Vielfältige Anpassungsoptionen
Um das Prozessmodell möglichst nah an die spezifische Realität eines bestimmten Unternehmens zu rücken, können folgende Anpassungen einzeln oder in Kombination zweckmäßig sein und als Hilfestellung dienen:
- Können einzelne Prozesse ergänzt oder ausgelassen werden, um das Prozessmodell auf die individuellen Unternehmensbedürfnisse anzupassen?
- Welche branchenspezifischen Controllingprozesse gibt es und wie können diese im Prozessmodell abgebildet werden?
- Welche unternehmensspezifischen Controllingprozesse sind zu berücksichtigen?
- Welche Bedeutung haben funktionale Controllingprozesse ("Bindestrich-Controlling") und sollen die Controlling-Hauptprozesse um funktionale Themen erweitert werden?
Ein dogmatisches Festhalten am IGC-Prozessmodell ist nicht zweckmäßig und eine Anpassung an Unternehmensspezifika in jedem Fall empfohlen, um einen maximalen Nutzen zu generieren. Unter organisatorischen Gesichtspunkten gilt: "Erlaubt ist, was funktioniert."
2.1 Unternehmensspezifische Anpassung der Hauptprozesse
Unternehmensspezifische Controllingprozesse
Das Prozessmodell muss an die konkreten Rahmenbedingungen und Bedarfe des Unternehmens angepasst werden. Da das Leistungsspektrum einer Controllingorganisation unterschiedlich definiert ist, finden wir in den Unternehmen nicht immer alle Prozess des Prozessmodells vor.
In Abb. 2 sind Anpassungen dargestellt, die in der Praxis häufig vorgenommen werden:
- In mittelständischen Unternehmen sind vielfach Strategieprozesse schwach ausgeprägt und daher ist auch kein die Strategiediskussion unterstützender Controllingprozess etabliert. In diesem Fall hat es wenig Sinn, einen Controllingprozess ohne konkrete Anwendung zu konzipieren. Die strategische Planung wird als Prozess erst zeitgleich mit der Etablierung eines Strategieprozesses aufgebaut.
- Sofern erbrachte Leistungen nicht explizit "artfremd" sind und daher aus dem Controlling ggf. an andere Organisationseinheiten abzugeben sind, sollte das Controlling-Prozessmodell um diese Aspekte ergänzt werden. Im Beispiel der Abb. 2 wird der Risikomanagement-Prozess um Prozesse des internen Kontrollsystems (IKS) erweitert.
- Ein Sonderthema stellen funktionale Prozesse (z. B. Vertriebscontrolling, Produktionscontrolling) dar, da diese wiederum im Extremfall sämtliche Prozesse des Prozessmodells beinhalten. Dies ist insbesondere für Einzelgesellschaften eine methodische Herausforderung in der Abbildung (s. Abschn. 2.3). Wenn das Prozessmodell aus Konzerngesichtspunkten aufgestellt wird, ist eine Abbildung funktionaler Controllingprozesse i. d. R. nicht vorgesehen.
- Allfällige weitere kaufmännische Prozesse, z. B. Liquiditätsmanagement und Treasury, können, wenn eine permanente Wahrnehmung dieser Aufgaben im Controlling Sinn macht, im Prozessmodell ergänzt werden.
Controllingprozesse im Konzern aus den legalen Einheiten ableiten
Ein pragmatischer Zugang zur Abbildung funktionaler Controllingprozesse in Konzernen wäre es, diese Prozesse aus den legalen Einheiten, in denen sie erbracht werden, abzuleiten (z. B. alle Controllingprozesse der Vertriebsgesellschaften werden als "Vertriebscontrolling" interpretiert). Dies funktioniert aber nur bei strikt funktional ausgerichteten Gesellschaften.
Abb. 2: Beispiel für unternehmensspezifische Anpassungen des Controlling-Prozessmodells
2.2 Anpassung des Prozessmodells an Branchenspezifika
Branchenspezifische Controllingprozesse
Neben unternehmensspezifischen Anpassungen, z. B. der Prozessintegration von Planung und Forecast oder einer besonders hohen Bedeutung von Personalcontrolling können auch Branchenspezifika im Prozessmodell abgebildet werden. Bei einem Energieversorger könnten dies z. B. Abgrenzungsprozesse, regulatorische Themen oder ein ausgeprägteres Statistikwesen sein (s. Abb. 3). Der Verzicht auf eine explizite Abbildung des Prozesses "Betriebswirtschaftliche Beratung" hat wiederum wenig mit der Branche zu tun und stellt eine unternehmensspezifische Anpassung dar. Business-Partnering-Aktivitäten können auch in andere Prozesse, insbesondere in die Management-Reporting-Prozesse integriert werden.
Abb. 3: Beispiel für branchenspezifische Anpassungen des Controlling-Prozessmodells
2.3 Abbildung funktionaler Controllingprozesse
Aufbauorganisation des Controllings als Basis
Im Prozessmodell der IGC wird auf eine Darstellung funktionaler Prozesse im Prozessmodell verzichtet, da diese Prozesse weitgehend branchenabhängig sind (Produktionscontrolling benötigen nur produzierende Unternehmen, F&E-Controlling nur forschungsintensive Unternehmen etc.) und sich die Prozesse potenziell multiplizieren, da jeder funktionale Controllingprozess in sich wieder einen Planungs-, Reporting- etc. -prozess benötigt (s. Abb. 4). Jedem funktionalen Prozess sind in diesem Zusammenhang also mehrere der zuvor beschriebenen Hauptprozesse untergeordnet. Für das konkrete Unternehmen stellt sich aber sehr wohl die Frage, wie mit dieser Fragestellung umzugehen ist, da funktionale Controllingprozesse in einem engen Kontext mit der Aufbauorganisation des Controllings stehen. Eine Controllingabteilung kann
- an den Controlling-Hauptprozessen ausgerich...