Prof. Dr. Gerd Waschbusch
3.3.1 Grundlagen
Rz. 31
Gemäß § 105 Abs. 1 HGB handelt es sich bei einem Zusammenschluss von mindestens zwei Personen, dessen Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter einer gemeinschaftlichen Firma gerichtet ist und bei dem bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist, um eine offene Handelsgesellschaft (OHG). Nach § 116 Abs. 1 HGB sind bei einer OHG zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Das Gesetz geht hierbei grundsätzlich vom Prinzip der Einzelgeschäftsführung aus. Darüber hinaus sind alle Gesellschafter grundsätzlich jeweils dazu befugt, die OHG nach außen hin gegenüber Dritten zu vertreten.
3.3.2 Ergebnisverwendung bei der OHG
Rz. 32
Die Ergebnisverwendung erfolgt bei der OHG regelmäßig nach den Vereinbarungen des Gesellschaftsvertrags. Danach erhalten üblicherweise zunächst die mitarbeitenden Gesellschafter ein Arbeitsentgelt, das den zur Verteilung verbleibenden Gewinn kürzt. Der Restgewinn wird sodann nach einem Schlüssel verteilt, der das Risiko des einzelnen Gesellschafters entsprechend seinem haftenden Gesellschafts- und Privatvermögen berücksichtigt. Sollte der Gesellschaftsvertrag allerdings keine Regelungen hinsichtlich der Ergebnisverwendung enthalten, gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 120–122 HGB und des § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 709 Abs. 3 BGB subsidiär.
Rz. 33
Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 HGB müssen die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter den Jahresabschluss i. S. d. § 242 Abs. 3 HGB aufstellen. Dieser wird aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung gebildet. Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses sind für jeden Gesellschafter der jeweilige Anteil am Gewinn bzw. am Verlust zu ermitteln. Dabei ist zur Verteilung der dreistufige Ergebnisverteilungsmaßstab nach § 709 Abs. 3 BGB (vgl. Rz. 20) heranzuziehen, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderweitiges festgehalten wurde. Der einem Gesellschafter zukommende Gewinn wird bei der Aufstellung des Jahresabschlusses seinem (variablen) Kapitalanteil zugeschrieben. Der auf einen Gesellschafter entfallende Verlust ist hingegen von seinem (variablen) Kapitalanteil abzuschreiben. Als Kapitalanteil wird die Bilanzziffer bezeichnet, die die aktuelle Höhe der Einlage eines Gesellschafters ausdrückt und daher Aufschluss über die Höhe seiner Wertbeteiligung am Vermögen der Gesellschaft gibt.
Rz. 34
Die bisher gesetzlich vorgesehene (dispositive) Vorabverzinsung gemäß § 121 HGB a. F. i. H. v. 4 % der Kapitalanteile (sog. Vorabdividende) ist mit der Neufassung der §§ 120–122 HGB ersatzlos entfallen. Dies gilt ebenso für das bisher in § 122 HGB a. F. geregelte Entnahmerecht. Damit gibt es für die GbR, die OHG und die KG keine gesetzlichen Regelungen (mehr) zur gewinnunabhängigen Entnahme. Vertragliche Vereinbarungen zur Entnahme sind allerdings weiterhin möglich.
Rz. 35
Nach der Aufstellung des Jahresabschlusses durch die geschäftsführenden Gesellschafter treffen alle Gesellschafter den Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses. Mit der Feststellung des Jahresabschlusses entsteht der Auszahlungsanspruch der Gesellschafter auf ihren ermittelten Gewinnanteil. Dieser ist grundsätzlich vollständig auszuschütten. Der Anspruch ist allerdings ausgeschlossen, sofern eine Auszahlung zu einem offenbaren Schaden der Gesellschaft führen würde oder wenn der Gesellschafter mit der Leistung seines vereinbarten Beitrags zur Gesellschaft trotz Fälligkeit in Verzug ist.
Rz. 36
Aus Gesellschaftssicht stellt der Auszahlungsanspruch des Gesellschafters bei einer kaufmännischen Buchführung eine Verbindlichkeit dar. Diese ist bilanziell im Fremdkapital der Gesellschaft auszuweisen. Theoretisch ist sie jedoch erst in laufender Rechnung zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschluss als Verbindlichkeit zu bilanzieren, denn erst zu diesem Zeitpunkt entsteht rechtlich die Schuld. Vor der Jahresabschlussfeststellung erhöht der Auszahlungsanspruch den Kapitalanteil des Gesellschafters im Eigenkapital der Gesellschaft. Praktisch ist auch ein "phasengleicher" Ausweis des (künftigen) Auszahlungsanspruchs schon in dem festzustellenden Jahresabschluss möglich und empfehlenswert. Im gesetzlichen Regelfall ist nämlich die vollständige Auszahlung des gesamten Gewinns vorgesehen, d. h., es sollte also grundsätzlich zu keiner Abweichung des Vorschlags zur Gewinnverwendung vom endgültigen Beschluss zur Feststellung des Jahresabschlusses kommen. Allerdings ist eine Abweichung insbesondere durch einen Gewinnverwendungsbeschluss möglich. Im gesetzlichen Regelablauf ist dieser aber nicht vorgesehen, da er bei einer Vollausschüttung nicht notwendig ist. Sollte der Gesellschaftsvertrag jedoch Wahlrechte bei der Gewinnverwendung (Thesaurierungsklausel) bzw. einen Gewinnverwendungsbeschluss zwingend vorsehen, ist der A...