Leitsatz

Geltend gemachte Sonderabschreibungen nach den §§ 1, 3 und 4 FördG sind nicht in eine befristete Totalüberschussprognose (hier: zehn Jahre) einzubeziehen, wenn die nachträglichen Herstellungskosten innerhalb der voraussichtlichen Dauer der Vermietungstätigkeit gem. § 4 Abs. 3 FördG vollständig abgeschrieben werden (Anschluss an und Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 09.07.2002, IX R 57/00, BFH/NV 2002, 1394, BFH/PR 2002, 419).

 

Normenkette

§ 7a Abs. 9, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, § 1, § 3 und § 4 FördG

 

Sachverhalt

Wie schon erwähnt, erwarb die GbR ein historisches Rathaus, sanierte es und vermietete es anschließend auf 10 Jahre an die Gemeinde zurück.

FA und FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.03.2007, 3 K 11074/04, Haufe-Index 1781111, EFG 2007, 1951) verneinten die Einkünfteerzielungsabsicht der GbR, weil deren Vermietungstätigkeit unter Berücksichtigung der Sonderabschreibungen zu keinem Totalüberschuss führt.

 

Entscheidung

Falsch, sagt der BFH. Die Sonderabschreibungen mit einem insgesamt währenden Abschreibungszeitraum von 10 Jahren muss aus der auf 10 Jahre berechneten Prognose herausgenommen werden, um dem dargestellten Paradox (Widerstreit Einkünfteerzielung – Förderzweck) zu entkommen. Nur die Normal-AfA ist in der Prognose zu berücksichtigen. Die Sache ging an das FG zurück, damit dieses Feststellungen nachholen kann.

 

Hinweis

Eine GbR erwirbt 1995 ein historisches Rathaus in einer thüringischen Kleinstadt, saniert es und vermietet es anschließend für 10 Jahre an die Stadt zurück. Wo liegt das Problem?

1. Es ergibt sich daraus, dass die Einkünfteerzielung durch die GbR nicht klar ist. Die GbR nimmt natürlich Sonderabschreibungen nach dem FördG in Anspruch und deshalb sind die prognostizierten Einkünfte auf die Zeit ihrer Vermietungstätigkeit insgesamt negativ.

2. Bei den Einkünften aus VuV ist nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben.

3. Da die GbR ihre Vermietung des Rathauses aber nicht auf Dauer, sondern auf 10 Jahre ausgerichtet hat, muss eine Prognose (Prognosezeitraum 10 Jahre) angestellt werden. Die entscheidende Frage ist hier, ob die in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen einbezogen werden müssen. Bezieht man sie nämlich ein, fällt die Prognose negativ aus, und die Vermietung des Rathauses ist nicht steuerbar.

4. Grundsätzlich müssen Sonderabschreibungen wie AfA in eine befristete Prognose einbezogen werden. Sonderabschreibungen ziehen nur die steuerrechtlichen Wirkungen der AfA nach vorn. Sie bewirken eine Steuerstundung, um dem Steuerpflichtigen einen Anreiz zu Investitionen zu geben. Dieser Vorteil wird in späteren Jahren ausgeglichen, weil der Steuerpflichtige in der sich an den Begünstigungszeitraum (§ 7a Abs. 1 S. 1 EStG, § 4 Abs. 1 S. 2 FördG) anschließenden Ausgleichsphase nach § 7a Abs. 9 EStG (oder § 4 Abs. 3 FördG) nur noch geminderte AfA-Beträge geltend machen kann.

5. Das Einbeziehen der Sonderabschreibungen in die Prognose würde indes den Förderzweck des FördG verfehlen, wenn die nachträglichen Herstellungskosten innerhalb der voraussichtlichen Vermietungszeit vollständig abgeschrieben werden. Das Gesetz räumt dem Steuerpflichtigen einen Steuervorteil ein, den er endgültig behalten darf, auch wenn er das Gebäude nach Ablauf des Begünstigungszeitraums und der sich anschließenden Ausgleichsphase nicht mehr zur Einkünfteerzielung nutzt. § 4 Abs. 3 FördG, eine Sonderregelung gegenüber § 7a Abs. 9 EStG, verkürzt die sich an den Begünstigungszeitraum anschließende Ausgleichsphase und damit den Abschreibungszeitraum insgesamt. Bezieht man nun die Sonderabschreibungen in die Prognose ein, entsteht eine paradoxe Situation: Das Gesetz will dem Steuerpflichtigen den Vorteil gewähren, den dieser aber nicht bekommt, weil seine Tätigkeit eben wegen der gesetzlichen "Zusammenballung" des Abschreibungsvolumens in der Zeit der Vermietung zu keinem Totalüberschuss führt!

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.06.2009 – IX R 24/07

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