Leitsatz
Maßgebendes Kriterium für einen Übergang des Geschäftswerts von einem Einzelunternehmen auf eine Kapitalgesellschaft im Weg der verdeckten Einlage ist, dass dem nutzenden Unternehmen die materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter sowie die sonstigen Faktoren, welche sich im Geschäftswert niederschlagen, auf einer vertraglichen Grundlage überlassen werden, die Nutzung auf Dauer angelegt ist und gegen den Rechtsträger des nutzenden Unternehmens kein Rechtsanspruch auf Rückgabe dieser Wirtschaftsgüter besteht.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 S. 2 und 5 EStG
Sachverhalt
Die miteinander verheirateten Kläger gründeten im Jahr 1989 zu gleichen Teilen die R-GmbH (GmbH). Geschäftsgegenstand der GmbH war der Handel mit Rohstoffen aller Art und der Containerverkehr. Im selben Jahr führte die GmbH einen Entsorgungsbetrieb des Klägers fort. Darüber wurden zwischen dem Kläger und der GmbH keine vertraglichen Regelungen getroffen. Den Kunden wurde nur mitgeteilt, der Betrieb werde nunmehr von der GmbH geführt.
Anlage- oder Umlaufvermögen wurde nicht auf die GmbH übertragen, von dieser aber verwertet und genutzt. Die Lkws und die zugehörigen Arbeitsverhältnisse der Fahrer blieben dem Einzelunternehmen des Klägers zugeordnet. Der Kläger schloss darüber hinaus eine Rahmenvereinbarung mit der GmbH ab, in der er sich verpflichtete, mit seinen fünf Lkws Transportleistungen für die GmbH gegen Entgelt zu erbringen. Im Streitjahr verkauften die Kläger 50 % ihrer GmbH-Anteile und verpflichteten sich, dass die Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile im Eigentum der GmbH stehen mussten.
Das FA war der Auffassung, der Kläger habe ab Mai 1989 sein Einzelunternehmen als gewerbliches Lohnfuhrunternehmen betrieben und dieser Betrieb sei durch die Veräußerung der GmbH-Anteile mit Ende des VZ des Streitjahrs aufgegeben worden. Bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns sah das FA den GmbH-Anteil des Klägers als notwendiges Betriebsvermögen an. Die Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung wurden ohne den Ansatz nachträglicher Anschaffungskosten aufgrund einer verdeckten Einlage des Geschäftswerts aus dem Einzelunternehmen in die GmbH berechnet.
Einspruch und die anschließende Klage blieben insoweit erfolglos (FG Köln, Urteil vom 25.08.2005, 6 K 3210/01, Haufe-Index 1438914, EFG 2005, 1841).
Entscheidung
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen, da das FG nicht hinreichend geprüft hatte, wann und in welcher Höhe der Betriebsaufgabegewinn entstanden war.
Hinweis
Wann geht ein Geschäftswert über, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Einzelbetrieb (unentgeltlich) in seine GmbH einbringt, und wann liegt eine verdeckte Einlage vor, die ggf. zu nachträglichen Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile führt? Zur Beantwortung dieser Fragen ist von den folgenden – bekannten – Grundsätzen auszugehen, die der BFH in diesem Urteil bestätigt hat.
1. Übernimmt ein Unternehmen den Betrieb eines anderen ganz oder teilweise und gehen hierbei geschäftswertbildende Faktoren von dem übertragenden Unternehmen auf das übernehmende über, kann auch der Geschäftswert mit übergehen. Die Rechtsprechung nimmt einen Übergang der geschäftswertbildenden Faktoren dann an, wenn diese endgültig und nicht (wie bei einer Verpachtung) nur vorübergehend überlassen werden. So hat der BFH den Übergang des Geschäftswerts auf die Betriebsgesellschaft bejaht, wenn diese ihrer Organisation und Struktur nach eigenständig am Wirtschaftsleben teilnehmen kann, die Nutzungsmöglichkeit der geschäftswertbildenden Faktoren durch die Betriebsgesellschaft auf Dauer angelegt ist und ihr auch nicht vorzeitig entzogen werden kann. Der Geschäftswert geht aber nicht über, wenn er allein auf den im Besitzunternehmen zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern beruht (BFH, Urteil vom 27.03.2001, I R 42/00, BFH/NV 2001, 1673, BFH/PR 2001, 420).
2. Entscheidend für den Übergang des Geschäftswerts ist, dass das aufnehmende Unternehmen die geschäftswertbildenden Faktoren auf der Grundlage einer verfestigten Rechtsposition dauerhaft nutzen kann. Nicht ausreichend ist eine verfestigte tatsächliche Nutzungsmöglichkeit oder der tatsächliche Verbrauch der geschäftswertbildenden Faktoren. Ansonsten wäre bei einer Betriebsverpachtung im Ganzen regelmäßig bei längerer Dauer ein Geschäftswertübergang anzunehmen. Der Geschäftswert bleibt bei der Betriebsverpachtung im Ganzen aber regelmäßig im Verpächterunternehmen.
3. Es ist damit immer sorgfältig zu prüfen, ob dem nutzenden Unternehmen die materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter sowie die sonstigen Faktoren, welche sich im Geschäftswert niederschlagen, erstens auf einer vertraglichen Grundlage überlassen werden, zweitens die Nutzung auf Dauer angelegt ist und drittens gegen den Rechtsträger des nutzenden Unternehmens auch kein Rechtsanspruch auf Rückgabe dieser Wirtschaftsgüter besteht.
4. Liegen diese Voraussetzungen vor, geht der Geschäftswert auch unabhängig von anderen Vorstellungen und eine...