OFD Magdeburg, Verfügung v. 25.7.2002, S 3219f - 1 - St 331
Es ist festzustellen, dass Wohnungsunternehmen zunehmend mit dem Begehren an die Finanzämter herantreten, den Leerstand von Wohnraum bei der Einheitsbewertung zu berücksichtigen. Es werden hierzu die folgenden Bearbeitungshinweise gegeben:
1. Wertverhältnisse 1.1.1935
Für den noch andauernden Hauptfeststellungszeitraum sind die Wertverhältnisse nach § 3a RBewDV auf den 1.1.1935 festgeschrieben. Darunter sind vor allem die politischen, wirtschaftlichen und Verkehrsverhältnisse zu verstehen, die sich in dem allgemeinen Markt- und Preisniveau im Hauptfeststellungszeitpunkt niedergeschlagen haben. Zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dürfen sich Veränderungen dieser Verhältnisse innerhalb eines Hauptfeststellungszeitraums nicht auswirken ( BFH vom 12.3.1982, III R 63/79, BStBl 1982 II S. 451). Zu diesen Wertverhältnissen gehört auch die Nachfragesituation nach Wohnraum. Nach dem Beitritt wurden in den neuen Bundesländern zum einen in großem Umfang Wohnungen neu errichtet, zum anderen ist ein Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen. Dies führte zu einer Situation, in der das Angebot an Wohnraum die Nachfrage deutlich übersteigt. Hierbei handelt es sich um eine konjunkturelle Erscheinung, die sich nicht auf ein zu bewertendes Grundstück beschränkt. Derartige Umstände müssen bei der Einheitswertfeststellung unberücksichtigt bleiben (RFH vom 15.9.1938, Ill 95/38, RStBI 1939 S. 63).
2. Jahresrohmiete
Nach § 129 Abs. 2 Nr. 2 Bewertungsgesetz i.V.m. § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) gilt die übliche Miete als Jahresrohmiete für Grundstücke und Grundstücksteile, die u.a. ungenutzt sind. Die übliche Miete ist nach § 34 Abs. 4 Satz 2 RBewDV in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen. Hiernach ist folglich der Leerstand einer Wohnung ohne Bedeutung. Auch kommt es auf die Dauer des Leerstandes nicht an. Das Bewertungsrecht sieht hier stets als Ersatz der Jahresrohmiete die übliche Miete vor.
3. Ermäßigung wegen vorzeitigem Abbruch
Nach Tz. 4.5.6 der gleich lautenden Ländererlasse vom 24.11.1992 ist der Gebäudewert zu ermäßigen, wenn eine vertragliche Abbruchverpflichtung besteht oder das Gebäude innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren abgebrochen werden muss. Der Abbruch des Gebäudes muss aus objektiven Gründen notwendig sein.
Beruht der Abbruch des Gebäudes auf einer freien Entscheidung des Eigentümers, z.B. Abbruch von Gebäuden im Rahmen einer (ggf. befristeten) finanziellen staatlichen Förderung, führt dies nicht zu einer Ermäßigung (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG).
Wirtschaftliche Überlegungen müssen hierbei unberücksichtigt bleiben (vgl. 1.).
4. Berücksichtigung von Bauschäden und Baumängeln
Gründe für eine Unvermietbarkeit können jedoch ggf. zu einer Fortschreibung des Einheitswerts führen. Dies ist insbesondere bei einem schlechten baulichen Zustand des Gebäudes der Fall. Die Berücksichtigung des baulichen Zustands erfolgt unabhängig von der Nutzung oder Nichtnutzung des Gebäudes. Bauschäden und Baumängel können durch eine Ermäßigung des Gebäudewerts berücksichtigt werden. Sind die konstruktiven Teile des Gebäudes erheblich beschädigt, ist das Gebäude dem Verfall preisgegeben. Befinden sich keine weiteren Gebäude auf dem Grundstück, ist es als unbebautes Grundstück zu bewerten. Ggf. sind hierbei Abschläge für die Beseitigung von Gebäuderesten zu berücksichtigen.
5. Grundsteuererlass nach § 33 GrStG
Führt der Leerstand zu einer wesentlichen Ertragsminderung, kann die Gemeinde die Grundsteuer unter den Voraussetzungen des § 33 GrStG erlassen.
Normenkette
BewG § 9 Abs. 2
BewG § 129 Abs. 2;
GrStG § 33