Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Prof. Dr. Hendrik Kunz
Kerngedanke des Konzepts ist die Ermittlung eines betrieblichen Übergewinns (Residualgewinn), in dem bereits die gesamten Kapitalkosten des Unternehmens enthalten sind. Dieser Übergewinn kann die Grundlage für eine variable Managementvergütung bilden. Ergänzend hierzu wird der Übergewinn vor allem zur Unternehmensbewertung oder zur Bewertung einzelner Investitionen verwendet.
Weitere dem EVA vergleichbare Kennzahlen stellen beispielsweise der Cash Value Added oder der Economic Profit dar.
Die Berechnung des EVA basiert auf drei Größen:
- der Gewinngröße NOPAT (Net Operating Profit After Taxes), die sich aus dem Betriebsergebnis der Unternehmung ergibt,
- dem investierten Kapital NOA (Net Operating Assets), das auf der Bilanzsumme basiert, und
- dem Kapitalkostensatz c, der einem gewichteten Zinssatz aus den Eigen- und den Fremdkapitalkosten entspricht.
Die Grundlage der Gewinngröße und des investierten Kapitals bilden buchhalterische Kenngrößen. Ziel des Konzepts ist es jedoch, einen nachhaltigen ökonomischen Residualgewinn auszuweisen. Modelle, die auf buchhalterischen Größen aufbauen, man spricht auch von den so genannten Accounting Models, sind durch eine ganze Reihe von Bilanzierungsvorschriften dazu nur bedingt in der Lage. Das Gegenstück zum Accounting Model bildet das Economic Model. Das Economic Model unterscheidet sich von dem buchhalterischen Modell im Wesentlichen durch die Aspekte Aktionärsorientierung, Vergleichbarkeit von Konzernabschlüssen und der Datenkonsistenz zur Performancemessung (vgl. Hostettler, 1997, S. 90ff.). Zur Sicherstellung dieser Aspekte müssen Betriebsergebnis und Bilanzsumme durch eine Reihe von Anpassungen korrigiert werden. Stern Stewart & Co. haben dabei insgesamt 164 verschiedene Anpassungen herausgearbeitet. In der Praxis wird man jedoch lediglich einen Teil der Anpassungen vornehmen können, wobei die Anpassungen von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich aussehen werden. Dies ist vor dem Hintergrund einer unternehmensübergreifenden Vergleichbarkeit ein kritischer Punkt des EVA-Konzeptes.
Bilanzielle Anpassungen
Die Anpassungen lassen sich generell in 4 Kategorien einteilen (vgl. Hostettler, 1997, S. 97ff.):
- Operating Conversion: Die Gewinngröße und das investierte Kapital sind daraufhin zu überprüfen, ob außerbetriebliche Komponenten in diesen Größen enthalten sind. Da der EVA den Übergewinn der betrieblichen Tätigkeit darstellt, sind solche Komponenten herauszurechnen. Ebenfalls gilt es, solche betrieblichen Größen, die buchhalterisch in der Gewinngröße oder dem Kapital nicht erfasst wurden, entsprechend hinzuzurechnen.
- Tax Conversion: Bei diesen Anpassungen müssen die Steuern den betrieblichen Erträgen und Aufwendungen angepasst werden. Es sollte folglich eine theoretische Steuerbelastung auf den betrieblichen Gewinn ermittelt werden. Die steuerliche Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalkosten wird dabei in dem zu ermittelnden Steuerbetrag nicht erfasst. Diese Berücksichtigung erfolgt bei der Berechnung des Kapitalkostensatzes durch die Verminderung des Fremdkapitalzinssatzes.
- Shareholder Conversion: Der handelsrechtlichen Rechnungslegung liegt die gläubigerschutzorientierte Sichtweise des Vorsichtsprinzips zugrunde. Mit Hilfe der Shareholder Conversion soll eine Ausrichtung auf eine risikofreudigere Anlegerperspektive vorgenommen werden (Zirkler, 2002, S. 100). Die Anpassungen, die einen solchen Perspektivenwechsel ermöglichen, werden unter dem Begriff der Equity Equivalents zusammengefasst.
- Funding Conversion: Die Anpassungen im Rahmen der Funding Conversion sollen sicherstellen, dass alle Finanzierungsmittel vollständig erfasst werden. Besonders betrachtet werden hierbei Miet- und Leasinggeschäfte. Nicht bilanzierte Miet- und Leasingobjekte sind zur Erfassung der tatsächlichen finanziellen Verhältnisse der Unternehmung dem investierten Kapital hinzuzufügen.
Eine Übersicht der Komponenten und der generellen Anpassungen zur Ermittlung des EVA zeigt Abbildung 1.
Abb. 1: Berechnung des EVA