Dr. Walter Schmidt, Dipl.-Ing. Rainer Vieregge
Grundprobleme
Sollen Prozesse gesteuert werden, müssen Strukturen (Verknüpfung von Arbeitsplätzen) und Abläufe (Kooperationsfolge der an den Arbeitsplätzen tätigen Menschen) für die Leistungserstellung abgestimmt, vereinbart und dokumentiert sein (s. Abb. 15).
Abb. 15: Verknüpfung und Kooperation – Struktur und Ablauf von Prozessen
Das versetzt die Beteiligten in die Lage, aus einem definierten Auslöser (Input) ein festgelegtes Ergebnis (Output) in reproduzierbarer Qualität zu erzeugen. Das Ergebnis wird wesentlich gestützt durch eine durchgängige und geschäftsfallbezogene Verantwortung. Diese Führungsfunktion ist integraler Teil des Prozesses.
In diesem Rahmen regeln Prozesse sich selbst: Sie sind autonom, die Menschen organisieren sich situativ und sind in der Lage zu lernen. Dafür benötigen sie prozessbezogene Informationen für die Zielfindung, Planung und Steuerung – sie benötigen ein Prozesscontrolling. Das bezieht sich sowohl auf die Qualität der Leistung an einzelnen "Übergabestellen" im Prozess als auch auf die vielfältigen Wirkungen über den unmittelbaren Empfänger der Leistung hinaus. Für diesen Zweck wurde im Facharbeitskreis Kommunikation des ICV ein Wirkungsstufenmodell entwickelt. Dieses verbindet Input und Output eines Prozesses mit den Wirkungen beim Nutzer der Ergebnisse. Dazu gehören seine Wahrnehmung und seine Einstellung zu unserem Unternehmen (Outcome) ebenso wie seine konkrete Kooperations- und Zahlungsbereitschaft (Outflow). Sie sind letztlich maßgeblich für unsere Reputation und damit die Werthaltigkeit unserer Geschäftsbeziehungen (s. Abb. 16).
Prozessfähigkeit bzw. Prozessreife
Die Gesamtheit der Prozesse eines Unternehmens bezeichnet man als seine "Prozesslandschaft" bzw. "Prozess-Modell". Sie muss inklusive der über die Unternehmensgrenzen hinausgehenden Prozessketten (Wertschöpfungsketten) in ihrer Integrität als Gesamtheit gesichert werden. Für diese Aufgabe kann das Controlling auf dem im Abschn. 1 beschriebenen Reifegradmanagement aufbauen, um über alle wechselseitigen Verknüpfungen hinweg exzellente Leistungen bis zum Endverbraucher zu erbringen.
Abb. 16: Wirkungsstufenmodell für Prozesse
Dazu braucht es in erster Linie eine klare Verantwortung für den Prozess:
sowie Verantwortung im Prozess:
- Prozess-Durchführungsverantwortliche mit unterschiedlichen Ausführungsrollen.
Die Koordinierung der verschiedenen Verantwortungen erfolgt im Rahmen des Prozessmanagements und die Zielsetzung, Planung und Steuerung im Rahmen des Prozesscontrollings.
Aufgaben des Prozesseigners/Prozessmanagers
Die Verantwortung der Anbindung an die Unternehmensstrategie wird der Prozesseigner zu tragen haben, und zwar durch
- Freigabe, Implementierung, Beobachtung der Einhaltung und laufende Verbesserung zur Sicherstellung der Kundenzufriedenheit,
- Erstellung eines optimalen Prozessablaufs samt Koordination der Schnitt- oder besser Nahtstellen zu vor- und nachgelagerten Prozessen,
- Sicherstellung von Festlegung und Messbarkeit der Leistungsparameter, laufende Beobachtung und Bewertung inklusive geeigneter Aktionen zur Zieleinhaltung,
- Freigabe von unterstützenden EDV-Tools inkl. Bedienungsanleitung,
- Abhalten der Prozessreviews, mindestens einmal jährlich vor dem Management Review.
Die unterschiedlichen Aufgaben erfordern spezifische Fähigkeiten. Von der geeigneten Personalentwicklung, dem richtigen Personaleinsatz und der geeigneten Kommunikation zur Vermittlung der Prozessziele und Prozessabläufe hängt wesentlich der Erfolg des Prozessmanagements ab.
Dazu kann infrastrukturelle Unterstützung hilfreich sein
- für die Zielsetzung und Zielplanung aus dem "Methodenkasten" des Controllings für die Definition und Sicherstellung der Wirkzusammenhänge und ihrer Qualitätskriterien an den verschiedenen Messpunkten der Geschäftsprozesse durch die Methoden des Qualitätsmanagements und
- für ein transparentes und adäquates Datenmanagement zur Bereitstellung aller erforderlichen Mess- und Steuerungsgrößen an alle Prozessbeteiligten und Prozessverantwortlichen durch die IT-Infrastruktur.
Kriterien zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens
Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens insgesamt und in diesem Kontext zur Erhöhung der Kosteneffizienz sowie der Integrität der Geschäftsabläufe ist ein Zusammenwirken der Fachfunktionen und der Methodiken des Controller-Dienstes, des Qualitätsmanagements und des IT-Managements erforderlich.
Prozesswürfel
Dimensionen von Prozessen: der Prozesswürfel
In entwickelten prozessorientierten Organisationen werden im sog. Prozessmodell (oder der Prozesslandkarte) die Geschäftsprozesse grundsätzlich nach der Art der Prozesse getrennt in einer Übersicht dargestellt.
Eine typische Gliederung der Prozesse erfolgt nach:
- Kern- oder Leistungsprozessen: Alle Prozesse, die Marktleistung erbringen und deren Leistung der externe Kunde unmittelbar spürt.
- Unterstützungs- oder Infrastrukturpro...