Prof. Dr. Gerd Waschbusch
Rz. 11
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) dient der Förderung der Erreichung eines von ihren Gesellschaftern gemeinsam verfolgten Zwecks. Mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags, in dem der gemeinsame Zweck sowie die Art und Weise der Förderung dieses Zwecks festgelegt wird, wird die GbR errichtet. Der Gesellschaftsvertrag bedarf dabei i. d. R. keiner bestimmten Form und kann daher auch mündlich oder konkludent abgeschlossen werden.
Rz. 12
Nach ihrer Rechtsnatur sind zwei Arten der GbR zu unterscheiden. Einerseits kann die GbR als rechtsfähige Gesellschaft ausgestaltet werden, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen ihrer Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Sie kann in dieser Ausgestaltungsform selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Andererseits kann die GbR auch nur zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses der Gesellschafter untereinander dienen und daher nicht selbst am Rechtsverkehr teilnehmen. Diese Ausgestaltungsform wird als nicht rechtsfähige Gesellschaft bezeichnet.
Rz. 13
Zur Abgrenzung der rechtsfähigen von der nicht rechtsfähigen Gesellschaft ist einzig auf den gemeinsamen Willen der Gesellschafter abzustellen, ob die Gesellschaft am Rechtsverkehr teilnehmen soll oder nicht. Im Verhältnis zu Dritten entsteht die rechtsfähige GbR gemäß § 719 Abs. 1 BGB, sobald die Gesellschaft als solche mit Zustimmung aller Gesellschafter tatsächlich am Rechtsverkehr teilnimmt. Die Zustimmung aller Gesellschafter zur tatsächlichen Teilnahme am Rechtsverkehr wird vermutet, sofern der Zweck der Gesellschaft der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen ist.
Rz. 13a
Der Umfang, die Widerlegbarkeit und die Rechtsfolge der Vermutung des § 705 Abs. 3 BGB sind umstritten. Nach der hier vertretenen Literaturmeinung, die dem Wortlaut des § 705 Abs. 3 BGB folgt, wird (lediglich) die Zustimmung i. S. d. § 719 Abs. 1 BGB aller Gesellschafter zur tatsächlich vorliegenden Teilnahme am Rechtsverkehr vermutet. Das heißt, es wird vermutet, dass, wenn die Teilnahme einer unternehmenstragenden GbR erfolgt, diese gewollt ist. Nach einer anderen der Gesetzessystematik folgenden Literaturmeinung wird die Absicht i. S. d. § 705 Abs. 2 BGB zur Teilnahme am Rechtsverkehr vermutet, was gleichbedeutend mit einer Vermutung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft (Entstehung im Innenverhältnis) wäre. Nach beiden Literaturmeinungen entsteht die rechtsfähige Gesellschaft gegenüber Dritten (Entstehung im Außenverhältnis) erst, wenn sie tatsächlich am Rechtsverkehr teilnimmt und nicht schon dann, wenn der unternehmerische Zweck festgelegt wird. Für den Rechtsverkehr ist es im Ergebnis unerheblich, ob die Absicht oder die Zustimmung vermutet werden. Wenn die erste Teilnahme am Rechtsverkehr erfolgt und der Zweck der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen ist, d. h., wenn eine unternehmerisch tätige Gesellschaft vorliegt, darf der Rechtsverkehr nach beiden Meinungen "von einer rechtsfähigen Gesellschaft ausgehen" – was das Ziel der späten Einführung der Vermutungsregel war.
Rz. 14
Es besteht gemäß § 707 Abs. 1 BGB die freiwillige Möglichkeit, eine (rechtsfähige) Gesellschaft in das neue Gesellschaftsregister einzutragen. Sie muss dann den Namenszusatz "eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts" oder "eGbR" tragen. Spätestens mit einer Eintragung im Gesellschaftsregister entsteht die (eingetragene) rechtsfähige GbR zwingend gegenüber Dritten, sofern sie nicht schon früher mit der (vermuteten) Zustimmung aller Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt und bereits dadurch gegenüber Dritten entsteht.
Rz. 15
Nur die rechtsfähige GbR kann über ein eigenes Gesellschaftsvermögen verfügen. Die nicht rechtsfähige GbR kann kein Träger von Rechten und Pflichten sein und ist daher vermögenslos.