Leitsatz

Die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft führt nicht zur Realisierung eines Gewinns, wenn das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 5 Satz 3 EStG

 

Sachverhalt

Ein zu 70 % an einer KG beteiligter Kommanditist hatte zwei zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende bebaute Grundstücke auf die KG über­tragen. Auf einem der Grundstücke lastete eine ­Verbindlichkeit von ca. 296.000 EUR, die die KG übernahm. Sie bilanzierte das betreffende Grundstück anschließend mit dem bisherigen Buchwert von ca. 1,03 Mio. EUR; der Verkehrswert betrug ca. 1,52 Mio. EUR.

Das FA war der Meinung, es seien stille Reserven im Verhältnis der übernommenen Verbindlichkeit zum Verkehrswert des Grundstücks von ca. 19,5 % aufgedeckt worden, und erfasste eine Sonderbetriebseinnahme des Kommanditisten von ca. 96.000 EUR. Dieser Gewinnerhöhung standen eine höhere AfA der KG und eine höhere GewSt-Rückstellung gegenüber. Die Klage hatte keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 6.3.2012, 13 K 251/10, Haufe-Index 2953456, EFG 2012, 1333).

 

Entscheidung

Anders als das FG hielt der BFH die Handhabung des FA für unzutreffend. Soweit das Grundstück durch Übernahme der Verbindlichkeit entgeltlich übertragen worden sei, sei kein Gewinn entstanden, weil das Entgelt den Buchwert nicht überstiegen habe. Im Übrigen liege keine Entnahme vor, weil das Grundstück das Betriebsvermögen der KG nicht verlassen habe.

 

Hinweis

1.Das Urteil ist eine Folgeentscheidung zu dem BFH-Urteil vom 21.6.2012, IV R 1/08 (BFH/PR 2012, 299, BFH/NV 2012, 1536). Das damalige Urteil betraf die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft im Jahr 1999. Hier ging es demgegenüber um die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen derselben Personengesellschaft im Jahr 2001. Ein Unterschied in der rechtlichen Beurteilung ergibt sich einerseits daraus, dass im Jahr 2001 eine andere Rechtslage galt als im Jahr 1999 (nachstehend unter 2.). Außerdem besteht ein Unterschied zwischen Übertragungen in das Gesamthandsvermögen derselben Personen­gesellschaft und in das Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft (nachstehend unter4.).

2. Unentgeltliche Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen Mitunternehmer und Mitunternehmerschaft waren unter der Geltung des Mitunternehmererlasses wahlweise zum Buchwert, zum Teilwert und zu Zwischenwerten möglich. Ab 1999 sollte der Mitunternehmererlass durch das StEntlG 1999/2000/2002 "abgeschafft" werden. Dies wurde u.a. dadurch erreicht, dass nach dem neu eingefügten § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG derartige Übertragungen immer zum Teilwert durchzuführen waren.

Weil sich die zwangsweise Aufdeckung stiller Reserven als Umstrukturierungshindernis erwies, entschloss sich der Gesetzgeber im Jahr 2001 zur "Wiederherstellung des Mitunternehmererlasses". In § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wurde zu diesem Zweck geregelt, dass die dort genannten Übertragungen zwingend zum Buchwert durchzuführen waren.

3. Teilentgeltliche Übertragungen sind in § 6 Abs. 5 EStG nicht ausdrücklich geregelt. Im Urteil vom 21.6.2012, IV R 1/08 hatte der BFH klargestellt, dass ein teilentgeltliches Geschäft in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil zerlegt wird. Soweit entgeltlich übertragen wird, kann durch das Entgelt ein Gewinn realisiert worden sein. Soweit unentgeltlich übertragen wird, greift der Ersatz-Gewinnrealisationstatbestand der Entnahme.

Aus dem entgeltlichen Geschäft ergibt sich ein Gewinn, wenn und soweit das Entgelt den Buchwert übersteigt. Das unentgeltliche Geschäft müsste infolge der Entnahme grundsätzlich zur Aufdeckung aller (übrigen) stillen Reserven führen, weil eine Entnahme grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten ist. Seit 1999 gilt aber die spezielle Entnahmebewertung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. In der ab 2001 geltenden Fassung der Vorschrift regelt sie eine Bewertung mit dem Buchwert. Im Ergebnis kommt es danach ab 2001 nicht zur Gewinnrealisierung, wenn das Teilentgelt den Buchwert nicht übersteigt.

Die Finanzverwaltung vertritt eine andere Form der "Trennungstheorie", nach der immer stille Reserven zu dem Prozentsatz aufgedeckt werden, der dem Verhältnis von Entgelt und Verkehrswert entspricht (BMF, Schreiben vom 8.12.2011, BStBl I 2011, 1279, Tz. 15). Eine gesetzliche Grundlage gibt es dafür m.E. nicht.

4. Im Fall des hier besprochenen Urteils lag allerdings bereits tatbestandlich keine Entnahme vor. Eine Entnahme setzt bekanntlich voraus, dass das Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen verlässt. Da zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft das Gesamthandsvermögen und das Sonderbetriebsvermögen gehören, kann ein Wechsel zwischen diesen beiden Bestandteilen des Betriebsvermögens keine Entnahme sein. Im Fall des BFH-Urteils vom 21.6.2012...

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