1.2.3.1 Allgemeines
Will der gesetzliche oder testamentarische Erbe nicht Erbe sein, muss er die Erbschaft form- und auch fristgerecht ausschlagen.
Wurde ein gesetzlicher Erbe testamentarisch bedacht, dann hat er die Möglichkeit, die testamentarische Erbeinsetzung auszuschlagen und diese als gesetzlicher Erbe anzunehmen. Grund dafür kann sein, dass sich die gesetzliche Erbfolge für den Erben vorteilhafter auswirkt.
Auch wenn eine Person mehrfacher gesetzlicher Erbe ist kann er den einen Erbteil annehmen und den anderen Erbteil ausschlagen. Dies kommt z. B. in Betracht, wenn ein Ehegatte als solcher erbt und gleichzeitig auch als Verwandter Erbe ist.
Haben Eheleute ein gemeinschaftliches Testament errichtet, dann kann der überlebende Ehegatte durch Ausschlagung der Erbschaft die Bindung nach § 2271 Abs. 2 BGB beseitigen.
Ein Nacherbe hat die Möglichkeit, die Nacherbschaft schon beim Tod des Erblassers auszuschlagen und nicht erst, wenn der Vorerbe verstirbt.
Erbausschlagung des Nacherben
Erblasser E hat seine Tochter T zur Vorerbin und die Lebensgefährtin L zur Nacherbin eingesetzt. E verstirbt, 3 Monate später verstirbt auch die T. L will die Erbschaft nicht antreten.
Lösung:
L kann die Erbschaft schon nach dem Tod des E ausschlagen.
Erbt eine beschränkt geschäftsfähige Person, kann diese nur mit Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters die Erbschaft ausschlagen. Möglich ist aber auch, dass der gesetzliche Vetreter selbst für die beschränkt geschäftsfähige Person ausschlägt. Die gesetzlichen Vertreter benötigen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Erbt hingegen eine geschäftsunfähige Person, dann kann nur deren gesetzlichen Vertreter die Erbschaft ausschlagen.
1.2.3.2 Ausschlagungsform
Der Erbe hat die Ausschlagung durch Erklärung gegenüber dem örtlich zuständigen Nachlassgericht vorzunehmen. Hierbei ist die Ausschlagungserklärung entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Wirksam wird diese erst beim Zugang beim Nachlaßgericht.
Soll hingegen ein Vermächtnis ausgeschlagen oder angenommen werden, dann hat die Erklärung gegenüber dem Beschwerten zu erfolgen.
1.2.3.3 Ausschlagungsfrist
Grundsätzlich kann die Ausschlagung nur innerhalb einer Frist von 6 Wochen vorgenommen werden.
Die Ausschlagungsfrist beträgt nach § 1944 Abs. 3 BGB 6 Monate, wenn
- der Erblasser seinen Wohnsitz nur im Ausland hatte oder
- der Erbe sich beim Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat.
Die Frist für die Ausschlagung beginnt erst dann, wenn der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat. Erfolgte die Berufung durch eine Verfügung von Todes wegen, dann beginnt die Frist nicht bevor die Verfügung verkündet worden ist. Die Frist beginnt damit nicht schon im Zeitpunkt des Erbfalls. Um die Frist zu verlängern kann es also sinnvoll sein, dass sich der Erbe, bevor die Testamentseröffnung erfolgt, ins Ausland begibt.
Nach dem Beschluss des BGH vom 16.1.2019 liegt ein Auslandsaufenthalt i. S. d. § 1944 Abs. 3 BGB jedenfalls dann nicht vor, wenn sich einer der beiden gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Erben bei dem Beginn der Frist lediglich für einige Stunden zu einem Tagesausflug im Ausland aufhält und planmäßig noch am selben Tag an seinen Wohnort im Inland zurückkehrt.
Auslandsaufenthalt
Durch einen kurzen Aufenthalt im Ausland kann somit nicht die Verlängerung der 6-Wochenfrist auf 6 Monate erreicht werden.
Für den Vermächtnisnehmer ist dagegen keine Frist vorgesehen, dieser kann die Ausschlagung daher unbefristet vornehmen.
Sinn der Ausschlagungsfrist ist es, dem Erben die Möglichkeit zu geben, sich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen, insbesondere ob der Nachlass verschuldet ist. Nach Ablauf der Frist gilt die Erbschaft als angenommen.
Nach Fristablauf keine Wiedereinsetzung
Eine Wiedereinsetzung kommt nach dem Beschluss des OLG Jena nach Ablauf der 6-Wochen-Frist der §§ 1956, 1954 Abs. 1 BGB zur Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB nicht in Betracht.