Die Einfuhrumsatzsteuer konnte früher als Vorsteuer nur geltend gemacht werden, wenn sie nachweislich entrichtet wurde. Nach der Rechtsprechung des EuGH verstieß diese Voraussetzung gegen das Unionsrecht. Auf die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es demnach nicht mehr an. Danach kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug für die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände geltend machen, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt wurden. Insofern ist der Vorsteuerabzug schon zu dem Zeitpunkt zulässig, in dem die zollamtliche Erfassung mittels Eingangsabgabenbescheid erfolgt. Dies kann den bisherigen Liquiditätsnachteil reduzieren, der bislang nur durch die Gewährung eines Zahlungsaufschubs (§ 16 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UStG) vermieden werden konnte. Auch bei erst nachträglich zum freien Verkehr angemeldeten Waren werden auf diese Weise Zinsrisiken wegen zu später Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer ausgeschlossen.
Fristverlängerung bei Zahlungsaufschub
Unternehmen, die bezüglich der zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, wird gem. § 21 Abs. 3 UStG schon bisher auf Antrag ein Zahlungsaufschub bis zu einem Monat ohne Sicherheitsleistung gewährt. Im Zuge der steuerlichen Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) wurde die Frist für den Zahlungsaufschub zur Verbesserung der Liquiditätsausstattung der Unternehmen verlängert. Abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften wurde die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer auf den 26. des zweiten auf die Einfuhr folgenden Monats verschoben. Dies hilft vor allem Unternehmen, die eine Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung nutzen. Ein etwaiges Vorsteuerguthaben steht dann zur Begleichung der Einfuhrumsatzsteuer zur Verfügung. Die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung ist nicht erforderlich, wenn der Antragsteller zugelassener Wirtschaftsbeteiligter i. S. v. Art. 38 Abs. 2 Buchst. a UZK ist.
Die Neuregelung ist zu dem am 1.12.2020 beginnenden Aufschubzeitraum umgesetzt worden.
Die Frage, wann eine Einfuhr für das Unternehmen vorliegt, war in den vergangenen Jahren mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidung des BFH und des EuGH.
Eine aus diesem Abzug resultierende Kostenbelastung für den Unternehmer soll verhindert werden.
An diese Rechtsprechung wurde auch die Finanzverwaltungsauffassung angepasst und die neuen Auslegungsgrundsätze zur Bestimmung der Verfügungsmacht durch BMF-Schreiben vom 22.12.2023 in Abschn. 15.8 Abs. 4 Satz 2 UStAE aufgenommen.
Der Unternehmer muss nach deutschem Verständnis im Zeitpunkt der Abfertigung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr Verfügungsmacht über die Gegenstände besitzen.
Daraus ergibt sich folgerichtig, dass Spediteure, Frachtführer oder Handelsvertreter, die bei der Abfertigung zum freien Verkehr lediglich mitgewirkt, aber keine Verfügungsmacht über die Gegenstände erlangt haben, sondern nur als Dienstleister tätig sind, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, selbst wenn diese die Einfuhrumsatzsteuer gegenüber den Zollbehörden in Vorkasse verauslagt haben. Infrage kommen als vorsteuerabzugsberechtigte Einführer also i. d. R. nur
- der Lieferant, wenn er gem. § 3 Abs. 8 UStG die von ihm gelieferten Gegenstände im Inland auf seinen Namen abfertigt und seine Lieferung damit als im Inland belegen gilt, oder
- sein unmittelbarer oder ein nachfolgender Abnehmer.
Im Zusammenhang mit der Ausführung von Lohnveredelungsleistungen oder von Werklieferungen im Inland gilt unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme.
Wie die erforderliche Verfügungsmacht zu bestimmen ist, hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Mit Schreiben vom 16.7.2020 hatte das BMF klargestellt, dass hierbei auf die umsatzsteuerlichen Ortsbestimmungsregelungen (§§ 3 Abs. 6-8 UStG) abzustellen sei.
Später schloss sich der BFH der Rechtsprechung des EuGH an, nach der entscheidend ist, dass der Unternehmer die Einfuhrumsatzsteuer für den eingeführten Gegenstand in den Preis für seine Ausgangsumsätze einbezieht. Dabei löste er sich jedoch nicht ganz von dem Begriff der Verfügungsmacht, sondern präzisierte den Begriff so, dass dem Unternehmer dann auch die Verfügungsmacht an dem Gegenstand zuzuordnen ist.
Heutzutage muss jedoch nicht mehr die Einfuhrumsatzsteuer, sondern der Wert des eingeführten Gegenstandes zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit gehören, damit die auf diesen Wert bezogene Einfuhrumsatzsteuer zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Auch ein im Inland ansässiger Lohnveredeler oder Werklieferer kann die von ihm entrichtete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn der eingeführte Gegenstand vom ausländischen Auftraggeber überlassen oder beigestellt wurde und die bearbeiteten Gegenstände im Anschluss an die Lohnveredelung oder Werklieferung in das Drittlandsgebiet zurückgelangen.
Analog kann auch bei der Weiterlieferung des Gegenstands im Inland durch den ausländischen Auft...