Leitsatz
Die Begründung eines zweiten Haushalts außerhalb des Arbeitsorts, um in diesem Haushalt mit der Lebensgefährtin zu wohnen, ist grundsätzlich privat veranlasst mit der Folge, dass Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung steuerlich nicht anzuerkennen sind.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG
Sachverhalt
Der ledige Kläger wohnte und arbeitete im Streitjahr 1993 in S. 1992 hatte er seinen Hauptwohnsitz von S nach W verlegt, um dort mit seiner Lebensgefährtin, die er 1994 heiratete, in einem gemeinsamen Haushalt zusammenzuleben. Die (Zweit)Wohnung in S behielt er bei.
Das FA ließ die vom Kläger geltend gemachten Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung (insbes. Unterkunftskosten in S) nicht zum Abzug zu. Die Klage des Klägers blieb erfolglos.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Die Aufsplitterung der Haushaltsführung sei – nach den obigen Grundsätzen – nicht beruflich veranlasst.
Der BFH fügte hinzu, dass es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten sei, die Ausnahme, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in Fällen der Eheschließung in Bezug auf die berufliche Veranlassung gemacht habe, in jedem Fall auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu übertragen. Zwar könnten auch solche Gemeinschaften mit Kindern eine Familie (als Gemeinschaft von Eltern und Kindern) bilden. In den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fielen jedoch nicht Lebensgemeinschaften ohne Kinder.
Der BFH konnte deshalb auch offen lassen, wie zu entscheiden wäre, wenn im Streitfall Kinder vorhanden gewesen wären.
Hinweis
Nach der gesetzlichen Definition des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG können nur solche Mehraufwendungen steuerlich anerkannt werden, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Die Begründung (nicht die Führung) der zweiten Wohnung muss also aus beruflichen Gründen veranlasst sein.
Schwierigkeiten bereiten immer wieder diejenigen Fälle, in denen – unter Beibehaltung eines Haushalts am Beschäftigungsort – ein Hausstand von diesem Ort wegverlegt wird. Grundsätzlich ist eine solche Wegverlegung privat veranlasst. Denn es liegt regelmäßig kein beruflicher Grund dafür vor, dass ein Arbeitnehmer außerhalb seines Beschäftigungsorts eine zweite Wohnung nimmt.
Ausnahmsweise hat der BFH in ständiger Rechtsprechung die Begründung eines doppelten Haushalts dann als beruflich angesehen, wenn Ehegatten bereits vor ihrer Heirat an verschiedenen Orten berufstätig waren, an ihren jeweiligen Beschäftigungsorten wohnten und nach der Eheschließung eine der beiden Wohnungen zur Familienwohnung gemacht haben. Der entscheidende Grund für die Anerkennung der Mehraufwendungen bei Heirat zweier Berufstätiger liegt darin, dass diese – anders als bei der Berufstätigkeit nur eines Partners – sich nicht mit einem einzigen Wohnsitz am Ort der Berufsausübung eines von ihnen begnügen können.
Eine Ausdehnung der nur Ehegatten begünstigenden Rechtsprechung (etwa auf die Zeit vor der Eheschließung) hat der BFH aber abgelehnt.
Eine Anerkennung der Kosten folgt auch nicht daraus, dass der BFH im Urteil vom 5.10.1994, VI R 62/90 (BStBl II 1995, 180), auch bei nicht verheirateten Arbeitnehmern einen doppelten Haushalt unter dort näher bestimmten Voraussetzungen (keine Zurechnungsperson mehr nötig) anerkannt hat. Auch bei Alleinstehenden ist Voraussetzung für die Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, dass der doppelte Haushalt aus beruflichem Anlass begründet wird. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn der Alleinstehende seinen Hauptwohnsitz von seinem bisherigen Arbeits- und Wohnort wegverlegt, um am neuen Hauptwohnsitz mit seinem Lebenspartner zusammenzuleben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.4.2001, VI R 130/99