Dipl.-Finanzwirt (FH) Nikolaus Zöllner
Zusammenfassung
Das Disagio – auch Damnum oder Abgeld genannt – ist der Unterschiedsbetrag zwischen der vereinbarten Darlehenssumme (Darlehensschuld) und dem niedrigeren, ausbezahlten Betrag an den Darlehensnehmer. Das Disagio ist ein vorgenommener Abschlag auf den Darlehensbetrag.
Wirtschaftlich betrachtet ist das Disagio eine zusätzliche Vergütung des Darlehensnehmers für die Kapitalüberlassung in Form von vorweg gezahlten Zinsen.
Für die Regelverzinsung wird der Darlehensnennbetrag – ohne Abzug des Disagios – herangezogen.
§ 250 Abs. 3 HGB: Ansatzwahlrecht und Tilgung durch planmäßige jährliche Abschreibung.
§ 268 Abs. 6 HGB: Bilanzausweis oder Anhangsangabe für Kapitalgesellschaften und bestimmte Personengesellschaften
H 6.10 EStH (Damnum): steuerliches Ansatzgebot und Verteilung auf die Laufzeit
1 Darlehen mit Disagio-Vereinbarung
Das Disagio ist der Differenzbetrag zwischen der vereinbarten Darlehenssumme (Darlehensschuld) und der tatsächlichen Auszahlungssumme. Es wird üblicherweise in Prozent des Darlehensbetrags angegeben, z. B. "5 % Disagio". Alternativ kann es auch als Auszahlungsbetrag oder -kurs bezeichnet sein, z. B. "95 % Auszahlungskurs".
Kreditaufnahme mit Vereinbarung eines Disagios
Die NeedMoney GmbH (Darlehensnehmerin) nimmt am 10.1.01 bei ihrer Hausbank (Darlehensgeber) ein Darlehen in Höhe von 100.000 EUR zu nachfolgenden Konditionen auf:
- Darlehenssumme 100.000 EUR, rückzahlbar zum 10.01.05
- 5 % Disagio (5 % von 100.000 EUR = 5.000 EUR)
Das Darlehen wird am 10.1.01 auf dem Bankkonto gutgeschrieben. Auf dem Kontoauszug werden 95.000 EUR ausgewiesen, die sich wie folgt errechnen:
Darlehensbetrag (Darlehensschuld) |
100.000 EUR |
abzüglich Disagio (5 %) |
–5.000 EUR |
= Auszahlungsbetrag (95 %) |
95.000 EUR |
Die Summe aller Disagio- und Zinsaufwendungen entspricht regelmäßig dem Gesamtentgelt für die Kapitalüberlassung. Der Zinssatz kann während der gesamten Laufzeit des Darlehens oder nur während eines Teils der Laufzeit festgeschrieben sein (Zinsfestschreibungszeitraum).
Zusammenhang zwischen Zinsen und Disagio
Zwischen der Höhe des Darlehenszinssatzes und des Disagios besteht ein unmittelbarer Zusammenhang:
- Je höher das Disagio, desto geringer sind die Zinsen während des Zinsfestschreibungszeitraums.
- Je niedriger das Disagio, desto höher sind die Zinsen.
Diese Korrelation kann aktiv zur steueroptimalen Gestaltung von Kreditkonditionen und Abschreibungs- oder Aufwandspotenzial genutzt werden.
2 Buchung und Bilanzierung bei Kreditaufnahme
2.1 Handelsrechtliche Beurteilung
2.1.1 Sonderposten
Das Disagio ist handelsrechtlich als Sonderposten (Rechnungsabgrenzungsposten) einzustufen. Im Gegensatz zu den "klassischen" Rechnungsabgrenzungsposten gemäß § 250 Abs. 1 HGB besteht für das Disagio kein Bilanzierungsgebot. Abschreibung und Bilanzausweis dieses Bilanzpostens sind gegenüber den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten abweichend geregelt.
Regelungen des Disagios nach Handelsrecht |
Aktivierung |
Der Unterschiedsbetrag (Disagio) darf in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden. Aktivierungswahlrecht |
§ 250 Abs. 3 Satz 1 HGB |
Abschreibung |
Der Unterschiedsbetrag (Disagio) ist durch planmäßige jährliche Abschreibung zu tilgen. Abschreibungsgebot |
§ 250 Abs. 3 Satz 2 HGB |
Die Abschreibungen des Unterschiedsbetrags können auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden. Wahlrecht zur Laufzeit |
§ 250 Abs. 3 Satz 2 HGB |
Bilanzausweis |
Bei Aktivierung: Aufnahme in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite der Bilanz |
§ 250 Abs. 3 Satz 1 HGB |
Zusätzlich für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften und KapCo-Gesellschaften: Gesonderter Ausweis in der Bilanz oder Angabe im Anhang Personengesellschaften, die nicht unter den § 264a HGB fallen, sind hiervon befreit. Einzelkaufleute sind berechtigt, sonstige Rechnungsabgrenzungsposten und ein aktiviertes Disagio in einer Position auszuweisen. Ausweisgebot |
§ 268 Abs. 6 HGB |
Tab. 1: Handelsrechtliche Regelungen zum Disagio.
Ausweis eines Disagios in der Bilanz
Ein aktiviertes Disagio kann entweder als Davon-Vermerk oder als Untergliederung des Rechnungsabgrenzungspostens ausgewiesen werden. In der Regel erfolgt dies mit den Bezeichnungen "Disagio" oder "Damnum".
Gibt es mehrere Darlehen mit Disagio, kann der Bilanzausweis zusammengefasst erfolgen; ein einzelner Ausweis jedes Disagios ist nicht erforderlich.
2.1.2 Aktivierungswahlrecht
Das Aktivierungswahlrecht kann für jedes einzelne Disagio nur im Ausgabejahr des Darlehens ausgeübt werden. Eine Nachholung in späteren Geschäftsjahren ist nicht möglich. Wird vom Aktivierungswahlrecht kein Gebrauch gemacht, kann das Disagio alternativ sofort als Aufwand gebucht werden.
Bei Buchung des Unterschiedsbetrags bestehen daher folgende Wahlmöglichkeiten:
- Nichtausübung des Wahlrechts zur Aktivierung und vollständige Buchung als Aufwand oder
- Aktivierung als Rechnungsabgrenzungsposten in voller Höhe.
Bei der Ausübung des Aktivierungswahlrechts ist in den Jahresabschlüssen der folgenden Geschäftsjahre zwingend das Stetigkeitsgebot (Beibehaltung angewandter Ansatzmethod...