Der Zufluss von Arbeitslohn erfolgt beim Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt, zu dem er darüber verfügen kann. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft kann ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung vorliegen. Denn eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft fließt dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bereits mit deren Fälligkeit zu. Aufgrund seiner faktischen Einflussmöglichkeiten hat er es ab diesem Zeitpunkt in der Hand, sich die Beträge auszahlen zu lassen. Nach Verwaltungsauffassung gilt für Tantiemen beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Zuflussfiktion. Der Zufluss einer unbestrittenen Tantiemeforderung wird auf den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit fingiert. Der Tantiemeanspruch wird spätestens mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig und fließt demzufolge dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt auch zu. Erfolgt die Bilanzerstellung verspätet, ohne dass hierfür gewichtige betriebliche Gründe vorliegen, geht die Finanzverwaltung von einer Zuflussfiktion der Tantieme auf den Zeitpunkt aus, zu dem der Jahresabschluss spätestens hätte festgestellt werden müssen.[1]

Der BFH hat die Zuflussfiktion "Feststellung des Jahresabschlusses" dahingehend eingeschränkt, dass diese bei verspäteter Feststellung zu keiner Vorverlegung der Fälligkeit und damit des Zuflusses der Tantieme führen kann. Ohne die Bilanzfeststellung fehlt es an einer Verbindlichkeit bei der GmbH, die unerlässliche Grundvoraussetzung für das Bestehen einer Anspruchsgrundlage des Gesellschafters gegen die GmbH ist, auch wenn es sich um einen beherrschenden Gesellschafter handelt. Ein noch nicht existenter Jahresabschluss kann deshalb eine vorgezogene (fiktive) Fälligkeit der Tantieme selbst dann nicht bewirken, wenn dieser nicht fristgerecht erfolgt.[2]

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