Leitsatz
1. Die steuerliche Begünstigung sog. dauerdefizitärer Tätigkeiten einer von der öffentlichen Hand beherrschten Kapitalgesellschaft gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG setzt voraus, dass die Kapitalgesellschaft das Dauerverlustgeschäft selbst ausübt.
2. Übt die Kapitalgesellschaft das Dauerverlustgeschäft nicht selbst aus, weil sie den verlustbringenden Freibadbetrieb an einen eingetragenen Verein verpachtet hat, ist die Verpachtungstätigkeit nicht begünstigt.
Normenkette
§ 8 Abs. 7 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009
Sachverhalt
Die Stadt A ist Alleingesellschafterin der klagenden GmbH, die Organträgerin zweier Organgesellschaften (Stadtwerke A GmbH; A Bädergesellschaft mbH) ist. Die Bädergesellschaft betrieb ursprünglich die Bäder in A und das Freibad in B. Das (defizitäre) Freibad wurde im Dezember 2005 an einen Trägerverein verpachtet. Der schriftliche Pachtvertrag sah u.a. die Zahlung einer Pacht vor, die sich nach der Höhe der Abschreibungen bei der Bädergesellschaft bemessen sollte. Allerdings sollte die Bädergesellschaft auch einen Zuschuss gewähren, der den Betriebsaufwand abdecken sollte.
In den Streitjahren 2006 bis 2011 leistete der Trägerverein die vereinbarten Pachten (zwischen 6.000 EUR und 22.500 EUR p.a.) und die Bädergesellschaft die Betriebskostenzuschüsse (ca. 100.000 EUR p.a.). Sie behandelte die Zuschusszahlungen als Betriebsausgaben, während das FA insoweit vGA ansetzte.
Das FG war der Ansicht, § 8 Abs. 7 KStG setze nicht voraus, dass die Klägerin als Eigengesellschaft der Stadt A das Dauerverlustgeschäft selbst ausüben müsse, und gab der Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.6.2015, 6 K 253/14, Haufe-Index 8905772, EFG 2016, 224).
Im Revisionsverfahren konzedierte das FA zwar, dass es ausreiche, wenn eine Eigengesellschaft das begünstigte Dauerverlustgeschäft mittelbar ausübe, indem es den Betrieb unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 KStG verpachte. Allerdings liege eine solche Verpachtung im Streitfall wegen der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung nicht vor. (Geringer) Pachtzins und (hoher) Zuschuss seien rechtlich und tatsächlich miteinander verknüpft und deshalb zu saldieren.
Entscheidung
Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hinweis
1. Schuld war wieder einmal der I. Senat des BFH. Da er nicht davon absehen wollte, das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigenbetriebes in der Rechtsform einer GmbH (z.B. das Unterhalten eines Bäderbetriebs) ohne Verlustausgleich und ggf. ohne angemessenen Gewinnaufschlag durch die Gesellschafterin (Trägerkörperschaft) als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren (BFH, Urteil vom 22.8.2007, I R 32/06, BStBl II 2007, 961; Kommentierung s. BFH/PR 2008, 22), musste der Gesetzgeber "helfend" eingreifen. Denn der Quersubventionierung durch Zusammenfassung von defizitären und gewinnbringenden Betrieben gewerblicher Art der öffentlichen Hand drohte in der Konsequenz der BFH-Rechtsprechung der Garaus. Das JStG 2009 fügte § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG und § 8 Abs. 7 bis 9 KStG in das Gesetz ein und normierte in § 4 Abs. 6 KStG die zusammenfassbaren Tätigkeiten.
§ 8 Abs. 7 KStG bildet durch den Ausschluss der vGA-Rechtsfolgen für Dauerverlustgeschäfte der öffentlichen Hand ein bereichsspezifisches Sonderrecht mit subventiver Motivation. Im Streitfall war die personelle Reichweite des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG zu klären. Und um es vorwegzunehmen: Der BFH nimmt den Gesetzgeber "beim Wort" und verweigert sich dem Ansinnen, die Wortlautgrenze zu überdehnen und damit die Begünstigung ohne klaren gesetzgeberischen Auftrag auszuweiten.
2. Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG sind bei Kapitalgesellschaften die Rechtsfolgen einer vGA nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein sog. Dauerverlustgeschäft (wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt im verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Bereich) unterhalten.
Besteht eine Organschaft, sind vGA und § 8 Abs. 7 auf Dauerverlustgeschäfte i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 allerdings bei der Organgesellschaft nicht unmittelbar anzuwenden, sondern "erst" bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers (s. § 15 Satz 1 Nr. 4 Sätze 1, 2 KStG). Dazu muss zunächst auf der Ebene der Organgesellschaft geprüft werden, ob einzelne dauerdefizitäre Tätigkeiten vorliegen, die aus einem "begünstigten" Grund unterhalten werden; alsdann sind für diesen Teil des Einkommens auf Ebene des Organträgers die Rechtsfolgen der vGA nicht zu ziehen.
3. Tatbestandsvoraussetzung ist aber, dass die angeführten Betriebe "ein Dauerverlustgeschäft ausüben". Dieses Erfordernis wird vom BFH dahin gedeutet, dass das Geschäft "in eigener Person" (selbst) betrieben werden muss. Die Zahlung eines Verlustausgleichs (verlorener Zuschuss) an einen Dritten (hier: den Trägerverein), der seinerseits das Dauerverlustgeschäft auf eigene Rechnung betreibt, lässt sich unter den Gesetzeswortlaut nicht mehr subsumieren. Die Fiktionswirkung des § 4 Ab...