Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
3.1 Vorbemerkungen
Bei einem nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbaren Grundstückskaufvertrag bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung. Als Gegenleistung gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG u. a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Für den Umfang der Gegenleistung ist entscheidend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wurde.
Ob Erschließungskosten als Gegenleistung zu erfassen sind, ist danach zu beurteilen, ob das Grundstück unerschlossen oder erschlossen bzw. mit der Verpflichtung des Veräußerers, es erschlossen zu verschaffen, Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist. Ein Grundstück ist tatsächlich erschlossen, wenn die Erschließungsanlagen im Sinne des BauGB, z. B. Straßen, Verkehrs- und Grünanlagen, vorhanden sind.
3.2 Erwerb eines bereits erschlossenen Grundstücks
Sind sämtliche nach dem örtlichen Baurecht vorgeschriebenen öffentlichen Erschließungsanlagen, die ein Grundstück zu einem "erschlossenen Grundstück" machen, im Zeitpunkt des Abschlusses des Erwerbsvorgangs bereits vorhanden, kann Gegenstand eines solchen Vertrags nur das "erschlossene" Grundstück sein, selbst wenn nach den Vertragserklärungen das Grundstück als "unerschlossen" erworben werden soll. Es liegt nicht in der Willensmacht der Beteiligten, ein Grundstück in einem Zustand, den es nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten soll, zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs zu machen. Werden daher in diesen Fällen anteilige öffentliche Lasten des Veräußerers für die Erschließung vom Erwerber übernommen, rechnen auch diese Kosten zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Ist ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits tatsächlich erschlossen, gehören die im Kaufvertrag ausgewiesenen Kosten für die Erschließung grundsätzlich auch dann zur Gegenleistung, wenn Veräußerer eine Gemeinde ist.
Zu den Erschließungsanlagen gehören im Wesentlichen die Verkehrs- und Grünanlagen, sowie die Anlagen zur Ableitung von Abwässern und zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser. Nicht zu den Erschließungsanlagen gehören die auf den (Privat-)Grundstücken selbst notwendigen Anschlüsse, wie Zufahrtswege und Anschlüsse an die Ver- und Entsorgungseinrichtungen. Die Merkmale der endgültigen Erschließung sind von der Gemeinde durch Satzung geregelt.
Wird ein in diesem Sinne erschlossenes Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs, ist Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks grundsätzlich auch der auf die Erschließung entfallende Betrag, unabhängig davon, ob er im Kaufpreis enthalten ist oder neben dem Kaufpreis gesondert ausgewiesen wird. Dies gilt nicht, wenn die Kommune eigene erschlossene Grundstücke veräußert und den Erschließungsbeitrag abgabenrechtlich geltend macht.
Kauft ein Erwerber von einer Gemeinde ein Grundstück, das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits erschlossen ist, und enthält der vereinbarte Kaufpreis Kosten für die Erschließung sowie für durchgeführte Ausgleichsmaßnahmen nach § 135a Abs. 2 BauGB für den Naturschutz, gehört der auf die Erschließung und auf die Ausgleichsmaßnahmen entfallende Teil des Kaufpreises zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
3.3 Erwerb eines noch nicht erschlossenen Grundstücks
3.3.1 Übernahme des Erschließungskostenbeitrags durch den Käufer
Wird ein im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht erschlossenes Grundstück als solches zum Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung gemacht, ist die vom Käufer eingegangene Verpflichtung, die zukünftige Erschließung zu bezahlen, nicht als Teil der Gegenleistung anzusehen, auch wenn sie zusammen mit der Übereignungsverpflichtung beurkundet wird.
Die Einbeziehung der Erschließungskosten nach den Grundsätzen zum Erwerb eines Grundstücks im zukünftig bebauten Zustand scheidet wegen des sich aus der öffentlich-rechtlichen Erschließungslast der Gemeinde ergebenden besonderen Charakters der Grundstückserschließung regelmäßig aus.
Gleiches gilt für die Erstattung der vom Verkäufer als Vorausleistung oder aufgrund einer Ablösungsvereinbarung bereits geleisteten Zahlung und für die Übernahme noch bestehender Verpflichtungen. Hat der Veräußerer eines noch nicht erschlossenen Grundstücks einen wirksamen Vertrag über die Ablöse künftig entstehender Erschließungskosten mit der Gebietskörperschaft nach § 133 Abs...