1.1 Allgemeines
Der Tod des Erblassers führt dazu, dass dessen Erbschaft automatisch an den gesetzlichen oder testamentarischen Erben fällt (Vonselbsterwerb). Dieser wird damit Erbe, unabhängig davon, ob er dies will oder nicht.
Will der Erbe die Erbschaft nicht behalten, dann besteht für ihn die Möglichkeit, diese auszuschlagen. Bei demjenigen, bei dem die Erbschaft danach anfällt, liegt keine Schenkung durch den Ausschlagenden vor.
Kein Ausschlagungsrecht hat dagegen der Staat.
1.2 Annahme oder Ausschlagung
1.2.1 Allgemeines
Der Erbe hat die Möglichkeit, die Erbschaft anzunehmen oder auch auszuschlagen. Die Annahme kann aber nicht durch den Testamentsvollstrecker, den Nachlasspfleger oder den Nachlassverwalter erklärt werden.
1.2.2 Annahme der Erbschaft
Die Erbschaft kann in der folgenden Weise angenommen werden:
- Der Erbe erklärt die Erbschaft ausdrücklich als angenommen.
- Der Erbe nimmt die Erbschaft durch ein schlüssiges Verhalten an. Dies kann z. B. in der Weise geschehen, dass er einen Erbschein beantragt oder dass er die Erbschaft verkauft.
- Der Erbe lässt die Ausschlagungsfrist verstreichen.
6 Wochen Ausschlagungsfrist
Der verwitwete Erblasser E ist verstorben und hat seine Tochter T als Alleinerbin eingesetzt. Tochter T unternimmt nach dem Erbfall nichts, um die Erbschaft auszuschlagen.
Zunächst ist die Tochter T vorläufige Erbin. Nach Ablauf von 6 Wochen wird die T zur endgültigen Erbin.
1.2.3 Ausschlagung der Erbschaft
1.2.3.1 Allgemeines
Will der gesetzliche oder testamentarische Erbe nicht Erbe sein, muss er die Erbschaft form- und auch fristgerecht ausschlagen.
Wurde ein gesetzlicher Erbe testamentarisch bedacht, dann hat er die Möglichkeit, die testamentarische Erbeinsetzung auszuschlagen und diese als gesetzlicher Erbe anzunehmen. Grund dafür kann sein, dass sich die gesetzliche Erbfolge für den Erben vorteilhafter auswirkt.
Auch wenn eine Person mehrfacher gesetzlicher Erbe ist kann er den einen Erbteil annehmen und den anderen Erbteil ausschlagen. Dies kommt z. B. in Betracht, wenn ein Ehegatte als solcher erbt und gleichzeitig auch als Verwandter Erbe ist.
Haben Eheleute ein gemeinschaftliches Testament errichtet, dann kann der überlebende Ehegatte durch Ausschlagung der Erbschaft die Bindung nach § 2271 Abs. 2 BGB beseitigen.
Ein Nacherbe hat die Möglichkeit, die Nacherbschaft schon beim Tod des Erblassers auszuschlagen und nicht erst, wenn der Vorerbe verstirbt.
Erbausschlagung des Nacherben
Erblasser E hat seine Tochter T zur Vorerbin und die Lebensgefährtin L zur Nacherbin eingesetzt. E verstirbt, 3 Monate später verstirbt auch die T. L will die Erbschaft nicht antreten.
Lösung:
L kann die Erbschaft schon nach dem Tod des E ausschlagen.
Erbt eine beschränkt geschäftsfähige Person, kann diese nur mit Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters die Erbschaft ausschlagen. Möglich ist aber auch, dass der gesetzliche Vetreter selbst für die beschränkt geschäftsfähige Person ausschlägt. Die gesetzlichen Vertreter benötigen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Erbt hingegen eine geschäftsunfähige Person, dann kann nur deren gesetzlichen Vertreter die Erbschaft ausschlagen.
1.2.3.2 Ausschlagungsform
Der Erbe hat die Ausschlagung durch Erklärung gegenüber dem örtlich zuständigen Nachlassgericht vorzunehmen. Hierbei ist die Ausschlagungserklärung entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Wirksam wird diese erst beim Zugang beim Nachlaßgericht.
Soll hingegen ein Vermächtnis ausgeschlagen oder angenommen werden, dann hat die Erklärung gegenüber dem Beschwerten zu erfolgen.
1.2.3.3 Ausschlagungsfrist
Grundsätzlich kann die Ausschlagung nur innerhalb einer Frist von 6 Wochen vorgenommen werden.
Die Ausschlagungsfrist beträgt nach § 1944 Abs. 3 BGB 6 Monate, wenn
- der Erblasser seinen Wohnsitz nur im Ausland hatte oder
- der Erbe sich beim Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat.
Die Frist für die Ausschlagung beginnt erst dann, wenn der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat. Erfolgte die Berufung durch eine Verfügung von Todes wegen, dann beginnt die Frist nicht bevor die Verfügung verkündet worden ist. Die Frist beginnt damit nicht schon im Zeitpunkt des Erbfalls. Um die Frist zu verlängern kann es also sinnvoll sein, dass sich der Erbe, bevor die Testamentseröffnung erfolgt, ins Ausland begibt.
Nach dem Beschluss des BGH vom 16.1.2019 liegt ein Auslandsaufenthalt i. S. d. § 1944 Abs. 3 BGB jedenfalls dann nicht vor, wenn sich einer der beiden gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Erben bei dem Beginn der Frist lediglich für einige Stunden zu einem Tagesausflug im Ausland aufhält und planmäßig noch am selben Tag an seinen W...