2.4.2.1 Allgemeines
Der Kapitalwert ergibt sich aus der Multiplikation des Vervielfältigers und dem Jahreswert.
Hierbei ist die Bewertung sowohl beim Begünstigten wie auch beim Verpflichteten in gleicher Weise durchzuführen.
Weicht der gemeine Wert nachweislich vom Kapitalwert ab, so ist dieser zugrunde zu legen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 BewG, § 14 Abs. 4 Satz 1 BewG). Hierbei gilt zu beachten, dass der Ansatz eines geringeren oder höheren Werts jedoch nicht darauf gestützt werden kann, dass entweder mit einem anderen Zinssatz als 5,5 v. H. zu rechnen ist, oder mit einer anderen als einer mittelschüssigen Zahlungsweise (§ 13 Abs. 3 Satz 2 BewG, § 14 Abs. 4 Satz 2 BewG; s. auch Rz. 35 der gleichlautenden Ländererlasse v. 9.9.2022).
2.4.2.2 Ermittlung des Vervielfältigers
Die Höhe des Vervielfältigers hängt von der Dauer des Nießbrauchsrechts ab.
Bei einem Nießbrauchsrecht, welches auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist, ermittelt sich der Vervielfältiger nach § 13 Abs. 1 BewG. Hiernach ist der Vervielfältiger aus der Tabelle 9a (zu § 13 BewG) zu entnehmen.
Beispiel 1
Vater V wendet seiner Tochter T im Januar 2024 den Nießbrauch an einem vermieteten Grundstück zu. Die Laufzeit des Zuwendungsnießbrauchs soll 10 Jahre betragen.
Da die Laufzeit des Zuwendungsnießbrauchs auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist, ist der Vervielfältiger aus Tabelle 9a zu § 13 Abs. 1 BewG abzulesen. Im Beispielsfall beläuft sich der maßgebende Vervielfältiger auf 7,745. Das Geschlecht hat hier keinen Einfluss auf den Vervielfältiger.
Dagegen ergibt sich der Vervielfältiger für den lebenslänglichen Nießbrauch nach § 14 Abs. 1 BewG. Maßgebend ist die aktuelle Lebenserwartung, was bisher nicht der Fall war. Die Vervielfältiger können dem BMF-Schreiben vom 1.12.2023 entnommen werden. Diese Vervielfältiger basieren auf der am 26.7.2022 veröffentlichten Sterbetafel 2020/2022 des Statistischen Bundesamtes und gelten für Bewertungsstichtage vom 1.1.2024.
Beispiel 2
Mutter M wendet ihrer 25-jährigen Tochter T den lebenslangen Nießbrauch an einem vermieteten Grundstück zu. Zeitpunkt der Zuwendung ist der 11.1.2024.
Da hier der Tochter T ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingeräumt wurde, muss zur Ermittlung des Vervielfältigers das BMF-Schreiben vom 1.12.2023 herangezogen werden. Bei einem Alter von 25 Jahren und unter Beachtung des (weiblichen) Geschlechts ist aus der Tabelle ein Vervielfältiger von 17,872 abzulesen.
Verstirbt die nießbrauchsberechtigte oder nießbrauchsverpflichtete Person innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem Erwerb, so ist die Vorschrift des § 14 Abs. 2 BewG zu beachten.
Diese sieht vor, das die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern (Erbschaftsteuer) nach der wirklichen Dauer der Nutzung zu berichtigen ist. Hinsichtlich der nießbrauchsberechtigten Person ist ein entsprechender Antrag zu stellen. Dieser muss bis zum Ablauf des Jahres gestellt werden, das auf den Eintritt der Bedingung folgt (§ 14 Abs. 2 Satz 2 BewG i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 2 BewG). Beim Verpflichteten (Erben) bedarf es keines Antrags (§ 14 Abs. 2 Satz 3 BewG).
Ob die Vorschrift zur Anwendung kommt, hängt u. a. vom Alter und von der Laufzeit der Nutzung ab. Im Einzelnen kann dies der Tabelle in § 14 Abs. 2 BewG entnommen werden.
Beispiel 3
Der Großvater GV räumt seinem Lieblingsenkel EN schenkweise am 5.1.2024 den lebenslangen Zuwendungsnießbrauch an einem ihm gehörenden Mietwohngrundstück ein. EN ist im Zeitpunkt der Zuwendung 38 Jahre alt.
Da hier dem EN ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingeräumt wurde, muss zur Ermittlung des Vervielfältigers das BMF-Schreiben vom 1.12.2023
herangezogen werden. Bei einem Alter von 38 Jahren und unter Beachtung des (männlichen) Geschlechts ist aus der Tabelle ein Vervielfältiger von 16,632 abzulesen.
Beispiel 4
Erblasser E hat seine Tochter T zur Alleinerbin bestimmt. Den 50-jährigen Sohn S hat E mit einem Nießbrauchsvermächtnis bedacht. Erblasser E verstirbt am 3.1.2024. 4 Jahre später verstirbt auch Sohn S.
Mit dem Tod von E erfolgt die Ermittlung des Kapitalwerts des Nießbrauchs gem. § 14 Abs. 1 BewG, d. h. für einen lebenslänglichen Nießbrauch. Der entsprechende Vervielfältiger ist dem BMF-Schreiben vom 1.12.2023 zu entnehmen.
Durch den Tod von S ist nunmehr aber eine Berichtigung der nicht laufend veranlagten Steuer, d. h. hier der Erbschaftsteuer, geboten. Denn die Nutzung bei einem Alter von mehr als 50 Jahren hat nicht mehr als 4 Jahre bestanden. Daher hat die Festsetzung der Erbschaftsteuer nach der wirklichen Dauer der Nutzung ...