Data Mesh: Vorteile und Herausforderungen aus der Controlling-Perspektive
Das Data Mesh-Konzept basiert auf vier Prinzipien, die eine neue Denkweise und Herangehensweise bei der Bereitstellung und Nutzung von Daten fördern und fordern – auch für das Controlling.
1. Data Mesh-Prinzip: Dezentrale Datenverantwortung in den Fachbereichen
Traditionell liegt die Verantwortung für Data & Analytics (D&A) bei zentralen Teams. Wenn eine Fachabteilung etwas benötigt, beschreibt sie dem D&A-Team ihre Anforderungen. Klassische Berichtsanforderungen umfassen z. B. den Aufbau von Reports oder Dashboards einschl. der dazugehörigen Datenquellen, die zur Verfügung stehen. Das zentrale D&A-Team baut basierend hierauf entsprechende Datenmodelle auf und stellt die gewünschten Dashboards oder Reports zur Verfügung. In der Praxis bringt dieses Modell jedoch große Herausforderungen mit sich:
- Die zentralen Teams skalieren nicht ausreichend.
- Ihnen fehlt Fachdomänenexpertise, was ein Risiko für die Ergebnisqualität birgt.
Viele Controller haben außerdem die Erfahrung gemacht, dass die Daten im Data Warehouse für ihre Anforderungen nicht brauchbar sind. Der Download der Daten und die manuelle Bearbeitung, z. B. mittels Excel, ist daher weiterhin ein gängiger Umweg, der sich den Fachbereichen aufdrängt.
Im Konzept des Data Mesh übernehmen die Fachbereiche, die inhaltlich am nächsten an den Daten sind, die Verantwortung für ihre eigenen Daten. Eine erhoffte Folge ist, dass sich deutlich mehr Mitarbeiter mit Data & Analytics befassen und das Unternehmen insgesamt datengetriebener wird.
2. Data Mesh-Prinzip: Produktdenken auf Daten anwenden ("data as a product")
Der Paradigmenwechsel hin zur dezentralisierten Eigentümerschaft für Data Assets hat auch Auswirkungen auf das Controlling. Daten als Produkte zu betrachten ("data as a product") ermöglicht es, die Probleme der Datenkonsumenten zu identifizieren, zu verstehen sowie zu priorisieren und dafür zielgerichtete Lösungen mit einer möglichst langen Lebensdauer zu entwickeln.
Im Controlling spielen die Qualität und die Verfügbarkeit von Daten eine entscheidende Rolle. Data Mesh ermöglicht es Controllern hierbei auch aus anderen Fachbereichen bessere Datenprodukte einzufordern, da die Data Product Ownership klar definiert ist.
Eine Herausforderung bei der Umsetzung eines Data Mesh ist, dass viele Fachabteilungen nur auf ihre eigenen Prozesse und Daten fokussiert sind. Die Verantwortlichen in den jeweiligen Abteilungen müssen erst motiviert werden, auch für andere Anwendungszwecke gute Datenprodukte bereitzustellen, um die Data & Analytics im gesamten Unternehmen voranzutreiben. Dies kann meist nur mit einer unternehmensübergreifenden Strategie für Data Culture und durch Data Leadership aus der Unternehmensführung heraus gelingen.
3. Data Mesh-Prinzip: Self Service Data Platform
Damit Fachanwender Datenprodukte mit anderen Kollegen und Abteilungen teilen und diese die bereitgestellten Daten finden und nutzen können, müssen die Anwender durch eine geeignete Plattform unterstützt werden. Im besten Fall handelt es sich dabei um eine einfach zu bedienende Self Service-Plattform, die einen No Code oder Low Code Ansatz verfolgt, um sie möglichst vielen Nutzern zugänglich zu machen.
Eine zentrale Self-Service-Datenplattform bietet viele Vorteile, insbesondere dann, wenn eine solche Lösung im Unternehmen noch nicht vorhanden ist.
- Die Nutzer können Datenprodukte anderer Anwender des eigenen und aus anderen Fachbereichen leicht finden und die Data Ownership, d. h. wer für das Datenprodukt verantwortlich ist, einsehen.
- Zudem können Nutzer sowohl Datenquellen als auch Data Pipelines einsehen und somit die Qualität und Herkunft der Daten besser nachvollziehen.
- Insgesamt bietet eine zentrale Self-Service-Datenplattform einen guten Überblick über die Daten und Datenprodukte eines Unternehmens und ermöglicht Fachabteilungen einen einfachen Zugriff auf Datenprodukte anderer Nutzer.
4. Data Mesh-Prinzip: Federated Computational Data Governance
Federated Computational Data Governance sorgt für eine verteilte, non-invasive Umsetzung von Data Governance, die auch die Einhaltung übergreifender Richtlinien sicherstellt und durch die (Teil-) Automatisierung wiederkehrender Aufgaben ein effizientes Arbeiten ermöglicht.
Im Data Mesh Konzept soll die Verantwortung für Data Governance dezentralisiert werden. Dennoch soll weiterhin eine unternehmensweite Data Governance definiert und deren Einhaltung sichergestellt werden, allerdings in einer im Vergleich zu traditionellen Konzepten schlankeren Form. "Computational" bezieht sich in diesem Kontext auf die weitestgehende Automatisierung der Data Governance, um die Fachbereiche zu unterstützen und zu entlasten und gleichzeitig die Sicherheit zu erhöhen.
Operativ bedeutet dies, dass die Data Owner sehen, wer im Unternehmen welche Daten zu welchem Zweck nutzt. Auch die Nutzer wissen, woher die von ihnen verwendeten Daten stammen und welche Policies für diese Daten gelten. Zudem werden Prozesse für den Datenzugriff implementiert und Regeln für die Datennutzung können, sowohl für das Controlling als auch für andere Fachabteilungen, besser gesteuert werden.
Fazit
Das Data Mesh Konzept bietet Unternehmen neue Möglichkeiten, Daten effizient zu nutzen und zu analysieren. Es hat das Potenzial, die Datenlandschaft von Unternehmen zu revolutionieren, indem die Verantwortung für Daten dezentralisiert wird, Datenprodukte unternehmensweit bereitgestellt werden und die Geschäftseinheiten ihren Datenbedarf selbst steuern können, um die Entscheidungsfindung zu verbessern.
Ein großer Vorteil des Data Mesh Ansatzes ist seine Skalierbarkeit und Flexibilität. Unternehmen können ihre Dateninitiativen auf verschiedene Fachabteilungen ausweiten und gleichzeitig die Agilität und Autonomie der einzelnen Domänen-Experten fördern.
Die erfolgreiche Implementierung von Data Mesh erfordert eine sorgfältige Planung, klare Richtlinien und eine kontinuierliche, enge Zusammenarbeit zwischen dem Controlling und anderen Fachabteilungen, um die effektive Nutzung der Daten sicherzustellen.
Über die Autoren
Jacqueline Bloemen ist Senior Analyst Data & Analytics bei BARC, mit den Schwerpunkten Data und Analytics Strategie und Kultur, Architektur und Technologie, Governance und Organisation. Sie ist Autorin und Rednerin und berät seit über 40 Jahren Unternehmen verschiedener Größen und Branchen. Derzeit konzentriert sich ihre Forschungs- und Beratungstätigkeit auf die Transformation zum datengetriebenen Unternehmen und Datendemokratie. Sie ist seit 2005 für BARC tätig.
Chris Neubauer ist Analyst im Bereich Data & Analytics und ESG bei BARC. Chris Fachgebiete sind Softwarelösungen im Bereich Corporate Performance Management (CPM), Planung, Analytics und ESG (Environmental, Social und Governance). Er berät Unternehmen bei der Identifikation von Einsatzszenarien sowie bei der Softwareauswahl und unterstützt bei strategischen Fragestellungen. Darüber hinaus ist er Autor von BARC-Marktstudien und Fachartikeln und begleitet Projektseminare im Bereich ESG an Hochschulen.
Mehr zu Data Mesh inkl. Keynotes und Case Studies können Interessierte auf der BARC Tagung "Data Mesh & Fabric" am 27. und 28. September 2023 in Würzburg erfahren. Weitere Infos zur Tagung finden Sie hier.
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