Prof. Dr. Gerd Waschbusch
4.3.2.1 Ergebnisanspruch der Gesellschafter
Rz. 76
Überblick
Vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung durch die Satzung haben die Gesellschafter der GmbH jeweils Anspruch auf einen Anteil am Jahresergebnis des abgelaufenen Geschäftsjahrs. Konkret bedeutet dies, dass – in Abhängigkeit von der Ergebnisdarstellung in der Bilanz gemäß § 268 Abs. 1 HGB – die Gesellschafter entweder einen Anspruch auf den Jahresüberschuss oder auf den Bilanzgewinn haben. Die Entstehung dieses Anspruchs vollzieht sich jedoch nicht automatisch mit Ablauf des Geschäftsjahrs, sondern bedarf zum einen der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung oder durch das statuarisch hierfür zuständige Organ sowie zum anderen der Beschlussfassung über die Verwendung des ausgewiesenen Periodenergebnisses.
Rz. 77
Anspruch der Gesellschafter auf den Jahresüberschuss
Nach dem in § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG vorgesehenen Normalfall haben die Gesellschafter einer GmbH Anspruch auf den Jahresüberschuss. Der Jahresüberschuss ergibt sich aus der GuV bzw. aus der korrespondierenden Position in der Bilanz. Bei Vorliegen eines Gewinn- oder Verlustvortrags aus dem Vorjahr ist der Jahresüberschuss zu erhöhen bzw. zu verringern. Der ggf. durch einen Gewinn- oder Verlustvortrag aus dem Vorjahr korrigierte Jahresüberschuss ist zudem u. U. weiteren Abzugsposten zu unterwerfen. Hierbei handelt es sich um nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag gebundene Beträge, die zwingend in die Rücklagen einzustellen sind, sowie um Beträge, die durch Beschluss der Gesellschafter als Gewinnrücklagen dotiert bzw. als Gewinn auf das Folgejahr vorgetragen werden. Nur auf den danach noch verbleibenden Betrag – und nach der evtl. erforderlichen Berücksichtigung zusätzlicher Aufwendungen aufgrund des Beschlusses über die Verwendung des Ergebnisses – haben die Gesellschafter einen Anspruch. Schematisch lässt sich somit der Anspruch der Gesellschafter am Jahresergebnis der GmbH wie in Abb. 2 darstellen.
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Jahresüberschuss |
+ |
Gewinnvortrag aus dem Vorjahr |
./. |
Verlustvortrag aus dem Vorjahr |
./. |
gesetzlich vorgeschriebene Einstellung in die Rücklagen |
./. |
durch die Satzung vorgeschriebene Einstellung in die Rücklagen |
./. |
Einstellung in die Gewinnrücklagen durch Beschluss der Gesellschafter |
./. |
Vortrag als Gewinn auf das Folgejahr durch Beschluss der Gesellschafter |
./. |
zusätzliche Aufwendungen aufgrund des Ergebnisverwendungsbeschlusses |
= |
Gewinnanspruch der Gesellschafter |
Abb. 2: Ermittlung des Gewinnanspruchs der Gesellschafter am Jahresergebnis der GmbH
Rz. 78
Anspruch der Gesellschafter auf den Bilanzgewinn
Erfolgt die Aufstellung der Bilanz einer GmbH unter Berücksichtigung der teilweisen Ergebnisverwendung oder werden Rücklagen aufgelöst, so haben die Gesellschafter – abweichend von dem Ergebnisanspruch nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG – einen Anspruch auf den Bilanzgewinn. In den Bilanzgewinn ist – neben der etwaigen Auflösung von Rücklagen – ein Gewinn- oder Verlustvortrag aus dem Vorjahr rechnerisch mit einzubeziehen und in der Bilanz als Davon-Vermerk gesondert anzugeben. Alternativ darf diese Angabe auch im Anhang erfolgen. Der auf diese Weise ermittelte Bilanzgewinn entspricht dem an die Gesellschafter auszuschüttenden Betrag, sofern das für die Ergebnisverwendung zuständige Organ keine anderweitige Verwendung des Bilanzgewinns nach § 29 Abs. 2 GmbHG beschließt.
Rz. 79
Unbeschadet der Bestimmungen des § 29 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG und abweichender Gewinnverteilungsabreden nach § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG können die Geschäftsführer einer GmbH mit Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Gesellschafter den Eigenkapitalanteil von Wertaufholungen bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens in die anderen Gewinnrücklagen einstellen. Der Betrag dieser Rücklagen ist in der Bilanz gesondert auszuweisen; alternativ kann er auch im Anhang angegeben werden. Im Vergleich dazu besteht nach h. M. im HGB gegenwärtig kein Anwendungsbereich für die in § 272 Abs. 5 HGB vorgesehene Ausschüttungssperre im Wege der Bildung einer (Pflicht-)Rücklage für unrealisierte Beteiligungserträge.