LfSt Bayern v. 12.8.2011, S 2253.1.1 - 1/4 St 32
Bezug: Entscheidungen des BFH vom 7.12.2010, IX R 70/07 (BStBl 2011 II S. 346) und IX R 48/07 (BStBl 2011 II S. 345)
Mit Urteil vom 23.9.2003, IX R 65/02 (BStBl 2005 II S. 159) hatte der BFH – abweichend von der damaligen Verwaltungsauffassung – entschieden, dass Erbbauzinsen auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Kalenderjahr ihrer Leistung sofort abziehbar sind, wenn sie in einem Einmalbetrag vorausgezahlt werden.
Nach der Änderung des § 11 Abs. 2 EStG durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz (EURLUmsG) vom 9.12.2004 (BStBl 2004 I S. 1158) sind Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren vorausgezahlt werden, gleichmäßig auf den Zeitraum zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Hierunter fällt auch das in einem Einmalbetrag gezahlte Entgelt für die Einräumung eines Erbbaurechts.
Die Änderung gilt im Hinblick auf Erbbauzinsen und andere Entgelte für die Nutzung eines Grundstücks erstmals für Vorauszahlungen, die nach dem 31.12.2003 geleistet wurden (§ 52 Abs. 30 EStG).
In diesem Verfahren hat der BFH dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 11 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 30 Satz 1 EStG i.d.F. des EURLUmsG gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstößt, soweit im Voraus gezahlte Erbbauzinsen auch dann auf den Zeitraum zu verteilen sind, für den sie geleistet werden, wenn sie im Jahr 2004, aber noch vor der Einbringung der Neuregelung in den Deutschen Bundestag am 27.10.2004 verbindlich vereinbart und gezahlt wurden.
Im Streitfall wurden die in einem Einmalbetrag geleisteten Erbbauzinsen bereits im September 2004 – also noch vor der Einbringung des Gesetzes in den Bundestag – entrichtet. Die rückwirkende Gesetzesanwendung ist insoweit verfassungsrechtlich bedenklich.
Das Verfahren ist beim BVerfG unter dem Aktenzeichen 2 BvL 1/11 anhängig.
Einsprüche, die sich auf dieses Verfahren beziehen, ruhen gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Es bestehen keine Bedenken, Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 Abs. 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 FGO stattzugeben, wenn vor dem 27.10.2004 eine entsprechende Vereinbarung der Erbbauzinsen und deren Vorausleistung erfolgte.
In diesem Verfahren entschied der BFH, dass Erbbauzinsen, die im Jahr 2005 aufgrund eines nach dem 15.12.2004 (= Datum der Verkündung des EURLUmsG) zustande gekommenen Kaufvertrags in einer Summe für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts im Voraus geleistet werden, beim Werbungskostenabzug nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG i.d.F. EURLUmsG auf die 99-jährige Laufzeit aufgeteilt werden können, ohne dass gegen ein Rückwirkungsverbot verstoßen wird.
Einschlägige noch offene Verfahren können entsprechend der BFH-Entscheidung erledigt werden.
Hinweis:
Auf Karte 7.1 zu § 21 EStG ist auf diese Karte hinzuweisen.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 2 Satz 3
EStG § 21