Prof. Dr. Franceska Werth
Leitsatz
1. Erwirbt ein Mitunternehmer einen weiteren Anteil an derselben Personengesellschaft aufgrund des Todes eines Mitgesellschafters im Wege der Anwachsung hinzu, vereinigt sich der hinzuerworbene Anteil in der Regel mit dem bisherigen Mitunternehmeranteil des Erwerbers zu einem einheitlichen Mitunternehmeranteil. Dies gilt auch dann, wenn der Mitunternehmer bereits im Anwachsungszeitpunkt die Absicht hat, den hinzuerworbenen Anteil an einen anderen Mitgesellschafter zu veräußern (Anschluss an BFH-Urteil vom 22.06.2017 ‐ IV R 42/13, BFHE 259, 258).
2. Die Auflösung oder Beibehaltung des Korrekturpostens zu den dem Gesellschafter anteilig zuzurechnenden Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens in einer positiven Ergänzungsbilanz oder -rechnung ist von der Beibehaltung des Umfangs der Beteiligung an den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens abhängig. Im Fall der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils ist die positive Ergänzungsbilanz oder -rechnung korrespondierend in Höhe des veräußerten Bruchteils des Anteils aufzulösen und das Mehrkapital insoweit in das anteilige Buchkapital des veräußerten Teilanteils einzubeziehen.
Normenkette
§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft. Der Gesellschafter X verstarb, sodass sein Anteil den übrigen Gesellschaftern M, S und F anwuchs. Anlässlich der Aufnahme eines neuen Gesellschafters (A) wurde im Streitjahr 2005 ein neuer Partnerschaftsvertrag geschlossen. In diesem Zug übertrugen M und S jeweils einen Teil ihres Mitunternehmeranteils an F. In der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wurde infolge der Abtretung der Anteile an A und F in den positiven Ergänzungsrechnungen des M und S jeweils der von X hinzuerworbene Praxiswert vollständig gewinnmindernd ausgebucht. Die Zahlungen der A und des F wurden in den Ergänzungsrechnungen des M und S mit den Minderungsbeträgen verrechnet. In der Feststellungserklärung für das Streitjahr wurden dementsprechend keine Veräußerungsgewinne des M und des S aus der Übertragung der Bruchteile an den Partnerschaftsanteilen, sondern Verluste aus den Ergänzungsrechnungen erklärt. Das FA folgte dem nicht. Es war der Auffassung, dass M und S aufgrund der Übertragung des Mitunternehmeranteils steuerpflichtige Veräußerungsgewinne erzielt hätten. Das FG wies die hiergegen erhobene Klage ab (FG Nürnberg, Urteil vom 26.1.2016, 1 K 773/14, Haufe-Index 9250542, EFG 2016, 812). Die Klägerin machte mit der Revision geltend, dass sich der Veräußerungsgewinn entgegen der Auffassung des FG nur aus der Veräußerung des aufgrund der Anwachsung hinzuerworbenen Teilanteils berechne. Die vom FA angewendete Durchschnittsbewertung der Anschaffungskosten der Mitunternehmeranteile führe bei einer Anwachsung aufgrund des Todesfalls eines Gesellschafters zu sinnwidrigen Ergebnissen.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Das Urteil behandelt den misslichen Fall, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft aufgrund seines Todes aus der Gesellschaft ausscheidet und sein Gesellschaftsanteil nach der gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungsklausel den anderen Gesellschaftern anwächst. Auch nach dem Zuerwerb des angewachsenen Gesellschaftsanteils hält der Gesellschafter nur einen einheitlichen Gesellschaftsanteil an der Gesellschaft. Im vorliegenden Fall haben sich danach die angewachsenen Anteile mit den ursprünglichen Partnerschaftsanteilen des M und des S zu einheitlichen Anteilen vereinigt. Die Absicht des M und des S, im Anwachsungszeitpunkt die von X hinzuerworbenen Teilanteile unverzüglich auf F und A zu übertragen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Anhaltspunkte für eine personelle Sonderzuordnung der durch die Anwachsung erworbenen Anteile oder einer Treuhänderstellung des M und S lagen nicht vor.
2. Aufgrund der Aufnahme des neuen Gesellschafters A hat M seinen Mitunternehmeranteil in die erweiterte Personengesellschaft gegen Empfang einer Zuzahlung eingebracht. Nur soweit er den Mitunternehmerteil für eigene Rechnung eingebracht hat, konnte dies nach § 24 UmwStG zu Buchwerten erfolgen. Soweit die Einbringung zugunsten des neuen Gesellschafters A erfolgte und Anteile an F übertragen wurden, lag eine Anteilsveräußerung des M und des S an A und F gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 3 EStG vor.
3. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns hat der BFH an der Durchschnittsbewertung der Anschaffungskosten eines sukzessiv erworbenen Mitunternehmeranteils festgehalten. Danach entfällt das Buchkapital gleichmäßig auf den gesamten – also auch auf den hinzugewachsenen – Mitunternehmeranteil.
4. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist auch das Mehrkapital aus der positiven Ergänzungsbilanz oder -rechnung des Veräußerers zu berücksichtigen. Es bildet zusammen mit dem Kapitalanteil in der Gesellschaftsbilanz/Gesamthand den Buchwert des Mitunternehmeranteils. Auch hier sind für einen sukzessiv erwor...