Leitsatz
Das vor Inkrafttreten des InvStG anzuwendende KAGG enthielt ebenso wie das AuslInvestmG keine Regelung zur Steuerpflicht der Veräußerung von Fondsanteilen. Daraus ist nicht zu schließen, dass eine Veräußerung von Anteilen innerhalb der Spekulationsfrist nicht nach § 23 Abs. 1 EStG steuerpflichtig sein kann.
Sachverhalt
Die Klägerin veräußerte im Jahr 1999 im erheblichen Umfang Anteile an inländischen und ausländischen Investmentfonds innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist. Die daraus erzielten Veräußerungsgewinne behandelte sie als nicht steuerbare Einkünfte, weil weder KAGG noch AuslInvestmG eine Regelung zur Steuerpflicht enthielten und diese Vorschriften dem EStG vorgingen. Das Finanzamt setzte die erzielten Veräußerungsgewinne als privaten Veräußerungsgewinn i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG an.
Entscheidung
Das Finanzgericht sah die hiergegen gerichtete Klage als unbegründet an. Fondsanteile stellen nach seiner Auffassung jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter dar. Der Klägerin sei insoweit zugestanden, dass die steuerliche Behandlung der Erträge aus inländischen und ausländischen Investmentanteile dem aus den Spezialgesetzen sich ergebenden Grundsatz der Transparenz folgt. Die anzuwendenden Gesetze regelten zwar nicht ausdrücklich die Anwendung des § 23 EStG, sie schlössen aber ihrem Wortlaut nach die Anwendung dieser Vorschrift nicht aus. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 EStG entspreche jedoch dem Sinn und Zweck des Grundsatzes der Transparenz. Denn durch die Zwischenschaltung des Investmentvermögens solle im Prinzip keine höhere Steuerbelastung, aber auch keine niedrigere Belastung eintreten.
Die Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Investmentfondsanteilen entspreche auch der Systematik des EStG, das grundsätzlich zwischen Erträgen aus einem Vermögensstamm und der Veräußerung des Vermögensstamms differenziere. Deshalb seien die Gewinne aus der Veräußerung von Fondsanteilen nach den allgemeinen Regeln als Veräußerung des Vermögensstamms unter § 23 EStG zu erfassen.
Im Übrigen entspreche die steuerliche Gleichbehandlung der Veräußerung von Fondsanteilen mit der von Aktien dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und einer gleichmäßigen Besteuerung nach Art. 3 Abs. 1 GewStG.
Hinweis
Gegen die Entscheidung ist unter dem Az. IX R 3/15 eine Revision vor dem BFH anhängig. Rechtsbehelfe in vergleichbaren Sachverhalten ruhen deshalb nach § 363 AO.
Auf Sachverhalte, die unter das InvStG fallen, ist diese Entscheidung nicht anzuwenden. § 8 Abs. 5 InvStG enthält anders als die hier anzuwendenden Gesetze eine ausdrückliche Regelung, nach der bei der Veräußerung von Fondsanteilen § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG anzuwenden ist.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2014, 1 K 3180/12