Leitsatz
Wird ein Wirtschaftsgut zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft unentgeltlich übertragen, ist nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG 1999 der Teilwert anzusetzen. Gegen die hiermit verbundene Gewinnrealisierung bestehen auch mit Rücksicht darauf keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber für den Fall, dass ein solcher Übertragungsvorgang nach dem 31.12.2000 erfolgt, die Fortführung des bisherigen Buchwerts angeordnet hat.
Normenkette
§ 6 Abs. 5, § 52 Abs. 16a EStG 1999
Sachverhalt
Eine KG nutzte ein Betriebsgrundstück, das ihr selbst und der Komplementärin je zur Hälfte gehörte. Im Dezember 1999 übertrug die Komplementärin ihren Grundstücksanteil unentgeltlich auf die beiden Kommanditisten. Die Kommanditisten übernahmen die auf dem Grundstück lastenden Grundschulden, nicht aber die von der KG passivierten Darlehensschulden von 460 000 DM. Das Eigenkapital der KG belief sich auf 2,9 Mio. DM.
Das FA ging davon aus, dass der Miteigentumsanteil von der Komplementärin zum Teilwert entnommen worden sei, und ermittelte einen Sonderbilanzgewinn von ca. 433 000 DM. Diesen berücksichtigte es auch beim Erlass des GewSt-Messbescheids für die KG. Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 04.07.2008, 10 K 764/03, Haufe-Index 2048865).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG 1999 sei eine unentgeltliche Übertragung zwischen den Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer als mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme zu behandeln. Der Vorgang sei hier als unentgeltlich anzusehen, weil die alleinige Übernahme der dinglichen Lasten ohne Gefahr der Inanspruchnahme kein Entgelt darstelle. Dass derselbe Vorgang vor 1999 und ab 2001 nicht zur Aufdeckung stiller Reserven geführt hätte, sei unbeachtlich.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft in seiner durch den Leitsatz gekennzeichneten Hauptaussage ausschließlich die in den Jahren 1999 und 2000 geltende Rechtslage.
a) In diesen beiden Jahren waren unentgeltliche Übertragungen zwischen den Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft nach dem damaligen § 6 Abs. 5 S. 3 EStG als Entnahme des übertragenden Mitunternehmers unter Aufdeckung der stillen Reserven zu behandeln. Für den Übertragungsempfänger ergab sich zugleich eine mit dem Teilwert zu bewertende Einlage in sein Sonderbetriebsvermögen. Die damalige Fassung sollte eine Abkehr von der bisherigen Handhabung durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung bewirken, die sich im sog. Mitunternehmererlass niedergeschlagen und derartige Übertragungen ebenso wie Übertragungen zwischen Einzel- bzw. Sonderbetriebsvermögen und Gesamthandsvermögen zum Buchwert zugelassen hatte. Damit wurde das dem EStG zugrunde liegende Subjektsteuerprinzip verwirklicht, wonach jedes Steuersubjekt auch die ihm zuzurechnenden stillen Reserven im Betriebsvermögen zu versteuern hat.
Nach Protesten aus der Wirtschaft, die eine zu starke Behinderung von Umstrukturierungen durch von den Gesellschaftern aus der Vermögenssubstanz zu leistende Steuern beanstandete, sah sich der Gesetzgeber mit Wirkung ab 2001 zu einer "Reform der Reform", der sog. "Wiederherstellung des Mitunternehmererlasses" in Gestalt eines vollkommen auf den Kopf gestellten § 6 Abs. 5 S. 3 EStG gezwungen. Die seither geltende Regelung sieht derartige Übertragungen zum Buchwert vor.
b) Wer in den beiden Jahren 1999 und 2000 derartige Übertragungen vorgenommen hatte, musste die Besteuerung der stillen Reserven rückblickend als Benachteiligung gegenüber denjenigen empfinden, die derartige Gestaltungen vor 1999 oder nach 2000 vorgenommen hatten. Der BFH erkennt darin jedoch keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Der Gesetzgeber konnte sich aus sachlichen Gründen zwei Jahre später zu einem anderen System entschließen, ohne dieses auch rückwirkend anwenden zu müssen.
2. Konkret betrifft das hiesige Urteil nur Übertragungen zwischen den Sonderbetriebsvermögen gem. dem heutigen § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 3 EStG.Dieselben Grundsätze werden aber auch für Übertragungen i.S.d. heutigen § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 und Nr. 2 EStG gelten.
3. Auch für die heutige Rechtslage von Bedeutung sind die Ausführungen des BFH zu der Frage, ob die Übernahme von Grundpfandrechten ohne gleichzeitige Schuldübernahme oder Schuldbeitritt in Bezug auf die gesicherte Forderung als ein Entgelt anzusehen ist. Der BFH sieht darin jedenfalls dann kein Entgelt, wenn eine Inanspruchnahme des Eigentümers nicht wenigstens teilweise zu befürchten ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.05.2010 – IV R 42/08