Leitsatz

Gem. § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Enthält ein Leasingvertrag (LV) folglich mehr Elemente eines Miet-/Pachtvertrags als solche, die auf Teilhabe bzw. die Einwirkungsmöglichkeit des Leasingnehmers (LN) an der Substanz des Grundstücks gerichtet sind, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG in der Regel nicht erfüllt.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist eine AG, die im Jahr 1994 ein Grundstück an eine KG veräußert hat. Im Rahmen des sog. Sale-and-lease-back-Verfahrens wurde durch Abschluss eines LV der AG das an die KG als Leasinggeberin (LG) verkaufte Grundstück wieder zur Nutzung überlassen. Darüber hinaus vereinbarten die AG und die KG im Rahmen eines zusätzlichen Vertrags ein Ankaufsrecht der AG zu einem in Abhängigkeit von dem Zeitpunkt fest bestimmten Preis. Das beklagte Finanzamt erließ gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unbestrittenermaßen einen Grunderwerbsteuerbescheid gegen die KG. Zusätzlich wurde vom beklagten Finanzamt auch ein Grunderwerbsteuerbescheid gegen die AG erlassen, da nach Auffassung des Finanzamts durch den Abschluss des LV verbunden mit dem Abschluss des Ankaufsrechtsvertrags der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklicht worden sei. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde damit begründet, dass der LV ein sog. Teilamortisationsleasing darstelle, der ertragsteuerlich nicht zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den LN, d.h. die AG, geführt habe. Der Verbleib wirtschaftlichen Eigentums beim LG sei aber ein Indiz dafür, dass eine Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG nicht verschafft worden sei. Im Streitfalle sei dem LN zwar die Nutzungsberechtigung an dem streitigen Grundstück übertragen worden. Es fehle jedoch an der erforderlichen Substanzbeteiligung durch eine rechtliche oder wirtschaftliche Verwertungsbefugnis. Eine Verwertungsbefugnis ergebe sich auch nicht aus dem Ankaufsrecht der AG. Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück, da die AG wirtschaftlicher Eigentümer des verleasten Grundstücks geworden sei. Die für das wirtschaftliche Eigentum sprechenden Gründe der Verwertungsbefugnis durch unentziehbare Nutzung, Übergang von Lasten und Gefahren und wirtschaftliche Zahlung eines Kaufpreises durch Tragen der Gesamtinvestitionskosten (laut Finanzamt) gäben dem Gesamtvertragswerk das entscheidende Gepräge, so dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG erfüllt seien. Dagegen richtet sich die Klage der AG.

 

Entscheidung

Nach der Auffassung des Gerichts ist die Klage begründet. Verfügungsmöglichkeit i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG bedeutet, dass ein Dritter das Grundstück mit Auswirkung zu seinen Lasten und Gunsten besitzen, verwalten, nutzen, belasten und schließlich veräußern kann, ohne dass jeweils alle, für das Eigentum charakteristischen Rechte übertragen werden müssten. Diesem "Erwerber" des Grundstücks müssen diesbezügliche Einwirkungsmöglichkeiten gewährt werden, die über diejenigen eines Pächters hinausgehen, aber andererseits nicht die Stellung eines Eigentümers erreichen, was nur dann gegeben ist, wenn dem "Erwerber"über die bloßen Besitz- und Nutzungsrechte hinaus Einwirkungsmöglichkeiten auf den ganzen Substanzwert des Grundstücks gewährt werden. Enthält ein LV somit mehr Elemente eines Miet-/Pachtvertrages als solche, die auf eine Teilhabe/Einwirkungsmöglichkeit des LN an der Substanz des Grundstückes gerichtet sind, dürfte § 1 Abs. 2 GrEStG in der Regel nicht erfüllt sein. Erlangt demgegenüber der LN aufgrund des LV eine ihm nicht entziehbare, nur aufgrund der eigenen Gefahrtragung eingeschränkte Position dahingehend, jederzeit und ohne weiteres verlangen zu können, als Eigentümer eingesetzt zu werden, spricht alles für eine, bereits bei Abschluss des LV eingeräumte, mit einem Eigentümer vergleichbare Stellung des LN. Die ertragsteuerliche Bewertung eines Vorgangs durch die Finanzbehörde ist dabei für die grunderwerbsteuerliche Behandlung des betroffenen Grundstückes unerheblich. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen kann im Streitfalle keine Verwertungsbefugnis der Klägerin i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG festgestellt werden.

 

Hinweis

Das Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung des BFH. Der Fall macht aber deutlich, dass zur Vermeidung einer Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 GrEStG und damit einer Steuerbelastung i.H.v. 3,5 % der jeweiligen Bemessungsgrundlage Leasingverträge sehr umsichtig formuliert werden müssen. So gilt es insbesondere, umfangreiche Belastungsbefugnisse durch den LN, die Gestaltung der Untervermietung durch den LN, die Vereinbarung eines unangemessen niedrigen Kaufpreises nach Ablauf des LV sowie das jederzeitige, einseitig durch den LN auszuübende Ankaufsrecht zu vermeiden.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 26.02.2003, 5 K 7923/98

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