Wer sich mit Projektmanagement beschäftigt, lernt früher oder später (meistens früher) das magische Dreieck kennen: Zeit, Kosten und Leistung (inkl. Qualität). Selbstverständlich lässt sich entlang dieser Dimensionen messen, inwieweit das Projektziel erreicht wird:
- Zeit: Wie gut liegt das Projekt im Zeitplan? Wird das Projektziel zum geplanten Endtermin erreicht?
- Kosten: Wie sieht es mit den entstandenen Kosten aus? Wird das Projektziel innerhalb des geplanten Budgetrahmens erreicht?
- Leistung/Qualität: Wie sieht es mit dem Erledigungsfortschritt aus? Kann in dem Projekt die geplante Leistung in der geplanten Qualität geliefert werden?
Das funktioniert genau dann sehr gut, wenn diese Dimensionen fixiert und stabil sind. Oft ist das aber nicht der Fall, etwa weil es weitere oder andere Anforderungen gibt, oder weil es andere Veränderungen gibt, die sich auf das Projekt auswirken. Und es geht ja auch darum zu messen, wie gut im Projekt mit Veränderungen umgegangen wird.
Es gibt 3 grundlegende Ansätze, die es zu verfolgen lohnt. Der erste bezieht sich auf den eigentlichen Sinn und Nutzen des Projekts, das WOZU. Wie praktisch, dass wir uns dazu schon weiter oben Gedanken gemacht haben, was das ist und wie wir das messen können. Diese Messgrößen liefern eine Indikation dazu, ob wir uns in die richtige Richtung bewegen – und damit oft auch Indikationen dazu, ob das Projektziel vielleicht angepasst werden sollte.
Der zweite Ansatz bezieht sich auf die Organisation und den Fluss der zu erledigenden Arbeit. Dazu könnten sich Messgrößen eignen wie etwa Durchlaufzeiten: Wenn die Bearbeitung eines Arbeitspakets angefangen wird, wie schnell ist es dann fertig? Ähnlich sieht es aus mit der Umsetzung von Veränderungen: Wenn eine Anforderung sich ändert, wie schnell ist diese Änderung dann umgesetzt? Welche Maßnahmen sind möglich, damit das bei der nächsten Änderung schneller geht? Wie viele Arbeitspakete vergleichbarer Größe werden in einer Woche fertig?
Und: ist der Arbeitsprozess überhaupt transparent genug, um zu wissen, wo es gerade "hängt", wo der größte Engpass ist? Falls ja, sind Maßnahmen identifiziert worden, um diesen Engpass aufzulösen?
Explizit warnen möchte ich davor, die Auslastung der Teams als Metrik zu verwenden – jedenfalls mit dem Ziel, diese zu maximieren. Bei maximaler Auslastung haben wir nur maximal beschäftigte Teams, es werden aber kaum noch Arbeitspakete fertig – ein mitunter als widersprüchlich erlebter Zusammenhang, der sich aber mathematisch beweisen lässt. (Dies führt z. B. zu einer der Grundpraktiken von Kanban: Limitiere die parallele Arbeit im System.)
Der dritte Ansatz bezieht sich auf das Team und die Zusammenarbeit. Die gute Zusammenarbeit im Team dient dazu, komplexe Aufgaben effizient und effektiv zu lösen, daher ist es naheliegend, eben diese Zusammenarbeit im Blick zu halten und zu verbessern. Da die Qualität der Zusammenarbeit von vielen Faktoren abhängt, können (und müssen) hier unterschiedliche Beobachtungspunkte genutzt werden.
- Selbstbewertungen der Teammitglieder: In regelmäßigen Abständen schätzen Teammitglieder ein, wie sie die Zusammenarbeit im Projekt erleben. Bewährt haben sich auch Einschätzungen zu spezifischeren Aspekten wie psychologischer Sicherheit oder Innovationskultur (z. B. "Es fällt mir leicht, im Team um Unterstützung für Probleme zu bitten.", "Neue Ideen werden wohlwollend geprüft und ggf. weiterentwickelt oder umgesetzt.").
- Beobachtung der Zusammenarbeitskultur, z. B. Verteilung der Redezeit in Meetings, Verhältnis von problemorientierten (Was ist schiefgegangen, wer ist schuld?) und lösungsorientierten (Welche Optionen haben wir, was sind die nächsten Schritte?) Diskussionen.
- Anzahl und Erfolgsquote von bewusst durchgeführten Experimenten, die das Team aufsetzt, bspw. als Ergebnis von Retrospektiven. Dabei ist es nicht das Ziel, dass alle Experimente erfolgreich sind – dann sind es ja keine Experimente mehr. Es geht um einen möglichst großen Lerneffekt, daher sollten die Experimente so gestaltet sein, dass sie im Mittel in nicht mehr als 40-60 % der Fälle erfolgreich sind.
- Und nicht zuletzt lassen sich auch die typischen HR-Parameter nutzen, wie Entwicklung der Krankheitstage, der Abruf der Urlaubstage, die Nutzung von Fortbildungsangeboten etc.
Extrem wichtig ist es, diese Metriken als Informationsquellen zu sehen und zu nutzen, um darauf basierend Verbesserungsideen zu entwickeln, aber nicht als ein System zur Performance-Messung. Die Mitarbeiter (und auch die Führungskräfte) wissen typischerweise sehr gut, wann das passiert, und werden ihr Verhalten entsprechend ändern, sodass die Werte gut aussehen – und damit haben wir nicht nur keine verlässlichen Informationen zum tatsächlichen Zustand mehr, sondern wahrscheinlich sogar dysfunktionales Verhalten hervorgerufen. Diese Metriken sind also nur dann gute Informationsquellen, wenn sie nicht als Performance-Indikatoren genutzt werden.