Leitsatz
Eine rechtmäßig erlassene Arrestanordnung ist nicht gem. § 325 AO wegen der Eröffnung des Konkurs-/Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners aufzuheben, wenn das FA die Arrestanordnung bereits vollzogen und dadurch ein Absonderungsrecht erlangt hat.
Normenkette
§ 282 AO , § 324 AO , § 325 AO , § 916 ZPO , § 917 ZPO , § 924 ZPO , § 925 ZPO , § 927 ZPO , § 29 KO , § 35 KO
Sachverhalt
Kläger war der Konkursverwalter in dem auf Antrag des FA vom 27.8.1998 am 26.4.1999 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, einer GmbH. Das FA ist einer der Gläubiger. Zwischen ihm und dem Kläger ist streitig, ob eine vom FA vor Konkurseröffnung in das Vermögen der GmbH erlassene Arrestanordnung und eine aufgrund des Arrests vorgenommene Pfändung aufzuheben sind:
1996 gerieten die GmbH und ihre Gesellschafter-Geschäftsführer in den Verdacht, erheblich höhere Gewinne erzielt zu haben, als bisher erklärt. Das FA erließ deshalb am 19.12.1996 in das Vermögen der GmbH eine Arrestanordnung über einen Betrag (dinglicher Arrest) und pfändete aufgrund der Anordnung am 20.12.1996 ein Bankguthaben der GmbH. Arrestgrund war die (von Tatsachen getragene) Befürchtung des FA, dass die GmbH sich einer zu erwartenden Steuernachforderung entziehen werde.
Die GmbH legte gegen die Arrestanordnung Einspruch ein. Nachdem das Konkursverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war, führte der Kläger das Einspruchsverfahren fort und beantragte, die Arrestanordnung aufzuheben, da durch die Eröffnung des Konkursverfahrens kein vorläufiges Sicherungsinteresse mehr bestehe und somit der Arrestgrund entfallen sei.
Das FA lehnte das ab: Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens hätten sich die Verhältnisse hinsichtlich des Arrestgrunds nicht geändert. Gem. § 14 Abs. 1 KO sei zwar nunmehr eine weitere Vollziehung der Arrestanordnung verboten; die vor der Eröffnung des Konkursverfahrens vorgenommene Pfändung und das durch sie erlangte Sicherungsrecht blieben aber bestehen und berechtigten den Arrestgläubiger zu einer abgesonderten Befriedigung gem. §§ 47f. KO.
Im anschließenden Klageverfahren hob das FG die Arrestanordnung, die Einspruchsentscheidung und die Pfändung auf (EFG 2002, 1275).
Entscheidung
Aus den Gründen, die in den Praxis-Hinweisen mitgeteilt wurden, war der ausgebrachte Arrest nicht aufzuheben. Der BFH ließ ihn in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH bestehen, weil das FA infolge Vollstreckung bereits ein Pfandrecht an der gepfändeten Forderung erlangt hatte.
Hinweis
Langer Rede, kurzer Sinn:
1. Sollte es Ihnen oder Ihrem Mandanten widerfahren, dass das FA zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen nach den §§ 249 bis 323 AO in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen gem. § 324 Abs. 1 Satz 1 AO den Arrest anordnet, dann ist dieser nach § 325 AO aufzuheben, wenn nach ihrem Erlass Umstände bekannt werden, die die Arrestanordnung nicht mehr rechtfertigen. Das kann auf Antrag erfolgen, muss aber auch von Amts wegen geschehen. In jedem Fall wirkt eine solche Aufhebung des Arrests immer nur für die Zukunft.
2. Der BFH hat nunmehr entschieden, dass die Eröffnung des Konkurs- (oder jetzt: des Insolvenz-)Verfahrens keinen derartigen Aufhebungsgrund darstellt. Zwar seien hiernach keine Vermögensverschiebungen seitens des Arrestschuldners mehr zu befürchten. Dennoch: Der ausgebrachte Arrest bleibt, wenn er denn rechtmäßig angeordnet wurde, dann unberührt, wenn der Gläubiger durch seinen Vollzug bereits ein Absonderungsrecht erlangt hat. Soll der hiernach erlangte Vollstreckungstitel nicht verlustig gehen, muss die Arrestanordnung aufrechterhalten bleiben. Andernfalls würde das Pfandrecht seinen Rechtsgrund und damit der Gläubiger sein einmal erlangtes Pfandrecht und den dadurch bedingten Vorteil wieder verlieren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.12.2003, I R 1/02