Rz. 159

Bis zur Verabschiedung des CoronaStHG IV vom 19.6.2022 galt für Verbindlichkeiten grundsätzlich eine steuerliche Abzinsungsverpflichtung mit einem Zinsatz von 5,5 %. Ausgenommen von der Abzinsung waren:

  • Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate betrug,
  • verzinsliche Verbindlichkeiten und
  • Verbindlichkeiten, die auf einer Anzahlung oder Vorauszahlung beruhten.
 

Rz. 160

Mit dem CoronaStHG IV vom 19.6.2022 hat der Gesetzgeber diese strikte Abzinsungsverpflichtung für Verbindlichkeiten aufgehoben. Damit geht einher, dass zukünftig unverzinsliche oder unterverzinsliche Verbindlichkeiten durch den Wegfall der konkreten gesetzlichen Abzinsungsverpflichtung nicht mehr abgezinst werden dürfen. Dies steht im Einklang mit dem Handelsrecht, da handelsrechtlich in § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB nur eine Abzinsungsverpflichtung für Rückstellungen (nicht aber für Verbindlichkeiten) normiert ist.

 

Rz. 161

Die Abzinsungsverpflichtung für Verbindlichkeiten beruhte auf der Annahme, dass eine zinslose Verbindlichkeit den Steuerpflichtigen weniger belaste (d. h., dass auch ohne Zinsabrede gleichwohl ein Zinsanteil existiert). Angesichts einiger Jahre, in denen das Zinsniveau derart niedrig oder gleich null war, ist dies nach Ansicht des Gesetzgebers nicht mehr länger rechtfertigbar.[1]

 

Rz. 162

Die Abschaffung der Abzinsungsverpflichtung für Verbindlichkeiten in der Fassung des CoronaStHG vom 19.6.2022 gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden. Allerdings kann der Steuerpflichtige auf Antrag die Regelung bereits vorher anwenden (§ 52 Abs. 12 Satz 2 EStG).

 

Rz. 163

Die geänderte Rechtslage entbindet den Steuerpflichtigen aber nicht von der Prüfung, ob ein offener oder verdeckter Zinsanteile enthalten ist.[2]

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