Dr. Matthias Emler, Christian Dahlhausen
Beim Design der für das Unternehmen passenden Data Governance-Organisation sind bewährte Prinzipien zu Grunde zu legen. Es sollte zunächst entschieden werden, ob eine zentrale oder dezentrale Organisationsform das Zielbild darstellt. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile, wobei Faktoren wie Grad der Kontrolle und Integration einerseits, Nähe zum Business und fachspezifischen Aspekten andererseits, auszutarieren sind. Hybride Formen sind hierbei die Regel, nicht nur in Übergangszeiträumen.
Ein weiteres wichtiges Designprinzip ist, dass die Data Governance über ihre Mechanismen möglichst cross-funktional sowohl in das Business (sprich Funktionsbereiche, Business Units, Regionen etc.), als auch in die IT eingebettet ist. Dies kann z. B. prozessual und über sog. "Data Governance Communities" erfolgen (s. Abb. 3). Die Data Governance soll ein Bindeglied zwischen Business und IT darstellen. Sie übersetzt fachliche Anforderungen und bildet diese zusammen mit der IT in Datenmodellen des Unternehmens ab.
Abb. 3: Beispiel einer cross-funktionalen Data-Governance-Organisation mit Fokus auf den Finanzbereich
Zudem müssen die entsprechend benötigten Rollen und Funktionen festgelegt werden. Neben zentralen, generell relevanten Rollen, wie etwa die von Data Ownern und Data Stewards, gibt es weitere mögliche Rollen, die unter gewissen Gegebenheiten als sinnvolle Ergänzung hinzugenommen werden können. Bedeutend ist vor allem, dass die Interaktion mit den Prozessverantwortlichen sichergestellt ist. In vielen Unternehmen besteht z. B. der Ansatz, Prozess- und Datenowner als Rolle personell zu bündeln.
Beim hybriden oder dezentralen Ansatz werden die Rollen aus Vertretern verschiedener Abteilungen besetzt, darunter Finance, IT, Recht, Compliance sowie dezentralen Funktions- und Geschäftsbereichen. Jede Person mit einer Data Governance-Rolle in den verschiedenen Bereichen sollte klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten haben, um sicherzustellen, dass die Data Governance ordnungsgemäß ausgeübt werden kann. Fachlich geführt wird diese virtuelle Organisation z. B. von einem Head of Data (Governance). Dieser koordiniert und stellt die Weiterentwicklung der diversen Themen aus übergreifender fachlicher Perspektive sicher, ohne disziplinarisch in der Verantwortung für die Mitglieder der virtuellen Data-Governance-Organisation zu stehen.
Die Etablierung einer solchen Führungsstruktur ist essenziell. Die Data Governance-Organisation muss von einer zentralen Stelle koordiniert werden. Dies bedingt erfahrungsgemäß einen zentralen Rumpf, der mindestens die Größe einer Stabsstelle aufweist, auch wenn ansonsten eine stark dezentrale Organisationsform gewählt wird.
In der Umsetzung ("build-up") der Data-Governance-Organisation ist auf die entsprechende Befähigung der Mitarbeitenden in ihrer neuen Rolle zu achten. Training bzw. Wissensaufbau sind kritische Erfolgsfaktoren, die eine junge Organisation beim Start beschleunigen und befähigen. Unternehmensweites Change Management, gepaart mit "Value Cases" für die Data Governance gehören ebenso dazu. Die Data Governance wird dem entsprechend Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten im Unternehmen, die teilweise bereits historisch existieren, typischerweise nachhaltig verändern.
Wie starten? Zwei Leitprinzipien, um der Komplexität Herr zu werden
Angesichts der immerzu wachsenden Menge an Daten aus internen und externen Quellen, stehen viele Unternehmen vor der Herausforderung, die richtige Herangehensweise bei der Data Governance zu identifizieren – selbst wenn organisatorische Rahmenbedingungen bereits erfolgreich geschaffen wurden. Zu komplex, zu undurchsichtig erscheint vielen Unternehmen ihre Datenlandschaft. Beim Abgrenzen des Umfangs der Data Governance kommen moderne Unternehmen meistens zu dem Ergebnis, dass nur ein cross-funktionaler Ansatz erfolgreich sein kann. "Thinking big" ist insofern die Regel für ein Data Governance-Zielbild. Für eine erfolgreiche Realisierung ist jedoch entscheidend, innerhalb eines breit angelegten Zielbilds i. S. v. "start small" den passenden Nukleus zu identifizieren.
Zwei Leitprinzipien haben sich dabei bewährt:
- Erstens ist es entscheidend, den Aufbau der Data Governance konsequent von den fachlichen (Informations-)Bedarfen anzugehen, nicht von den technischen Datenquellen und -modellen. Von diesen Bedarfen kommend ist ein semantisches Datenmodell abzuleiten, das als Dreh- und Angelpunkt den Austausch zwischen den verschiedenen Fachbereichen dient, aber auch die gezielte Abstimmung zwischen Fachbereichen und der IT ermöglicht. Eine solche gemeinsame, von Bedarfen gelenkte "Datensprache" ist essenziell, um in der komplexen Welt der eigentlichen Datenquellen und technischen Datenmodelle die Übersicht zu behalten.
- Als zweites Leitprinzip hat sich ein "Top-down"-Vorgehen bewährt. Kommend von semantischen Datenbereichen, die für (nahezu) alle Fachbereiche relevant sind, wird ein Nukleus als Initialumfang der Data Governance definiert. Ausgehend von diesem Nukl...