Zwar bestimmen die Kompetenznormen des Grundgesetzes nicht nur, welcher Gesetzgeber zum Erlaß einer Regelung zuständig ist, sondern legen zugleich auch den Umfang der Regelungsbefugnis fest (vgl. BVerfGE 34, 139 (146)). Das bedeutet jedoch nicht, daß sich die Schranken für die Auferlegung von Sonderabgaben allein aus dem Inhalt und den Grenzen der zugrundeliegenden Sachgebietskompetenz bestimmen lassen. Denn jede Sonderabgabe gerät zwangsläufig in Konkurrenz zu dem verfassungsrechtlich umfassend geregelten Institut der Steuer, mit der sie jedenfalls insoweit übereinstimmt, als sie den Betroffenen eine Geldleistungspflicht „voraussetzungslos” – d. h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand – auferlegt. Trotz dieser Ähnlichkeit sind Steuer und Sonderabgabe in ihrem rechtlichen Charakter jedoch wesensverschieden. Sie unterscheiden sich nach „Idee und Funktion” grundlegend (vgl. BVerfGE 18, 315 (328)). Mit der Sonderabgabe werden Angehörige bestimmter Gruppen in Anspruch genommen. Die Abgabe dient lediglich der Finanzierung besonderer Aufgaben, zu denen eine Gruppe eine deutlich größere, durch eine objektive Interessenlage geprägte Sachnähe aufweist als die Allgemeinheit und deren Bewältigung in eine herausragende Verantwortung dieser Gruppe fällt. Das Grundgesetz versagt es dem Gesetzgeber, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden. Für die Auferlegung von Abgaben zu diesem Zweck bieten die Art. 73 ff. GG keine Kompetenzgrundlage. Sonderabgaben fließen regelmäßig nicht in die Staatskasse, gleichgültig, ob es sich um sogenannte Ausgleichsabgaben oder um Sonderabgaben anderer Art handelt. Sie werden mithin auch nicht von den Finanzbehörden verwaltet (vgl. BVerfGE 18, 315 (328)).
Die Funktion, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu gewinnen, ist (unter den voraussetzungslos geschuldeten Abgaben) nach dem Willen der Verfassung ausschließlich der Steuer zugewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, daß bei der Bestimmung des verfassungsrechtlichen Begriffs der Steuer „davon auszugehen” ist, daß das Grundgesetz diesen Begriff im Sinne der Abgabenordnung als einer seit Jahrzehnten eingebürgerten Begriffsbestimmung des gemeindeutschen Steuerrechts verwende. Der Steuergesetzgeber hat in § 1 Abs. 1 Reichsabgabenordnung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161) den Steuerbegriff definiert:
(1) Steuern sind einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zölle fallen darunter; nicht darunter fallen Gebühren für besondere Inanspruchnahme der Verwaltung und Beiträge (Vorzugslasten).
An den Begriff des allgemeinen Abgabenrechts knüpft der Steuerbegriff des Grundgesetzes an, wenngleich er über das „Konzentrat einfach-gesetzlicher Normen” (vgl. Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 33 f.) hinausreicht. Dieser Steuerbegriff liegt auch den Kompetenzvorschriften zugrunde (vgl. BVerfGE 3, 407 (435); 4, 7 (13 f.); 7, 244 (251); 8, 274 (317 f.); 29, 402 (408 f.); 36, 66 (70); 38, 61 (79 f.); 42, 223 (228); 49, 343 (353)). Der verfassungsrechtliche Steuerbegriff muß darüber hinaus dem Funktionszusammenhang der bundesstaatlichen Finanzverfassung ebenso Rechnung tragen, wie der Notwendigkeit, daß die Steuer in der modernen Industriegesellschaft zwangsläufig auch zum zentralen Lenkungsinstrument aktiver staatlicher Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik geworden ist, wobei der Zweck, Einkünfte für die Bestreitung allgemeiner Staatsaufgaben zu erzielen, sogar als Nebenzweck nicht selten völlig in den Hintergrund tritt.
a) In der Staatspraxis wirft die Erhebung von außersteuerlichen Abgaben regelmäßig Abgrenzungsprobleme zur Steuer auf; es gilt, die bundesstaatliche Finanzverfassung vor Störungen, die sich daraus ergeben können, ebenso wie vor einer Aushöhlung durch Sonderabgaben zu schützen; darüber hinaus ist von vornherein den Erfordernissen des Individualschutzes der Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen, die sowohl durch Steuern als auch durch Sonderabgaben in Pflicht genommen werden. Diese Aspekte der Konkurrenzsituation zwischen Sonderabgabe und Steuer sind bei der Auslegung der Kompetenznorm zur Bestimmung des Umfangs der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers in den Blick zu nehmen. Denn eine Verfassungsvorschrift darf nicht isoliert gesehen werden; sie muß vielmehr aus dem Gesamtgefüge der Verfassung heraus, also in Rücksicht auf das Prinzip der Einheit der Verfassung ausgelegt werden (vgl. BVerfGE 19, 206 (220); 30, 1 (19); 33, 23 (29); 39, 334 (368)).
Eine solche Auslegung führt zu dem Ergebnis, daß der Gesetzgeber bei der Einführung von Sonderabgaben Kompetenzschranken zu beachten hat, die seinen Gestaltungsspielraum im Verhältnis zur übrigen Regelungsbefugnis in der jeweiligen Sachmaterie deutlich verengen; es ist dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich versagt, eine öffentliche Aufgabe nach seiner Wahl im Wege der Besteuerung oder durch Erhebung einer „parafiskalischen” Sonderabgabe zu finanzieren.
aa) Die in den Art. 104a bis 108 GG enthaltenen finanzverfassungsrechtlichen Normen sind einer der tragenden Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes. Sie sollen eine Finanzordnung sicherstellen, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft sachgerecht beteiligt; Bund und Länder müssen im Rahmen der verfügbaren Gesamteinnahmen so ausgestattet werden, daß sie die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausgaben leisten können, vgl. Art. 104a Abs. 1 GG (BVerfGE 32, 333 (338)). Dabei kommt der strikten Beachtung der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern eine überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu (vgl. Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz – Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Finanz- und Steuersachen, in: AöR 101 (1976), S. 240 f.). Weder der Bund noch die Länder können über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen; Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern wären auch nicht mit Zustimmung der Beteiligten zulässig (vgl. BVerfGE 4, 115 (139)). Dies hat das Bundesverfassungsgericht gerade für die Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Finanzwesens mehrmals bekräftigt (vgl. BVerfGE 32, 145 (156); 39, 96 (109)).
Während das Grundgesetz die Besteuerungshoheit des Staates im Verhältnis zum Bürger stillschweigend voraussetzt, regelt es in den Art. 104a bis 108 GG (i. d. F. des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl. I S. 359)) in erster Linie die Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen in bezug auf Steuern im Verhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Hand in Hand mit der weitreichenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes geht dabei ein ausgedehntes Zustimmungsrecht des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren (Art. 104a Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2, Art. 105 Abs. 3, Art. 106 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 5, Art. 107 Abs. 1 Satz 2 und 4, Art. 108 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 7 GG). Der Zusammenhang dieser Vorschriften macht es deutlich, daß es sich hierbei um die Regelung eines Kernbereichs der bundesstaatlichen Struktur wie auch der politischen Machtverteilung in der Bundesrepublik Deutschland handelt.
Schon mit der objektiven Ordnungsfunktion dieser bundesstaatlichen Finanzverfassung vertrüge es sich nicht, es der Willensentschließung des „einfachen” Gesetzgebers zu überlassen, eine bestimmte öffentliche Aufgabe im Wege der Besteuerung oder – unter Berufung auf eine weitgefaßte Sachgebietszuständigkeit (z. B. das Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Nr. 11 GG) – durch Erhebung einer „parafiskalischen” Sonderabgabe zu finanzieren; denn ein „Wahlrecht” des Gesetzgebers zwischen der Einführung von Steuern oder Sonderabgaben würde „die Regelungen in Art. 105 und 106 GG zwangsläufig zur Disposition des einfachen Gesetzgebers stellen” und „einen der am sorgfältigsten behauenen und in einer Kette von Verfassungsänderungen mehrfach modifizierten Ecksteine aus dem Gefüge der bundesstaatlichen Verfassung” herausbrechen (Friauf in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 (106 f.)).
bb) Der beliebigen Einsetzbarkeit des Instruments der Sonderabgabe stehen aber auch Erfordernisse des Individualschutzes zugunsten der Abgabepflichtigen entgegen. Die enge sachliche Verbindung zwischen Grundrechten und Kompetenznormen (vgl. Ossenbühl, Probleme und Wege der Verfassungsauslegung in: DÖV 1965, S. 649 (657)) wird vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt. Einerseits kommt der Kompetenzordnung auch eine grundrechtssichernde Funktion zu, denn der Bürger braucht nur die kompetenzgemäße Auferlegung von Geldleistungspflichten hinzunehmen (vgl. BVerfGE 34, 139, (146)); andererseits bestimmen die Grundrechte und sonstige Verfassungsgrundsätze „die Grenzen für die Ausnutzung einer durch das Grundgesetz gewährten Gesetzgebungskompetenz” (BVerfGE 4, 7 (15)). Die Beachtung dieses Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhangs macht gleichfalls deutlich, daß der Befugnis des Gesetzgebers zur Auferlegung von Sonderabgaben enge Grenzen gezogen sind: Der mit der Sonderabgabe in Pflicht Genommene ist regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und wird als solcher unter der Herrschaft der spezifischen Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht, also unter Wahrung der Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach seiner individuellen und damit relativ gleichen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der die Gemeinschaft treffenden Lasten herangezogen (vgl. u. a. BVerfGE 6, 55 (70); 8, 51 (68 f.)). Das Steueraufkommen ist gemäß Art. 110 Abs. 1 GG ausnahmslos als Einnahme in den Haushaltsplan einzusetzen. Diese Vorschrift verlangt darüber hinaus, daß ebenso auch alle Ausgaben des Bundes für jedes Rechnungsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan eingesetzt werden und sichert damit alle staatlichen Aktivitäten, soweit sie haushaltsrechtlich als Einnahme oder Ausgabe relevant sind, durch das Budget. Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (vgl. Hatschek, Deutsches und Preußisches Staatsrecht, 2. Aufl., 2. Bd., 1930, S. 274 ff.) hat seinen Sinn nicht nur in der finanzwirtschaftlichen Funktion des Haushaltsplans selbst und in dem Umstand, daß das Haushaltsbewilligungsrecht eines der wesentlichsten Instrumente der parlamentarischen Regierungskontrolle ist; er aktualisiert auch den fundamentalen Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten und ist damit eine wesentliche Ausprägung rechtsstaatlicher Demokratie. „Die relativ gleiche Teilnahme aller Staatsbürger an den die Gemeinschaft treffenden Lasten nach Maßgabe der vom Steuergesetz getroffenen Belastungsentscheidung würde zu einem bloßen Formalprinzip entwertet, wenn nicht zugleich gewährleistet wäre, daß diese Lasten auch tatsächlich aus den von allen gemeinsam aufgebrachten Steuermitteln getragen werden. In dem Maße, in dem der Staat bestimmte öffentliche Aufgaben nicht aus Steuergeldern finanziert, sondern sie einzelnen Bürgern oder Gruppen neben ihrer Steuerlast und ohne Rücksicht bei dieser aufbürdet, hebt er der Sache nach die Lastengleichheit wieder auf” (so zutreffend Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 (48)). Auch im Hinblick darauf hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Verlagerung der Bergbau-Altlast auf die übrigen gewerblichen Berufsgenossenschaften festgestellt, daß Lasten, die durch die Erledigung öffentlicher Angelegenheiten entstehen, nur die Allgemeinheit treffen und deshalb nur aus öffentlichen Mitteln zu tragen sind (vgl. BVerfGE 23, 12 (23)). Angesichts dieser Rechtslage erhellt, daß die Sonderabgabe als außersteuerliche Geldleistungspflicht der Angehörigen einzelner Gruppen auf enge kompetenzrechtliche Grenzen stößt. Sie kann als zusätzliche Belastung einzelner nur erhoben werden, wenn sie sich auf einen besonderen Zurechnungsgrund stützen läßt, der vor den Grundsätzen der bundesstaatlichen Finanzverfassung und vor dem Gebot der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten Bestand hat.
b) Die Bewahrung der bundesstaatlichen Ordnungs- und Ausgleichsfunktion der Art. 104a bis 108 GG macht es ferner unabdingbar, Steuern und außersteuerliche Abgaben eindeutig voneinander abzugrenzen. Andernfalls ließe es sich schlechterdings nicht vermeiden, daß der Gesetzgeber unter Inanspruchnahme seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 73 ff. GG auch Abgaben einführt, die in Wahrheit Steuercharakter haben und für die deshalb nach dem Willen des Grundgesetzes die andersartigen Regelungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeiten der Finanzverfassung zu gelten haben. Um die damit verbundene Gefahr von Störungen der Finanzverfassung abzuwehren, sind im Schrifttum und in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Kriterien entwickelt worden, durch die sich Sonderabgaben und Steuern voneinander unterscheiden und die die Erhebung einer Sonderabgabe im Einzelfall gegenüber dem Ausschließlichkeitsanspruch der in Art. 104a ff. GG normierten Regeln grundsätzlich rechtfertigen (vgl. u. a. Selmer, Die parafiskalischen Abgaben im Spannungsfeld von nationalem Recht und europäischem Gemeinschaftsrecht, in: DStZ/A 1975, S. 396 ff.; Ludwig Huber, Finanzverfassung und Vermögensbeteiligungsabgaben, in: DStZ/A 1974, S. 131 ff.; Mußgnug in: Festschrift für Forsthoff, 1972, S. 259 (288 ff.); Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 (53 ff.); ders. in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 (115 ff.)). In Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung sieht das Bundesverfassungsgericht die Erhebung von Sonderabgaben unter folgenden Voraussetzungen als verfassungsrechtlich zulässig an:
aa) Entscheidend für die Qualifizierung einer Abgabe als Sonderabgabe ist ihr materieller Gehalt. Da es sich um die Abgrenzung von Kompetenzbereichen handelt, kann es nicht darauf ankommen, wie das Abgabengesetz selbst eine öffentlichrechtliche Abgabe klassifiziert. Es steht nicht in der Macht des Bundes- oder Landesgesetzgebers, einer Abgabe, die unter den Begriff der Steuer fällt, durch ausdrückliche gegenteilige Bestimmung, also durch ausdrückliche Verneinung der Steuereigenschaft oder durch ausdrückliche Einreihung in eine andere Abgabenkategorie, diese rechtliche Qualifikation zu nehmen und dadurch seine Zuständigkeit zu begründen (BVerfGE 7, 244 (251 f.); vgl. auch Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 184).
bb) Um die „Erzielung von Einnahmen” und damit um eine Steuer handelt es sich ausnahmslos dann, wenn das Aufkommen aus der Abgabe einem „öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen” endgültig zufällt und von diesem mindestens in den Grenzen, die für Zwecksteuern gelten, frei verwendet werden kann (vgl. BVerfGE 36, 66 (70)).
cc) Die konkrete haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe durch den Gesetzgeber hat keine konstitutive Bedeutung für ihre verfassungsrechtliche Qualifizierung als Sonderabgabe oder Steuer (so schon der Reichsfinanzhof in seinem Gutachten vom 16. März 1933, RFHE 33, S. 18 ff.). Denn die verfassungsrechtlichen Begriffsinhalte der Sonderabgabe und der Steuer hängen nicht von der haushaltsrechtlichen Behandlung des jeweiligen Abgabeaufkommens ab; andernfalls könnte der „einfache” Gesetzgeber im Einzelfall den Begriffsinhalt der Abgabe auf dem Wege über die haushaltsmäßige Behandlung ihres Aufkommens beeinflussen und dadurch seine Kompetenz, auf die er sich zum Erlaß einer Abgaberegelung zu stützen gehalten ist, in verfassungswidriger Weise – etwa zu Lasten der Zustimmungskompetenz des Bundesrates – erweitern.
dd) Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt (vgl. BVerfGE 23, 12 (23 f.); 37, 1 (16); Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 18; Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 (55 f.)). Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten, die nicht in der Rechts- und Sozialordnung materiell vorgegeben sind, normativ zu bilden.
ee) Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus (vgl. BVerfGE 11, 105 (116); 18, 315 (328); 37, 1 (16); Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 (53 ff.); ders., Verfassungsrechtliche Probleme einer Reform des Systems zur Finanzierung der beruflichen Bildung, 1974, S. 37 ff.; ders., in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 (116 ff.)). Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler; andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Aus dieser zu fordernden Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen. Die Aufgabe, die mit Hilfe des Abgabeaufkommens erfüllt werden soll, muß demnach ganz überwiegend in die Sachverantwortung der belasteten Gruppe, nicht in die der staatlichen Gesamtverantwortung fallen. Andernfalls würde es sich bei der Verfolgung des Zwecks um eine öffentliche Angelegenheit handeln, deren Lasten nur die Allgemeinheit treffen dürfen und die deshalb nur mit von der Allgemeinheit zu erbringenden Mitteln, das heißt im wesentlichen mit Steuermitteln finanziert werden darf (so Friauf in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 (118); vgl. BVerfGE 23, 12 (23)).
Angesichts der Bedeutsamkeit der „Sachnähe” für die Zulässigkeit der Erhebung einer Sonderabgabe darf – worauf Friauf zutreffend hingewiesen hat (in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 (54 f.)) – die „Sachnähe” nicht als formales und damit „machbares” Kriterium aufgefaßt werden; es wäre dem Gesetzgeber sonst ohne weiteres möglich, die finanzverfassungsrechtlichen Grundentscheidungen des Grundgesetzes zu unterlaufen (vgl. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 184 und 198 f.). Der Begriff der „Sachnähe” ist daher nach materiell-inhaltlichen Kriterien zu bestimmen, die sich einer gezielten Normierung des Gesetzgebers aus Anlaß der Einführung der Abgabe entziehen. Ob eine bestimmte Gruppe eine „besondere Sachnähe” zu einer bestimmten Aufgabe aufweist, ist mithin unter Anknüpfung an vorgegebene Strukturen der Lebenswirklichkeit bei Berücksichtigung der Rechts- und Sozialordnung zu bestimmen.
ff) Die außersteuerliche Belastung von Angehörigen einer Gruppe setzt voraus, daß zwischen den Belastungen und den Begünstigungen, die die Sonderabgabe bewirkt, eine sachgerechte Verknüpfung besteht. Das ist der Fall, wenn das Abgabeaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also „gruppennützig” verwendet wird (vgl. BVerfGE 18, 315 (327 f.); 37, 1 (16 f.); Mußgnug in: Festschrift für Forsthoff, 1972, S. 259 (288 ff.); Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 (53 f.)). „Fremdnützige” Sonderabgaben sind – soweit ihnen nicht schon Bedenken aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 14 GG, entgegenstehen – unzulässig, es sei denn, daß die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zugunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt (vgl. z. B. BVerfGE 11, 105 (116); Mußgnug in: Festschrift für Forsthoff, 1972, S. 259 (290 ff.); Friauf in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 (118)). „Gruppennützige” Verwendung der Abgabe besagt allerdings nicht, daß das Abgabeaufkommen im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabepflichtigen zu verwenden ist; es genügt, wenn es überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet wird.
gg) Der Gesetzgeber ist bei einer auf längere Zeit angelegten Finanzierung einer in die spezifische Verantwortung einer Gruppe fallenden Aufgabe durch Erhebung einer Sonderabgabe von Verfassungs wegen gehalten, stets zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels „Sonderabgabe” aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung zu ändern oder aufzuheben ist (vgl. BVerfGE 49, 89 (130)). Denn die Sonderabgabe bedarf – im Gegensatz zur Steuer – als Ausnahmeinstrument der fortdauernden Legitimation durch hinreichende Rechtfertigungsgründe.
hh) Die Zusammenschau der für die Einführung einer Sonderabgabe erforderlichen Rechtfertigungsgründe ergibt, daß die Sonderabgabe ein spezielles gesetzgeberisches Instrument ist, das gegenüber der Steuer die seltene Ausnahme zu sein hat. Aus diesem Ausnahmecharakter der Sonderabgabe folgt, daß die Zulässigkeitskriterien strikt auszulegen und anzuwenden sind (vgl. Friauf in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 (118)).
3. Die Berufsausbildungsabgabe nach § 3 Abs. 1 Satz 1 APlFG stellt sich – gemessen an den dargelegten Kriterien – nicht als Steuer, sondern als zulässige Sonderabgabe dar:
- Der Bundesgesetzgeber hatte nach Art. 74 Nr. 11 GG die Kompetenz zur Erhebung der im Ausbildungsplatzförderungsgesetz vorgesehenen Sonderabgabe. Der in Art. 74 Nr. 11 GG verwendete Begriff „Recht der Wirtschaft” ist in einem weiten Sinne aufzufassen (vgl. BVerfGE 5, 25 (28 f.); 28, 119 (146); 29, 402 (409)). Er umfaßt nicht nur die Vorschriften, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen, sondern auch alle anderen das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnde Normen (BVerfGE 8, 143 (148 f.); 28, 119 (146)). Zum „Recht der Wirtschaft” gehört auch der Fragenkreis der praktischen beruflichen Ausbildung, die traditionell und strukturell von den in der Wirtschaft tätigen Arbeitgebern wahrzunehmen ist. Die Einbeziehung der öffentlichen Hand und der Religionsgemeinschaften steht dem nicht entgegen, da sie hier nur in einer speziellen typisch wirtschaftlichen Betätigung – der Ausbildung und Heranbildung nicht beamteter Arbeitnehmer – betroffen sind. Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ist in diesem Zusammenhang nicht auf Gesetze beschränkt, die nur die Rechtsbeziehungen der in Art. 74 Nr. 11 GG einzeln aufgeführten Wirtschaftszweige regeln (BVerfGE 4, 7 (13)). Der Bund kann vielmehr nach Art. 74 Nr. 11 GG auch Gesetze erlassen, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen; ebenso steht dem Bund die Befugnis zu, im Rahmen derartiger Regelungen Abgabenerhebungen vorzusehen (vgl. BVerfGE 11, 105 (110 ff.); 18, 315 (328 f.); 37, 1 (16 f.)).
- Die Berufsausbildungsabgabe erfüllt die Kriterien einer Sonderabgabe. Sie unterscheidet sich von einer Steuer. Es besteht auch ein spezifischer Zurechnungsgrund für ihre Erhebung bei den Arbeitgebern.
aa) Sie dient nach ihrem materiellen Gehalt, wie er sich aus dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz ergibt, nicht der Mittelbeschaffung für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens. Objektive Zielrichtung und Inhalt des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes zeigen, daß der Gesetzgeber mit der Berufsausbildungsabgabe ein zweckbezogenes Mittel zur Bewältigung einer besonderen Aufgabe durch Einschaltung der Beteiligten geschaffen hat, ohne eine Einnahmenerzielung für allgemeine staatliche Zwecke durch Ausschöpfung einer steuerlichen Leistungsfähigkeit anzustreben. Die Erhebung der Berufsausbildungsabgabe dient ausschließlich der Sicherstellung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen. Nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz soll diese Aufgabe – fern von einer Finanzierung aus allgemeinen Haushaltsmitteln – durch Aufbringung der erforderlichen Gelder von einer bestimmten Gruppe und durch die streng zweckgebundene Verwendung dieser Mittel innerhalb eines geschlossenen Finanzkreislaufs gelöst werden: Das Aufkommen aus der Abgabe ist getrennt vom öffentlichen Haushalt als zweckgebundene Vermögensmasse zu verwalten (§ 4 Abs. 3 APlFG). Es darf nur für die Finanzierung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 APlFG vorgesehenen finanziellen Hilfen verwendet werden; eine Verwendung für sonstige Zwecke ist ausgeschlossen. Überschüsse sollen durch die Abgabenerhebung nicht erzielt werden; vielmehr soll die Abgabe nur in der Höhe erhoben werden, wie es zur Erfüllung ihres wirtschaftspolitischen Zieles erforderlich ist (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 APlFG). Durch § 3 Abs. 2 Satz 2 APlFG wird gewährleistet, daß auch unwesentliche Überschüsse, die sich möglicherweise entgegen der grundsätzlich durch den Bedarf begrenzten Konzeption des Gesetzes ergeben können, ausschließlich zweckgebunden verwendet werden und nicht etwa einem öffentlichen Gemeinwesen für sonstige Vorhaben zur Verfügung stehen. Die Berufsausbildungsabgabe ist weiter keine auf Dauer angelegte Abgabe; über ihre Erhebung muß nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 APlFG jährlich neu beschlossen werden. Diese Einzelausgestaltung der Abgabenerhebung ist ein deutlicher Anhalt dafür, daß der Staat ohne eigenes Finanzinteresse gleichsam als Vermittler und Verwalter des Aufkommens aus der Berufsausbildungsabgabe auftritt. Aus dem Gesamtbild der Abgabe, nämlich den objektiven Zielvorstellungen des Gesetzgebers und der technischen Ausgestaltung, ergibt sich mithin, daß die Erhebung der Berufsausbildungsabgabe nicht zur Deckung des allgemeinen staatlichen Finanzbedarfs dient; ihr Aufkommen fällt einem „öffentlichen Gemeinwesen” nicht zu.
Durch ihre Zweckbindung weist die Berufsausbildungsabgabe zwar eine gewisse Ähnlichkeit zur Zwecksteuer auf. Sie unterscheidet sich aber von ihr schon insoweit, als vom Aufkommen der Zwecksteuer eine allgemeine, von der Berufsausbildungsabgabe dagegen eine besondere Aufgabe, deren Bewältigung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in der herausragenden, spezifischen Verantwortung der Gruppe der Arbeitgeber liegt, finanziert werden soll. Im übrigen ist, worauf die Bundesregierung zutreffend hinweist, eine so „hochspezifizierte Zweckbindung”, wie sie der Gesetzgeber bei der Berufsausbildungsabgabe festgelegt hat, bei einer Zwecksteuer schwerlich vorstellbar. Soweit steuerliche Zweckbindungen überhaupt als zulässig gelten, haben sie erfahrungsgemäß allgemeineren Charakter.
bb) Die mit der Berufsausbildungsabgabe belastete Gruppe der Arbeitgeber ist eine homogene Gruppe. Sie ist durch eine in der Sozialwirklichkeit bestehende gemeinsame Interessenlage verbunden und von der Allgemeinheit und anderen Gruppen zuverlässig abgrenzbar. Die Arbeitgeber selbst sehen sich als homogene Gruppe. Dies zeigt sich schon daran, daß sie sich zur Darstellung, Bewahrung und Durchsetzung ihrer gemeinsamen Interessen zu sozialpolitischen Organisationen zusammengeschlossen haben, die unter dem Namen „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände” eine Arbeitsgemeinschaft bilden, deren Ziel es ist, die „gemeinschaftlichen sozialpolitischen Belange” aller Arbeitgeber zu wahren (§ 1 Abs. 1 der Satzung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände).
Auch der Gesetzgeber ist seit jeher davon ausgegangen, daß die Arbeitgeber eine homogene Gruppe in der Sozialwirklichkeit darstellen. So hat er z. B. in den Regelungen des Tarifvertragsgesetzes das Bestehen gemeinsamer Arbeitgeberinteressen und deren Wahrung durch entsprechende Verbände vorausgesetzt. Die Arbeitgeber treten nach den Grundgedanken des Tarifvertragsgesetzes wie auch in der Sozialwirklichkeit im Rahmen einer Sozialpartnerschaft als Interessengegenpol zur Gruppe der Arbeitnehmer auf (vgl. § 2 Abs. 1-3, § 5 Abs. 1 und 2 und § 12 TVG). Branchentypische, strukturbedingte, organisatorische oder quantitative Unterschiede innerhalb der Gruppe der Arbeitgeber sind im vorliegenden Zusammenhang nicht erheblich. Denn sie ändern nichts an der prinzipiell gleichen Interessenlage und der gleichermaßen bestehenden, aus der Arbeitgebereigenschaft folgenden Stellung und Verantwortung in der Gesellschaft.
Die Bedenken der Antragstellerin, das Ausbildungsplatzförderungsgesetz bringe durch die Einbeziehung der Arbeitgeber der öffentlichen Hand und der Religionsgemeinschaften fremdartige Elemente in die Gruppe „Arbeitgeber” ein, so daß eine Homogenität der belasteten Gruppe nicht vorliege, greifen nicht durch. Die öffentliche Hand und die Religionsgemeinschaften mögen zwar aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung und wegen der rechtlichen Sonderregelungen, die auf sie Anwendung finden, als Arbeitgeber eine besondere Stellung einnehmen. Sie haben jedoch dasselbe Interesse wie die übrigen Arbeitgeber an der sachgerechten Ausbildung einer hinreichenden Zahl junger Arbeitnehmer und tragen unter diesem spezifischen Blickwinkel auch vergleichbare Verantwortung. Ihr Einschluß in die Gruppe der Arbeitgeber stellt deshalb die Homogenität dieser Gruppe nicht in Frage.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Homogenität einer Gruppe von der Zahl ihrer Mitglieder unabhängig. Auch sehr große Gruppen können homogene Gebilde sein. Aus ihrer Größe im Vergleich zum Umfang des mit einer Steuer belasteten Adressatenkreises können deshalb keine brauchbaren Rückschlüsse auf die Bejahung oder Verneinung der Homogenität einer Gruppe gezogen werden.
cc) Die mit der Berufsausbildungsabgabe belastete Gruppe der Arbeitgeber steht zu dem Zweck der Abgabe in einer spezifisch sachnahen Beziehung; sie trägt eine besondere Verantwortung für die Erfüllung der mit der Berufsausbildungsabgabe zu finanzierenden Aufgabe.
In dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden dualen Berufsausbildungssystem mit den Lernorten Schule und Betrieb (Behörde) liegt die spezifische Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen der Natur der Sache nach bei den Arbeitgebern, denn nur sie verfügen – zumal in einer insoweit durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 GG geprägten Rechtsordnung – typischerweise über die Möglichkeit, Ausbildungsplätze zu schaffen und anzubieten.
Die praxisbezogene betriebliche Berufsausbildung der Jugendlichen – und damit die besondere Verantwortung der Arbeitgeber für diesen Bereich – hat in Deutschland historische Wurzeln. Schon im Mittelalter, jedenfalls seit der Ausformung des Ausbildungs- und Erziehungsmodells des spätmittelalterlichen Zunftsystems, lagen das Recht und die Pflicht zu einer geordneten praktischen beruflichen Ausbildung bei den jeweiligen Arbeitgebern. Daran hat sich in der weiteren geschichtlichen Entwicklung des betrieblichen Ausbildungswesens nichts Grundsätzliches geändert, weder im Laufe der im 19. Jahrhundert beginnenden Industrialisierung noch in der nachfolgenden Entwicklung der Wirtschaft bis hin zur Gegenwart. Die praktische Berufsausbildung war also nie in einem engeren Sinne der staatlichen Sphäre überantwortet. Bestrebungen, sie „staatsnäher” zu organisieren, sind von den Arbeitgebern, die sich immer zu der geschichtlich gewachsenen Aufgabenteilung zwischen staatlicher und privater Verantwortung im Berufsausbildungswesen bekannt haben, stets abgelehnt worden.
Wenn der Staat in Anerkennung dieser Aufgabenteilung den Arbeitgebern die praxisbezogene Berufsausbildung der Jugendlichen überläßt, so muß er erwarten, daß die gesellschaftliche Gruppe der Arbeitgeber diese Aufgabe nach Maßgabe ihrer objektiven Möglichkeiten und damit so erfüllt, daß grundsätzlich alle ausbildungswilligen Jugendlichen die Chance erhalten, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Das gilt auch dann, wenn das freie Spiel der Kräfte zur Erfüllung der übernommenen Aufgabe nicht mehr ausreichen sollte.
Die dargestellte spezifische Sachnähe der Gruppe der Arbeitgeber zum Zweck der Berufsausbildungsabgabe, auf eine genügende Zahl Ausbildungsplätze hinzuwirken, und die besondere Sachverantwortung der Arbeitgeber für diese Aufgabe wird durch folgende Erwägungen erhärtet:
Wirtschaft und Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland sind auf einen gut ausgebildeten Nachwuchs an Arbeitskräften angewiesen. Die zunehmende Automation hat einen stetigen Abbau einfacher manueller Tätigkeiten und einen steigenden Bedarf an höher qualifizierten Arbeitskräften zur Folge. Auf der anderen Seite verläuft die Bevölkerungsentwicklung nicht kontinuierlich. Kriegsereignisse, Geburtenrückgang und Änderungen der familiären und sozialen Anschauungen haben dazu geführt, daß die Zahl der ins Berufsleben Eintretenden erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Sind die dadurch entstehenden Bedarfslücken im Bereich der Anlernberufe – unter anderem mit Hilfe ausländischer Arbeitnehmer – kurzfristig auszugleichen, so ist den Arbeitgebern diese Möglichkeit bei höher qualifizierten Berufen zur Zeit noch weitgehend verschlossen. Gut ausgebildete Arbeitnehmer stünden erst nach Jahren zur Verfügung. Die Entzerrung dieser Situation ist zwar auch ein Anliegen aller am Gedeihen der Wirtschaft Interessierten. Sie dient aber vornehmlich den Arbeitgebern, die aus einer langfristigen, qualitativ zufriedenstellenden Entwicklung des Arbeitsmarktes als einer wesentlichen Voraussetzung künftiger Leistungsfähigkeit unmittelbaren Nutzen ziehen. Diesem besonderen Interesse der Arbeitgeber in Wirtschaft und Verwaltung trägt das Ausbildungsplatzförderungsgesetz ebenfalls Rechnung. Die Berufsausbildungsabgabe hat die Möglichkeit eröffnet, den Arbeitgebern Hilfen zu leisten, damit auch in den kommenden Jahren für alle Arbeitgeber ein qualitativ und quantitativ ausreichendes Angebot an Arbeitskräften zur Verfügung steht. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz regelt somit lediglich eine „erzwungene Selbsthilfe” (vgl. BVerfGE 18, 315 (328)), deren Ausgestaltung die Gruppenverantwortung für den Bereich der betriebsbezogenen Ausbildung unberührt läßt.
Gegenüber dem besonderen – objektiv verstandenen – Interesse der Arbeitgeber ist das Interesse der Allgemeinheit deutlich geringer. Das folgt bereits daraus, daß für einen Teil der „zusätzlich” ausgebildeten Jugendlichen nach Beendigung ihrer Ausbildung möglicherweise keine ausreichende Zahl an Arbeitsstellen vorhanden sein wird. Nutznießer eines Überhangs an ausgebildeten Arbeitnehmern sind daher zunächst ebenfalls die Arbeitgeber, denen ein vergrößertes Arbeitsmarktangebot zur Verfügung steht. Dem darüber hinaus bestehenden öffentlichen Anliegen, auch diesen Jugendlichen durch eine qualifizierte Berufsausbildung eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben, hat der Gesetzgeber unter anderem durch steuerliche Vergünstigungen Rechnung getragen.
Der in § 2 Abs. 1 Satz 1 APlFG geforderte Mindestüberhang in Höhe von 12,5 v. H. der angebotenen Ausbildungsplätze, bei dessen Unterschreitung die Förderungsmaßnahmen des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes einsetzen sollen, dient zwar in erster Linie einer möglichst vollständigen Befriedigung aller Ausbildungswünsche. Die Folgen dieser Regelung liegen aber ersichtlich auch im objektiven Interesse der Arbeitgeber. Regionale und branchenspezifische Besonderheiten sowie Ausfälle während und nach der Ausbildung lassen erwarten, daß aufgrund einer gewissen Überdeckung zwischen Ausbildungsplatzangebot und später benötigten Arbeitskräften ein insgesamt ausgewogenes Verhältnis besteht.
Natürlich hat auch die Allgemeinheit ein erhebliches politisches Interesse am Abbau der Jugendarbeitslosigkeit und an der Vorsorge für den künftigen Arbeitsmarkt. Die Durchsetzung politischer Ziele ist aber letzten Endes die Triebfeder jeder legislativen und exekutiven Tätigkeit, so daß die Frage nach dem „Warum” einer Regelung nicht zu einer Antwort auf die hier entscheidende Frage nach der Sachnähe und der besonderen Gruppenverantwortung führt.
dd) Die Berufsausbildungsabgabe wird im Interesse der Gruppe der abgabepflichtigen Arbeitgeber, also „gruppennützig” verwendet. Das Abgabeaufkommen ist ausschließlich für die Gewährung finanzieller Hilfen (Förderungsmaßnahmen) nach § 2 Abs. 1 APlFG vorgesehen. Den finanziellen Hilfen ist gemeinsam, daß sie Betrieben – und damit Arbeitgebern – oder sonstigen Einrichtungen zugute kommen, die eine betriebliche Berufsausbildung durchführen. Damit fließen sie entweder unmittelbar Arbeitgebern zu, die die Voraussetzungen nach § 2 APlFG für die Gewährung finanzieller Hilfen erfüllen, oder sie verbessern die generelle Ausbildungssituation, woran die Arbeitgeber – wie oben dargelegt – generell ein besonderes Interesse haben; insoweit werden sie mittelbar im Interesse der abgabepflichtigen Arbeitgeber verwendet. Insgesamt gesehen wird daher das Aufkommen aus der Berufsausbildungsabgabe primär im Interesse der Gruppe der Arbeitgeber genutzt. In gewisser Weise erhält damit die abgabepflichtige Gruppe für die Erbringung der Abgabe eine Art „Gegenleistung”, ähnlich wie jemand, der für einen Beitrag eine staatliche Leistung erhält. Das Merkmal der Gruppennützigkeit enthält somit auch ein Element der von der Antragstellerin auf jeden Fall für eine Sonderabgabe als erforderlich angesehenen Verknüpfung mit dem Beitragsgedanken oder eine Art „Entgeltcharakter”. Da der Nutzen der Abgabenverwendung an den Interessen der Gesamtgruppe der Arbeitgeber gemessen werden muß, ist es unbeachtlich, daß nach der Konzeption des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes einzelne Gruppenmitglieder zwar abgabepflichtig, aber nicht förderungsberechtigt sein mögen, andere wiederum zwar von der Abgabe befreit sind, gleichwohl aber in den Genuß von Förderungsmitteln gelangen können. Aus dem gleichen Grund ist es nicht von Bedeutung, daß die Gewährung der finanziellen Hilfen auf einzelne Ausbildungsberufe, Ausbildungsabschnitte, Ausbildungsjahre und Regionen beschränkt werden kann (§ 2 Abs. 2 Satz 2 APlFG). Denn auch diese Besonderheiten ändern nichts daran, daß das Aufkommen aus der Berufsausbildungsabgabe im überwiegenden Interesse der Gesamtgruppe der Arbeitgeber verwendet wird; diese Gesamtinteresse besteht letztlich darin, für die Zukunft ein ausreichendes Angebot an den in der Regel von allen Arbeitgebern benötigten qualifizierten, berufsbezogen ausgebildeten Arbeitskräften zur Verfügung zu haben. Für die Erreichung dieses Zieles wird die Berufsausbildungsabgabe in erster Linie verwendet.
Nach Ansicht der Antragstellerin liegt eine gruppennützige Verwendung der Berufsausbildungsabgabe nicht vor, weil der Kreis der Abgabepflichtigen so weit gezogen sei, daß eine Verwendung im Interesse einer Gruppe nicht mehr erkennbar sei und weil die Berufsausbildungsabgabe nicht im Interesse der Wirtschaft, sondern im allgemeinpolitischen Interesse, nämlich zur Lösung des gesellschaftspolitischen Problems fehlender Ausbildungsplätze für eine große Zahl Jugendlicher, verwendet werde. Diese Bedenken greifen jedoch nicht durch. Die Zusammensetzung der abgabepflichtigen Gruppe steht – wie dargelegt – der Annahme einer Gruppenhomogenität und damit der prinzipiellen Möglichkeit einer gruppennützigen Verwendung des Abgabeaufkommens nicht entgegen. Es ist zwar zutreffend, daß die Verwendung der Berufsausbildungsabgabe auch den Interessen der ausbildungsplatzsuchenden Jugend und denen der gesamten Gesellschaft dient. Der Gruppennützigkeitscharakter der Verwendung der Berufsausbildungsabgabe wird jedoch nicht dadurch aufgehoben, daß sekundär auch andere Gruppen oder die Allgemeinheit gewisse Vorteile von der Abgabenverwendung haben.
ee) Es kann zur Zeit noch nicht davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der (möglichen) Erhebung der Sonderabgabe „Berufsausbildungsabgabe” inzwischen wieder entfallen sind; denn es ist noch nicht abzusehen, ob die Anstrengungen der Wirtschaft, eine hinreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zu schaffen, andauernden Erfolg haben werden. Eine Pflicht des Gesetzgebers, im Wege des „Nachfassens” die Abgabenregelung nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz zu modifizieren oder aufzuheben, ist damit gegenwärtig noch nicht festzustellen.
4. Als Sonderabgabe, die gänzlich außerhalb des finanzverfassungsrechtlichen Bereichs bleibt, unterfällt die Berufsausbildungsabgabe nicht den für Steuern geltenden Art. 104a ff. GG. Deshalb ist Art. 105 Abs. 3 GG – wie beide Senate des Bundesverfassungsgerichts bereits entschieden haben – auf Sonderabgaben wie die Berufsausbildungsabgabe nicht anwendbar (vgl. BVerfGE 8, 274 (317); 18, 315 (328 f.); 37, 1 (16 f.)). Daran hält der Senat fest. Eine Zustimmung des Bundesrates zum Ausbildungsplatzförderungsgesetz war deshalb nach dieser Vorschrift nicht erforderlich.
5. Diese Entscheidung ist mit 5:3 Stimmen ergangen.
II.
Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz hätte jedoch nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft, weil es jedenfalls in § 3 Abs. 6 und Abs. 8 Nr. 3 Vorschriften über das Verwaltungsverfahren enthält. Da der Bundesrat seine Zustimmung versagt hat, ist das Gesetz nach dem Grundgesetz nicht gültig zustande gekommen und deshalb nichtig.
1. a) Das Grundgesetz hat es dem Bundesgesetzgeber nicht freigestellt, ob und in welcher Weise er die Länder an der Ausführung der Bundesgesetze beteiligen will. Es hat diese vielmehr entsprechend der verfassungsrechtlich festgelegten bundesstaatlichen Ordnung prinzipiell den Ländern als eigene Angelegenheit übertragen (Art. 83 und 30 GG). Die Länder haben, soweit die Verfassung nichts anderes bestimmt oder zuläßt, die umfassende Verwaltungszuständigkeit. Daraus folgt, daß sie nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind, zur Ausführung von Bundesgesetzen in eigener Verantwortung verwaltend tätig zu werden (vgl. BVerfGE 37, 363 (385)). Mithin sind die Länder von Verfassungs wegen gehalten, ihre Verwaltung nach Art, Umfang und Leistungsvermögen entsprechend den Anforderungen sachgerechter Erledigung des sich aus der Bundesgesetzgebung ergebenden Aufgabenbestandes einzurichten. Die in Rede stehende Kompetenzaufteilung ist eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips im Grundgesetz und zugleich ein Element zusätzlicher funktionaler Gewaltenteilung. Sie verteilt politische Macht und setzt ihrer Ausübung einen verfassungsrechtlichen Rahmen, der diese Machtverteilung aufrechterhalten und ein Zusammenwirken der verschiedenen Kräfte sowie einen Ausgleich widerstreitender Belange ermöglichen soll.
Um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen, macht Art. 84 Abs. 1 GG das Zustandekommen von Bundesgesetzen, die Vorschriften über das Verwaltungsverfahren enthalten, von der Zustimmung des Bundesrates abhängig. Dieses Zustimmungserfordernis soll die Grundentscheidung der Verfassung zugunsten des föderalistischen Staatsaufbaus mit absichern und verhindern, daß „Systemverschiebungen” im bundesstaatlichen Gefüge im Wege der einfachen Gesetzgebung herbeigeführt werden (BVerfGE 37, 363 (379 ff.)). Zustimmungsbedürftig ist nicht die einzelne Vorschrift über das Verwaltungsverfahren, sondern das Gesetz als Ganzes; dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 8, 274 (294 ff.); 24, 184 (195); 37, 363 (380 f., 383 f.); 48, 127 (177 f.)). Damit wird den Ländern über den Bundesrat eine verstärkte Einflußnahme auch auf den materiell-rechtlichen Teil des Gesetzes ermöglicht.
Zustimmungsbedürftig im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG wird ein Gesetz nicht bereits dadurch, daß es die Interessen der Länder in allgemeiner Weise, etwa dadurch berührt, daß es deren Verwaltungshandeln auf einem bestimmten Gebiet auslöst oder beendet (vgl. BVerfGE 10, 20 (49); 14, 197 (219 f.)). Das Zustimmungserfordernis gilt vielmehr allein für solche Bundesgesetze, die selbst das Verfahren der Landesbehörden regeln, also verbindlich die Art und Weise und die Formen ihrer Tätigkeit zur Ausführung des Gesetzes vorschreiben (vgl. BVerfGE 37, 363 (385)). Nach der Konzeption des Grundgesetzes und der Zielsetzung der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung, die Ausgewogenheit der festgelegten bundesstaatlichen Ordnung zu bewahren (Art. 30 und 83 GG), ist Art. 84 Abs. 1 GG strikt auszulegen; die Voraussetzungen für die Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes in diesem Bereich dürfen deshalb weder erweiternd noch einengend ausgelegt werden.
b) Die Frage, welche Regelungen nach Art und Inhalt dem Verwaltungsverfahren zuzuordnen sind, läßt sich nicht ein für allemal abschließend, etwa allein anhand der bisher von Rechtsprechung, Praxis und Schrifttum entwickelten Grundsätze, beantworten. Die Abgrenzung zwischen Verwaltungsverfahrensrecht und materiellem Verwaltungsrecht war in der Vergangenheit und ist auch künftig Wandlungen unterworfen, die sich aus der Veränderung der Staatsaufgaben im Bereich der Verwaltung und der erforderlichen Mittel zu ihrer Bewältigung unabweislich ergeben können. Die Auslegung des Art. 84 Abs. 1 GG muß diesem Wandel offenbleiben. Die tragenden Begriffsmerkmale, die im Laufe der Zeit für das Verwaltungsverfahren entwickelt worden sind, haben heute zumal in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder und in den einzelnen Ordnungen spezieller Verwaltungsbereiche ihren positivrechtlichen Niederschlag gefunden. Diese konkreten Entscheidungen des Gesetzgebers können bei der Beurteilung dessen, was Art. 84 Abs. 1 GG als Verwaltungsverfahren meint, nicht außer Betracht bleiben. Art. 84 Abs. 1 GG hebt nicht auf einen bestimmten, zeitlich fixierten Stand staatsrechtlicher Praxis und dogmatischer Erkenntnisse ab; er will das ständig wechselnde Kräftespiel im Bundesstaat in den vom Grundgesetz bestimmten Schranken halten und bedarf deshalb einer Auslegung, die die vom hierfür kompetenten Gesetzgeber in sachgerechter Entscheidung festgestellten Begriffsinhalte mitberücksichtigt.
Vorschriften über das Verwaltungsverfahren im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG sind danach jedenfalls gesetzliche Bestimmungen, die die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden im Blick auf die Art und Weise der Ausführung des Gesetzes einschließlich ihrer Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensbildung, die Art der Prüfung und Vorbereitung der Entscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung sowie verwaltungsinterne Mitwirkungs- und Kontrollvorgänge in ihrem Ablauf regeln (vgl. BVerfGE 37, 363 (385, 390) und § 9 VwVfG).
Auf den benannten Normadressaten kommt es bei der in Frage stehenden Klassifizierung nicht entscheidend an. Das Gesetz kann in ein und derselben Vorschrift zugleich dem Bürger Rechte gewähren oder Pflichten auferlegen und der Verwaltung Handlungsanweisungen erteilen. Ein materieller Gesetzesbefehl kann eine Ausgestaltung erhalten, die auch das „Wie” des Verwaltungshandelns verfahrensmäßig bindend festlegt. Solche – möglicherweise verdeckten – Regelungen eines „Wie” des Verwaltungshandelns liegen dann vor, wenn die den Bürger betreffende materiell-rechtliche Vorschrift zugleich die zwangsläufige Festlegung eines korrespondierenden verfahrensmäßigen Verhaltens der Verwaltung bewirkt. Vorschriften mit materiellrechtlichem Inhalt und zugleich verfahrensrechtlicher Bedeutung sind häufig zu finden. Ihre Doppelgesichtigkeit kann nicht dazu führen, daß ihnen gegenüber eine Grundentscheidung der Verfassung, die dem bundesstaatlichen Prinzip entsprechende Kompetenzverteilung des Art. 84 Abs. 1 GG, nicht durchgriffe. Eine solche Folgerung ließe sich auch nicht mit dem Hinweis auf einen sehr engen Zusammenhang mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des betreffenden Bundesgesetzes rechtfertigen. Ob eine bundesgesetzliche Norm das „Wie” des Verwaltungshandelns, das Verwaltungsverfahren regelt, wird nicht von ihrer Sachnähe zum materiellen Gesetzesinhalt beeinflußt. Die Frage beantwortet sich allein danach, ob die Norm nach ihrem Inhalt eine entsprechende Bindungswirkung gegenüber den Ländern entfaltet, die prinzipiell zur eigenverantwortlichen Gesetzesausführung berufen sind.
2. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz enthält jedenfalls in § 3 Abs. 6 und Abs. 8 Nr. 3 Vorschriften, die nach den dargelegten Grundsätzen als Teilregelung des gemäß Art. 84 Abs. 1 GG den Ländern zur Ausgestaltung überlassenen Verwaltungsverfahrens anzusprechen sind. Das Gesetz bedurfte deshalb der Zustimmung des Bundesrates.
a) § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 APlFG begründet nicht nur eine Verpflichtung der Arbeitgeber, den Einzugsstellen Einblick in die Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen zu gewähren. Er eröffnet auch nicht lediglich eine Befugnis der Verwaltungsbehörden, von der eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen. Was der Gesetzgeber regeln wollte und geregelt hat, macht erst der gesetzliche Zusammenhang deutlich, in dem § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 APlFG steht. Die dort enthaltenen Vorschriften sollen offenkundig sicherstellen, daß der nach § 3 Abs. 5 APlFG vom Arbeitgeber in dem durch die Rechtsverordnung nach § 3 APlFG vorgegebenen Zeitpunkt geforderte Nachweis für die Berechnung der Abgabe (Lohnnachweis) gemäß den Grundsätzen des Verfahrensrechts geprüft wird, und sie geben gleichzeitig die Beweismittel und den Ermittlungsweg an, die der Verwaltungsbehörde hierfür zur Verfügung gestellt werden. Eine derartige Regelung bedeutet aus der Sicht der ausführenden Verwaltung, daß sie den Lohnnachweis entgegenzunehmen hat und prüfen muß, ob und wieweit sie ihn zur Grundlage ihrer weiteren Tätigkeit machen will, und daß sie gegebenenfalls zusätzliche Überprüfungen und Ermittlungen – nicht zuletzt auf dem vorgezeichneten Weg – anzustellen hat.
Alle diese Vorgaben des Verwaltungshandelns gehören zu typischen Norminhalten verwaltungsverfahrensrechtlicher Regelungen. Diese Auffassung findet eine Bestätigung auch in der neueren Gesetzgebung, die ähnliche Regelungsgegenstände dem Verwaltungsverfahren zugeordnet hat (vgl. z. B. §§ 22, 24 und 26 VwVfG und die diesen Vorschriften entsprechenden landesrechtlichen Normen; weiter die im Teil „Allgemeine Verfahrensvorschriften” der Abgabenordnung enthaltenen Bestimmungen der §§ 86, 88, 92, 93 und 97 sowie §§ 20 und 21 des Gesetzes vom 18. August 1980 „Sozialgesetzbuch (SGB) – Verwaltungsverfahren –” (BGBl. I S. 1469)). Der Bundesgesetzgeber hat danach mit den in § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 APlFG enthaltenen Regelungen über die Nachweise für die Berechnung der Abgabe und ihre Kontrolle durch die Einzugsstellen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren geschaffen.
Daß § 3 Abs. 6 Satz 1 APlFG auf den ersten Blick „können”) nur die Möglichkeit eines bestimmten Verwaltungshandelns zu normieren scheint, ändert den Charakter der Vorschrift als Verfahrensbestimmung nicht. Dies um so weniger, als den Ländern angesichts der Gesamtregelung in § 3 Abs. 5 und § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 APlFG, die alle beweiserheblichen „Unterlagen” anspricht, ein nennenswerter Spielraum zu einer grundsätzlich eigenen Verfahrensgestaltung hinsichtlich der Prüfung der Lohnnachweise nicht verbleibt (vgl. BVerfGE 37, 363 (389)).
b) Auch das Offenbarungs- und Verwertungsverbot des § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG hat, wie die später in Kraft getretenen Regelungen der Geheimhaltungspflichten in § 30 VwVfG und den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen bestätigen, eindeutig verfahrensregelnden Inhalt. Mag der Gesetzgeber hier auch in erster Linie an eine Schutzvorschrift als Gegengewicht gegen die unbeschränkten Einsichtsmöglichkeiten der Einzugsstellen in betriebliche Vorgänge gedacht haben, so hat deren konkrete Ausgestaltung doch zur Folge, daß der Verwaltungsbehörde in ihrem Umgang mit dem zur Prüfung vorgelegten Material und den anläßlich der Kontrollen angefallenen sonstigen Tatsachen Beschränkungen auferlegt sind, die sie sogar über den Bereich der Durchführung des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes hinaus in ihren übrigen Tätigkeiten binden. Ein derartiger Eingriff in das Verwaltungshandeln der ausführenden Landesverwaltung ist nicht mehr die bloß zwangsläufige Folge einer materiell-rechtlichen Vorgabe des Bundesgesetzgebers. Er enthält eine Regelung, deren verfahrensrechtliche Auswirkung als weitreichendes Beweisverwertungsverbot die Verwaltungskompetenz der Länder nachhaltig trifft.
Dem läßt sich nicht etwa entgegenhalten, daß die Vorschrift nur die Offenbarungs- und Verwertungsverbote anderer, hier ohnedies eingreifender Gesetzesbestimmungen wiederhole, also keine eigenständige Bedeutung als „Einbruch” in die Zuständigkeit der Länder habe (vgl. dazu BVerfGE 37, 363 (380, 388)).
aa) Die insoweit angesprochenen Strafvorschriften der unbefugten Offenbarung und der unbefugten Verwertung eines fremden Geheimnisses (§ 203 Abs. 2 und § 204 StGB) haben zum Ziel, bestimmte Amtsträger und diesen gleichgestellte Personen, die aufgrund ihrer Tätigkeit Einblicke in fremde Lebensbereiche oder Geschäftsbereiche gewinnen, von einer sachfremden Verbreitung oder einer kommerziellen Verwertung der in Erfahrung gebrachten Tatsachen abzuhalten. Teil dieses gesetzgeberischen Anliegens ist es, die zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben erforderliche, möglichst umfassende Tatsachenfeststellung durch einen wirksamen Geheimnisschutz zu fördern. § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG verfolgt zwar das gleiche Ziel im verfahrensrechtlichen Bereich. Dennoch unterscheidet sich die Bestimmung von den Strafvorschriften in wesentlichen Punkten, und zwar sowohl hinsichtlich des Normadressaten als auch hinsichtlich ihres sonstigen Inhalts.
§ 203 Abs. 2 und § 204 StGB erfassen, der strafrechtlichen Aufgabenstellung gemäß, die unbefugte Verwendung fremder Geheimnisse durch den einzelnen Amtsinhaber. Sie bestimmen aber nicht im einzelnen, wann und in welchem Umfang eine Behörde befugt ist, die im Amtsbereich gewonnenen Erkenntnisse amtlich zu verwerten oder zugänglich zu machen. Diese Frage beantwortet sich, von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen abgesehen, nach den besonderen gesetzlichen Vorschriften in den verschiedenen Regelungsbereichen staatlicher Verwaltungstätigkeit. Eine solche Bestimmung enthält § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG. Sie schreibt bindend vor, wie die Einzugsstellen mit den ihnen bekanntgegebenen oder bekanntgewordenen Tatsachen verfahren dürfen. Sie begründet im Interesse der Verfahrensförderung ein allgemeines, uneingeschränktes Offenbarungs- und Verwertungsverbot, ohne der Verwaltungsbehörde die Möglichkeit vorzubehalten, nach Maßgabe anderer Rechtsnormen oder Rechtsgrundsätze von den in Erfahrung gebrachten, den bezeichneten Geheimnisbereich betreffenden Sachverhalten dienstlichen Gebrauch zu machen. Während sich also § 203 Abs. 2 und § 204 StGB im Blick auf anderweitige gesetzliche Regelungen, die die Befugnis zur Offenbarung und Verwertung dienstlicher Erkenntnisse in bestimmten Bereichen begründen oder verneinen, als eine Art strafrechtlicher Blankettnorm darstellen, gehört § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG gerade zu den verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen, die dieses „Blankett” auszufüllen geeignet sind. Die strafrechtliche Sanktion setzt danach die entsprechende verwaltungsverfahrensrechtliche, vom jeweiligen Regelungsinteresse bestimmte eigenständige Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Diese kann demnach nicht als bloße Wiederholung eines bereits bestehenden strafrechtlichen Offenbarungs- und Verwertungsverbots angesehen werden.
bb) Nichts anderes gilt für das Verhältnis von § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG zu anderen gesetzlichen Bestimmungen.
Das Offenbarungs- und Verwertungsverbot des § 715 RVO wendet sich ausschließlich an die zur Überwachung der Unfallverhütungsmaßnahmen bestellten technischen Aufsichtsbeamten und deren Hilfspersonen. Auch das allgemeine Offenbarungsverbot des § 35 SGB erfaßt, ungeachtet seiner Anwendbarkeit auf die Einzugsstellen, nicht den vollen Regelungsbereich des § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG. Die in diesem Zusammenhang gleichfalls in Betracht kommende Geheimhaltungsvorschrift des § 30 VwVfG ist ebenso wie die entsprechenden Regelungen der landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensgesetze erst nach Inkrafttreten des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes wirksam geworden, so daß auch insoweit eine bloße Wiederholung eines bereits bestehenden, allgemeinen gesetzlichen Verbots durch die in Frage stehende Vorschrift ausscheidet.
c) Um eine im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG zustimmungsbedürftige Verfahrensregelung handelt es sich auch bei § 3 Abs. 8 Nr. 3 APlFG.
Die Ermächtigung zum Erlaß von Verordnungsvorschriften über Form und Inhalt des Lohnnachweises und den Zeitpunkt seiner Einreichung enthält die Befugnis, unmittelbar den Weg zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde vorzuzeichnen und auf das „Wie” des Verwaltungsverfahrens einzuwirken. Aus diesem Grunde war schon die im Entwurf des gescheiterten Berufsbildungsgesetzes in § 87 Abs. 8 vorgesehene Ermächtigung zum Erlaß einer zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnung von der Bundesregierung als Verfahrensvorschrift bezeichnet worden (BTDrucks. 7/3714, S. 88). Durch die Übernahme dieser Ermächtigungsvorschrift in das Ausbildungsplatzförderungsgesetz hat sich daran nichts geändert.
Zwar hat die bloße Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen selbst noch keine unmittelbare Auswirkung auf das von den Ländern zu gestaltende Verwaltungsverfahren. Das bedeutet indessen nicht, daß ein zum Erlaß verfahrensregelnder Rechtsverordnungen ermächtigendes Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrates ergehen kann, erst recht nicht, wenn das Gesetz – wie hier – die vorgesehene verwaltungsverfahrensregelnde Verordnung noch nicht einmal an die Zustimmung des Bundesrates bindet. Nach Art. 80 Abs. 1 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Dieses enthält danach, soweit es Rechtsgrundlage für Verfahrensregelungen durch den Verordnungsgeber ist, unverrückbare Richtlinien, die mit der Verwaltungskompetenz der Länder in Widerspruch stehen. Schon eine solche Öffnung des den Ländern vom Grundgesetz zuerkannten Kompetenzbereichs für Einwirkungen des Bundes bedarf nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates (vgl. BVerfGE 24, 184 (194 ff.); Haas, AöR 80 (1955/56), S. 81 (90)).
3. Ob darüber hinaus weitere Vorschriften des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes, insbesondere § 3 Abs. 5 APlFG, als Verfahrensregelung nach Art. 84 Abs. 1 GG die Zustimmungsbedürftigkeit ausgelöst hätten, bedarf keiner Erörterung. Zustimmungsbedürftig ist nicht die einzelne Vorschrift, die das Erfordernis der Zustimmungsbedürftigkeit begründet. Der Ausdruck „Bundesgesetz” am Ende von Art. 84 Abs. 1 GG meint nicht, wie etwa Art. 100 Abs. 1 GG, das Gesetz im Sinne einer einzelnen Norm, sondern das Gesetz als gesetzgebungstechnische Einheit. Das folgt vor allem aus Art. 78 GG. Danach kommt ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz zustande, wenn der Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht stellt, innerhalb der Frist des Art. 77 Abs. 3 GG keinen Einspruch einlegt, ihn zurücknimmt, oder wenn der Einspruch vom Bundestag überstimmt wird. Die Formulierung: „Ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz” kann hier nur einheitlich verstanden werden. Sie meint das durch einen Gesetzesbeschluß des Bundestags zu einer Einheit zusammengefaßte Gesetz. Dieses kommt in den vom Grundgesetz vorgesehenen Fällen der Zustimmungsbedürftigkeit, mithin auch im Falle des Art. 84 Abs. 1 GG, nur zustande, wenn der Bundesrat zustimmt (vgl. BVerfGE 8, 274 (294 f.); 24, 184 (195); 37, 363 (380 f., 383 f.); 48, 127 (177 f.); BVerwGE 28, 36 (43); Held, AöR 80 (1955/56), S. 50 (59 ff.) sowie Haas, ebenda, S. 81 (85, 89); Friesenhahn in: Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft, 1974, S. 251, 266 ff.; Maunz/ Dürig, Grundgesetz, Rdnr. 8 zu Art. 77 m. w. N., Rdnr. 2 zu Art. 78). Da der Bundesrat dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz seine Zustimmung versagt hat, ist das gesamte Gesetz mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig.
Diese Rechtsfolge wird durch die Zustimmung des Bundesrates zu den späteren Gesetzen zur Steuerentlastung und Investitionsförderung vom 4. November 1977 (BGBl. I S. 1965) und zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung vom 23. Dezember 1977 (BGBl. I S. 3108), die eine teilweise Änderung und Ergänzung des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes beinhalten, nicht in Frage gestellt. Mit der Versagung der Zustimmung zum Ausbildungsplatzförderungsgesetz stand fest, daß das Gesetz nicht gültig zustande gekommen ist. Die Entschließung des Bundesrates, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern, ist unverrückbar. Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens bietet keine Möglichkeit, eine solche Entscheidung im Blick auf spätere, in anderem Zusammenhang abgegebene Erklärungen des Bundesrates umzudeuten und die von Verfassungs wegen mit der Versagung der Zustimmung verbundene Auswirkung auf das Zustandekommen des Gesetzes rückgängig zu machen (vgl. hierzu auch Maunz/ Dürig, Grundgesetz, Rdnr. 10 zu Art. 78).
Ob die angeführten späteren Gesetze, wie die in jenen Gesetzgebungsverfahren gefallenen Äußerungen mit ihren Hinweisen auf die inzwischen beim Bundesverfassungsgericht beantragte Normenkontrolle andeuten (vgl. Niederschrift über die 446. Sitzung des Bundesrates vom 3. Juni 1977, S. 143, 144; Niederschrift über die 48. Sitzung des Deutschen Bundestags, 8. Wp., vom 7. Oktober 1977, S. 3645 ff.; Niederschrift über die 61. Sitzung des Deutschen Bundestags, 8. Wp., vom 8. Dezember 1977, S. 4710), die Gültigkeit des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes voraussetzten, so daß mit dessen Nichtigerklärung durch das Bundesverfassungsgericht auch die entsprechenden bezugnehmenden Regelungen und Änderungen in den Folgegesetzen gegenstandslos wären (vgl. BVerfGE 8, 274 (303)), bedarf keiner Erörterung. Denn anders als in dem der Entscheidung in BVerfGE 8, 274 ff. zugrundeliegenden Sachverhalt ist hier Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung nur das Ausbildungsplatzförderungsgesetz vom 7. September 1976. Aus dem gleichen Grund ist es dem Bundesverfassungsgericht auch versagt zu prüfen, ob und wieweit einzelne der – wie dargelegt – nicht gültig zustande gekommenen Regelungen des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes in den selbständigen Verfahren zum Erlaß der Folgegesetze erneuert und im neuen Gesetzeszusammenhang bestandskräftig werden konnten (vgl. BVerfGE 8, 274 (295, 302); 5, 25 (31)).
4. Diese Entscheidung ist mit 6:2 Stimmen ergangen.
III.
Ob das Ausbildungsplatzförderungsgesetz oder Teile des Gesetzes auch mit anderen Grundsätzen der Verfassung, etwa mit dem Grundsatz der Bundestreue, oder mit den Grundrechten, insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG, unvereinbar sind, kann hiernach dahinstehen.
Sondervotum
Abweichende Meinung 1:
Wir stimmen der Entscheidung des Senats im Ergebnis und der Begründung unter II zu. Wir bedauern aber, der Begründung unter I nicht zustimmen zu können.
Wir teilen die Auffassung des Senats, daß vor allem wegen der zentralen Bedeutung der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung in der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes Sonderabgaben nur unter engsten Voraussetzungen zulässig sind. Für zulässig halten wir insoweit im wesentlichen nur die überkommenen – auch dem Grundgesetzgeber vor Augen stehenden – Typen von Sozialversicherungsabgaben (Arbeitgeberanteile) sowie jene Abgaben, die eine durch eine vorausgehende staatliche Intervention bewirkte Wettbewerbsverzerrung innerhalb der Betroffenen ausgleichen sollen.
Bei der hier in Rede stehenden Abgabe handelt es sich nicht um eine Abgabe dieser Art. Sie soll nicht in erster Linie den Interessen der Arbeitgeber dienen, ihren künftigen Bedarf an ausgebildeten Arbeitskräften zu befriedigen, die „Reproduktion von Produktionsfaktoren” zu fördern. Das Aufkommen aus der Abgabe soll vielmehr ganz vorwiegend dazu dienen, ausbildungswilligen Jugendlichen ein möglichst ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen zu gewährleisten. In einer nicht zuletzt von Art. 2 und Art. 12 GG geprägten Ordnung steht ein solches Ziel vor allem im Dienste des Ausbildungswilligen selbst, sich als Person – auch beruflich – frei entfalten zu können, im Interesse der Erziehungsberechtigten und im allgemeinen kultur- und sozialpolitischen Interesse am Bildungsstand der Jugend (vgl. BTDrucks. 7/5236 S. 2 und 7/3714 S. 45 f.), an der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und ihren weitreichenden abträglichen Auswirkungen. Der Finanzkreislauf, in dem die Abgabe bewegt wird, und ihre Verwendung in gezielten Bereichen, darunter auch für die Unterhaltung überbetrieblicher Ausbildungsstätten (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 APlFG), sind lediglich technisches Werkzeug zur Verfolgung dieser Zwecke. Für die kompetenzrechtliche Zuordnung im Verhältnis von Steuer und Sonderabgabe aber kommt es auf diese technischinstrumentale Ausgestaltung so wenig wie auf die haushaltsmäßige Behandlung an. Da das Gesetz entscheidend auch Interessen der Allgemeinheit zu dienen und staatliche Verantwortung wahrzunehmen bestimmt ist, wären die finanziellen Lasten hierfür nach der festgelegten bundesstaatlichen Finanzverfassung und nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit aller vor den öffentlichen Lasten über Steuern aufzubringen.
Die vom Gesetzgeber intendierte Abgabe knüpft wie die Gewerbesteuer an die Lohnsumme als Indiz für die Wirtschaftskraft an und schöpft dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit aus. Sie wäre mithin – als Steuer ausgestaltet – dem Typus der Realsteuer zuzuordnen und hätte dann auch deshalb nach Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft.
Abweichende Meinung 2:
Ich stimme zwar der im Urteil in Abschnitt C I getroffenen Entscheidung, wonach die Berufsausbildungsabgabe keine Steuer, sondern eine verfassungsrechtlich zulässige Sonderabgabe ist, zu. Im Gegensatz zur Senatsmehrheit bin ich jedoch der Auffassung, daß das Ausbildungsplatzförderungsgesetz nach Art. 84 Abs. 1 GG zu seinem wirksamen Zustandekommen nicht der Zustimmung des Bundesrates bedurfte (Abschnitt C II des Urteils). Der Normenkontrollantrag hätte daher zurückgewiesen werden müssen.
I.
1. Die Frage, in welchen Fällen Bundesgesetze zu ihrem wirksamen Zustandekommen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, ist seit Errichtung der Bundesrepublik Deutschland eine der umstrittensten verfassungsrechtlichen Fragen. Alle bisherigen Bundestage und Bundesregierungen haben seit 1949, unabhängig von den jeweiligen parlamentarischen Mehrheitsverhältnissen, eine den Ansichten des Bundesrates völlig entgegengesetzte Haltung eingenommen, eine Haltung, die auch von den jeweiligen Bundespräsidenten ganz überwiegend geteilt worden ist. Letzteres ergibt sich aus der Praxis aller Bundespräsidenten bei der Ausfertigung und Verkündung von Bundesgesetzen. Vereinfacht dargestellt vertritt der Bundesrat in ständiger Praxis die Auffassung, daß etwa 65 % aller Bundesgesetze zu ihrem wirksamen Zustandekommen seiner ausdrücklichen Zustimmung bedürfen (vgl. Ziller in: Das Parlament Nr. 46/1980, S. 4). Die entgegengesetzte Position von Bundestag, Bundesregierung und Bundespräsident läßt sich dahin andeuten, daß diese Verfassungsorgane nur etwa ein Viertel der Bundesgesetze als der Zustimmung des Bundesrates bedürftig ansehen. Diese tiefgreifende Meinungsverschiedenheit der an der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland beteiligten Verfassungsorgane löste sich bisher in der Praxis überwiegend dadurch auf, daß der Bundesrat jenen Bundesgesetzen, die Bundestag und Bundesregierung nicht als zustimmungsbedürftig ansahen, unter Aufrechterhaltung seiner gegenteiligen Rechtsansicht zustimmte, die eigentliche Streitfrage daher unentschieden blieb.
2. Im Konfliktsfall, also wenn der Bundespräsident ein von Bundestag und Bundesregierung als nicht zustimmungsbedürftig angesehenes Gesetz ausfertigt und verkündet, der Bundesrat aber das wirksame Zustandekommen dieses Gesetzes unter Hinweis auf seine angeblich gebotene, aber nicht erteilte Zustimmung bestreitet, sieht sich das Bundesverfassungsgericht vor folgende Fragen gestellt: Es hat zunächst zu klären, ob das umstrittene Gesetz überhaupt Rechtsvorschriften enthält, die nach dem Grundgesetz der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Wird dies von ihm bejaht, so hat es ferner zu entscheiden, welche Auswirkungen das Fehlen der Zustimmung hat. Dabei ergeben sich zwei Möglichkeiten. Entweder kann festgestellt werden, daß die als zustimmungsbedürftig erkannten Rechtsvorschriften nichtig sind, das übrige Gesetz aber wirksam bleibt, oder aber, daß das Fehlen der Zustimmung des Bundesrates die Nichtigkeit des ganzen Bundesgesetzes zur Folge hat.
Beide verfassungsrechtlichen Fragen können im Hinblick auf die verfassungspolitischen Folgen ihrer Beantwortung nicht isoliert voneinander behandelt und entschieden werden. Folgt das Gericht der These, eine einzige zustimmungsbedürftige Rechtsvorschrift mache bei Fehlen der Zustimmung das ganze Gesetz nichtig, dann hängt unter Umständen die Wirksamkeit eines umfangreichen Gesetzes, das seinem materiellen Inhalt nach von wesentlicher Bedeutung für die Allgemeinheit sein kann, von der möglicherweise schwierigen rechtlichen Qualifizierung eines einzigen Satzes als zustimmungsbedürftiger Norm ab. Dies darf bei der Entscheidung, welche Normen im Sinne von Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG die Einrichtung der Landesbehörden oder das Verwaltungsverfahren der Länder regeln, nicht außer Betracht bleiben.
3. Wenn das Ausbildungsplatzförderungsgesetz neben einer großen Zahl anderer Regelungen tatsächlich auch einzelne Normen enthielte, die das Verwaltungsverfahren der Länder regelten, dann hätte das Gericht lediglich diese Vorschriften für nichtig erklären dürfen. Denn nur diese, nicht aber der übrige Gesetzesinhalt beeinträchtigten die verfassungsmäßigen Hoheitsrechte der Länder, deren Sicherung das Zustimmungserfordernis in Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG dient.
a) Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit in mehreren Entscheidungen zwar ausgesprochen, daß ein Bundesgesetz als Ganzes nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedürfe, wenn auch nur eine Vorschrift dieses Gesetzes das Verwaltungsverfahren der Landesbehörden regelt (BVerfGE 8, 274 (294); 24, 184 (195); 37, 363 (381)). Diese Auffassung, die sich auf den Wortlaut der Art. 78 und 84 Abs. 1 GG nicht stützen kann, sondern ein Stück Verfassungskonkretisierung durch Richterspruch darstellt, wurde vom Bundesverfassungsgericht allein mit der praktischen Erwägung begründet, daß sich sonst kaum überwindbare Schwierigkeiten im Gesetzgebungsverfahren und bei der Verkündung der Gesetze ergäben (BVerfGE 8, 274 (295)). Diese Erwägung mag, was den Vorgang der Gesetzesentstehung angeht, vertretbar sein. Es mag gesetzgebungstechnisch zweckmäßig und verfassungsrechtlich unschädlich sein, wenn der Bundesrat einem Gesetz, das nur einzelne verfahrensregelnde und damit zustimmungsbedürftige Normen enthält, als Ganzem zustimmt und dies auch in der Verkündungsformel zum Ausdruck kommt. Daraus folgt jedoch nicht umgekehrt die Nichtigkeit eines solchen Gesetzes im ganzen, wenn es in Verkennung des verfahrensregelnden Inhalts einzelner – deshalb zustimmungsbedürftiger – Normen im Gesetzgebungsverfahren und bei der Verkündung insgesamt als Einspruchsgesetz (Art. 77 Abs. 3 und 4 GG) behandelt wurde. Ein Gesetz kann, was die Frage seiner Gültigkeit angeht, regelmäßig sehr wohl hinsichtlich seiner einzelnen Bestimmungen unterschiedlich beurteilt werden (vgl. BVerfGE 8, 274 (301)), auch wenn es auf einheitliche Weise entstanden ist.
b) Die Auffassung der Senatsmehrheit, die Gültigkeit eines ohne Zustimmung des Bundesrates ergangenen Gesetzes im ganzen hänge davon ab, daß keine einzige der im Gesetz enthaltenen Bestimmungen die Einrichtung der Landesbehörden und das Verwaltungsverfahren der Länder im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG regele, widerspricht der systematischen Konzeption des Gesetzgebungsrechts im Grundgesetz, die eine wesentliche Grundlage der verfassungsmäßigen Verteilung politischer Macht im demokratischen Bundesstaat bildet. Nach dieser Konzeption ist das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates zu einem Gesetz die Ausnahme; sie ist nur in bestimmten, im Grundgesetz einzeln ausdrücklich aufgeführten Fällen erforderlich, in denen der Interessenbereich der Länder besonders stark berührt wird (BVerfGE 1, 76 (79); 37, 363 (381)).
Art. 84 Abs. 1 GG nennt als einen dieser Ausnahmefälle die bundesgesetzliche Regelung der Einrichtung der Landesbehörden und des Verwaltungsverfahrens der Länder bei der Ausführung der Bundesgesetze. Zur Wahrung der durch diese Verfassungsnorm geschützten Länderinteressen würde es in aller Regel ausreichen, bei fehlender Zustimmung des Bundesrates allein diejenigen Bestimmungen des Gesetzes für nichtig zu erklären, die solche Regelungen enthalten. Dieses Verfahren entspräche Sinn und Zweck des Art. 84 Abs. 1 GG und der Systematik der im Grundgesetz geregelten Gewaltenverteilung bei der Gesetzgebung.
Demgegenüber führt die prinzipielle Erstreckung der Nichtigkeit einzelner, ohne die erforderliche Zustimmung des Bundesrates ergangener Bestimmungen auf das ganze Gesetz zu einer außerordentlich verstärkten Einflußnahme der Ländervertretung auf den Inhalt der Bundesgesetzgebung auch in solchen Fragen, die den grundgesetzlich geschützten Hoheitsbereich der Länder nicht berühren. Denn dem Bundesrat wird dadurch die Möglichkeit in die Hand gegeben, aus im Gesetz enthaltenen vereinzelten, nebensächlichen Annexvorschriften mit geringfügigen oder unwesentlichen Auswirkungen auf die Organisationsgewalt der Länder oder deren Verwaltungsverfahren ein umfassendes Vetorecht gegen umfangreiche materiell-rechtliche Gesetzgebungsvorhaben des Bundes herzuleiten. Diese Möglichkeit verschafft den Ländern einen Einfluß auf die materielle Gesetzgebung des Bundes, der ihnen nach dem objektiven Sinngehalt des Grundgesetzes nicht zusteht, und führt dadurch zu einer entscheidenden Verschiebung der verfassungsmäßigen Gewaltenverteilung (vgl. von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., 1974, Art. 84, Anm. III 8a). Dem könnte der Bundestag nur entgegenwirken, indem er an sich zusammengehörende Gesetzesvorschriften – materielle Normen und Annexvorschriften für das Verwaltungsverfahren – ohne sachlichen Grund trennte und die zustimmungsfreien materiellen Normen in ein Gesetz, die vom Bundesrat und vom Bundesverfassungsgericht als zustimmungsbedürftig angesehenen Normen in ein anderes Gesetz aufnähme. Ein derartiges, der verfassungsrechtlichen Stellung der Gesetzgebungsorgane und dem praktischen Zweck der Gesetzgebung unangemessenes Ergebnis ist nach dem Grundgesetz jedoch nicht zwingend geboten.
4. a) Die von der Senatsmehrheit aus nicht näher dargelegten Gründen vertretene Auffassung, die formelle Gültigkeit eines Zustimmungsgesetzes könne nur im ganzen bejaht oder verneint werden, müßte, um zu einem für den Gesamtstaat erträglichen Ergebnis zu gelangen, jedenfalls Anlaß sein, die normativen Voraussetzungen für die im Grundgesetz nur ausnahmsweise vorgeschriebene Zustimmungsbedürftigkeit eng auszulegen (vgl. Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 84, Rdnr. 17); denn sonst würde die Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen entgegen der Konzeption des Grundgesetzes notwendigerweise zum Regelfall. Diese enge Auslegung wäre auch zur Präzisierung der für die Staatspraxis kaum noch erkennbaren Abgrenzung von zustimmungsfreien und zustimmungsbedürftigen Gesetzen erforderlich. Der Senat hat indessen – auch entgegen seinem eigenen Plädoyer für eine „strikte”, also präzise Auslegung – auf Seite 55/56 das Gegenteil getan. Die Zustimmungsbedürftigkeit wird danach in Wahrheit nicht nur ausgelöst, wenn eine Norm das Verwaltungsverfahren regelt, sondern auch wenn eine
„den Bürger betreffende materiell-rechtliche Vorschrift zugleich die zwangsläufige Festlegung eines korrespondierenden verfahrensmäßigen Verhaltens der Verwaltung bewirkt”.
Diese Definition, die alle Vorschriften mit materiell-rechtlichem Gehalt und zugleich verfahrensrechtlicher Bedeutung einbezieht – der Senat spricht von „verdeckter Regelung” des Verwaltungsverfahrens und von „Doppelgesichtigkeit” der Norm – ist so umfassend, daß danach ein nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz kaum noch denkbar ist. Sie ist jedenfalls so unpräzise, daß die Grenzen der Zustimmungsbedürftigkeit objektiv nicht mehr bestimmt werden können.
Der Senat läßt meiner Ansicht nach außer Betracht, daß die Begriffe „materielle Norm” und „Verfahrensnorm oder verfahrensgestaltende Norm” idealtypische Begriffe sind, die in der Wirklichkeit nur als Ausnahme vorkommen. In der Mehrzahl der Fälle haben materiell-rechtliche Normen mehr oder weniger weitgehende Auswirkungen auf das Verwaltungsverfahren. Dies gilt in besonderem Maße für jene materiell-rechtliche Gesetzgebung, die der Verwirklichung des Sozialstaates dient, zu der sich das Grundgesetz an anderer Stelle bekannt hat. Ob über den Zustimmungsvorbehalt des Art. 84 Abs. 1 GG diese Gesetzgebung in annähernd voller Breite erschwert werden sollte, ist eine Frage von kaum zu unterschätzendem verfassungspolitischem Gewicht. Die Beantwortung dieser Frage darf weder von der jeweiligen Definition des Verwaltungsverfahrensbegriffs durch die einfache Gesetzgebung abhängig gemacht werden noch den fließenden Übergängen dogmatischer Entwicklungen oder den Wandlungen des politischen Kräftespiels überlassen bleiben (vgl. Köttgen in: DÖV 1952, S. 422 ff.; H. Schneider in: DVBl. 1953, S. 257 (261)).
b) Zustimmungsbedürftig nach Art. 84 Abs. 1 GG sind nur solche Bundesgesetze, die selbst die Einrichtung einer Landesbehörde oder das Verwaltungsverfahren von Landesbehörden bei Ausführung der Bundesgesetze regeln und dadurch in die Organisationsgewalt der Länder eingreifen oder das Recht der Länder berühren, innerhalb ihres Bereiches das Verwaltungsverfahren selbständig zu gestalten (vgl. BVerfGE 10, 20 (49); 37, 363 (385)). Vorschriften über das Verwaltungsverfahren der Landesbehörden sind dabei nur solche Normen, die die Art und Weise bestimmen, in der die Landesbehörden bei der Ausführung von Bundesgesetzen verwaltend tätig sein sollen, die also das „Wie” dieser Tätigkeit, den Verwaltungsablauf im einzelnen, regeln (BVerfGE 37, 363 (385)).
c) Nicht jede Vorschrift mit verfahrensrechtlicher Bedeutung regelt das Verwaltungsverfahren. Hierzu genügt es nicht, daß sie das Verwaltungshandeln auslöst oder durch materiellrechtliche Vorgaben tatsächlich auf einen bestimmten Ablauf hin determiniert. Denn daß die Länder verpflichtet sind, zur Ausführung von Bundesgesetzen sachgerecht verwaltend tätig zu werden und den Verwaltungsablauf dabei dem mehr oder weniger konkreten Inhalt dieser Bundesgesetze anzupassen haben, ergibt sich schon aus Art. 83 GG. Eine Regelung des Verwaltungsverfahrens der Länder – die der Bund gemäß Art. 84 GG nur mit Zustimmung des Bundesrates treffen darf – enthalten vielmehr nur solche Normen, die rechtlich unmittelbar das Verwaltungsverfahren von Landesbehörden bestimmen. Nur diese Vorschriften normieren eine Ausnahme von der in Art. 84 Abs. 1 GG verankerten grundsätzlichen Regelungsbefugnis der Länder, während die lediglich tatsächliche Determinierung der Verwaltungstätigkeit durch Vorschriften anderer Zielrichtung nicht ungewöhnlich ist und an der Regelungsbefugnis der Länder rechtlich nichts ändert.
d) Derartige Regelungen des Verwaltungsverfahrens der Länder sind darüber hinaus nur dann nach Art. 84 Abs. 1 GG zustimmungsbedürftig, wenn ihr Inhalt das organisatorische Selbstbestimmungsrecht der Länder innerhalb ihres Bereiches berührt. Dies ergibt sich aus Systematik und Zweck der verfassungsgesetzlichen Normierung. Verfassungspolitischer Grund der Zustimmungsbedürftigkeit derartiger Regelungen ist die Sicherung der Organisationshoheit der Länder hinsichtlich Einrichtung und Verfahren ihrer Behörden, die einen wesentlichen Bestandteil des Bundesstaatsprinzips darstellt, nicht dagegen die Sicherung des sich aus Art. 70 Abs. 1 GG ergebenden Gesetzgebungsrechts der Länder für das Verwaltungsverfahren als solches. In diese Organisationshoheit der Länder als konstituierendes Element ihrer eigenen, nicht vom Bund abgeleiteten Staatlichkeit soll der Bund bei Wahrnehmung seiner Gesetzgebungskompetenzen nicht ohne mittelbare Zustimmung der Länder durch den Bundesrat eingreifen dürfen, während ihm eine allgemeine Gesetzgebungskompetenz für das Verwaltungsverfahren der Länder mit oder ohne Zustimmung des Bundesrates ohnehin nicht zusteht. Die Zustimmungsbedürftigkeit wird demgemäß nicht etwa dadurch ausgelöst, daß der Bund kraft seiner Annexkompetenz für die jeweiligen Sachbereiche eine das Verwaltungsverfahren der Länder irgendwie berührende Regelung trifft, die die Länder kraft ihrer allgemeinen Kompetenz für das Verwaltungsverfahren ebenso selbst treffen könnten. Sie wird vielmehr erst dann ausgelöst, wenn eine Regelung unmittelbar die Organisationshoheit der Länder im vorgenannten Sinne tangiert. Dies ist nicht der Fall, wenn Gegenstand der Regelung nur Pflichten und Rechte der Bürger gegenüber der Verwaltung sind.
II.
Die von der Senatsmehrheit für die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes herangezogenen Bestimmungen des § 3 Abs. 6 und Abs. 8 Nr. 3 APlFG unterlagen nicht dem Zustimmungserfordernis des Art. 84 Abs. 1 GG.
1. § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 APlFG begründet Befugnisse der Verwaltungsbehörden gegenüber den abgabepflichtigen Bürgern. Daraus läßt sich nicht der Schluß ziehen, daß diese Vorschriften die Formen des Verwaltungshandelns rechtlich bestimmen, nämlich eine Verpflichtung zur Ausübung jener Befugnisse normieren. Geregelt wird damit nur eine Verpflichtung der abgabepflichtigen Bürger zur Duldung bzw. Mitwirkung, falls die Behörden von den ihnen eingeräumten Befugnissen Gebrauch machen. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörden dazu verpflichtet sind, ist eine Frage des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts der Länder (vgl. etwa Art. 22, 24, 26 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 23. Dezember 1976 (GVBl. S. 544)) und bleibt im übrigen in vollem Umfang der Regelung durch Ausführungsgesetze oder Verwaltungsvorschriften der Länder überlassen.
Auch § 3 Abs. 5 APlFG verpflichtet nur die Bürger zu einem bestimmten Verhalten. Die dem zuständigen Bundesminister in § 3 Abs. 8 Nr. 3 APlFG erteilte Ermächtigung, diese Verpflichtung weiter zu konkretisieren, ändert hieran nichts. Läßt eine Behörde eingereichte Lohnnachweise unbeachtet, etwa weil sie ein formloses Berechnungs- und Einzugsverfahren für ausreichend hält, so läge hierin jedenfalls keine Verletzung der genannten Vorschriften des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes.
Die Normierung von Anzeige-, Auskunfts-, Vorlage- und Duldungspflichten der Bürger gegenüber der Verwaltung soll den Verwaltungsbehörden zwar die Ausführung ihrer gesetzlichen Aufgaben erleichtern, stellt jedoch keine unmittelbare rechtliche Bestimmung des Verwaltungshandelns und damit auch keine Regelung des Verwaltungsverfahrens dar. Sie berührt weder die Organisationsgewalt der Länder über ihre Behörden noch das Recht der Länder, innerhalb ihres Bereichs das Verwaltungsverfahren selbständig zu gestalten. Sie greift lediglich in die Freiheitssphäre der Bürger ein und berührt deren Recht, in ihrem geschäftlichen Bereich einschließlich des dazu gehörenden Verkehrs mit Verwaltungsbehörden nach Belieben zu verfahren. Das Recht, derartige Pflichten der Bürger gegenüber der Verwaltung zu normieren, ist überhaupt nicht Bestandteil der durch Art. 84 Abs. 1 GG geschützten Organisationshoheit der Länder, sondern beruht auf der allgemeinen Hoheitsgewalt des Staates über seine Staatsbürger, die im Bundesstaat den Ländern nur im Rahmen ihrer allgemeinen Auffangkompetenz aus Art. 70 Abs. 1 GG zukommt. Entsprechende Regelungen des Bundes können die Organisationshoheit der Länder deshalb gar nicht berühren.
2. § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG verbietet den Einzugsstellen die Offenbarung und Verwertung fremder Geheimnisse, die ihnen bei der Überprüfung der Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen der Abgabepflichtigen bekannt werden. Auch diese Vorschrift enthält keine Regelung des Verwaltungsverfahrens im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Konkretisierung des sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebenden Grundrechts der Bürger auf Achtung und Schutz ihrer privaten Geheimsphäre (vgl. Düwel, Das Amtsgeheimnis, 1965, S. 101 ff.; Rohlf, Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre, 1980, S. 208 ff.). Eine solche Bestimmung gehört zum allgemeinen materiellen Verwaltungsrecht und nicht zum Recht des Verwaltungsverfahrens der Landesbehörden bei Ausführung der Bundesgesetze (vgl. BVerfGE 14, 197 (221)). Sie regelt überhaupt nicht die Art und Weise der Ausführung des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes, sondern verbietet allgemein ein Verhalten, das gerade nicht in der Ausführung dieses Gesetzes besteht, nämlich die Nutzung der bei Gelegenheit der Gesetzesausführung bekanntgewordenen Privatgeheimnisse zu außerhalb der Gesetzesausführung liegenden Zwecken.
Auch wenn man aber in § 3 Abs. 6 Satz 3 APlFG deshalb eine auch verfahrensrechtliche Regelung sehen wollte, weil diese Vorschrift den Landesbehörden bestimmte Praktiken auch dann verbietet, wenn diese Praktiken bei der Ausführung anderer Bundesgesetze angewandt werden, handelte es sich nicht um eine nach Art. 84 Abs. 1 GG zustimmungsbedürftige Regelung. Das hier normierte Offenbarungs- und Verwertungsverbot ergibt sich nicht nur aus Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch schon aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz, daß die Behörde einen ihr nur zu einem bestimmten Zweck ermöglichten Eingriff in die private Geheimsphäre nicht zu anderen Verwaltungszwecken ausnutzen darf, für deren Erreichung der Gesetzgeber einen derart schwerwiegenden Grundrechtseingriff nicht gestattet hat (vgl. Düwel, a.a.O., S. 104 f.). Die ausdrückliche Normierung dieses Grundsatzes im Rahmen des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes ist deshalb nur deklaratorischer Natur. Eine solche deklaratorische Bestimmung, mit der kein neuer Einbruch in die insoweit bereits unmittelbar durch Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkte Organisationshoheit der Länder verbunden ist, bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 84 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 10, 20 (49); 37, 363 (388)).
Abweichende Meinung 3:
Ich schließe mich der abweichenden Meinung des Richters Dr. R mit folgender Ergänzung an:
Zu I. 3b)
Auch ich halte die Feststellung der nur Teilnichtigkeit des Gesetzes, nämlich allein hinsichtlich der (nach Meinung der Senatsmehrheit) verfahrensregelnden Vorschriften – mit der Folge, daß die auch ohne Zustimmung des Bundesrates verfassungsgemäß zustandegekommenen materiell-rechtlichen Vorschriften des Gesetzes in Geltung blieben –, nicht nur für verfassungsrechtlich geboten, sondern auch für sinnvoll und angemessen. Es wäre dann die aus Art. 83 und 84 Abs. 1 GG folgende Pflicht der einzelnen Länder, in eigener Verantwortung diejenigen Behörden einzurichten und diejenige Regelung des Verwaltungsverfahrens zu erlassen, die zu einer sachgerechten Ausführung der materiell-rechtlichen Vorschriften des Gesetzes notwendig wären. Eine solche Beurteilung würde die durch Art. 83 und 84 Abs. 1 GG vor „Einbrüchen” des Bundes geschützte Kompetenz der Länder zur eigenverantwortlichen Ausführung der Bundesgesetze in gleicher Weise wahren wie die vom Bund gelegentlich geübte, vom Senat für verfassungsgemäß gehaltene Praxis, aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz für das materielle Recht von vornherein nur dieses zu regeln, wozu er nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfte, und das „Wie” der Ausführung entweder in einem besonderen Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates zu normieren (vgl. hierzu BVerfGE 37, 363 (382)) oder aber allein den Ländern zu überlassen.
Allein dieses Ergebnis wird dem Rang und der Aufgabenstellung des Bundestages als Haupt-Gesetzgebungsorgan des Bundes gerecht, der die fraglichen materiell-rechtlichen Vorschriften in Wahrnehmung seiner Kompetenzen aus den Art. 71 ff. GG auch ohne Zustimmung des Bundesrates verfassungsgemäß erlassen hat und der im Falle der Nichtigerklärung des Gesetzes insgesamt, d.h. einschließlich dieser verfassungsgemäß erlassenen Vorschriften, völlig unnötigerweise auch diesen Teil des Gesetzgebungsverfahrens wiederholen müßte. Im übrigen führt die von der Senatsmehrheit vertretene Auffassung, das Gesetz müsse trotz Unbedenklichkeit der materiell-rechtlichen Vorschriften auch bezüglich dieser Vorschriften für nichtig erklärt werden, gerade im vorliegenden Fall zu einem unsinnigen Ergebnis:
Die hier strittigen, nach Auffassung der Senatsmehrheit verfahrensregelnden Vorschriften des Gesetzes, das in seiner ursprünglichen Fassung von den Ländern und deren Behörden auszuführen war, so daß sich etwaige verfahrensregelnde Vorschriften an die Länder und deren Behörden gerichtet hätten, haben nämlich dadurch ihre die Organisationshoheit der Länder berührende Wirkung verloren, daß der Bund durch Änderungsgesetz vom 23. Dezember 1977 (Gesetz zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung, BGBl. I S. 3108) mit Zustimmung des Bundesrates die Ausführung des Gesetzes der zuständigen Berufsgenossenschaft übertragen hat. Die Folge war, daß sich etwaige verfahrensregelnde Vorschriften des Gesetzes nunmehr an die zuständigen Berufsgenossenschaften richten, so daß die Länder durch sie gar nicht mehr betroffen sind. Haben somit die strittigen, nach Auffassung des Senats verfahrensregelnden Vorschriften des Gesetzes – bevor sie jemals praktiziert wurden – ihre die Organisationshoheit der Länder möglicherweise berührende Bedeutung verloren, so dürfte es bereits an einem „Rechtsschutzinteresse” für die nachträgliche Feststellung fehlen, die fraglichen Vorschriften seien verfassungswidrig (gewesen); erst recht vermag ich nicht einzusehen, wieso die (von der Senatsmehrheit angenommene) Nichtigkeit der verfahrensregelnden Vorschriften, wie sie ohnehin den Ländern gegenüber nicht mehr wirksam werden, auch die Nichtigkeit der verfassungsmäßigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Folge haben soll.
Schließlich steht der Auffassung, das Gesetz dürfe nicht insgesamt, sondern allein hinsichtlich der (nach Auffassung der Senatsmehrheit) verfahrensregelnden Vorschriften für verfassungswidrig erklärt werden, auch der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht entgegen. Insoweit verweise ich auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. BVerfGE 8, 274 (301)), wonach aus der Nichtigkeit einzelner, im Entscheidungstenor zu benennender Vorschriften eines Gesetzes die Nichtigkeit des ganzen Gesetzes nur dann folgt, wenn sich aus dem objektiven Sinn des Gesetzes ergibt, daß die übrigen, verfassungsgemäßen Bestimmungen keine selbständige Bedeutung haben. Im vorliegenden Fall würde die materiell-rechtliche Regelung ihre selbständige Bedeutung aber nicht verlieren, wenn allein die von der Senatsmehrheit als verfahrensregelnde Vorschriften beanstandeten Bestimmungen des Gesetzes für nichtig erklärt würden.
Zu I. 4)
Der Auffassung, das Gesetz (in seiner ursprünglichen Fassung) enthalte keine verfahrensregelnden Vorschriften im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG, bin ich vor allem deshalb, weil ich der Senatsmehrheit im Ausgangspunkt zustimme: daß nämlich das in Art. 84 Abs. 1 GG vorgesehene Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates zu Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes „die Grundentscheidung der Verfassung zugunsten des föderalistischen Staatsaufbaues mit absichern und verhindern (soll), daß ‚Systemverschiebungen’ im bundesstaatlichen Gefüge im Wege der einfachen Gesetzgebung (hinzuzufügen wäre: ohne Beteiligung des Bundesrates) herbeigeführt werden”; konsequent gelangt die Senatsmehrheit zu dem Schluß, daß das Zustimmungserfordernis „allein für solche Bundesgesetze (gilt), die selbst das Verfahren der Landesbehörden regeln, also verbindlich die Art und Weise und die Formen ihrer Tätigkeit zur Ausführung des Gesetzes vorschreiben” (Umdruck S. 55). Dabei kann die Hervorhebung des Wortes „regeln”, das einen terminus technicus darstellt und insbesondere im Verwaltungsrecht eine ganz bestimmte Bedeutung hat, sinnvollerweise nur der Klarstellung dienen, daß nicht jegliche Verfahrensvorschrift genügt, die Zustimmungsbedürftigkeit zu begründen, sondern daß es sich um eine nicht unerhebliche, „substantielle” Regelung des Verwaltungsverfahrens handeln muß, eine Regelung, die nicht lediglich Selbstverständlichkeiten festlegt, allgemeine Grundsätze wiederholt oder anderenorts bereits geltende Regelungen übernimmt, sondern die aufgrund ihrer für die Länder verbindlichen Wirkung sowie ihres substantiellen Gehalts geeignet ist, in den den Ländern ansonsten durch Art. 83 GG vorbehaltenen Bereich eigenverantwortlich zu gestaltender Verwaltung „einzudringen” und derart die durch das Grundgesetz geordneten Machtverhältnisse zwischen Bund und Ländern zu verschieben.
Bei konsequenter Fortführung dieser Argumentation hätte auch die Senatsmehrheit zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß die von ihr angeführten Vorschriften des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes nicht im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG das Verwaltungsverfahren „regeln”. Insbesondere hätte sie sich nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, es handele sich – abstrakt – (auch) um Verwaltungsverfahrens-Vorschriften, sondern sie hätte ihre Prüfung auf die Frage erstrecken müssen, ob diese Vorschriften das im Grundgesetz geordnete Machtverhältnis zwischen Bund und Ländern zu verschieben geeignet sind, konkret: ob sie substantiell auf die eigenverantwortliche Verwaltungstätigkeit der Länder einwirken, ob sie von Bundes wegen eine eigenständige und eigentümliche Regelung vorschreiben und ob sie in dem Sinne ausschließlich sind, daß sie den Ländern keinerlei abweichende oder jedenfalls ergänzende Handhabung erlauben. Eine solche, weitergehende Prüfung hätte ergeben, daß die von der Senatsmehrheit angeführten Einzelvorschriften diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Insoweit verweise ich auf die abweichende Meinung des Richters Dr. R.
Abweichende Meinung 4:
Der Senat hätte sich meines Erachtens auch zu der Frage äußern müssen, ob die Erhebung einer Abgabe nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz mit dem Grundsatz der Bundestreue vereinbar wäre.
Die Antragstellerin und die übrigen Verfahrensbeteiligten haben schriftlich und in der mündlichen Verhandlung zu dieser Frage Stellung genommen. Die Frage, wieweit Sonderabgaben zulässig sind, wird bei Berücksichtigung der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzlage in Zukunft voraussichtlich erhöhte Bedeutung gewinnen. Unter diesen Umständen hätte im Hinblick auf Stellung und Aufgaben, die dem Bundesverfassungsgericht im Gesamtgefüge des Grundgesetzes übertragen sind, jedenfalls auch geprüft werden müssen, ob sich für die Erhebung der Abgabe nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz Grenzen aus dem Gesichtspunkt der Bundestreue ergeben.
I.
1. Nach dem Verfassungsgrundsatz der „Bundestreue” besteht eine Rechtspflicht des Bundes und aller seiner Glieder zu „bundesfreundlichem Verhalten”; das heißt, alle an dem „Bündnis” Beteiligten sind gehalten, dem Wesen dieses Bündnisses entsprechend zusammenzuwirken und zu seiner Festigung und zur Wahrung seiner und der wohlverstandenen Belange seiner Glieder beizutragen (BVerfGE 1, 299 (315)). Für den Bund kann sich aus der Pflicht zur Bundestreue eine Schranke für die Ausübung einer ihm ansonsten zustehenden Kompetenz ergeben (vgl. BVerfGE 12, 205 (239); 14, 197 (215)). Der Grundsatz der Bundestreue kann somit dazu führen, daß der Bund mit Rücksicht auf die Pflicht zu bundestreuem Verhalten von ihm zustehenden Rechten einen bestimmten Gebrauch nicht machen darf oder daß er in bestimmter Weise vorgehen muß (vgl. BVerfGE 1, 117 (131); 21, 312 (326)).
2. Nach diesen Grundgedanken kann sich für den Bund eine deutliche Schranke für die Erhebung außersteuerlicher Abgaben ergeben.
a) Die Erhebung von Sonderabgaben und die Gewährung finanzieller Hilfen wirkt sich in der Regel auf die Bemessungsgrundlagen für die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer (Gewerbeertragsteuer) aus (vgl. für die Berufsausbildungsabgabe z. B. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 24b EStG; § 9 Ziff. 8 GewStG). Dies bedeutet, daß dadurch das Aufkommen dieser Steuern gemindert wird. Da den Ländern ein erheblicher Teil davon zufließt (1979 z. B. 43% der Einkommen- und Körperschaftsteuer), werden somit auch die Steuereinnahmen der Länder gemindert.
b) Diese Auswirkung von Sonderabgaben auf die Steuereinnahmen der Länder kann der Bund nicht außer acht lassen.
Eine Schranke für die Erhebung weiterer außersteuerlicher Sonderabgaben wäre jedenfalls dann erreicht, wenn durch die Auswirkungen aller erhobener Sonderabgaben das Aufkommen an Steuern, die den Ländern ganz oder zum Teil zufließen, erheblich gemindert und somit der Finanzzufluß an die Länder ausgehöhlt würde. Wenn durch eine bestimmte zusätzliche Sonderabgabe dieser Zustand erreicht würde, wäre der Bund aufgrund seiner Verpflichtung zu bundesfreundlichem Verhalten gezwungen, von seiner grundsätzlich gegebenen Kompetenz zur Erhebung einer außersteuerlichen Abgabe keinen Gebrauch zu machen, um den Bestand und das Funktionieren des bundesstaatlichen Systems nicht zu gefährden. Denn im Rahmen einer bundesstaatlichen Ordnung müssen die Länder die zur Leistung ihrer Aufgaben erforderlichen finanziellen Mittel erhalten. Dies wäre nicht mehr der Fall, wenn das den Ländern ganz oder zum Teil zustehende Steueraufkommen durch die Erhebung von Sonderabgaben erheblich verkürzt oder die entsprechenden Steuern sogar ausgehöhlt würden (vgl. BVerfGE 32, 333 (338)). Den Bundesgesetzgeber trifft somit die Pflicht, vor Erhebung einer neuen, das heißt einer zu den bereits bisher erhobenen Sonderabgaben hinzutretenden außersteuerlichen Abgabe zu überprüfen, ob durch die neue Sonderabgabe allein oder durch ihr Hinzutreten zu den bisherigen Sonderabgaben eine Beeinträchtigung der wesentlichen Finanzinteressen der Länder gegeben wäre; gegebenenfalls hat er von der Erhebung der zusätzlichen Sonderabgabe Abstand zu nehmen.
3. Im Jahre 1979 hat bei kassenmäßigen Einnahmen an Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von rund 186 Milliarden DM der Bundesanteil ca. 63 Milliarden DM betragen, während die Länder ebenfalls ca. 63 Milliarden DM erhalten haben. Bei der Bewertung dieser Summen ist zu berücksichtigen, daß eine Sonderabgabe sich auf das tatsächliche Steueraufkommen nur mit etwa 50% auswirkt. Das derzeitige Gesamtaufkommen aus den tatsächlich erhobenen außersteuerlichen Abgaben beträgt ungefähr 5,5 Milliarden DM jährlich. Ob die zusätzliche Erhebung der Berufsausbildungsabgabe, deren jährliches Aufkommen mit etwa 800-900 Millionen DM anzusetzen ist, bereits zu einer erheblichen Verkürzung des Finanzzuflusses an die Länder führen, ob dadurch bereits von einer wesentlichen Erschütterung des finanzverfassungsrechtlichen Ertrags- und Verteilungssystems gesprochen werden könnte und somit die sich aus dem Gedanken der Bundestreue ergebende Schranke überschritten wäre, hätte geprüft werden müssen. Im Hinblick darauf, daß die Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben in nicht unerheblichem Maße Kredite aufnehmen müssen, kann der Umfang der Sonderabgaben, die zu einer spürbaren Minderung der Steuereinnahmen führen, nicht als insoweit unwesentlich angesehen werden.
II.
Darauf, daß die Ausführungen unter I. die Bedeutung des Grundsatzes der Bundestreue für die Erhebung von außersteuerlichen Abgaben nicht erschöpfen, sei lediglich hingewiesen. In der Literatur ist zu diesem Komplex eine Reihe weiterer wichtiger Gesichtspunkte vorgebracht worden (vgl. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 115 ff.; Friauf, Zur Zulässigkeit von außersteuerlichen Sonderabgaben, in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 ff.; Rack, Die Verfassung als Maßstab, 1978, S. 281 f.). Eine umfassende Erörterung der verschiedenen Gesichtspunkte, die hier Bedeutung haben, betrachte ich nicht als Aufgabe meiner abweichenden Meinung.
Fundstellen
Haufe-Index 1614388 |
BVerfGE, 274 |
NJW 1981, 329 |
NJW 1981, 336 |
NJW 1981, 337 |
NJW 1981, 339 |
JA 1998, 373 |
VerwRspr 1981, 59 |