3.1 Supportprozesse im Recruiting
3.1.1 Supportfunktion mit Entscheidungskompetenz
Kernfunktionen im HR-Management kommen i. d. R. nicht ohne Supportfunktionen aus. Der Begriff Supportfunktion darf hier durchaus weit gefasst werden und beschränkt sich nicht auf die Erstellung einfachen Schriftverkehrs oder sich wiederholende Dateneingaben. So kann beispielsweise innerhalb eines Recruitingprozesses ein Teil der Kandidatenselektion als Supportaufgabe definiert werden. Innerhalb der Supportfunktion wird also über die Absage von Kandidaten entschieden.
Dies erscheint zunächst wenig verständlich, denn wie soll eine – ggf. sogar ausgelagerte Funktion – zu so einem wichtigen Thema wie der Stellenbesetzung entscheidungskompetent sein? Die Antwort hierzu liegt in der Definition von klaren Entscheidungskriterien, nach denen innerhalb der Supportfunktion gearbeitet werden kann. So fällt die Entscheidung nur scheinbar in der Supportfunktion. In Wirklichkeit arbeitet sie einen Entscheidungsbaum ab, der vom Auftraggeber vorgegeben wurde.
Wie konsequent die Trennung von Kern- und Supportfunktionen durchgeführt wird, hängt von mehreren Kriterien ab. Es kann eine strategische Linie sein, die hier eine klare Grenze zieht, es kann die Dominanz des Kostendrucks sein, die diese Trennung weiter vorantreibt. Es können auch tradierte Strukturen sein, die einzureißen sich niemand traut und die eine mögliche Trennschärfe verhindern.
Innerhalb des End-To-End-Prozesses "Recruiting" wechseln die Aktivitäten mehrfach zwischen der Kern- und der Supportfunktion.
- Kern-HR: Entscheidung über Stellenausschreibung
Supportfunktion:
- Schalten einer Stellenanzeige
- Administration der eingehenden Bewerbungen
- Vorauswahl und Absagen
Kern-HR:
- Einstellungsgespräche
- Auswahlentscheidung durch Personalmanagement
- Supportfunktion: Bewerberkorrespondenz (Zusage an Bewerber, Vertragserstellung etc.)
- Kern-HR: Onboarding
Verzahnung zwischen Kern- und Supportprozess
In diesem Beispiel unterstützt der Supportprozess einen strategisch wichtigen Kernprozess des HR-Managements und ist mit diesem eng verzahnt. Im Idealfall kennen die Beteiligten beider Seiten diesen Ablauf und halten ihn ein, so dass nach außen der Eindruck eines einheitlichen durchgängigen Prozesses entsteht. Interne Schnittstellen zwischen Kern- und Supportfunktion sind so aufeinander abgestimmt, dass diese für den Außenstehenden (hier: Bewerber) nicht sichtbar werden. Das strikte Einhalten formeller Kommunikationswege und Meldeverfahren ist Grundvoraussetzung für die effiziente und qualitativ hochwertige Prozessdurchführung. Insbesondere die Supportfunktion, deren Leistungen gemessen werden, wird darauf Wert legen.
3.1.2 Einsatzbereich des Controllings
Vakanzdauer
Am Beispiel des Recruitings wird deutlich, wie sinnvoll und gleichzeitig notwendig ein Controlling ist. Der Kernprozess Recruiting wird u. a. danach bewertet, ob es gelingt, zu besetzende Stellen innerhalb eines definierten Zeitraums mit geeigneten Mitarbeitern zu besetzen. Hierfür haben sich in der Praxis einige Kennzahlen als geeignet erwiesen. Mit der "Vakanzdauer" wird die Zeit ausgedrückt, die für die Neubesetzung der Stelle benötigt wird. Diese ist natürlich abhängig vom Angebot geeigneter Arbeitskräfte, aber auch von der Qualität der Recruitingprozesse. Ist der Recruitingprozess hinsichtlich der Schnittstellen zwischen den Beteiligten (s. o.) und hinsichtlich der einzelnen Teiltätigkeiten (z. B. Bewerberadministration) effizient gestaltet, wird es schneller möglich sein, das Ziel, eine freie Stelle zu besetzen, zu erreichen.
Frühfluktuationsquote
Eine weitere Kennzahl, die zum Recruitingprozess gehört, ist die "Frühfluktuationsquote". Sie drückt aus, wie hoch der Anteil der rekrutierten Mitarbeiter ist, die innerhalb kurzer Zeit (z. B. innerhalb der Probezeit) das Unternehmen wieder verlassen. Eine hohe Frühfluktuationsquote deutet auf Fehler im Recruitingprozess hin, denn es gelingt offenbar nicht, Bewerber einzustellen, die den Anforderungen der Arbeitsplätze entsprechen oder deren Erwartungen erfüllt werden.
Liegen die Kennzahlen innerhalb eines zuvor definierten Toleranzbereichs, ist zu erwarten, dass auch die dem Recruiting zugeordneten Supportprozesse funktioniert haben. Kann das Recruiting keine positiven Kennzahlen ausweisen, kann dies an Problemen im Support liegen, die Ursachen können aber auch in der Kernfunktion selbst oder an externen Faktoren liegen. So kann beispielsweise der Entscheidungsprozess zu lang sein oder der Arbeitsmarkt gibt einfach nicht die geeigneten Kandidaten her. Ein Kernprozess wird also ohne leistungsfähige Supportprozesse kaum erfolgreich sein. Andererseits garantieren gute Supportprozesse noch keinen Erfolg des Kernprozesses.
3.1.3 Steuerung durch Kennzahlen notwendig
Da eine Schlechtleistung des Supportprozesses regelmäßig die Performance des Kernprozesses negativ beeinflussen wird, ist eine Steuerung durch Kennzahlenerhebung und andere Maßnahmen schon aus Risikogesichtspunkten unbedingt notwendig. Hierfür stehen Kennzahlen zur Verfügung, die isoliert die Leistung des Supportprozesses abbilden. Am Beispiel des Recruitings können das je nach Aufgabenverteilung Antw...