OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 2.9.2013, Kurzinformation ESt Nr. 14/2013
Abgrenzung zur berufsmäßigen Betreuung; Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften des § 3 Nr. 26b und § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG
Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen, so bestellt das Familiengericht (Betreuungsgericht) auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 BGB).
Grundsätzlich wird nach § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB die Vormundschaft unentgeltlich wahrgenommen. Ein berufsmäßiger Betreuer wird nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Wahrnehmung der Betreuung bereit ist (§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Die Feststellung einer Berufsmäßigkeit der Betreuung nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB hat das Familiengericht zu treffen (§ 1 Abs. 1 des Vormünder- und Betreuungsvergütungsgesetz). Danach liegt eine Berufsmäßigkeit im Regelfall vor, wenn
- der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder
- die für die Wahrnehmung der Vormundschaft erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet.
Hat das Familiengericht die Berufsmäßigkeit festgestellt, dann hat dieses dem Betreuer eine Vergütung zu bewilligen.
Wurde jedoch ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt, so kann dieser nach § 1835a Abs. 1 BGB zur Abgeltung seines Anspruchs auf Aufwendungsersatz für jede Vormundschaft, für die ihm keine Vergütung zusteht, als Aufwandsentschädigung einen Geldbetrag verlangen. Diese Aufwandsentschädigung kann für ein Jahr dem Neunzehnfachen dessen entsprechen, was einem Zeugen als Höchstbetrag der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit (§ 22 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes) gewährt werden kann (§ 1835a Abs. 1 2. Halbsatz BGB).
Im Zusammenhang mit der Besteuerung von Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB hat der BFH in seinem Urteil vom 17.10.2012. (Az. VIII R 57/09) entschieden, dass Betreuer eine sonstige vermögensverwaltende Tätigkeit ausüben und die Aufwandsentschädigungen i.S. des § 1835a BGB nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei sind. Das Urteil war sowohl bei den LSt- als auch ESt-Referatsleitern des Bundes und der Länder Gegenstand der Beratungen.
Von den ESt-Referatsleitern des Bundes und der Länder wurde nunmehr beschlossen, dass
- es sich bei den Einnahmen aus einer Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB um Einkünfte im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (in Anlehnung an das BFH-Urteil vom 15.6.2010, BStBl 2010 II S. 909 zu Berufsbetreuern) handelt;
- lediglich bis zum Veranlagungszeitraum 2010 die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 12 EStG auf Aufwandsentschädigungen anzuwenden ist. Ab dem Veranlagungszeitraum 2011 ist § 3 Nr. 26b EStG als lex spezialis als alleinige Steuerbefreiungsvorschrift für Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB einschlägig.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 12 Satz 1
EStG § 3 Nr. 26b
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3;
BGB § 1835a