BMF, Schreiben v. 26.10.1992, IV B 4 - S 2000 - 252/92, BStBl I 1992 S. 693
Aufgrund der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu Einzelfragen zur Anwendung des Zinsabschlaggesetzes ab 1. Januar 1993 wie folgt Stellung:
1 Zufluß von Kapitalerträgen
Zinsen fließen als regelmäßig wiederkehrende Einnahmen dem Steuerpflichtigen nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Jahr zu, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Die wirtschaftliche Zugehörigkeit bestimmt sich nach dem Jahr, in dem sie zahlbar, d. h. fällig sind, unabhängig davon, für welchen Zeitraum die Zinsen gezahlt werden oder wann die Gutschrift tatsächlich vorgenommen wird. Auch bei auf- und abgezinsten Kapitalforderungen ist für den Zufluß nicht der Zeitraum maßgebend, für den die Zinsen gezahlt werden, sondern der Zeitpunkt der Fälligkeit.
Das Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit ist bei allen Zinsen, die zu Beginn des Jahres 1993 fällig sind, das Jahr 1993, auch wenn diese Zinsen bereits im Jahr 1992 gutgeschrieben werden. Umgekehrt ist kein Steuerabzug von Zinsen vorzunehmen, die Ende 1992 fällig sind und erst in den ersten Tagen des Jahres 1993 gutgeschrieben werden.
Vor dem 1. Januar 1993 fällige Zinsen aus festverzinslichen Wertpapieren sind auch dann im Jahr 1992 dem Gläubiger zugeflossen, wenn der Zinsschein erst im Jahr 1993 oder später zur Einlösung vorgelegt wird. Nach § 44 Abs. 1 i. V. m. § 52 Abs. 28 EStG ist deshalb in diesen Fällen von den Zinsen der Zinsabschlag nicht einzubehalten.
2 Auszahlende Stelle im Sinne des § 44 Abs. 1 EStG
2.1 Mehrstufige Verwahrung von Wertpapieren
Wertpapiere werden vielfach nicht nur von dem Kreditinstitut verwahrt, bei dem der Steuerpflichtige sein Depot unterhält, sondern auch – z. B. im Falle der Girosammelverwahrung – bei der Wertpapiersammelbank (Deutscher Kassenverein). Auszahlende Stelle im Sinne des § 44 Abs. 1 EStG ist bei mehrstufiger Verwahrung das depotführende Kreditinstitut, das als letzte auszahlende Stelle die Wertpapiere verwahrt und allein die individuellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (z. B. Freistellungsauftrag, NV-Bescheinigung) berücksichtigen kann.
2.2 Einlösung von auf- oder abgezinsten Wertpapieren im Tafelgeschäft
Auf- und abgezinste Wertpapiere kennen keine Zinsscheine; Stammrecht und Zinsansprüche werden in einer Urkunde verkörpert. Der Zinsabschlag beträgt ab Veranlagungszeitraum 1993 bei Fälligkeit (Einlösung) in den Fällen des § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG (Depotverwahrung) 30 v. H. und in den Fällen des § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG (Tafelgeschäft) 35 v. H. § 43a Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Nur bei Veräußerung oder Abtretung von auf- oder abgezinsten Wertpapieren im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG vor Fälligkeit unterliegen die dabei vereinnahmten „Stückzinsen”erst ab 1. Januar 1994 dem Zinsabschlag § 52 Abs. 28 Satz 2 EStG).
2.3 Steuerliche Behandlung von Stückzinsen im Rahmen von Tafelgeschäften
Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen (Stückzinsen) unterliegen unabhängig davon, ob sie mit § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG) oder ohne § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG) Stammrecht veräußert werden, nur dann erst ab 1. Januar 1994 dem Zinsabschlag § 52 Abs. 28 Satz 2 EStG), wenn sie vor Fälligkeit der Zinsscheine veräußert werden.
2.4 Gutschriften zugunsten von ausländischen Personengesellschaften
Gläubiger der Kapitalerträge bei einem auf den Namen einer Personengesellschaft geführten Konto sind die Gesellschafter. Vom Zinsabschlag kann deshalb nur dann abgesehen werden, wenn es sich bei allen Gesellschaftern um Steuerausländer handelt.
Wird dagegen im Inland ein auf den Namen einer Personenhandelsgesellschaft lautendes Konto geführt, die weder Sitz, Geschäftsleitung noch Betriebsstätte im Inland hat, ist der Zinsabschlag wegen der Ausländereigenschaft nicht vorzunehmen.
3 Umfang und Zeitpunkt des Steuerabzugs
3.1 Bundesschatzbriefe Typ B
Bei Bundesschatzbriefen Typ B fließen die Erträge dem Steuerpflichtigen in dem Zeitpunkt zu, in dem entweder die Endfälligkeit erreicht ist oder die Titel an die Bundesschuldenverwaltung zurückgegeben werden. Dem Zinsabschlag unterliegt demnach am Ende der Laufzeit oder bei Rückgabe des Titels der gesamte Kapitalertrag. Dem steht die Übergangsregelung des BMF-Schreibens vom 30. Oktober 1989 - IV B 4 - S 2252 - 310/89 - (BStBl I S. 428) nicht entgegen, nach der dem Steuerpflichtigen für vor dem 1. Januar 1989 erworbene Bundesschatzbriefe das Wahlrecht eingeräumt worden ist, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer entsprechend der früheren Verwaltungsregelung weiter die jährliche Besteuerung zu wählen.
Bei Bundesschatzbriefen Typ B, bei denen der Zinslauf am 1. Januar beginnt, ist der Zinsabschlag ebenfalls bei Fälligkeit, d. h. am 1. Januar, abzuziehen. Auf Antrag kann der Steuerpflichtige jedoch im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer bei Erträgen aus vor dem 1. Januar 1993 erworbenen Bundesschatzbriefen Typ B mit Zinslauf ab 1. Januar die Besteuerung entsprechend der...