Leitsatz
Auch der Kauf eines Wohngebäudes von der Mutter des Anspruchsberechtigten mit gleichzeitiger Darlehensgewährung durch die Mutter kann einen Anspruch auf Eigenheimzulage begründen. Entscheidend ist, ob der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich standhält. Ist dies der Fall, ist es ohne Bedeutung, wenn das Darlehen innerhalb der statistischen Lebenserwartung der Mutter nur anteilig getilgt wird und der Erwerber ohnehin voraussichtlich die Mutter beerben wird.
Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 1998 von der damals 70jährigen Mutter ein Wohnhaus für 200.000 DM erworben. Nach zwischenzeitlicher Fremdfinanzierung des Kaufpreises wurde noch im Jahr 1998 ein Darlehen über 200.000 DM mit der Mutter vereinbart, mit dessen Auszahlungsbetrag die Finanzierung abgelöst wurde. Die Laufzeit des Darlehens endet im Jahr 2026. Es sieht eine Verzinsung von jährlich 4 % und monatliche Ratenzahlungen von 1.000 DM vor. Das Darlehen ist nicht gesichert. Der Vertrag enthält aber eine Regelung, wonach die Darlehensgeberin eine angemessene Sicherheitsleistung verlangen kann, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse Sicherheiten erforderlich erscheinen lassen.
Das Finanzamt sah hierin einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten und versagte den Anspruch auf Eigenheimzulage. Im Darlehensvertrag fehle eine Vereinbarung über den Todesfall. Dies sei ein Indiz dafür, dass die Zahlung von monatlich 1.000 DM nicht am Darlehenbetrag, sondern am Geldbedarf der Mutter orientiert sei. Außerdem sei angesichts des Alters der Mutter mit einer nennenswerten Rückzahlung des Darlehens nicht zu rechnen, da dieses mit dem Tod der Mutter und der Erbschaft durch den Darlehennehmer entfallen wird. Der Darlehensvertrag halte damit einem Fremdvergleich nicht stand. Die gesamte Gestaltung sei deshalb als verschleierte Schenkung zu werten.
Entscheidung
Das FG sah in der gewählten Gestaltung keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten und bestätigte den Anspruch auf Eigenheimzulage für den Kläger. Die Grundsätze der Verträge zwischen nahen Angehörigen stünden weder einer steuerlichen Anerkennung des Kaufvertrags noch des Darlehensvertrags entgegen. Anhaltspunkte für eine fehlende Fremdüblichkeit des Vertragsverhältnisses seien nicht zu erkennen.
Grundsätzlich müssen Darlehensverträge unter nahen Angehörigen Vereinbarungen über Laufzeit, Art und Weise der Rückzahlung sowie Höhe und Zahlungszeitpunkt der Zinsen enthalten. Bei langfristigen Darlehen muss außerdem der Rückzahlunganspruch ausreichend gesichert sein. Der Darlehensvertrag enthält zwar anstelle einer vereinbarten Sicherheit nur einen Anspruch des Darlehensgebers auf Einräumung angemessener Sicherheiten. Insoweit beständen Zweifel, ob ein fremder Dritter eine solche Vereinbarung getroffen hätte. Der Anlass der Darlehensgewährung, die Anschaffung des Wohnhauses, führe aber dazu, dass die Bestellung von Sicherheiten von geringer Bedeutung sei. Auch die sich aus der Laufzeit des Darlehens und dem Alter der Mutter ergebende Unwahrscheinlichkeit einer nennenswerten Tilgung des Darlehens reichten dem FG nicht aus, von einer verschleierten Schenkung auszugehen. In den Fällen der verschleierten Schenkung sei es ungewiss, ob die eigentlich vereinbarte Rückzahlung des Darlehensbetrags tatsächlich in der Zukunft stattfinden wird, oder ob die Vertragsparteien auf eine Rückzahlung verzichten werden. Dagegen sei im vorliegenden Fall nicht ungewiss, dass eine Rückzahlung nach Maßgabe der Darlehensvereinbarungen erfolgt, da die Tilgungen unstreitig monatlich gezahlt werden. Ungewiss sei lediglich die Lebenszeit des Darlehensgebers und ob und in welchem Ausmaß die Tilgung des Darlehens innerhalb der Lebenszeit erfolgen wird. Von einer verschleierten Schenkung sei deshalb in solchen Fällen nur auszugehen, wenn nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine nennenswerte wirtschaftliche Belastung des Darlehensnehmers ausgeschlossen werden könne. Dies sei angesichts der erheblichen Beträge, die nach dem Tilgungsplan innerhalb der statistischen Lebenserwartung der Mutter zu leisten sind, nicht gegeben.
Hinweis
Das Urteil eröffnet scheinbar eine interessante Gestaltungsmöglichkeit zur Erlangung der Eigenheimzulage. Allerdings konnte der Kläger mit seinem Begehren nur durchdringen, weil die abgeschlossenen Verträge in allen Punkten einem Fremdvergleich standhielten, sie tatsächlich durchgeführt wurden und es innerhalb der Lebenserwartung der Mutter zu einer nennenswerten Tilgung des Darlehens kam. Verträge zwischen nahen Angehörigen waren und sind schon immer ein zulässiges Gestaltungsinstrument zur Ausnutzung steuerlicher Ansprüche gewesen. Insoweit zeigt die Entscheidung nur zum wiederholten Mal die Spielräume und Grenzen dieses Gestaltungsinstruments auf.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 05.09.2003, 13 K 288/99