Till Tschierschky, Dr. Kristina Hunke
Eine prozessuale Voraussetzung für die Implementierung einer digitalen Konsolidierung ist die Verlagerung von Prozessen in die Periode. Dies bedeutet nicht nur, dass einzelne Aktivitäten des Abschlussprozesses an vorgelagerten Deadlines erfolgen (z. B. durch Hard-Close-Ansätze), sondern auch, dass Aktivitäten kontinuierlich durchgeführt werden (Continuous Accounting). Mit der digitalen Konsolidierung und der Erfordernis der untermonatlichen steuerungsunterstützenden Konsolidierung erhalten die vorgelagerten Prozesse eine weitaus größere Bedeutung.
Es ist nun nicht mehr der alleinige Zweck, am Periodenende Geschwindigkeit zu gewinnen, sondern auch eine jederzeitige Konsolidierung ("Any-time") zu ermöglichen. Die hierfür benötigte Datenverfügbarkeit und -qualität ist somit auch jederzeit vorzuhalten und sollte bereits zum Transaktionszeitpunkt sichergestellt sein. Daraus ergibt sich eine Notwendigkeit, die im gesamten Konzern gebuchten Zahlen durchgehend auch über Buchungskreisgrenzen hinweg einheitlich zu erfassen.
Als Beispiel sind hier die buchungskreisübergreifenden (cross-company) Buchungen von IC-Transaktionen zu nennen. Diese können in einem vollständig integrierten ERP-System zeitgleich sowohl auf Sender- als auch Empfängerseite gebucht werden. Dadurch werden Unterschiede aus der zeitlichen Betrachtung / Bearbeitung verhindert. Je nach Sachverhalt kann sogar eine abweichende Akzeptanz der gebuchten Geschäftsvorfälle umgangen werden, indem aus der Sachlogik heraus begründet eine Seite der Geschäftsbeziehung als führend definiert wird ("Forderung führt"). Diese geschäftsspezifischen Sachverhalte müssen bei dem Aufsatz eines einheitlichen Financial Core Systems erarbeitet werden.
Neben den sogenannten vollautomatisierten IC-Transaktionen (meist aus dem operativen Geschäft) wird es aber auch weiterhin einen zumindest geringen manuellen Aufwand für die Abstimmung zwischen den Geschäftspartnern geben. Diese Abstimmung kann durch rechtliche Ausnahmen oder Einzelsachverhalte begründet sein und sollte prozessual in der Abschlussgestaltung berücksichtigt sein.
Abb. 4 veranschaulicht diese Thematik.
Abb. 4: Prozessuale Änderungen in der Periode
Im Ergebnis werden hierdurch zwei wichtige Ziele der Abschluss- und Konsolidierungsprozesse unterstützt:
- Ziel 1: Es wird ein erheblicher Teil des Aufwandes in die Periode verlagert und findet nicht mehr innerhalb des zeitkritischen Abschlussprozesses am Periodenende statt.
- Ziel 2: Es liegen zu jeder Zeit validierte und qualitätsgesicherte Daten für die Konsolidierung und das anschließende Reporting bereit.
Abb. 5: Validierung während der Buchungserstellung
Viele Sachverhalte können bereits automatisiert in der Buchhaltung erfasst werden (z. B. mit Hilfe einer automatisierten Materialwirtschaft oder der automatisierten Rechnungsstellung und -erfassung). Auch das Herunterbrechen der planmäßigen Abschreibung oder Personalaufwendungen in die Periode (bzw. tag-genau) ist mit modernen Prozessen und Technologien möglich. Größere Herausforderungen in der vollständigen Automatisierung ergeben sich allerdings u. a. im Hinblick auf folgende Themen:
- Umsatzrealisierung
- Forderungsbewertungen
- Rückstellungsthematiken
- außerplanmäßige Abschreibungen
- Einzelveräußerungspreise für nicht regelmäßig gehandelte Produkte
Hier ergeben sich insbesondere Fragestellungen hinsichtlich Datenverfügbarkeit oder Erfassungslogiken bei der Umsatzrealisierung nach IFRS 15. Um solche Themen in Einzelfällen lösen zu können, kann auch auf stochastische Methoden zurückgegriffen werden, um vorab auf Basis von Advanced Analytics die Höhe und den Zeitpunkt der Buchungen schätzen zu können. Immer vor dem Hintergrund, dass diese Zahlen der internen Steuerung und dem Management Reporting dienen. In diesen Fällen kann es zur Notwendigkeit von Anpassungen an IFRS-Regularien am Periodenende kommen. Je weiter professionalisiert die Logik angewendet wird, umso kleiner werden diese Anpassungen sein.