Dipl.-Finw. (FH) Roland Ronig
Auf Antrag des Steuerpflichtigen werden die nach § 20 EStG ermittelten Kapitaleinkünfte der Summe der Einkünfte hinzugerechnet und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen, wenn dies zu einer niedrigeren Einkommensteuer als bei Anwendung des Steuersatzes von 25 % führt (Günstigerprüfung).
Hierdurch wird sichergestellt, dass insbesondere für Kapitalanleger mit einer geringen Steuerbelastung durch die 25-prozentige Abgeltungsteuer keine Nachteile eintreten.
Zusammenveranlagte Ehegatten/Lebenspartner können das Wahlrecht nur gemeinsam ausüben.
Der Antrag auf Veranlagung nach § 32d Abs. 6 EStG wird in der Zeile 4 der Anlage KAP gestellt.
Das Finanzamt prüft im Rahmen der Steuerfestsetzung von Amts wegen, ob die Anwendung der allgemeinen Regelungen (insbesondere unter Berücksichtigung des Grundfreibetrags sowie des Altersentlastungsbetrags) zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung führt. Sollte dies nicht der Fall sein, gilt der Antrag als nicht gestellt. Wer unsicher ist, ob in seinem Fall die Einbeziehung der Kapitaleinkünfte in den allgemeinen Einkommensteuertarif vorteilhaft ist, kann "gefahrlos" das Veranlagungswahlrecht ausüben, denn das Finanzamt wendet in jedem Fall die für den Steuerpflichtigen günstigere Lösung an.
Der Antrag auf Günstigerprüfung kann nur bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids gestellt werden bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der Abgabenordnung oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist. §§ 177 und 351 Abs. 1 AO sind zu beachten. Eine spätere Berücksichtigung von Kapitalerträgen, für die ein Steuerabzug vorgenommen wurde, kommt generell nicht in Betracht – insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerfestsetzung nach §§ 173 und 175 Abs. 1 Nr. 2 AO i. d. R. nicht vor.
Sonderfall
Treten die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag auf Günstigerprüfung erst nach Eintritt der Bestandskraft ein, kann hierin ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorliegen, das einen korrekturbedürftigen Zustand auslöst.
Die nach § 32d Abs. 5 EStG ermittelte ausländische Steuer wird auch im Fall der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG angerechnet. Dabei ist die Anrechnung auf die tarifliche Einkommensteuer beschränkt, die auf die hinzugerechneten Kapitaleinkünfte entfällt.
Besonderheiten im Rahmen der Günstigerprüfung
- Es müssen alle Kapitalerträge erklärt werden.
- Nicht ausgeglichene Verluste bei inländischen Kreditinstituten sind grundsätzlich nur zu berücksichtigen, wenn die Verlustbescheinigung des Instituts vorliegt.
- Wird die tarifliche Einkommensteuer angesetzt, ist auch die Kirchensteuer als Sonderausgabe abzugsfähig.
- Die Günstigerprüfung kann auch bei der Bemessung der Vorauszahlungen beantragt werden.
Die nachfolgenden Beispielsfälle geben einen Überblick.