Leitsatz
Durch § 21 Abs. 3 KStG 1999 werden nur erfolgsabhängige, nicht aber erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen vom Abzinsungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 ausgeschlossen
Normenkette
§ 21 Abs. 3 KStG, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist ein VVaG, der eine Krankenversicherung betreibt (vgl. § 12 Abs. 1 VAG). Sie bildete Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen an ihre Versicherten.
Das FA vertrat die Auffassung, dass die passivierten Rückstellungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 1997 n.F. abzuzinsen seien und dementsprechend der Gewinn zu erhöhen sei. § 21 Abs. 3 KStG 1999 widerspreche dem nicht, weil der darin bestimmte Ausschluss von dem Abzinsungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 1997 n.F. ausschließlich erfolgsabhängige, nicht jedoch – wie hier – erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen erfasse (vgl. auch FinMin Schleswig-Holstein, Erlass vom 18.02.2008, KSt-Kartei SH § 21 KStG Karte 3).
Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich (Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.11.2008, 6 K 355/08, Haufe-Index 2114341, EFG 2009, 507).
Entscheidung
Der BFH entschied anders und gab dem FA recht:
§ 21 Abs. 3 KStG reduziere den Ausschluss vom Abzinsungsgebot allein auf Rückstellungen für erfolgsabhängige versicherungstechnische Beitragsrückerstattungen. Erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen würden nicht einbezogen. Das ergebe sich aus der Regelungsgeschichte und dem Regelungskontext.
Hinweis
Es handelt sich um ein Grundsatzurteil für die Versicherungswirtschaft:
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 1997 n.F. sind Rückstellungen für Verpflichtungen mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen, sofern nicht die Laufzeit der zugrunde liegenden Verbindlichkeiten am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt. Das Abzinsungsgebot wird jedoch durch § 21 Abs. 3 KStG 1999 ausgeschlossen; § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 1997 n.F. ist danach nicht anzuwenden.
2. Der BFH analysiert und exegiert diese Normzusammenhänge und gelangt zu dem Ergebnis, dass der angeordnete Anwendungsausschluss sich allein auf erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen bezieht, nicht jedoch (auch) auf erfolgsunabhängige Rückerstattungen.
Das wird daraus gefolgert, dass der Abzinsungsausschluss sich aus rechtssystematischer Sicht nur auf jene Regelungsbereiche beziehen kann, die Gegenstand der Abs. 1 und 2 der Vorschrift sind. In § 21 Abs. 1 KStG sind das – und zwar ausschließlich – aber nur erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen. Auch Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen i.S.d. § 21 Abs. 2 KStG sind nur diejenigen Rückstellungen, die Beitragsrückerstattungen i.S.d. § 21 Abs. 1 KStG betreffen. Letzteres war zwar zunächst umstritten, wurde dann aber durch die BFH-Urteile vom 09.06.1999, I R 17/97 (BFH/NV 1999, 1702) und vom 07.03.2007, I R 61/05 (BFH/NV 2007, 1429, BFH/PR 2007, 305) höchstrichterlich abschließend geklärt.
3. Das FG hatte das im Urteilsfall anders gesehen und sich dabei auch auf die versicherungsaufsichts- und handelsrechtliche Gesetzeslage gestützt. Dafür erkennt der BFH indes keinen Anlass:
Versicherungsaufsichts- und Handelsrecht einerseits und Steuerrecht andererseits sind zweierlei. § 21 KStG lässt nicht erkennen, dass sich das eine auf das andere bezöge. So gesehen bleibt es unbeachtlich, dass wirtschaftlich sowohl in den Fällen der erfolgsabhängigen wie der erfolgsunabhängigen Beitragsrückerstattung der Zinsvorteil nicht beim steuerpflichtigen Versicherungsunternehmen verbleiben wird, vielmehr über die Einbeziehung dieser Zinsen in die Berechnung der Folgejahre den Versicherten wieder zugute kommen mag.
Und deswegen dürfte es auch zukünftig keine ausschlaggebende Rolle spielen, dass § 341e Abs. 1 S. 3 HGB i.d.F. des BilMoG versicherungstechnische Rückstellungen von der Abzinsung nach § 253 Abs. 2 HGB explizit ausschließt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.11.2009 – I R 9/09