Jean Bramburger-Schwirkslies, Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Ein Arbeitnehmer ermittelt die Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 5 EStG. Die Entfernungspauschale ist – unabhängig vom Verkehrsmittel – immer gleich hoch. Wegen des begrenzten Abzugs auf 0,30 EUR bzw. 0,38 EUR (in 2021 0,35 EUR) pro Entfernungskilometer ergeben sich jedoch unterschiedliche steuerliche Auswirkungen, und zwar abhängig davon, ob öffentliche Verkehrsmittel, ein privater Pkw oder ein Firmenfahrzeug genutzt werden.
4.1 Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
Nutzt der Arbeitnehmer öffentliche Verkehrsmittel, bestehen zwei Möglichkeiten. Er kann
- für jeden Entfernungskilometer eine Pauschale von 0,30 EUR bzw. 0,38 EUR (ab 2021 0,35 EUR) ab dem 21. Entfernungskilometer beanspruchen (maßgebend ist nicht die Strecke, die er mit Bahn, Bus oder Zug zurücklegt, sondern die kürzeste Straßenverbindung) oder
- die höheren tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel geltend machen, d. h., der Betrag, der die Entfernungspauschale übersteigt, kann zusätzlich zur Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Bei dieser Vergleichsrechnung ist auf den Jahresbetrag abzustellen. Das bedeutet, der höhere Betrag für öffentliche Verkehrsmittel ist nur dann zusätzlich abziehbar, wenn er über die Entfernungspauschale für das gesamte Jahr hinausgeht.
4.2 Benutzung verschiedener Verkehrsmittel
Mischfälle bei der Zurücklegung der Wegstrecken zwischen Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte sind heute keines Falls unüblich bei Arbeitnehmern. Diese liegen z. B. vor, wenn
- Wegstrecken teilweise mit dem Pkw und teilweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück gelegt werden (Park & Ride), oder aber auch wenn
- für einen Teil des Jahres die Wege mit dem eigenen Pkw und für den anderen Teil des Jahres die Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.
In solchen Fällen ist die jeweilige Entfernung grundsätzlich zunächst anhand der kürzesten Straßenverbindung der Gesamtwegstrecke von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstrecke zu ermitteln. Erst im nächsten Schritt erfolgt sodann die Aufteilung in die Teilstrecken der jeweiligen Verkehrsmittel.
Hierbei ist gem. BMF-Schreiben vom 18.11.2021 die Teilstrecke, die mit dem eigenen Pkw zurückgelegt wird, in voller Höhe anzusetzen. Auf die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel entfällt damit der verbleibende Teil der maßgebenden Entfernung. Für die Arbeitstage und Teilstrecken, an denen der Arbeitnehmer mit eigenem oder überlassenen Pkw die Wegstrecken zurücklegt, ist dann die Entfernungspauschale zu ermitteln und anschließend die für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Beide Ergebnisbeträge ergeben die insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale, sodass auch in Mischfällen ein höherer Betrag als 4.500 EUR angesetzt werden kann.
Für die Kalenderjahre 2021 bis 2026 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- die erhöhte Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer ist vorrangig bei der Teilstrecke anzusetzen, welche mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagen zurückgelegt wird. Für diese gilt der Höchstbetrag von 4.500 EUR nicht.
- Die Entfernungspauschale für die ersten 20 km i. H. v. 0,30 EUR ist vorrangig bei der Teilstrecke für öffentliche Verkehrsmittel anzusetzen.
Berechnung für Arbeitnehmer bei Nutzung des eigenen Pkw und öffentlicher Verkehrsmittel in 2021
Ein Arbeitnehmer fährt an 220 Arbeitstagen im Jahr 2021 mit dem eigenen Kraftwagen 30 km zur nächsten Bahnstation und von dort 100 km mit der Bahn zur ersten Tätigkeitsstätte. Die kürzeste maßgebende Entfernung (Straßenverbindung) beträgt 100 km. Die Aufwendungen für die Bahnfahrten betragen 2.160 EUR (monatlich 180 EUR x 12) im Jahr.
Von der maßgebenden Entfernung von 100 km entfällt eine Teilstrecke von 30 km au Fahrten mit dem eigenen Kraftwagen und eine Teilstrecke von 70 km auf Fahrten mit der Bahn.
Für die Teilstrecke mit der Bahn (100 km – 30 km) errechnet sich eine Entfernungspauschale von 220 Arbeitstagen zu 20 km x 0,30 EUR = 1.320 EUR zuzüglich 220 Arbeitstage x 50 km x 0,35 EUR = 3.850 EUR; in der Summe 5.170 EUR. Hierfür ist der Höchstbetrag von 4.500 EUR anzusetzen.
Für die Teilstrecke mit dem Kraftwagen errechnet sich eine Entfernungspauschale von 220 Arbeitstagen x 30 km x 0,35 EUR = 2.310 EUR, sodass sich eine insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale von 6.810 EUR (4.500 EUR + 2.310 EUR) ergibt.
Die tatsächlichen Aufwendungen für die Bahnfahrten in Höhe von 2.160 EUR bleiben unberücksichtigt, weil sie unterhalb der für das Kalenderjahr insgesamt anzusetzenden Entfernungspauschale liegen.
Nutzung von Pkw und Fähre
Der Arbeitnehmer wohnt in Konstanz und hat seine erste Tätigkeitsstrecke auf der anderen Seite des Bodensees. Für die Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte benutzt er im Jahr 2021 seinen Kraftwagen und die Fähre von Konstanz nach Meersburg. Die Fahrtstrecke für die Fähre kostete 122,50 EUR. Bei 220 Arbeitstagen im Jahr ergibt sich eine Entfernungspauschale von:
220 Arbeitstage x 10 km x 0,30 EUR = 660 EUR
zzgl.
Fährkosten (12 km x 122,50 EUR) = 1.470 EUR
insgesamt zu berücksichtigen 2.12...