Michael Winter, Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Ein Händler (Wiederverkäufer) kann mit Beginn des Kalenderjahres, in dem er eine entsprechende Erklärung abgibt, die Differenzbesteuerung auch anwenden, wenn er
- Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten selbst aus Drittländern eingeführt hat oder
- Kunstgegenstände vom Künstler selbst oder von einem anderen Unternehmer, der kein Wiederverkäufer ist, erworben hat, auch wenn er dafür Umsatzsteuer gezahlt hat .
Die Differenzbesteuerung kann auf einzelne Gruppen dieser Gegenstände ("Kunstgegenstände" oder "Sammlungsstücke" oder "Antiquitäten") beschränkt werden. Was zur jeweiligen Gruppe gehört, richtet sich nach den Nummern 49f, 53 und 54 der Anlage 2 des UStG. Antiquitäten sind andere Gegenstände als Kunstgegenstände und Sammlungsstücke, die mehr als 100 Jahre alt sind.
4.1 Parallelregelung zwischen Differenzbesteuerung und Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 7 %
Die Begriffe Kunstgegenstände und Sammlungsstücke sind nach denselben Merkmalen zu beurteilen, die für Zwecke der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 UStG in Verbindung mit den Nummern 53 und 54 sowie Nr. 49 Buchst. f der Anlage 2 des UStG gelten. Dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen
die Gegenstände
aa) |
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden, |
bb) |
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder |
cc) |
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben. |
Konsequenz: Der ermäßigte Steuersatz von 7 % ist nicht anwendbar, wenn die Lieferung oder der innergemeinschaftliche Erwerb durch einen Wiederverkäufer erfolgt. Die Differenzbesteuerung für Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten kann andererseits nur von Wiederverkäufern beansprucht werden. Das bedeutet, dass der Wiederverkäufer immer 19 % Umsatzsteuer zahlt und zwar
- entweder auf den vollen Betrag oder
- bei der Differenzbesteuerung vom Differenzbetrag zwischen Ein- und Verkaufspreis.
Behandlung der Einfuhrumsatzsteuer:
Mit Urteil vom 13.7.2023 (C 180/22) hat der EuGH sich zur Frage geäußert, ob die abzuführende Umsatzsteuer bei einem innergemeinschaftlich gelieferten Kunstgegenstand zur Bemessungsgrundlage dazu zählt oder nicht. Er kam zu dem Ergebnis, dass die zu entrichtende Umsatzsteuer, die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb der Kunstgegenstände entfällt, bei der späteren Lieferung Teil der Steuerbemessungsgrundlage ist.
4.2 Kunstgegenstände: Was dazu zählt
Hierzu gehören Gemälde und Zeichnungen, vollständig mit der Hand geschaffen, Collagen und ähnliche dekorative Bildwerke, Originalstiche, -schnitte, -steindrucke, Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst einschließlich von Bildgüssen bis zu einer Höchstzahl von 8 Exemplaren, die unter Aufsicht des Künstlers oder seines Rechtsnachfolgers hergestellt werden.
4.3 Sammlungsstücke: Welche Stücke dazu zählen
Hierzu gehören
- zoologische, botanische, mineralogische oder anatomische Sammlungsstücke und Sammlungen dieser Art,
- Sammlungsstücke von geschichtlichem, archäologischem, paläontologischem oder völkerkundlichem Wert,
- Sammlungsstücke von münzkundlichem Wert und zwar kursungültige Banknoten einschließlich Briefmarkengeld und Papiernotgeld, Münzen aus unedlen Metallen,
- Münzen und Medaillen aus Edelmetallen, wenn die Bemessungsgrundlage für die Umsätze dieser Gegenstände mehr als 250 % des Metallwerts ohne Umsatzsteuer beträgt,
- sowie Briefmarken und dergleichen (z. B. Ersttagsbriefe, Ganzsachen).
4.4 Antiquitäten: Stücke, die älter als 100 Jahre sind
Das sind nach Abschn. 25a.1 Abs. 6 Satz 4 UStAE andere Gegenstände als Kunstgegenstände und Sammlungsstücke, die mehr als 100 Jahre alt sind.